Handbuch Medizinrecht

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c) Bundesapothekerkammer (BAK)

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Vorläufer der BAK war der 1872 gegründete Deutsche Apotheker-Verein und der 1910 aus dem Verband konditionierender Apotheker entstandene Verband deutscher Apotheker.[115] Daraus wurde 1933 die Standesgemeinschaft Deutscher Apotheker, seit dem 1.1.1935 in Gestalt des Vereins Deutsche Apothekerschaft.[116] Nach dem Krieg kam es im Juni 1950 zur Gründung der „Arbeitsgemeinschaft der Berufsvertretungen Deutscher Apotheker (ABDA)“.

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Die Apothekerkammern Deutschlands haben sich am 20.9.1956 zu einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Namen „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Apothekerkammern (Bundesapothekerkammer)“ zusammengeschlossen, § 1 Satzung BAK.[117] Ziel der in Berlin ansässigen Organisation ist es, den Informations- und Meinungsaustausch unter den Apothekerkammern zu pflegen und einheitliche Grundsätze für den Aufgaben- und Arbeitsbereich der Apothekerkammern zu entwickeln und nach außen zu vertreten. Weiterhin sollen im Rahmen der den Apothekerkammern übertragenden Aufgaben in allen Angelegenheiten von allgemeiner, über den Bereich einer Apothekerkammer hinausgehender Bedeutung mit Behörden, Körperschaften, Vereinigungen, Einrichtungen und sonstigen Stellen Verbindung gehalten und etwaige Verhandlungen geführt werden. Außerdem soll die Bundesapothekerkammer die Mitgliedskammern darin unterstützen, den Informations- und Meinungsaustausch der Apotheker auf unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern, wie z.B. in öffentlichen Apotheken, Krankenhausapotheken, an Hochschulen, in der Industrie und Behörden, zu fördern, § 2 Satzung.

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Organe der Bundesapothekerkammer sind gem. § 3 Satzung der Geschäftsführende Vorstand, der Vorstand und die Mitgliederversammlung. Der Geschäftsführende Vorstand besteht aus fünf Personen, dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten sowie drei Beisitzern und wird von der Mitgliederversammlung für vier Jahre gewählt, § 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Satzung. Er vertritt gem. § 5 Abs. 1 Satzung die BAK und führt deren laufende Geschäfte. Dem Vorstand gehören die Präsidenten der Mitgliedskammern sowie die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstands an, § 5a Abs. 1 Satzung. Nach § 6 Abs. 1, S. 1, 2 Satzung besteht die Mitgliederversammlung aus je höchstens vier Vertretern der Mitgliedskammern, von denen einer nicht-selbstständiger Apotheker sein soll. Sie tritt mindestens einmal im Jahr zusammen. Zur Finanzierung ihrer Aufgaben erhebt die BAK anteilige Beiträge von ihren Mitgliedern, § 9 Abs. 1 Satzung. Dabei kommt dem geschäftsführenden Vorstand eine weitere Aufgabe zu. Er hat sicherzustellen, dass die anteiligen Beiträge der Mitgliedskammern im Haushalt der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) nur entsprechend den Heilberufsgesetzen der Länder verwendet werden, § 9 Abs. 4 Satzung.

d) Bundestierärztekammer (BTK)

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Die Tierärztekammern der Länder der Bundesrepublik Deutschland bilden eine Arbeitsgemeinschaft unter der Bezeichnung „Bundestierärztekammer e.V. – Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Tierärztekammern“ mit Sitz in Berlin, § 1 Abs. 1, 2 Satzung BTK.[118] Zu ihren Aufgaben zählt, den ständigen Erfahrungsaustausch unter den Tierärztekammern und die gegenseitige Abstimmung ihrer Ziele und Tätigkeiten zu gewährleisten sowie auf eine möglichst einheitliche Regelung der tierärztlichen Berufspflichten und der Grundsätze für die tierärztliche Tätigkeit auf allen Gebieten hinzuwirken. Ziel ist auch die Beratung der Tierärztekammern, die Wahrnehmung der Belange der Tierärzteschaft gegenüber Gesetzgeber, Verwaltung und Öffentlichkeit, sowie die Förderung der Fortbildung, insbesondere durch die Trägerschaft der Akademie für tierärztliche Fortbildung sowie der Aus- und Weiterbildung. Dabei hat sie in allen Angelegenheiten, die über den Zuständigkeitsbereich eines Landes hinausgehen, die beruflichen Belange der Tierärzteschaft auf nationaler und internationaler Ebene zu wahren, § 2 Abs. 1 Nr. 1–5 Satzung.

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Organe der Bundestierärztekammer sind die jährlich mindestens zweimal zusammentretende Delegiertenversammlung, § 6 Abs. 5, und das Präsidium sowie das Erweiterte Präsidium, § 5 Abs. 1 Satzung BTK. Der Deutsche Tierärztetag tritt alle drei Jahre zusammen, § 14 Satzung. Das Präsidium der Bundestierärztekammer besteht nach § 9 Abs. 1 Satzung aus dem Präsidenten, dem 1. und 2. Vizepräsidenten sowie vier Verantwortlichen für die Ressorts praktische Berufsausübung, öffentliches Veterinärwesen und gesundheitlicher Verbraucherschutz, Aus-, Fort- und Weiterbildung, Forschung und Industrie und internationale Angelegenheiten, Abs. 3. Alle Mitglieder des Präsidiums werden grundsätzlich auf die Dauer von vier Jahren aus der Mitte der Delegiertenversammlung gewählt, § 8 Abs. 2 S. 1, 5 S. 1 Satzung. Sie führen die Geschäfte der Bundestierärztekammer.

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Das Erweiterte Präsidium, bestehend aus den Präsidenten der BTK-Mitglieder und den Mitgliedern des Präsidiums, hat nach § 11 Abs. 1 Satzung die Aufgabe, die Angelegenheiten der Mitglieder zu beraten und zu koordinieren, „insbesondere die Kammerordnungen zu harmonisieren“. Die Finanzierung erfolgt durch Mitgliedsbeiträge, § 3 Satzung.

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Die Delegiertenversammlung setzt Ausschüsse, darunter den Finanz- und Haushaltsausschuss, sowie den Arzneimittelrecht-Ausschuss ein, in denen die Mitglieder des Präsidiums beratende Stimme haben, § 13 Abs. 1, 2 und 4 Satzung.

e) Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)

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Seit dem 17.5.2003 besteht die BPtK mit Sitz in Berlin als nicht eingetragener Verein, dem die Kammern auf Länderebene angehören. Dabei haben sich die fünf ostdeutschen Kammern auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 3 des Staatsvertrages über die gemeinsame Berufsvertretung der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 2.6.2005 zur Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer OPK (Sitz ist Leipzig) zusammengeschlossen. (Die Hauptsatzung vom 6.5.2006[119] regelt die Grundlagen der Arbeit und der Entscheidungswege in der OPK.)

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Zweck der Arbeitsgemeinschaft auf Bundesebene ist es, die Zusammengehörigkeit aller Berufsangehörigen zu stärken, den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen den Psychotherapeutenkammern der Länder zu fördern und diese zu beraten sowie ihre Organisationen zu kooperativen Anstrengungen zu gewinnen und insbesondere die Kooperation mit Angehörigen und Körperschaften anderer Gesundheitsberufe zu fördern.[120] Weitere Aufgabe der BPtK ist die Unterrichtung der Länderkammern über alle für Psychotherapeuten wichtigen Vorgänge auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und des sozialen Lebens, das Hinwirken auf eine möglichst einheitliche Regelung der psychotherapeutischen Berufspflichten und der Grundsätze für die psychotherapeutische Tätigkeit, sei es im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses oder in selbstständiger Tätigkeit, die Vertretung der Belange der Berufsangehörigen und der Psychotherapie gegenüber der Öffentlichkeit, der Politik, den Institutionen des Gesundheitswesens, den Bundesbehörden, den Vertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer auf Bundesebene sowie gegenüber den europäischen Institutionen, die Förderung der Psychotherapieforschung und der wissenschaftlichen Grundlagendisziplinen der Psychotherapie und deren Weiterentwicklung, ebenso der psychotherapeutischen Aus-, Fort- und Weiterbildung.

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Dabei setzt sich die BPtK für eine Qualitätssicherung der psychotherapeutischen Berufsausübung ein, die den psychotherapeutischen Arbeitsbedingungen angemessen ist und den psychotherapeutischen Prozess befördert. In allen Angelegenheiten, die über den Zuständigkeitsbereich eines Landes hinausgehen, wahrt sie die beruflichen Belange der in einem Beschäftigungsverhältnis bzw. selbstständig tätigen Psychotherapeuten und wirkt auf eine ausreichende psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung im kurativen, präventiven und rehabilitativen Bereich hin. Zur öffentlichen Erörterung gesundheitlicher Angelegenheiten veranstaltet sie Tagungen, stellt Beziehungen zu internationalen Organisationen und Institutionen her und vertritt die beruflichen, berufspolitischen und wissenschaftlichen Belange der Psychotherapeuten. Eine weitere Aufgabe liegt darin, sich für innovative Versorgungsformen und für eine gesundheitswissenschaftlich ausgerichtete stationäre und ambulante Gesundheitsversorgung der Bevölkerung (public health) einzusetzen, § 2 Abs. 2 Satzung BPtK.

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Organe der BPtK sind Bundesdelegiertenversammlung (Deutscher Psychotherapeutentag), Bundesvorstand und Länderrat, § 3 Satzung. Der Bundesvorstand wird auf die Dauer von vier Jahren gewählt (§ 12 Abs. 1) und setzt sich zusammen aus dem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten und zwei Beisitzern; dabei muss ein Vorstandsmitglied ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut sein § 10 Abs. 2 Satzung. Dem Vorstand sollen mindestens ein in einem Beschäftigungsverhältnis tätiges Kammermitglied und mindestens ein selbstständig tätiges Kammermitglied angehören, § 10 Abs. 2 Satzung. Nach § 11 Abs. 1 der Satzung führt der Bundesvorstand die Geschäfte der Bundespsychotherapeutenkammer.

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Der Länderrat besteht aus den Präsidenten bzw. Vizepräsidenten der Länderkammern, die sich durch ihre Vorstandsmitglieder vertreten lassen können, wobei jedes Mitglied eine Stimme hat, § 15 Abs. 1 Satzung. Die Bundesversammlung wählt zwei weitere Mitglieder (und Vertreter) als beratende Mitglieder in den Länderrat hinzu, § 15 Abs. 2 S. 1 BPtK Satzung. Aufgabe des Länderrates, dessen Vorsitz jährlich unter den Mitgliedern wechselt, ist es gem. § 16 der Satzung, den Vorstand in allen Angelegenheiten, welche die Belange der Psychotherapeutenkammern der Länder betreffen, zu beraten, die Koordination zwischen der Bundespsychotherapeutenkammer und den Psychotherapeutenkammern der Länder zu fördern und gemeinsame Initiativen der Psychotherapeutenkammern der Länder zu koordinieren. Neben dem Finanzausschuss kann die Bundesversammlung weitere Ausschüsse und Kommissionen bilden, § 6e Satzung. Die Finanzierung der Bundespsychotherapeutenkammer erfolgt durch auf die Mitgliedszahlen bezogene Beiträge der Verbandsmitglieder, § 23 Satzung.

 

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Die BPtK trägt gemeinsam mit der BÄK den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie. Er erstellt Gutachten zu der Frage, welche Psychotherapieverfahren als wissenschaftlich anerkannt gelten. Seine Gutachten sind nach der Rechtsprechung als antizipierte Sachverständigengutachten zu werten.[121]

6. Kapitel Berufsrecht der Gesundheitsberufe unter Einschluss der Darstellung des Rechts der Selbstverwaltung › C. Selbstverwaltung › VII. Selbstverwaltung in der Sozialversicherung

VII. Selbstverwaltung in der Sozialversicherung

1. Geschichte

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Die „verbandsgesteuerte“ sozialversicherungsrechtliche Selbstverwaltung nimmt zwischen den Modellen demokratisch überformter und grundrechtssichernder Betroffenenverwaltung eine „mittlere Position“ ein.[122] Bereits in Zusammenhang mit der Preußischen Allgemeinen Gewerbeordnung vom 17.1.1845 war den Gewerbetreibenden und Fabrikinhabern, also den Arbeitgebern, „eine den Verhältnissen entsprechende Teilhabe an der Kassenverwaltung“ zugesichert worden.[123] Allgemein wird jedoch das „Gesetz über die Vereinigung der Berg-, Hütten-, Salinen- und Aufbereitungsarbeiter in Knappschaften“ (Preußisches Knappschaftsgesetz) vom 10.4.1854 mit seiner paritätischen Besetzung der Vorstände als Geburtsstunde des Selbstverwaltungsgedankens in der gesetzlichen Sozialversicherung bezeichnet. Einen weiteren Schritt hierzu vollzog die Kaiserliche Botschaft Wilhelms I. vom 17.11.1881, die ein Leitbild der staatlichen Fürsorge „in der Form korporativer Genossenschaften unter staatlichem Schutz und staatlicher Förderung“ entwickelte.

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Schon im Gesetz betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung vom 18.7.1881 (§ 100a), war die Beteiligung der Gesellen an der Gründung und Verwaltung von Innungseinrichtungen, die ihrer Unterstützung dienten, vorgesehen. Über das Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15.6.1883,[124] die Unfallversicherung, Invaliden- und Altersversicherung, Reichsversicherungsordnung (RVO) vom 19.7.1911, das Versicherungsgesetz für Angestellte vom 20.12.1911 und das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16.7.1927 entstand so ein komplexes Sozialversicherungssystem auf der Basis des Selbstverwaltungsgedankens,[125] das seine verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 161 Weimarer Reichsverfassung („unter maßgeblicher Mitwirkung der Versicherten“) fand. Ausgangspunkt ist dabei die Körperschaftsstruktur der Sozialversicherungsträger des Bundes, heute verankert in Art. 87 Abs. 2 GG. Auch wenn der Begriff „Selbstverwaltungseinrichtungen“ in Art. 116 des „Herrenchiemsee-Entwurfs“ nicht übernommen wurde, so wird man dort hinein doch eine „Mindestgarantie verbandlicher Institutionen“ interpretieren dürfen.[126]

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Neben die kommunalen Gebietskörperschaften traten damit die Selbstverwaltungskörper der Sozialversicherung.[127] Zunächst arbeitete der Kassenarzt abhängig vom Kassenvorstand, dessen Direktiven er weitgehend unterworfen war. Der Arzt als Angestellter der Krankenkassen mutierte zum „sozialen Kontrolleur“ (Hörnemann), die eigentliche „Selbstverwaltung“ lag in den Händen von Nicht-Medizinern, in der Regel von Arbeitnehmern, die in den Körperschafts-Gremien die Mehrheit hatten und somit frei waren in der Gestaltung der Krankenversicherung. Die Tätigkeit der Ärzte war „bis zu einem gewissen Grade vergesellschaftet“.[128]

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Erst 1913 entstand mit dem „Berliner Abkommen“ zwischen dem Hartmannbund, der aus dem 1900 gegründeten Leipziger Verband hervorgegangen war, und den zentralen Verbänden der Krankenkassen eine neue Machtbalance. Das Zulassungsverfahren unter Einbeziehung der Kassenärzte ersetzte die Anstellungsautonomie der Kassen. Die (privatrechtlichen) Regelungen des Leipziger Vertrages wurden nach deren Kündigung zum 31.12.1923 mit der Notverordnung vom 30.10.1923[129] in öffentliches Recht überführt und 1924 in die RVO eingegliedert. Wesentliche, auch heute noch praktizierte Steuerungselemente der gesetzlichen Krankenversicherung entstanden in dieser Zeit: Einzel- und Kollektivverträge, Pauschalvergütungssystem und Einzelleistungsvergütung, Beschränkung auf die medizinische Notwendigkeit, Ersatz des Mehraufwandes bei Verstoß gegen die Wirtschaftlichkeitsgrundsätze, sowie Widerspruchs(„Anfechtungs“)ausschüsse.[130] Am 8.12.1931 wurde per Notverordnung die Kassenärztliche Vereinigung (KV) als örtlicher Zusammenschluss aller Kassenärzte und Vertragspartner der Krankenkassen geschaffen. Die KV Deutschlands wurde zur Rechtsnachfolgerin des aufgelösten Hartmannbundes bestimmt.

2. Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Vereinigungen im SGB V

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Nach 1945 knüpfte das „Gesetz über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung“[131] vom 21.2.1951 an traditionelle Organisationsgrundsätze der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung an.[132] Mit dem Gesetz über das Kassenarztrecht (GKAR) vom 17.8.1955[133] wurde den KV der Sicherstellungsauftrag für die ambulante vertragsärztliche Versorgung übertragen.

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Nach § 77 Abs. 1 S. 1 SGB V[134] bilden die Vertragsärzte für den Bereich jedes Landes eine Kassenärztliche (KV) und eine Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV). Diese sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, genauer: Personenkörperschaften und Träger funktionaler Selbstverwaltung.[135] Gemeinsam bilden sie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bzw. die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), § 77 Abs. 4 SGB V. Auch diese sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003[136] hat eine Reihe von Neuerungen für die vertrags(zahn)ärztliche Selbstverwaltung gebracht, so u.a. die deutliche Verkleinerung der jeweiligen Vertreterversammlung, die (nicht unumstrittene) Hauptamtlichkeit der Vorsitzenden, § 79 Abs. 1 SGB V, die Verpflichtung, Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen zu schaffen, § 81a Abs. 1 SGB V, die Bildung eines rechtsfähigen Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) durch die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die Bundesverbände der Krankenkassen, die Bundesknappschaft und die Verbände der Ersatzkassen, in dem Patienten- und Selbsthilfeorganisationen ein Mitberatungsrecht haben, §§ 91 Abs. 1, 140 f. Abs. 1, 2 SGB V.

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Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wurde vom Gesetzgeber im Jahr 2003 mit Steuerungselementen für eine Gesundheitsversorgung über verschiedene Bereiche neu strukturiert.[137] Die seither geführte Diskussion über die verfassungsrechtliche Legitimation dieses „kleinen Gesetzgebers“ im Gesundheitssystem[138] kann wohl noch nicht als abgeschlossen bezeichnet werden.[139] Anstelle der vormaligen Bundesausschüsse beschließt der G-BA die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung notwendigen Richtlinien zur Gewähr einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten, § 92 Abs. 1 S. 1 1. Hs. SGB V. Dabei kann er die Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind, § 92 Abs. 1 S. 1 Hs. 3 SGB V.

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Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz wurde auch die gesetzliche Pflicht zur fachlichen Fortbildung eingeführt, § 95d SGB V, wobei der Nachweis über Fortbildungszertifikate der Kammern der Ärzte, Zahnärzte und Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erbracht werden kann, § 95d Abs. 2 S. 1 SGB V. Andere Fortbildungszertifikate müssen den Kriterien entsprechen, welche die Arbeitsgemeinschaften der Kammern auf Bundesebene aufgestellt haben, § 95d Abs. 2. S. 2 SGB V. „Im Einvernehmen“ mit den Arbeitsgemeinschaften der zuständigen Kammern auf Bundesebene regeln die Kassenärztlichen Vereinigungen den angemessenen Umfang der in einem Fünf-Jahres-Zeitraum nachzuweisenden Fortbildung, § 95d Abs. 6 S. 1 SGB V. Insoweit anerkennt der Sozialgesetzgeber das Primat der funktionalen Selbstverwaltung im Bereich der Strukturqualität, wenn auch die Einbeziehung der Kammern in den Regelungskreis der Vertragsarzt-Tätigkeit unsystematisch erscheint. Das Verfahren des Fortbildungsnachweises und eventueller Honorarkürzungen bzw. zum Antrag auf Entzug der Zulassung bei Nichterbringen (§ 95d Abs. 3 SGB V) regeln die KV alleine.

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Neuregelungen nach dem GKV-Modernisierungsgesetz betrafen die Abrechnungsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung, § 106a SGB V, sowie die Förderung der Qualität, § 136 SGB V. Dabei entwickelt der G-BA mittels Richtlinien Kriterien zur Qualitätsbeurteilung in der vertragsärztlichen Versorgung sowie Auswahl, Umfang und Verfahren von Stichprobenprüfungen, § 136 Abs. 2 S. 2 SGB V. Er legt auch die grundsätzlichen Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement fest, § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Die Kompetenzen des G-BA haben mit dem Patientenrechtegesetz[140] im Jahr 2013 eine Erweiterung dahingehend erfahren, dass dieser nunmehr auch Mindeststandards für Risikomanagement- und Fehlermeldesysteme erlässt.[141] Neben dem im Rahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes (§ 139a SGB V) neu geschaffenen Instituts für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQuiG), wird der G-BA nach dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Gründung eines fachlich unabhängigen, wissenschaftlichen Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen verpflichtet.[142]

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Dem Bundesministerium für Gesundheit steht gegenüber dem G-BA in Bezug auf den Erlass einzelner Richtlinien nur eine Rechtsaufsicht zu. Weitergehende Mitwirkungsbefugnisse bestehen im Rahmen der Genehmigung der Verfahrensordnung des G-BA.[143] Zur Verfassungskonformität dieser „facettenreichen Erscheinung“ (Kluth)[144] im Sozialversicherungsrecht hat die Bundesregierung 2016 drei Gutachten in Auftrag gegeben, ohne bislang eine abschließende Bewertung vorzunehmen.[145] Die Gutachten diskutieren vor allem die demokratische Legitimation und die Zusammensetzung bzw. Entscheidungsfindung des G-BA.