Pfaffensud

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13.

Als das Triumvirat schon fast die Hälfte seiner Getränke vernichtet hatte, hat der Hintermeier angefangen zu erzählen, warum sie gekommen waren.

»Sanktus, wir brauchen deine Hilfe. Die Situation wachst uns über den Kopf. Du kennst doch die G’schicht von dem Typen mit der Luzifermaske. Den vom Internet, mein ich.«

Nicken seitens Sanktus.

»Heute früh hat man drei weitere Psalmen in Kirchen gefunden. Einen in der Gabrielskirche, einen in der Ludwigskirche und einen in der Bennokirche. Psalm 1.1 bis 1.3.Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg Sünder noch sitzt, da die Spötter sitzen, sondern hat Lust zum Gesetz des Herrn und redet von seinem Gesetz Tag und Nacht!, der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht; und was er macht, das gerät wohl. Der Luzifer klagt die Menschen an, die sich gottlos verhalten. Ist in der Sache ja ned weiter schlimm.«

Aha, Gedanke beim Sanktus.

»Aber, dass die Kirchen beschmiert werden, ist furchtbar. Außerdem macht das den Menschen Angst. Das hat etwas Bedrohliches! Die Kirche ist ein Ort der Ruhe und Zuflucht. Man möchte sich da sicher fühlen. Dann die G’schicht mit dem Altenböck. Das ist schon wieder was anderes.«

»But du muass sagen, dass die Anschuldigung ricktick woar«, hat der Mbewu eingeworfen.

»Ja, auch recht. Aber dafür gibt’s die Polizei und ned das Internet. Da wird ein Hass aufgebaut, dass braucht’s ned«, hat sich der Hintermeier gerechtfertigt.

»Und was soll ich da machen?«, hat der Sanktus gefragt.

»Du bist sozusagen eine Koryphäe in der Aufklärung von Kriminalfällen. Hat der Horvat Boži zumindest behauptet«, hat der Hintermeier angefangen.

»Aha, jetzt weiß ich, woher der Wind pfeift«, hat der Sanktus lachend eingeworfen. »Jetzt wird’s mir klar.«

»Ja, ja, genau!«, hat der Hintermeier gesagt, und der Sanktus hat begriffen, dass er eigentlich nicht nur wegen der Schmierereien hergekommen war.

»Ja, ja. Und jetzt auch noch diese Sach mit dem Abt Philipp, gell«, hat der Sanktus eingeworfen.

»Wenn das alles zusammenhängt, Gott bewahre, dann haben wir eine Inquisition, nur dieses Mal gegen uns. Und zusammenhängen muss es irgendwie, weil einige meiner Kollegen solche Luziferkarten mit dem Aufruf zu Buße und Christlichkeit per Post gekriegt haben. Ich weiß von drei befreundeten Pfarrern«, hat der Hintermeier erzählt.

»Sauber. Jetzt wird ein Schuh draus«, hat der Sanktus gemeint.

»Genau. Der Abhishek aus Solln, der Stevens aus Sendling und sogar dein Spezl, der Horvat Boži aus Steinhausen. Jetzt sagst nix mehr, oder?«

»Nein, jetzt sag ich nix mehr, Migi. Sauber!«

»Sanktus, wenn das ein Irrer ist, der da umeinanderläuft? Die Psalmen lass ich mir ja noch eingehen, aber die Karten und der Mord? Die machen mir Angst«, hat der Hintermeier zitternd gemeint.

»Yes, indeed. Dös is ned guuuaad«, hat der Mbewu bestätigt.

»Und ihr wolltet mich fragen, ob ich mich der Schmierereien annehmen kann und wenn ich schon dabei bin, den Mord auch gleich untersuchen könnt, oder?«, hat der Sanktus scheinheilig gefragt.

»War des gar so offensichtlich, ha?«, hat der Hintermeier gefragt und verlegen gegrinst.

Der Sanktus hat belustigt genickt.

»And? Du willsta uns helfa, Sanctus?«, hat der Mbewu fast gefleht.

»Burschen, wissts ihr eigentlich, was ihr für ein Glück habts?«, hat der Sanktus geantwortet. »Bei mir daheim wohnt der Teufel in Person einer Frau Birthe Dombrowski aus Dresden. Und die bleibt noch zwei Wochen. Ich steh also voll zu eurer Verfügung, zumal mein Spezl, der Himsl Quirin, also der Graffiti, kurz einmal der Hauptverdächtige war. Und ich hab da das unbestimmte Gefühl, dass da noch was kommt.«

Die Augen der beiden Geistlichen haben geleuchtet, da sagst du Sie!

»Als Erstes brauchen wir die Briefe mit dem Aufruf zur Buße. Dann solltet ihr rausfinden, ob die fünf Pfarrer irgendwie angreifbar sind.«

»Angreifbar. Wos hoasst dös?«, hat der Mbewu in afrikanisch angehauchtem Bayerisch gefragt.

»Ob s’ Dreck am Stecken haben«, hat der Hintermeier gesagt, und nachdem der Mbewu kritisch geschaut hat, hat er übersetzt: »If sey have dirt on se stick?«

Doch G’schau noch ungläubiger.

»If they have skeletons in their cupboard. So müsst’s heißen«, hat der Sanktus korrigiert.

»Jetza hab i kapiert«, hat der Mbewu grinsend gesagt.

»So einen Brief hab ich natürlich dabei. Bin ja ned zum Spaß da, obwohl des Bier recht gut schmeckt«, hat der Hintermeier betont.

»Magst noch eins?«, der Sanktus.

»So war des natürlich ned g’moant«, hat der Hintermeier versucht, jeglichen Verdacht von sich zu weisen, dass er nur wegen einem weiteren Bier bleiben mögen würde.

»Dock, dock, das woar scho so g’moant!«, ist der Mbewu dem Hintermeier zuvorgekommen.

»Kommen gleich. Muss zuerst anschwänzen. Oder machst des du, Migi? Hast es no ned verlernt, oder?«

»Mach lieber du. Ich hab mich inzwischen aufs Trinken beschränkt, obwohl ich nach meinem Studium zuerst fünf Jahr lang in einer Klosterbrauerei gewirkt hab. Weißt, ned, dass i dir zu viel Wasser drauflass, und na wird’s a Leichts.«

»Ja, genau! Ein Pfaffenscheps!«

»Aber Sanktus«, hat der Hintermeier jetzt mit einem Glänzen in den Augen gesagt, »wenn des alles vorbei is, na brauen mia zwei einen schönen Bock. Einen Pfaffensud, verstehst!«

»Passt!«, hat der Sanktus lachend bestätigt. »Den Namen haben wir auch schon und vor allem einen Grund, dass wir den Fall lösen. Weil mit dir ein Bier brauen, das wird ein Event, auf das ich mich jetzt schon freu!«

Der Sanktus hat den ersten Nachguss auf den Läuterbottich gelassen, dann lächelnd noch drei Dunkle geholt und sich wieder zu den beiden Pfarrern gesetzt.

»Da schau her«, hat der Hintermeier angefangen, »der Brief vom Stevens. Den hat er mir zukommen lassen. Des is a Preiß, der ist da lockerer wie der Kroate und der Inder. Ist ja auch der Jüngste. Die andern wollten das Schriftstück ned rausgeben. Ich hab ihnen schon alles aus der Nase ziehen müssen, bis sie überhaupt zugegeben haben, dass die so was gekriegt haben.«

»Nachdem der Remigius aber von the Sanctus erzählt hat, ruhen alle hope, i moan Hoffnung, auf dir!«

»Na bravo!«, ist’s vom Sanktus gekommen. »Aber jetzt zeig her!«

Der Sanktus hat den Brief gelesen, aber der war im Endeffekt nichts anderes als die Videobotschaften, die im Netz kursiert sind. Das Schreiben war mit dem Computer verfasst und hat keine Auffälligkeiten aufgewiesen. Die Luziferkarte, die der Pfarrer voraussehend in eine Plastikfolie gepackt hatte, war jedoch exakt die gleiche, die der Praetorius in der Hand gehabt hat. Der Sanktus hat tief geseufzt.

»Darf ich die haben? Die sollen sie auf Fingerabdrücke prüfen, mein ich. Und eine Frage zum Schluss hab ich auch noch: Auf der Karte vom Praetorius war auf der Hinterseite ein Fünfer draufgemalt. Was hat denn das zu bedeuten?«

»Ein Fünfer?«, hat der Hintermeier geschluckt. »Hab ich gar ned mitgekriegt.«

»Hm«, der Sanktus. »Fünfter Psalm? Die Zeitung hat da so was in der Richtung geschrieben.«

»Herr, höre meine Worte, merke auf meine Rede!«, hat der Hintermeier zitiert. »Herrschaft, wia geht’s weiter?«

Jetzt hat er sein Smartphone gezückt und gegoogelt.

»Logisch. Vernimm mein Schreien, mein König und mein Gott; denn ich will vor dir beten … wer böse ist, bleibt nicht vor dir … du bist feind allen Übeltätern …Du bringst die Lügner um; der Herr hat Gräuel an den Blutgierigen und Falschen«, hat er gemurmelt.

»Also, Migi«, hat der Sanktus fordernd gesprochen, »Lügner, Blutgieriger, Falscher … War er das, der Praetorius?«

»Oh, oh. Migi. Des gefallta ma neda«, hat der Mbewu geflüstert.

»Sanktus«, hat der Hintermeier geantwortet, »man kann ja ned in jeden Menschen reinschauen, aber ich hab den Engelbert doch besser gekannt. Ich hab mich auch wirklich gefreut, dass er die Firmung gemacht hat. Also so war er bestimmt nicht. Definitiv nicht.«

»Und das fünfte Gebot: Du sollst nicht töten?«

»Der Engelbert, ein Mörder?«, hat der Hintermeier gekeucht.

14.

Der Sanktus hat, während der Sud gekocht hat, die Schranner Bine angerufen und sich über den Stand der Ermittlungen erkundigt, doch es hat noch nichts Neues gegeben. Auf der Monstranz waren keine Fingerabdrücke zu finden.

»Gut, dass wir den Graffiti im Biergarten verhört haben«, hat die Bine gemeint. »Die Presse hat dadurch keinen Wind von der Sache gekriegt.«

»Aber die Muxeneder muss mit jemand g’sprochen haben«, hat der Sanktus bemängelt. »Da ist durchgesickert, dass wer den Abt schon am Vormittag bedroht hätte. Und die Details von der Tarotkarte hat auch nur sie weitergeben können. Bin gespannt, wie lange wir den Graffiti da heraushalten können. Apropos Karte. Fünftes Gebot: Du sollst nicht töten. Ihr müsstet schauen, ob der Abt mal in irgendeinen Mordfall verwickelt war.«

»Sauber. Und Psalm 5?«

»Könnt auch sein. Aber die schreiben sie ja eher an die Kirchenwände. Ned auf Karten. Und wie sehts ihr das mit dem Kerl in der Luzifermaske?«, hat der Sanktus gefragt.

»Bisher ist das lediglich Sachbeschädigung. Es werden Kirchenwände besprüht. Im Internet stößt er zwar Drohungen aus, die aber nie konkret auf Schäden an Personen hinweisen oder zur Folge haben.«

»Hm!«, vom Sanktus.

»Meiner Meinung nach will der nur aufschrecken. Der will die Leute und vor allem die Pfarrer, die ihren Job nicht ganz so ernst nehmen, wie soll ich sagen, auf den richtigen Weg zurückführen? Stimmt ned ganz.«

 

»Er will, dass sie sich wieder auf ihre wahre Aufgabe besinnen«, hat der Sanktus gemeint.

»Genau!«

»Und der Fall Altenböck?«

»War nichts Kriminelles dabei«, hat die Bine gesagt. »Die Informationen, die preisgegeben worden sind und den Altenböck der Polizei sozusagen ausgeliefert haben, waren alle vollständig korrekt. Außerdem hat es keine Erpressung gegeben, also liegt nichts Strafbares vor.«

»Tja. Ein Robin Hood der katholischen Kirche, oder was?«

»Irgendwie schon. Sanktus, denen ihre Mitglieder werden jedes Jahr weniger. Es gibt immer weniger Pfarrer. Wer hat denn bei uns Lust, diesen Job zu machen? Heiraten darfst du nicht …«

»… und in den Beichtstühlen musst du dir den Schmarren von den Leuten anhören«, hat der Sanktus lächelnd dazwischengeworfen.

»Depp, sei mal ernst«, hat die Bine ihn ermahnt. »Heutzutage hast du eine Work-Life-Balance. Zumindest die jungen Leute. Arbeiten um zu leben, nicht leben, um zu arbeiten. Da scheidet der Job des Pfarrers ja total aus. Da musst du schon dazu berufen sein.«

»So hab ich das noch gar nicht betrachtet«, hat der Sanktus zugestimmt.

»Gell? Die Kirche ist altmodisch und verzopft. Das haben sie zu lange ausgesessen, und jetzt kommt die Quittung. Unser jetziger Papst würde, glaub ich, gerne schneller was bewirken, aber selbst er scheitert. Er hat aber schon des Öfteren von Veränderungen und Einschnitten gesprochen. Es bleibt spannend. Vielleicht beschleunigt der Unbekannte etwas«, hat die Bine philosophiert.

»Du meinst also, er ist kein Krimineller?«, hat der Sanktus gefragt.

»Ich hoffe nicht, weil, ich bin halt auch christlich aufgewachsen und glaub an das Gute im Menschen.«

»Und wenn’s nur der Auftakt zu einer Mordserie ist? Vielleicht kommt ja noch wer nach dem Abt? Dass sie ernst machen und Pfarrer, die besondere Verfehlungen begangen haben, ausmerzen? Dass es ein Verrückter ist?«, hat der Sanktus den Teufel an die Wand gemalt.

»Das ist auch die Theorie vom Rudi. Er sieht die Sache nicht so entspannt wie ich«, hat die Bine erwidert.

»Wir müssen auf jeden Fall in der Vergangenheit vom Praetorius graben und schauen, ob da was war. Missbrauch oder so! Hört man ja zurzeit immer wieder.«

»Wir, Sanktus? Und denk dran, nicht alle Pfarrer sind Kinderschänder. Auch, wenn es manche gerne so hinstellen.«

»Ja, wir! Wir zusammen, wieder einmal. Heute waren der Pfarrer Hintermeier und ein Pater Joseph Mbewu bei mir. Sie haben mich um Hilfe gebeten, weil mehrere Pfarrer Drohbriefe erhalten haben. Einer davon ist der Horvat Boži. Den kennst du auch noch.«

»Logisch! Deinen Schulspezl aus Steinhausen. Für den würd ich aber die Hand nicht ins Feuer legen. Und Sanktus«, hat die Bine noch eingeworfen, »der Graffiti ist immer noch unser Hauptverdächtiger. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Du könntest mal ein bisserl in seinem Leben graben und schauen, ob du was Interessantes findest. Ich persönlich glaub jetzt zwar nicht, dass er der Täter ist, aber umsonst hat der den nicht am Schlawittl gehabt, gell!«

»Wird erledigt, Frau Kommissar. Ich hab schon einen Schlachtplan.«

15.

Der Kelch ist jedoch nicht, wie zuvor erhofft, am Sanktus vorbeigegangen, denn schon kurz, nachdem er die Pfannen gereinigt hatte und der Sud im Gärtank angestellt war, sind die Birthe und die Kathi zur Tür der Bierwerkel hereingeschneit gekommen. Dem Sanktus ist ein leises »Zefix« entfahren, aber dann hat er sich mit einem Kunstlächeln umgedreht und die beiden Damen aufs Herzlichste begrüßt.

»Ja, was tuts denn ihr da? Freut mich ja riesig, dass ihr Zeit g’funden habts, mich zu besuchen. Mögts an Pfiff?«

»Oh, gerne«, hat die Birthe gelechzt, »wir sind zü Füß hergekömm. Kilomädorweit! Gloobste nüsch!«

»Ja so was! So weit, ha? Ja, Kathi, von wo aus hast denn die Birthe her gehetzt?«, hat der Sanktus wissen wollen.

»Von daheim nur«, hat die Kathi verwundert geantwortet.

»Uiui. Des san ja gewiss 700 Meter. Verreck Kaffeehaus, ha?«

»Nur 700 Mädor? Kam mir viel längor vör!«, hat die Birthe hechelnd und schwitzend von sich gegeben.

»Passt scho! Ich hol euch was zu trinken.«

Kurz darauf ist der Sanktus mit drei Bhupindia Pale Ales zurückgekommen. Ein bisserl stark, aber sehr hopfenaromatisch und blumig. Ein Bier, das bei Frauen sehr beliebt war.

Die Birthe hat angesetzt und das Gesicht verzogen.

»Ei ferbibbsch, is das biddor. Das kann isch ned trinken. Sörry!«

Der Sanktus hat das Glas ausgeschüttet und der Birthe ein Helles hingestellt. Die hat das in einem Zug runtergeschüttet.

»Das is güd! Schmeckt nach nix. Wie früher in do DDR. Fühlsch mich gleich heimisch.«

Der Sanktus hätte sie jetzt ungespitzt in den Boden schlagen können, aber die Kathi hat ihm sanft auf die Hand gelangt, und er ist sofort ruhiger geworden. Ihr Blick hat ihm gesagt: Sie meint’s nicht so. Gib ihr eine Chance.

Der Sanktus hat kurz kalkuliert und ist draufgekommen, dass die Birthe vom Alter her nicht mehr viel DDR-Bier hat mitbekommen können, also hat es wohl ein Witz sein sollen. Na ja! Für den, der’s mag …

Beim Brauerei Anschauen hat die Birthe wieder punkten können, denn das Arrangement an Edelstahlgefäßen hat ihr sehr gut gefallen. Am liebsten hätte sie mit dem Sanktus sofort den zweiten Sud des Tages gestartet, aber das war dann anscheinend auch nur ein Witz, und der Sanktus war ganz froh darüber.

»Eigentlich wollten wir dir nur sagen, dass wir heut mit zwei Kolleginnen von mir einen Damenabend machen. Macht dir doch nix aus? Und keine Angst: nicht bei uns daheim.«

Der Sanktus, der gerade kurz vor dem Herztod war, hat wieder durchgeschnauft.

»Kein Problem«, hat er gemeint.

Er würde hier fertig machen, heimgehen, einen 200-Gramm-Burger braten und sich einen James-Bond-Film reinziehen. Vielleicht würde er auch ein bisserl was über den Unbekannten mit der Luzifermaske googeln.

»Güd! Na mach mer lös!«, hat die Birthe freudig ausgerufen.

16.

Der Graffiti ist, wie jeden Dienstag, das war inzwischen hinlänglich bekannt, am Tresen der Neuen Kirche in Haidhausen gesessen und hat Cocktails, die der Bhupinder mit Herzblut gemixt hat, getrunken. Es hat oft sein können, dass er allein gekommen war, jedoch am späten Abend das Lokal in weiblicher Begleitung verlassen hat. Dameneskapaden waren nichts Besonderes für den Himsl Quirin.

Seit seine große Liebe, die Meierhofer Daniela, Reporterin beim Münchner Morgenblatt, sozusagen verräumt worden war, hatte er keine neue feste Beziehung eingehen können. Dieser Verlust letztes Jahr hatte ihm das Herz gebrochen, auch wenn er so etwas nie zugegeben hätte. Ein Himsl doch nicht!

Er hätte kurz darauf auf die Schranner Bine spekuliert, die aber wiederum so gar nicht angebissen hatte. War wahrscheinlich auch besser so, denn obwohl sich das Graffiti-Geschäftsgebaren schon weit in Richtung Legalität gebessert hatte, war schon noch ein Restpotenzial an Konflikten vorhanden bei einer Beziehung mit einer Polizeibeamtin. So hat es der Graffiti vorgezogen, sich auf One-Night-Stands zu spezialisieren bis die Richtige daherkommen würde.

Heute war ihm jedoch nicht nach einer kurzzeitigen Affäre, da ihn der Mord in der Sakristei noch geistig voll in seinem Bann gehabt hat. Er war Hauptverdächtiger in diesem Fall, was ihm sehr zugesetzt hat, denn so etwas ist natürlich nicht das Gelbe vom Ei. Stress praktisch brutal. So etwas hatte er noch nie gehabt. Gott sei Dank haben die Bine und der Rudi ermittelt, sprich, die haben den Graffiti ja gekannt. Sonst hätte in den nächsten Tagen definitiv Untersuchungshaft oder sonst was gedroht. Er hat geglaubt, die beiden eigentlich recht schnell von seiner Unschuld überzeugen zu können, was für einen geübten Schlawiner, wie er einer war, nicht wirklich ein Problem darstellen würde. Die Bine hatte er sofort auf seine Seite gezogen, beim Rudi war er sich nicht so sicher. Der Franke war zwar ein alter guter Spezl vom Sanktus, aber er war neu in München und hat einen sehr akkuraten Eindruck gemacht, Beamter pur sozusagen. Das Wichtigste war nun auf jeden Fall, den Generalverdacht endgültig zu entkräften, aber der Graffiti hatte noch keine Idee, wie er das anstellen hat sollen. Die einzige Möglichkeit war, den Sanktus um Hilfe zu bitten, der in fünf Fällen mit diversen Morden eine Aufklärungsquote von 100 Prozent aufzuweisen hatte.

Der Graffiti wollte sich gerade einen weiteren Singapore Sling, eine Spezialität des Inders, bestellen, da hat sich eine Dame zwei Hocker weiter neben ihm an die Bar gesetzt und ebenfalls einen solchen Cocktail geordert.

»Ist der da herinnen gut?«, hat sie den Graffiti gefragt und ihm zugelächelt. »Ich hab mal das Original im Raffles in Singapur getrunken. Der war schon eine Wucht.«

Der Graffiti hat die Frau wahrscheinlich angeschaut wie eine Allgäuer Kuh auf der Weide. Dummes G’schau Anfänger, verstehst? Sie war perfekt. Schlank, lange blonde Haare und dunkle Augen. Eine Kombination, das war genau sein Wetter. Kernkompetenz kein Ausdruck. Sie hat ihn angelächelt und er, völlig hin und weg, sie ebenfalls.

»Und?«, hat sie ihn gefragt.

»Was?«, hat der Graffiti gestottert.

»Ist er gut, der Singapore Sling?«

»Ähm, ja freilich. Ausgezeichnet. Den macht der Hansä, äh der Bhupinder selber. Der tut da noch irgendwas zusätzlich rein, das sagt er uns aber nicht. Also, eigentlich müsst der noch viel besser sein als der im Raffles, also in Singapur. Jaja. Singapur, da wollt ich auch schon einmal hin. Da gibt’s doch den Tierpark, den man in der Nacht anschauen kann, und noch an ganzen Haufen …«

»Sie san lustig, zuerst sagen S’ gar nix und jetzt reden S’ wie ein Wasserfall. Aber sagen S’ amal. Sind Sie ned der Himsl Quirin? Der von der Au?«

Jetzt hat den Graffiti der zweite Bus diese Woche gestreift. Die Göttin, zuerst schaut sie nur gut aus, dann ist sie auch noch witzig, ist aus München, und jetzt kennt sie ihn auch noch.

»Jetzt bin ich platt. Ja klar! Der bin ich. Und Sie?«

»Eigentlich könnten wir du sagen, oder? So alt sind wir auch no ned«, hat sie gesagt.

»Logisch, Quirin! Also eigentlich nennen mich alle …«

»Graffiti! Weiß ich doch«, hat sie den Satz vollendet. »Lily! Lily Pfisterer. Also jetzt heiß ich Brückl.«

»Pfisterer, Pfisterer …«, hat der Graffiti überlegt. »Die kleine Schwester vom Pfisterer Jochen? Ich hätt mir denkt, du wolltst nach Australien auswandern.«

»Für Australien hat’s ned gereicht«, hat sie lächelnd verneint. »Aber Wien ist es dann geworden.«

»Ja, verreck, die Pfisterer Lily. Des g’fallt mir heut!«, hat der Graffiti gejauchzt. »Und was machst du beruflich?«

»Und hier is the Singapore Sling«, hat der Bhupinder in seinem Bayrenglisch, also halb Bayerisch, halb Englisch, geflötet. »San Sie sum ersten Mal hier in Neuer Kirtsche? Weil müssen Sie aufpassen bei Graffiti, weil isser big Bazi. Women never safe, you know!«

Die Lily hat gelacht und gemeint, dass sie so etwas schon einmal über ihn gehört hatte.

»Was machst du beruflich, Lily?«, hat der Graffiti gefragt.

»Stewardess.«

»Verheiratet?«, hat der Graffiti wissen wollen.

»Geschieden, wie fast alle«, hat die Lily geseufzt. »Weißt du eigentlich, dass ich bis zur zehnten Klasse in dich verliebt war, Quirin Himsl?«

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