Wacken Roll

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

2001–2008: Die größte Metal-Party der Welt

2001

Auch im ersten Jahr des neuen Jahrtausends bewähren sich die neuen Strukturen: Etwa 80 Bands laden zur schwermetallischen Leistungsschau. Für die beiden Headliner dieser Auflage reaktivieren ­Holger, Thomas und Sheree deren jeweilige, seit den achtziger Jahren nicht mehr aufgefahrenen Glanzstücke in Sachen Lichtshow: So beeindrucken Saxon mit dem sagenumwobenen Adler (von der Crew auch spöttisch „Biff’s Budgie“ genannt: „Biffs Wellensittich“) – Motörhead mit ihrem Bomber. Mit den italienischen Symphonic-Metallern Death SS bietet sich dem Party-Volk ein weiterer, selten gesehener audio-visueller Leckerbissen – ansonsten finden die über 25.000 Metalheads im Billing alles und jeden von Rang und Namen: W.A.S.P., HammerFall, Dimmu Borgir, Helloween, Annihilator, Grave Digger (die ganz nebenbei ihr Live-Album Tunes Of Wacken mitschneiden), In Flames, Subway To Sally, Therion, Die Apokalyptischen Reiter, Overkill, ­Tankard, Holy Moses – es scheint, als habe sich die aktive Hartwurst-Mucker-Szene vollständig in Wacken eingefunden.

2002

Das erfolgreiche Festival mit seinem genialen Billing zwölf Monate zuvor, aber auch Blind Guardian als Headliner sowie Protagonisten à la Bruce Dickenson, Children Of Bodom, Edguy und U.D.O. lösen einen ungleich größeren Ansturm auf das Gelände aus als im Vorjahr – die schwedischen Doom-Jünger von Candlemass (die ihre Wiederauferstehung feiern), die US-Power-Metal-Legende Warlord (die sich einmalig für ihren ersten Auftritt in Europa überhaupt reformiert) und die US-Thrasher Exodus (die hier ihr amtliches Comeback feiern) sind weitere Höhepunkte im diesjährigen Programm des W:O:A, die einen verstärkten Besucheransturm förmlich herausfordern und dem die Organisatoren dieses Jahr gegenüberstehen.

Das allerdings soll sich als genauso wenig problematisch erweisen wie jene 24 Stunden, die man im planmäßigen Aufbau hinterherhinkt, da es die Tage zuvor mächtig regnet. Noch viel schlimmer ist die Sturmwarnung, die der Wetterdienst ausgibt: Aus Niedersachsen zieht ein höllischer Sturm herauf, der laut Prognosen auch über das Festivalgelände hinwegfegen könnte. Obwohl dank der hohen deutschen Sicherheitsstandards ein Einsturz der Bühnen kaum zu befürchten ist (die können selbst Windstärke zehn standhalten): Das W:O:A 2002 steht am Donnerstagabend kurz vor der Absage. Zum Glück bewegt sich der Sturm südlich an Wacken vorbei. Der starke Regen allerdings weicht den Boden vor den Bühnen völlig auf, verwandelt das Gelände in einen einzigen überdimensionalen Morast. Ein vorläufiges Fahrverbot wird ausgesprochen – zumindest bis vor allem die Wege mit Stroh ausgelegt sind und sich zeigt, dass sich diese Notbefestigung bewährt.

Das alles bringt jedoch den organisatorischen Ablauf der Veranstaltung an den Rand des totalen Durcheinanders. Dennoch: Letztlich wird mit konsequentem Krisenmanagement – und dank der engen Kooperation mit allen Instanzen der örtlichen Behörden – die weitere Durchführung des Festivals gewährleistet. Zudem lässt Petrus Gnade walten: Bereits am Samstag fürchtet die Feuerwehr, dass sich das ausgelegte Stroh von selbst entzünden könnte. Die ab Sonntagmittag einsetzenden Regenschauer lassen diese Sorge in Wohlgefallen verdampfen – dafür aber die abreisenden Fans auf dem Campingplatz mit ihren fahrbaren Untersätzen im Matsch feststecken.

Und während die W:O:A-Organisatoren dreimal drei Kreuze machen, unter diesen widrigen Umständen einen einigermaßen ordentlichen Festivalablauf gewährleistet zu haben, ziehen am Montagfrüh weitere dunkle Wolken am Horizont – diesmal am digitalen Horizont – auf: Bei ihrer Rückkehr in ihre Büros sehen sich die Redakteure des Dortmunder Magazins Rock Hard, zu diesem Zeitpunkt Präsentationspartner des Festivals, massiven Beschwerde-E-Mails unzufriedener Fans gegenüber. Die Rock-Hardler ziehen in einem Anfall von Überreaktion ihre Konsequenzen: Statt Holger, Thomas und Sheree Gelegenheit zu bieten, sich der geäußerten Kritik zu stellen, wird kurzerhand der Präsentationsvertrag gekündigt und das W:O:A aus dem Verbund der „Hard Union“ entlassen. Für die Wackener steht fest: Das nächste Jahr wird das Jahr der Bewährung – und ein Jahr, in dem auf einen Medienpartner hinsichtlich einer Präsentation verzichtet wird. (Siehe auch ab Seite 125)

2003

Und wenn ihr nicht nach Wacken kommt, kommt Wacken in eure Stadt! Genauso lautet das Motto der dieses Jahr erstmals veranstalteten W:O:A-Roadshow. Vier Bands – Mob Rules, Amon Amarth, Onkel Tom und Lordi – bieten in der zweiten Aprilhälfte eine zünftige Einstimmung auf das inzwischen größte Metal-Event im hohen Norden. Feuchtfröhlicher Clou der Roadshow: der allabendliche Ausschank leckerer, die Stimmung hebende 100 Liter Freibier.

Ob es an der Werbewirkung der W:O:A-Roadshow oder an Attraktionen wie Slayer, Running Wild, Twisted Sister, Stratovarius, Testament, Gamma Ray, Annihilator, Subway To Sally liegt – oder schlichtweg daran, dass die Metalheads den Veranstaltern die größtenteils wetterbedingten Unzulänglichkeiten in der Organisation verziehen haben: Der Andrang zum W:O:A verstärkt sich im Vergleich zum Vorjahr noch einmal deutlich spürbar. Auf dem Platz sorgen derweil LED-Anzeigen für eine verbesserte Information – zum Beispiel hinsichtlich der Kommunikation von veränderten Auftrittszeiten.

Unterm Strich bilanzieren Holger, Thomas und Sheree einmal mehr einen vollen Erfolg – die Schwachpunkte des letzten Jahres wurden nahezu hundertprozentig beseitigt, einzig die Stau-Problematik bei der An- und Abreise bleibt ein Dauerthema. Erst recht bei der Jubiläumsveranstaltung im kommenden Jahr, denn …

2004

… zum 15. W:O:A marschieren doppelt so viele Schwermetaller gen Wacken als noch im Vorjahr. Doch zuvor – wie im Vorjahr in der zweiten Aprilhälfte – stimmt die W:O:A-Roadshow auf das Event am ersten August-Wochenende ein. Diesmal mit von der Party: die drei True-Metal Combos Primal Fear, Freedom Call und Metalium sowie die Düstermetaller Dark Age.

Und auch eine weitere Firma wird ins Leben gerufen: Armageddon Music. Noch ahnt niemand, dass daraus einmal das Label Wacken Records entsteht, denn ursprünglich ist das Unternehmen lediglich dafür ins Leben gerufen worden, um die administrativen Arbeiten für die Zusammenstellung der Wacken-DVD zu übernehmen. Aber es soll anders kommen – zum Leidwesen von Thomas, der sich eigentlich nie im Leben auch noch um ein Label kümmern möchte …

Die „A Night To Remember“ am Donnerstagabend steht ganz im Zeichen von Deutschlands Rock-Lady Nummer eins – Doro Pesch: Sie absolviert zwei Shows hintereinander – eine mit ihrer Doro-Solo-Band, eine mit den aus Gründen des 20. Bandjubiläums reformierten Warlock. Letztere Show ist – natürlich – auf Anregung von Holger zustande gekommen, der den Metalheads immer etwas Besonderes bieten möchte. Und zusammen mit Acts wie den Böhsen Onkelz, Dio, Saxon, Motörhead, Helloween, Nevermore, Anthrax, Satyricon oder Grave Digger wird ein Fest gefeiert, an dessen Ende Thomas eine Devise ausgibt: „Wenn man schon das 15. Jubiläum feiert, möchte man auch das 20. feiern!“

Dass dieses Jahr das Münchner Fachjournal Metal Hammer erstmals als Präsentator mit ins Boot geholt wurde, obwohl man im Vorjahr bewiesen hat, dass es vom Prinzip her eigentlich auch ohne Medienpartner ginge, hat wiederum einen simplen Grund: Denn für das nächste Jahr ist erstmals die Durchführung eines Nachwuchsförderwettbewerbs geplant – dem so genannten …

2005

… „Metal Battle“. Und für die mediale Begleitung eines solchen Wettbewerbs ist auch in der heutigen Zeit ein starker und kompetenter Presse-Partner unerlässlich. So kämpfen in jedem Bundesland neue Stars von Morgen in den Vorausscheidungen um einen Finalplatz, um im Rahmen des W:O:A 2006 den Gewinner zu ermitteln, der sich über einen Plattenvertrag bei Armageddon Records freuen darf. Die Gewinner des Wettbewerbs heißen Gorilla Monsoon – der Verlierer hört auf den Namen Thomas Jensen, denn der hat nun doch ein Label, um das er sich auch noch kümmern darf …

Hauptattraktion sind dieses Jahr zweifellos die Teutonen-Metal-Protagonisten Accept die sich für eine sommerliche Festival-Tour reformiert haben. Aber auch Acts wie Nightwish, Machine Head, Overkill, Within Temptation oder die Berliner Mittelalter/Folk-Rocker Corvus Corax, die in klassischer Begleitung ihre Carmina Burana aufführen, zählen dieses Jahr zu den Highlights.

2006

Fast schon scheint „Business as usual“ einzuziehen: Die W:O:A Roadshow geht mit Ensiferum, Orphaned Land, Spellbound und Noise Forest in die vierte, der Nachwuchswettbewerb Metal Battle in die zweite Runde, während die Besucherzahlen stabil bei offiziell knapp 50.000 Zuschauern liegen.

Die „Night To Remember“ jedoch wird zu den unvergesslichsten überhaupt seit Einführung des Donnerstagabends als Warm-up-Party zählen: Keine Geringeren als Deutschlands Rock-Export Nummer ein, die Scorpions, führen eine bisher noch nie gesehene Show auf, in der ihr überdimensionaler Roboter-Skorpion erstmals überhaupt zum Einsatz kommt.

Auch das restliche Programm kann sich sehen – und hören – lassen: Ob Whitesnake für die Hard-Rocker, Celtic Frost für die avantgardistisch eingestellten Fans, Nevermore für die Prog-Metaller oder Children Of Bodom für diejenigen, die es traditionell-derbe mögen – für jeden ist etwas dabei. Und da sich Petrus einmal mehr nicht als Spielverderber produziert, erleben wir eine wunderschöne Metal-Party vom Allerfeinsten.

2007

Erstmals in seiner Geschichte ist das Wacken:Open:Air ausverkauft: 72.000 Zuschauer belagern das 1.850-Seelen-Dorf, um bei Bands wie Blind Guardian, den reformierten US-Düster-Metallern Type O Negative, Iced Earth, Saxon, In Flames, Dimmu Borgier und Konsorten ordentlich abzufeiern.

 

Dabei wäre auch diese Feier – wie schon anno 2002 – um ein Haar sprichwörtlich ins Wasser gefallen: Starke Regenfälle weichen noch am Dienstag den Boden auf, auf dem Zeltplatz und dem eigentlichen Festivalgelände steht das Wasser Zentimeter hoch. Noch am Mittwoch wird das Areal mit Hubschraubern förmlich trocken geföhnt, eilig werden die bewährten Strohballen herangekarrt, um damit die Plätze auszulegen. Da diese Maßnahmen selbst am Mittwoch im vollen Gange sind, können die Campingplätze noch nicht betreten werden.

Es entstehen Warteschlangen – auch Staus genannt – die sich nicht nur durchs Dorf und bis zur Autobahnabfahrt Wacken/Schenefeld hinziehen, sondern auch im Umkreis von bis zu 20 Kilometern sämtliche Autobahnen lahm legen.

Die Fans verhalten sich – und auch das zieht sich durch die Wacken-Geschichte wie ein roter Faden – diszipliniert, ertragen die Unannehmlichkeiten mit rührender Gelassenheit und freuen sich auf das, was in den nächsten Tagen folgen soll: eine gigantische Party im Zeichen der harten Klänge, zu der Petrus die Himmelsschleusen im Wesentlichen geschlossen hält.

2008

Ausverkauft! Diesmal sind bereits ab März keinerlei Tickets mehr erhältlich. Unangefochtener Höhepunkt sind dabei Iron Maiden, die ihre legendäre POWERSLAVE-Kulisse auffahren und so im Rahmen der „Night To Remember“ die Glorreichen achtziger auferstehen ­lassen.

Doch auch Tobias Sammets Rock-Oper Avantasia, Nightwish, Children Of Bodom, Kamelot, Leaves Eyes sowie Newcomer wie Sabaton, die Finnen Sturm Und Drang oder Mustasch sorgen wieder einmal für ein attraktives und in alle Richtungen ausgewogenes Programm.

Zudem greift das neue Verkehrskonzept, das die Veranstalter ausarbeiten ließen und das eine zügige Belegung der Campingplätze garantiert. Der längste Stau, den es zu konstatieren gilt, zieht sich mal gerade bis zur Dorfmitte hin – lächerlich.

So avanciert das Wacken:Open:Air neuerlich zur größten Ausgabe in seiner bisherigen Geschichte – und zum inzwischen größten Metal-Festival, das selbst solche Konkurrenzveranstaltungen wie Rock am Ring in Deutschland oder das Download Festival im englischen Castle Donington (der offizielle Nachfolger der legendären Monsters Of Rock) alleine hinsichtlich der Besucherzahlen weit hinter sich gelassen hat. Abgesehen von der einmaligen Stimmung und dem unvergleichlichen Flair, das man in der Form ansonsten in der ganzen Welt vergeblich sucht. Wer hätte das gedacht, dass sich aus einer Wald-und-Wiesen-Party in der Kieskuhle ein derartiges Großereignis entwickelt, an dem selbst bürgerliche Medien wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht mehr vorbeikommen und sich genötigt sehen, zur besten Prime-Time davon zu berichten?

2009–2012: Das größte Metal-Festival der Welt

2009

Erneut ist das Wacken:Open:Air ausverkauft. Heuer allerdings schon zur Jahreswende: Am 31. Dezember 2008 muss der Kartenvorverkauf eingestellt werden. Dabei steht zu diesem Zeitpunkt kaum eine Band im Billing fest – erst im Frühjahr 2009 werden Acts wie Heaven & Hell (im Prinzip die Black-Sabbath-Mark-II-Reunion mit Ronnie James Dio), HammerFall, Motörhead, Testament, In Extremo, Machine Head, Axel Rudi Pell oder die australischen Senkrechtstarter Airbourne bestätigt. Zudem lädt Käpt’n Rock’n’Rolf mit seinem Piraten-Flaggschiff Running Wild zur Farewell-Show (ein Abschied, der – wie wir heute wissen – allerdings nur knapp zweieinhalb Jahre von Bestand ist). Ansonsten findet sich mit DragonForce, Doro, Korpiklanii, Bullet For My Vallentine, Borknagar, Enslaved, Heaven Shall Burn, Pain, Napalm Death, Amon Amarth, Ex-Onkel Der W. oder Volbeat die Creme de la Creme der rockenden und schwermetallisch auf den Putz hauenden Zunft aller Sparten ein.

Mit diesem 20. Wacken:Open:Air halten gleichzeitig zwei „Tagesordnungspunkte“ im Programm Einzug, die ab sofort zu den guten Traditionen in Wacken und beim Festival zählen sollen: Die aus Anlass dieses Jubiläums reunierten Skyline – jener Band, mit der die Wacken-Story begann – werden künftig, verstärkt um renommierte Gastmusiker, den offiziellen Auftakt am Donnerstag auf dem In-Field vornehmen. Und – zweitens – die offizielle Wacken-Hymne des Jahres vorstellen, in diesem Jahr das von Deutschlands Metal-Queen Doro Pesch interpretierte ‚We Are The Metal Heads‘ (Siehe hierzu auch das Kapitel „Die Wacken-Hymne“).

Zudem wird die Jubiläumsausgabe der Veranstaltung um zwei Außenbereiche erweitert: den Wackinger Markt, der der zunehmend erstarkenden Mittelalter- und Folk-Rock-Szene Rechnung trägt. Und das Bullhead City Tent, das in erster Linie sportliche Unterhaltung – sprich: Wrestling-Showkämpfe – bietet, aber auch diese oder jene Einlage aus dem Comedy-Bereich bis hin zu Programmpunkten mit erotischem Appeal. Entgegen allen Unkenrufen nimmt das Publikum diese neuen Institutionen grandios an – und sind fortan aus dem Wacken-Orkus nicht mehr wegzudenken.

Allerdings schreibt das Wacken:Open:Air auch – diesmal ungewollt und vor allem in trauriger Weise – in einer anderen Beziehung Geschichte: Selbst am Abend des 30. Juli ahnt niemand, dass dies die letzte Gelegenheit ist, noch einmal den legendären Ronnie James Dio, den kleinen Mann mit der großen Götter-Stimme, live auf den Brettern, die die Welt bedeuten, zu erleben. Im Herbst wird bei dem Ausnahme-Frontmann Magenkrebs diagnostiziert – sämtliche Hoffnungen, dass die Rock-Legende die tückische Krankheit besiegt, zerschlagen sich am 16. Mai 2010, dem Todestag Dios, auf das Brutalste. Wenigstens werden diese magischen Momente des letzten Auftritts des unvergesslichen Sängers hier in Wacken in Form der DVD Heaven & Hell – Live In Wacken für die Nachwelt festgehalten.

2010

Die Eisernen Jungfrauen locken – die Wacken-Community folgt ihrem Ruf. Zwar stellen Iron Maiden ihr erst neun Tage später, am 13. August erscheinendes Album The Final Frontier nur mit einem Song – ‚El Dorado‘ – vor. Doch die beeindruckende futuristische Bühnenkulisse und ein mehr denn je agiles Band-Maskottchen vermitteln bereits einen tollen Eindruck von der kommenden Welttournee, die die umfangreichste von Steve Harris, Bruce Dickinson & Co. seit 15 Jahren werden wird. Aber auch die erstmals in Wacken auftretenden Glam-Rocker von Mötley Crüe zünden eine beeindruckende Feuerwerk nicht nur ihrer größten Hits, sondern auch hinsichtlich ihrer Pyros: Es raucht im Karton an allen Ecken und Enden.

Und sonst? Helloween, Edguy, Kamelot, Stratovarius und W.A.S.P. bedienen das Klientel der Traditionalisten vorbildlich – Candlemass das der Doomer. Zudem können wir ein Wiedersehen mit VoiVod feiern – Unleashed, Cannibal Corpse und Slayer sind zweifellos die Hauptattraktion für die „Extremisten“ unter den Metalheads.

Einen riesigen Leckerbissen gilt es Freitagnacht auf der Black Stage zu bewundern: Die Berliner Mittelalter-Rocker Corvus Corax zelebrieren unter der Flagge von Cantus Buranus die Carmina Burana, die wohl bekannteste Liedersammlung aus dem Mittelalter. Großes Kino! Oder besser gesagt: Großes Theater! Denn was die Hauptstädter hier zusammen mit dem Passionata Chor aus Berlin und dem Bohamian Symphony Orchestra Prague an opernreifer Inszenierung aufführen, hat die Wacken-Welt noch nicht gesehen – selbst vor Ritterkämpfen mit brennenden Schilden wird nicht zurückgescheut!

Auch der Nachwuchs macht von sich Reden: Der finnische Sechser Battle Beast, der diesjährige Gewinner des heuer aus 26 Ländern der Welt stammenden Teilnehmerfelds der Finalrunde des „Wacken Metal Battle“, werden als erste Gewinner dieses Wettbewerbs in die Wacken-Annalen eingehen, die noch vor der Siegerehrung im Flieger gen Heimat sitzen.

Der „German Tank“ und seine Mannen von U.D.O. legen schließlich Samstagnacht einen souveränen Headliner-Auftritt hin – und werden trotz einsetzendem Regen bis zum Schlussakkord des diesjährigen Festivals abgefeiert, als gäb’s kein Morgen und als könne man das W:O:A auf diese Weise noch mindestens um ein paar Wochen künstlich in die Länge ziehen.

2011

Rekord! Heuer liegt die Besucheranzahl bei knapp 86.000 – davon 75.000 zahlende Besucher sowie 10.780 weitere Teilnehmer. Damit löst das Wacken:Open:Air im direkten jährlichen Vergleich erstmals das renommierte „Rock am Ring“-Festival nicht nur hinsichtlich der Anzahl der bei dem Event auftretenden Bands, sondern auch bezüglich der Anzahl der Besucher als Nummer eins ab.

Organisatorisch wurde wieder einmal geklotzt und nicht gekleckert: Das Bullhead City Tent präsentiert sich ebenso aufgerüstet beziehungsweise verfeinert wie der Wackinger Markt – von den über das Jahr vorgenommenen zahlreichen Investitionen in die Infrastruktur des Geländes, die für den Außenstehenden meist unsichtbar bleiben, ganz zu schweigen …

Programm-technisch wird – Wie könnt’ es auch anders sein? – das Allerfeinste vom Feinsten geboten: Die Traditionsmetaller kommen bereits am Donnerstag mit der deutschen Prog/Speed-Elite in Form von Helloween und Blind Guardian auf ihre Kosten – außerdem bietet der in Wacken debütierende Madman Ozzy Osbourne einen hervorragenden Querschnitt seiner Karriere und stellt mit dem griechischen Wunderknaben Gus G. einen neuen Axe-Hero neuen Typus und Hoffnungsträger der Saitenfront vor. Am folgenden Tag feiert Wacken eine weitere Premiere: Erstmals geben sich der Metal-God Rob Halford und die NWoBHM-Veteranen Judas Priest in Wacken die Ehre, überzeugen mit einem souveränen, mehr als zweistündigen Set und avancieren zu einem der weiteren Höhepunkte nicht nur des diesjährigen Jahrgangs, sondern der Wacken-Annalen generell. Auch am Samstag ist die True Metal Stage edelst besetzt: Die Glam-Rocker Crashdiet, die japanischen Protagonisten der Visual-Kei-Bewegung Dir En Grey, die US-Power-Metaller Iced Earth sowie Avantasia und Motörhead sorgen Nonstop für beste Stimmung im In-Field.

Was schon bei anderen Events dieser Größenordnung vorzüglich funktionierte, nehmen auch die Schwermetaller in Wacken sehr gut an: Jim Breuer, Comedy-Star aus den USA, stellt eine wohltuende Auflockerung im W:O:A-Programm dar – folgerichtig wird der gute Mann gleich fürs nächste Jahr verpflichtet.

Die brachialer veranlagte Fraktion hingegen kommt an den beiden Haupttagen mit solchen Acts wie Morbid Angel, As I Lay Dying, Cradle Of Filth, den finnischen Cello-Metallern Apocalyptica, den brasilianischen Ethno-Thrashern Sepultura, den deutschen Thrash-Leuchtfiguren Kreator und den finnischen Schwermetallern Children Of Bodrum voll auf ihre Kosten. Selbst die Party-Stage ist hervorragend besetzt: Primal Fear, Rhapsody Of Fire, die A-capella-Rocker Van Canto, die Berliner Blödel-Barden Knorkartor und der kanadische Rocker Danko Jones avancieren hier zu den Higlights. Nicht zu vergessen Saltatio Mortis: Die badisch-hessischen Mittelalter-Rocker sorgen beinahe für einen Eklat, weil sie vermeintlich über den Zapfenstreich zur Nachtruhe um drei Uhr hinaus auf der Bühne Party feiern und aus dem Produktionsbüro die Order ergeht, ihnen den Strom abzudrehen. Doch Barde Alea der Bescheidene und seinen Mannen haben pflichtgemäß die Sperrzeit eingehalten – es sind die Fans, die noch derart laut Party feiern und die Saltatio-Weisen durch die Nacht schmettern …

So können Holger und Thomas nach ihrem rituellen Dank an die Fans am Samstag um 1:45 Uhr und dem musikalischen Schlussakkord von Subway To Sally erneut auf ein hervorragend gelungenes Festival zurückblicken. Doch wie heißt es so schön? Nach Wacken ist vor Wacken – nach kurzem Luftholen geht’s an die Organisation des genau in 361 Tagen offiziell zu eröffnenden 23. Wacken:Open:Airs … Und an die weitere Verfeinerung des Festival-Areals (Siehe hierzu auch im Kapitel „Die Macher“ die Ausführungen von Marc Loewe, Assistent der Produktionsleitung!) …

2012

Rekord! Bereits am 30. November – also ganze acht Monate, bevor die Wacken Fire Fighters zum rituellen Sturm auf das In-Field blasen – ist das Wacken:Open:Air ausverkauft! Damit steht bereits bei Drucklegung dieses Buchs fest: Das Wacken:Open:Air steuert einem weiteren vorläufigen Höhepunkt entgegen – ein Ende der Erfolgsstory ist jedenfalls nicht abzusehen. Warum auch? Denn in Wacken bemühen sich die vielleicht besten Veranstalter der Welt um die vielleicht besten Fans der Welt, um mit ihnen „Heavy Metal zu leben und zu feiern“. Daran hat sich seit dem Sommer 1990 nichts geändert, und daran wird sich so schnell auch nichts ändern – was mit der zweiten Auflage dieses Buchs einmal mehr unterstrichen sein dürfte. Denn mit fast denselben Worten endete die Chronologie des Wacken:Open:Airs vor fast genau drei Jahre, 2009 …

 

Der Chronistenpflicht sei abschließend damit genügt, dass das Programm des Wacken:Open:Airs 2012 bereits im April zu gut 95 Prozent feststeht: So werden Traditions-Acts à la Saxon, HammerFall, Kamelot und Axel Rudi Pell die eher klassisch veranlagten Schwermetaller in ihren Bann ziehen – U.D.O. bietet gar einige „Special Guests“ auf, während die Scorpions im Rahmen ihrer Abschiedstournee die wohl letzte Open:Air:Show auf deutschem Boden absolvieren. Weiterhin ein Leckerbissen: die renommierten Melodic-Prog-Metaller Sanctuary aus Seattle. Oder Dimmu Borgir, die sich um ein Orchester verstärken wollen. Oder Acts wie Machine Head und In Flames, die auf brachialere Weise das W:O:A rocken werden. Und: Mit den Spoken-Words-Performances von Henry Rollins und Danko Jones wird ein weiterer Testballon gestartet und der mehr lyrischen Seite im Metier der harten Klänge gefrönt. Überhaupt wird das Rahmenprogramm noch üppiger ausfallen – eine weitere Umstrukturierung und Vergrößerung des Geländes macht’s möglich (an dieser Stelle sei erneut auf die Ausführungen von Marc Loewe verwiesen) …

Unterm Strich bleibt schon jetzt das Resümee: In der „Wacken-Festwoche“ ist für jeden Metalhead jeglicher Couleur die sprichwörtliche „Vollbedienung“ garantiert. Also – was bleibt uns an dieser Stelle anderes übrig, als einmal mehr zu skandieren:

See you in Wacken – Rain or Shine!




Thomas Jensen und Holger Hübner vor dem Wacken-Ortseingangsschild.