Sanktionsbewehrte Aufsichtspflichten im internationalen Konzern

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BGHZ 135, 244 (252) – ARAG/Garmenbeck. Vgl. hierzu auch die Urteilsbesprechung von Götz NJW 1997, 3275 (3275).

[38]

Aufgrund der höheren Insolvenzanfälligkeit der GmbH sind Schadensersatzklagen gegen Geschäftsführer häufiger im Vergleich zu Klagen gegen Vorstände einer AG. Üblicherweise tritt in diesen Fällen der Insolvenzverwalter als Kläger auf. Vgl. hierzu Strohn CCZ 2013, 177 (177).

[39]

Vgl. dazu auch Koch WM 2009, 1013 (1014); Lang Corporate Compliance, S. 101; Grundmeier Rechtspflicht, S. 29. Bunting ZIP 2012, 1542 (1544) weist indes darauf hin, dass sich allein hieraus jedenfalls keine erschöpfende Kontrollpflicht ergeben kann.

[40]

Bunting ZIP 2012, 1542 (1544); Grundmeier Rechtspflicht, S. 29.

[41]

Koch WM 2009, 1013 (1014); Lang Corporate Compliance, S. 101; Grundmeier Rechtspflicht, S. 29.

[42]

Für die aktuelle Fassung des DCGK vom 24.6.2014 vgl. die Bekanntmachung des Deutschen Corporate Governance Kodex vom 30.9.2014 durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, BAnz AT 30.9.2014 B1.

[43]

Absolut h.M., vgl. nur OLG München NZG 2009, 508 (509); Goette in: MK-AktG, § 161 AktG Rn. 22; Hoffmann-Becking in: MünchHdb GesR IV, § 29 Rn. 59; Koch WM 2009, 1013 (1020); Seibert BB 2002, 581 (582); Kirschbaum/Wittmann JuS 2005, 1063 (1064); Petermann in: Eisele/Koch/Theile, S. 99 (110); ders. Compliance-Maßnahmen, S. 82; Huber Compliance-Pflichten, S. 17, 66 f.; Lang Corporate Compliance, S. 158. Einschränkend Wernsmann/Gatzka NZG 2011, 1001 (1004). Trotz fehlender unmittelbarer Bindungswirkung stößt der Kodex in der Praxis indes auf große Akzeptanz, vgl. v. Werder in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Rn. 1388 ff.; Hartig BB 2012, 2959 (2961); vgl. hierzu ausführlich auch die Studienergebnisse bei v. Werder/Bartz DB 2014, 905 (907 ff.).

[44]

Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Rn. 575.

[45]

Eine exakte Abgrenzung der genannten Normen erfolgt dabei selten und ist indes auch schwer möglich, da die Regelungsbereiche insofern ineinandergreifen. Zumeist wird daher auf eine Gesamtschau der §§ 76, 93 AktG verwiesen, wenn die entsprechenden Organisationspflichten beschrieben werden; vgl. nur Fleischer NZG 2014, 321 (322); Oppenheim DStR 2014, 1063 (1063); Huber Compliance-Pflichten, S. 69, 91. Entsprechend wurde die exakte dogmatische Verankerung auch offengelassen durch LG München I NZWiSt 2014, 183 (187). Für den Geschäftsführer einer GmbH ergeben sich die Pflichten aus den entsprechenden Regelungen des GmbHG, mitunter also §§ 35 Abs. 1 S. 1, 43 Abs. 1 GmbHG. Vgl. hierzu auch BGHZ 127, 336 (347); Petermann Compliance-Maßnahmen, S. 82 f.; Lang Corporate Compliance, S. 93 ff.

[46]

M. Wolf BB 2011, 1353 (1354).

[47]

Vgl. LG München I NZWiSt 2014, 183 (187), wonach für den Pflichtenumfang entscheidend sind: „Art, Größe und Organisation des Unternehmens, die zu beachtenden Vorschriften, die geografische Präsenz wie auch die Verdachtsfälle aus der Vergangenheit.“ Vgl. auch Fleischer CCZ 2008, 1 (2); Spindler in: MK-AktG, § 91 AktG Rn. 66; Huber Compliance-Pflichten, S. 71; Grundmeier Rechtspflicht, S. 30.

[48]

Spindler in: MK-AktG, § 91 AktG Rn. 66; Hölters in: Hölters, § 93 AktG Rn. 92; Hauschka in: Hauschka, § 1 Rn. 23; Gilch/Schautes in: Momsen/Grützner, 2. Kapitel A Rn. 4; Reichert ZIS 2011, 113 (116); M. Wolf BB 2011, 1353 (1354); Pietzke CCZ 2010, 45 (50); Kremer/Klahold ZGR 2010, 113 (120 f.); Schneider NZG 2009, 1321 (1325); Bürkle BB 2005, 565 (568); Lang Corporate Compliance, S. 107; Grundmeier Rechtspflicht, S. 30.

[49]

Spindler in: MK-AktG, § 91 AktG Rn. 66; Koch in: Hüffer, § 76 AktG Rn. 14; Pietzke CCZ 2010, 45 (50); Petermann in: Eisele/Koch/Theile, S. 99 (109); ders. Compliance-Maßnahmen, S. 79. Dies deckt sich auch mit dem Verständnis der Kodexkommission, die mit Ziffer 4.1.3. ebenfalls nicht auf eine vom Einzelfall losgelöste Pflicht zur Einführung umfassender Compliance-Programme abzielt, vgl. Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Rn. 579, 582, 595.

[50]

Lotze NZKart 2014, 162 (164); Kremer/Klahold ZGR 2010, 113 (120). Im Ergebnis wohl auch so LG München I NZWiSt 2014, 183 (187); Hölters in: Hölters, § 93 AktG Rn. 92; Lang Corporate Compliance, S. 108.

[51]

LG München I NZWiSt 2014, 183 (187); Reichert/Ott NZG 2014, 241 (242); Lotze NZKart 2014, 162 (164); Kremer/Klahold ZGR 2010, 113 (120 f.); Lang Corporate Compliance, S. 114; Grundmeier Rechtspflicht, S. 30.

[52]

Spindler in: MK-AktG, § 76 AktG Rn. 42; Lotze NZKart 2014, 162 (164 f.).

[53]

Im Ergebnis wie hier Fleischer CCZ 2008, 1 (5).

[54]

Dauner-Lieb in: Henssler/Strohn, § 76 AktG Rn. 10; Wellhöfer in: Wellhöfer/Peltzer/Müller, § 11 Rn. 10; Hopt, in: Hopt/Wohlmannstetter, S. 5; Huber Compliance-Pflichten, S. 146. Vgl. auch Ziff. 4.1.1. DCGK: „Der Vorstand leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung im Unternehmensinteresse, also unter Berücksichtigung der Belange der Aktionäre, seiner Arbeitnehmer und der sonstigen dem Unternehmen verbundenen Gruppen (Stakeholder) mit dem Ziel nachhaltiger Wertschöpfung“ und Ziff. 4.3.3. DCGK: „Die Vorstandsmitglieder sind dem Unternehmensinteresse verpflichtet. Kein Mitglied des Vorstands darf bei seinen Entscheidungen persönliche Interessen verfolgen und Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen.“ Hierzu auch vgl. Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Rn. 565, 828 f. Kritisch zum Begriff des Unternehmensinteresses Spindler in: MK-AktG, § 76 AktG Rn. 63 ff.; zum Ganzen auch Fleischer in: Fleischer, § 1 Rn. 21 ff.

[55]

Vgl. allgemein hierzu auch Huber Compliance-Pflichten, S. 142; Lang Corporate Compliance, S. 173 f.

[56]

Dachmarkenstrategien bezwecken das Angebot sämtlicher Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens oder aber eines Gesamtkonzerns unter einer Marke. So bietet etwa der Allianz-Konzern seine Versicherungsprodukte zu erheblichen Teilen unabhängig von der Zuordnung zu juristisch selbstständigen Tochterunternehmen unter der Gesamtmarke Allianz an. Den gegensätzlichen Ansatz verfolgt etwa der Volkswagen-Konzern, wenn dort z.B. die zugehörigen, eigenständigen Marken Audi, Seat oder Skoda gepflegt werden; vgl. zum Ganzen Meffert Dienstleistungsmarken, S. 140 f. Während die Vorteile einer Dachmarkenstrategie vor allem darin zu sehen sind, dass alle beteiligten Unternehmen an einer möglicherweise etablierten Marke partizipieren, die gemeinsam gestärkt und beworben werden kann, sind Nachteile unter anderem dann zu befürchten, wenn es an einer Stelle zu negativen Unternehmensnachrichten kommt, vgl. hierzu Pepels, Marketing, S. 78 f. So wird ein medienwirksamer Unternehmensskandal etwa bei Skoda hinsichtlich der Reputation den Volkswagen-Konzern mit seinen weiteren Marken weniger hart treffen als der gleiche Skandal bei einer Allianz-Tochter deren Gesamtkonzern treffen würde. Vgl. hierzu ferner auch Kremer/Klahold ZGR 2010, 113 (122, 139); Fleischer CCZ 2008, 1 (5).

[57]

Huber Compliance-Pflichten, S. 149 f; Grundmeier Rechtspflicht, S. 119. Vgl. zum Ganzen auch Koch in: Hüffer, § 76 AktG Rn. 21.

[58]

Vgl. auch Hölters in: Hölters, § 76 AktG Rn. 54; Fleischer CCZ 2008, 1 (5); Schneider/Schneider ZIP 2007, 2061 (2063); Huber Compliance-Pflichten, S. 143.

[59]

Vgl. hierzu auch Koch in: Hüffer, § 76 AktG Rn. 49; Kremer/Klahold ZGR 2010, 113 (139, 142); Fleischer CCZ 2008, 1 (5); Huber Compliance-Pflichten, S. 176.

 

[60]

Hölters in: Hölters, § 93 AktG Rn. 111; Schneider NZG 2009, 1321 (1326).

[61]

Vgl. auch Schneider NZG 2009, 1321 (1326), nach dem sich der Umfang der Compliance-Pflichten auch grundsätzlich danach richtet, ob der Gesamtkonzern auch im Übrigen zentral oder dezentral geführt wird.

[62]

So im Ergebnis auch Kremer/Klahold ZGR 2010, 113 (142); Fleischer CCZ 2008, 1 (4); ferner Koch in: Hüffer, § 76 AktG Rn. 23.

[63]

Hölters in: Hölters, § 76 AktG Rn. 54.

[64]

Spindler in: MK-AktG, § 76 AktG Rn. 42; Hölters in: Hölters, § 76 AktG Rn. 54; Huber Compliance-Pflichten, S. 144.

[65]

Vgl. Ringleb in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Rn. 575.

[66]

Keinesfalls aber decken sich damit auch die Ausmaße der daraus resultierenden Pflichten. Während der Vorstand der Obergesellschaft sein eigenes Unternehmen mit Blick auf die umfassende Legalitätspflicht organisieren muss, sind seine gesellschaftsrechtlich gestellten Aufgaben mit Blick auf Tochtergesellschaften nach der hier vertretenen Ansicht auf die Vermeidung von Schäden der Obergesellschaften gerichtet, vgl. insofern auch Lang Corporate Compliance, S. 177.

[67]

Zum insofern bestehenden Ermessen vgl. auch Grundmeier Rechtspflicht, S. 121 f.

[68]

Zu betonen ist an dieser Stelle nochmals, dass sich die Pflicht zur Wahrnehmung von Compliance-Maßnahmen allgemein nicht allein aus den Überwachungs- und Kontrollpflichten des Gesellschaftsrechts ergibt. Vielmehr handelt es sich an dieser Stelle wie gezeigt „lediglich“ um die Pflichten, die die Geschäftsleitung im Innenverhältnis gegenüber der eigenen Gesellschaft binden. Dies ist schon daher nur bedingt zur Umrahmung der Compliance-Pflichten als Ganzes geeignet, da solche auch entstehen sollen, wenn für das Unternehmen selbst kein Schaden zu befürchten ist. Die Pflichten des Vorstands im Innenverhältnis bilden dann aber nur eine unzureichende Grundlage, vgl. hierzu auch Schneider NZG 2009, 1321 (1323). Ob darüber hinaus auch im Außenverhältnis eine (konzernweite) Compliance-Pflicht besteht, ist eine gesondert zu beantwortende Frage, vgl. hierzu auch Koch WM 2009, 1013 (1014 f.). Zu insofern möglicherweise bestehenden Pflichten aus § 130 OWiG vgl. ausführlich Rn. 173 ff.

[69]

Koch in: Hüffer, § 76 AktG Rn. 20; Bürkle in: Hauschka, § 8 Rn. 65; Huber Compliance-Pflichten, S. 144; Grundmeier Rechtspflicht, S. 120.

[70]

Fett/Theusinger BB Special 4 (zu BB 2010, Heft 50), 6 (9).

[71]

Insofern nimmt Petermann in: Eisele/Koch/Theile, S. 99 (110) eine Überwachungspflicht gegenüber der Tochtergesellschaft jedenfalls im Vertragskonzern an.

[72]

Vgl. insofern auch Huber Compliance-Pflichten, S. 103, 121, 144; Grundmeier Rechtspflicht, S. 120.

[73]

Huber Compliance-Pflichten, S. 144, 180.

[74]

Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 23 Rn. 22.

[75]

Siehe hierzu ausführlich oben Rn. 76 ff.

[76]

Vgl. hierzu auch Fett/Theusinger BB Special 4 (zu BB 2010, Heft 50), 6 (14).

Teil 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen › C. Auswirkungen auf den unternehmerischen Pflichten- und Haftungsumfang › III. Haftungsdurchgriff

III. Haftungsdurchgriff

107

Bei der Beurteilung der Konzernierungswirkung ist neben den Ausflüssen im Pflichtenprogramm der Obergesellschaft schließlich auf eine mögliche Erweiterung des Haftungsverbundes einzugehen. Unter dem Stichwort des Haftungsdurchgriffes wird dabei diskutiert, ob Konzernobergesellschaften unmittelbar für Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaften in Anspruch genommen werden können, auch wenn sie selbst nicht haftungsbegründend an einer Schuldentstehung mitwirken.

108

Dabei ist zunächst der Grundsatz der rechtlichen Selbstständigkeit der verbundenen Gesellschaften zu betonen. Aus dieser Selbstständigkeit erwächst das Trennungsprinzip, das einem Haftungsdurchgriff grundsätzlich im Wege steht.[1] Nach der Konzeption unserer Gesellschaftsrechtsordnung ist ein Haftungsdurchgriff damit grundsätzlich ausgeschlossen.[2] Vielmehr haftet jede Gesellschaft eigenständig für ihre eigenen Verbindlichkeiten.

109

Relativiert wird diese strikte Trennung indes durch die bereits dargelegten, besonderen Regelungen des Konzernrechts. So normiert für den Fall der Eingliederung § 322 Abs. 1 AktG eine Ausnahme des Trennungsprinzips, sofern die Obergesellschaft nach dieser Regelung für Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft als Gesamtschuldnerin haftet. Zwar existiert für den in der Praxis deutlich verbreiteteren Vertragskonzern keine entsprechende Haftungsregelung. Allerdings statuiert § 302 AktG für entsprechende Unternehmensverbindungen einen Verlustausgleichsanspruch der Tochtergesellschaft gegen die Obergesellschaft. Gläubiger der Tochtergesellschaften können diesen Anspruch pfänden lassen.[3] Auch wenn damit keine Primärverbindlichkeit des herrschenden Unternehmens begründet wird, so wird jedoch im Ergebnis der Zweck eines Haftungsdurchgriffs als Mittel der Sicherung für den Gläubiger erfüllt. In faktischen Konzernverbindungen findet sich hingegen keine entsprechende Regelung des Verlustausgleichs. Hier muss die herrschende Gesellschaft lediglich gem. §§ 311 Abs. 1, 317 AktG Nachteile ausgleichen, die sie der abhängigen Gesellschaft konkret zugefügt hat.[4] Erst wenn die Obergesellschaft derart umfassend in das abhängige Unternehmen eingreift, dass die konkret zugefügten Nachteile sich nicht mehr isoliert feststellen lassen, erwächst auch im Rahmen von faktischen Konzernverbindungen eine Verlustausgleichspflicht entsprechend § 302 AktG.[5]

110

Daneben werden mögliche allgemein schuldrechtliche Schadensersatzansprüche der Tochtergesellschaft gegenüber der Obergesellschaft wegen Verletzung der Sorgfaltspflichten gem. §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB angeführt, die gegebenenfalls auch Gläubigern des abhängigen Unternehmens zur Verfügung stehen sollen.[6]

111

Eine tatsächliche Durchbrechung des Trennungsprinzips bedeutet all dies jedoch nicht, da es dabei nicht um akzessorische Primäransprüche gegen die Obergesellschaft geht, sondern lediglich um abgeleitete Ansprüche der abhängigen gegenüber der herrschenden Gesellschaft. Damit bleibt es abseits der Eingliederung grundsätzlich bei der Geltung des Trennungsprinzips. Ausnahmen hiervon sollen nur in engen Grenzen möglich sein, wenn die Haftungsabschottung einen Verstoß gegen Treu und Glauben und damit rechtsmissbräuchlich sein soll.[7] Genannt wird dabei etwa die Fallgruppe der bewussten Vermögens- und Sphärenmischung.[8]

Anmerkungen

[1]

BGHZ 166, 84 (98); Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 25; Eschenbruch Konzernhaftung, Rn. 2091.

[2]

Gehring/Kasten/Mäger CCZ 2013, 1 (5); Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (363).

[3]

Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (363).

[4]

Vgl. hierzu bereits oben Rn. 67.

[5]

Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (363). Vgl. zum qualifiziert faktischen Konzern und der Abkehr von dieser Rechtsfigur für die Einpersonen-GmbH bereits oben letzte Fn. zu Rn. 67.

[6]

So Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (364).

[7]

Eschenbruch Konzernhaftung, Rn. 2092; Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (364); Gehring/Kasten/Mäger CCZ 2013, 1 (5); Emmerich in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 20 Rn. 25.

[8]

Vgl. zu dieser und weiteren Fallgruppen Mansdörfer/Timmerbeil WM 2004, 362 (364 f.); Gehring/Kasten/Mäger CCZ 2013, 1 (5); Görling Konzernhaftung, S. 83.

Teil 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen › C. Auswirkungen auf den unternehmerischen Pflichten- und Haftungsumfang › IV. Deliktsrechtliche Haftungsfolgen

IV. Deliktsrechtliche Haftungsfolgen

112

Zu erwähnen sind schließlich mögliche Folgen der Konzernierung im Rahmen des Deliktsrechts. Auch hier wird eine Haftung der Konzernobergesellschaft möglich sein, sofern sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf eine nachgeordnete Konzerngesellschaft zurückgreift.

113

Dabei wird zunächst diskutiert, ob eine Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfe der Obergesellschaft gem. § 831 BGB in Betracht kommt. Für die vorliegende Untersuchung kann dies durchaus von Interesse sein, da § 831 BGB und § 130 OWiG erkennbare Parallelen aufweisen. Der Geschäftsherr haftet auch im Rahmen des § 831 BGB nicht für fremdes Verschulden. Haftungsanknüpfungspunkt ist vielmehr das eigene Fehlverhalten in Form der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Der Haftung kann der Geschäftsherr dabei gem. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB etwa entgehen, wenn er die bestellten Personen sorgfältig auswählt. Ob eine Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfe der Obergesellschaft in Betracht kommt, ist indes strittig.[1] Verlangt wird hierbei grundsätzlich das Bestehen eines Abhängigkeits- und Weisungsverhältnisses, wobei es entscheidend auf die tatsächlichen Umstände ankommen soll. Bei einer Übertragung von Aufgaben an externe Unternehmen sind diese grundsätzlich nicht als Verrichtungsgehilfen anzusehen, da eine entsprechende Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit dann fehlt. Nun ist die Situation in einem Unternehmensverbund damit augenscheinlich nicht vergleichbar. Anders als zwischen unverbundenen Unternehmen ist ein Abhängigkeitsverhältnis hier nicht zu leugnen, schon die entsprechende Wortwahl des § 17 AktG ist hierbei ein kaum übersehbarer Fingerzeig. Überdies bestehen jedenfalls im Vertragskonzern, im Fall der Eingliederung sowie im faktischen GmbH-Konzern Weisungsrechte der herrschenden Gesellschaft. Wenn für die Verrichtungsgehilfenstellung die Einbindung in den Organisationsbereich des Geschäftsherrn notwendig ist,[2] so kann dies damit durchaus als gegeben angesehen werden. Dennoch soll es nach Ansicht des BGH für die Annahme einer Verrichtungsgehilfenstellung nicht genügen, wenn zwei Unternehmen miteinander verbunden sind.[3] Vielmehr fehle es auch hier regelmäßig an den Voraussetzungen der Abhängigkeit sowie der unzureichenden Eigenverantwortlichkeit.[4] Die Übertragung von Aufgaben im Unternehmensverbund an eine bestimmte Konzerngesellschaft diene vielmehr gerade regelmäßig dazu, dass diese durch eigenständige und damit weitestgehend unabgestimmte Umsetzung die anderen Konzerngesellschaften entlastet.[5] Freilich hat der BGH mit seiner Formulierung nicht die Möglichkeit versperrt, aufgrund der konkreten Umstände im Einzelfall nicht doch eine ausreichende enge Einbindung in den Organisationsbereich anzunehmen.[6] Da der BGH dabei auf die tatsächlichen Umstände abstellt, ist damit weniger die konkrete Art der Unternehmensverbindung maßgeblich, sondern vielmehr die Frage, wie sehr eine beherrschte Gesellschaft im Rahmen der konkret in Rede stehenden Tätigkeit fremdbestimmt und unselbstständig handelte. Auch wenn die Terminologie hier zur Ziehung von Parallelen verleitet, so ist die Abhängigkeit als Voraussetzung für die Verrichtungsgehilfenstellung nicht mit der Abhängigkeit i.S.d. § 17 AktG gleichzusetzen. Das Konzernrecht bestimmt das Verhältnis der verbundenen Unternehmen insofern abstrakt und unabhängig von Einzeltätigkeiten. Eine Unternehmensverbindung ist damit im Ganzen zu qualifizieren, sie kann nicht mit Blick auf die eine Tätigkeit als Konzernverbindung im engeren Sinne und mit Blick auf eine andere Tätigkeit als bloßes Abhängigkeitsverhältnis angesehen werden. Bei der deliktsrechtlichen Betrachtung sind wie gezeigt die tatsächlichen Umstände in den Vordergrund zu rücken. Hier kann im Einzelfall auch bei einer bloßen Mehrheitsbeteiligung ein entsprechend fremdbestimmtes Handeln vorliegen. Direkte Ableitungen für das Vorliegen einer Verrichtungsgehilfenstellung der Tochtergesellschaft und eines entsprechenden, deliktsrechtlichen Haftungsrisikos für die Obergesellschaft lassen sich unmittelbar aus dem Bestehen einer Unternehmensverbindung nicht begründen. Freilich können die rechtlichen Rahmenbedingungen im Unternehmensverbund jedoch als Indikator wirken, um die notwendige Fremdbestimmtheit der Tochtergesellschaft zu begründen. Dies ist dann Frage des Einzelfalls. Nicht übersehen werden darf indes der vergleichsweise geringe Pflichtenumfang der Norm. § 831 BGB verlangt keine umfassenden Organisationsmaßnahmen, sondern statuiert eine auf eine Verrichtungsperson gerichtete Pflicht zur Eignungsprüfung.[7] Hält man sich sodann die durch den dezentralen Entlastungsbeweis gegebenen Exkulpationsmöglichkeiten der Leitungspersonen durch persönliche Auswahl der nachgeordneten Mitarbeiter vor Augen, manifestiert sich der weitgehende Bedeutungsverlust der Regelung.[8]

 

114

Neben § 831 BGB verbleibt indes der allgemeine Haftungstatbestand des § 823 Abs. 1 BGB. Die unzureichende Umsetzung von Organisationspflichten kann auch hier zu Schadensersatzansprüchen führen. Sofern eine Konzernobergesellschaft eine Untergesellschaft zur Umsetzung ihrer eigenen Aufgaben einsetzt und dabei maßgeblich bestimmend einwirkt, kann sich im Falle unzureichender Organisation damit auch ein Haftungsanspruch ergeben, wenn die Organisation mangelhaft war und damit Rechtsgutverletzungen Dritter ermöglicht wurden.[9] Freilich handelt es sich dann erst recht nicht mehr um unmittelbare Besonderheiten der Konzernhaftung, sondern vielmehr um allgemeine Grundsätze, die auch außerhalb von Konzernsachverhalten stets dann zu berücksichtigen sind, wenn sich jemand der Unterstützung eines Dritten bedient.[10]