Sanktionsbewehrte Aufsichtspflichten im internationalen Konzern

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Anmerkungen

[1]

Kritisch bereits zur Frage, ob juristische Personen überhaupt als Verrichtungsgehilfen in Betracht kommen Koch WM 2009, 1013 (1018); später dann ausdrücklich ablehnend ders. in: Hüffer, § 76 AktG Rn. 22.

[2]

So BGH NJW 2009, 1740 (1741).

[3]

BGH NJW 2013, 1002 (1003).

[4]

BGH NJW 2013, 1002 (1003).

[5]

BGH NJW 2013, 1002 (1003).

[6]

Die Verrichtungsgehilfenstellung einer Tochtergesellschaft wurde etwa angenommen von OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 273 (274).

[7]

Koch WM 2008, 1013 (1016); vgl. zur Einordnung der Norm im Rahmen der deliktsrechtlichen Unternehmenshaftung auch Wagner in: MK-BGB, § 831 BGB Rn. 11; Spindler in: BeckOK-BGB, § 831 BGB Rn. 7 f.

[8]

Koch WM 2008, 1013 (1016).

[9]

Buxbaum GRUR 2009, 240 (244). Um die geltenden Grundsätze zur Konzernleitungspflicht nicht zu unterlaufen, plädiert Koch WM 2008, 1013 (1019) dabei für strenge Maßstäbe hinsichtlich der Leitungsintensität der Obergesellschaft gegenüber der Tochtergesellschaft.

[10]

Vgl. hierzu aber auch Koch WM 2008, 1013 (1016 f.), der auf die umfangreiche, jedoch sachlich eingeschränkte Kasuistik hinweist, nach der vor allem besonders gefahrschaffende Tätigkeiten Verkehrssicherungspflichten auslösen, nicht aber bereits die bloße unternehmerische Tätigkeit als solche.

Teil 2 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen › D. Zusammenfassung

D. Zusammenfassung

115

Konzerne stellen in der heutigen Wirtschaftslandschaft den Normalfall dar. Der Blick in die Wirtschafts- und Rechtsgeschichte zeigt, dass die Konzernierung dabei von Beginn an auf die Nutzung von Wettbewerbsvorteilen ausgelegt war. Maßgeblich für die starke Verbreitung waren dabei die gleichen Motive wie heute. Denn nach wie vor liegt die Attraktivität von Unternehmensverbindungen in der Möglichkeit, wirtschaftliche Potentiale und Kapazitäten zu bündeln, ohne gleich eine Verschmelzung zwischen verschiedenen Unternehmen herbeiführen zu müssen. Das Steuerrecht vermag dabei weiterhin Nachteile für Konzernverbindungen zu vermeiden. Vorteile ergeben sich indes zum einen über den im Vergleich zur Verschmelzung geringeren Kapitalbedarf, wenn sich eine Gesellschaft der anderen bemächtigen möchte. Vor allem aber können Konzernverbindungen durch die rechtliche Selbstständigkeit in gewissem Ausmaß eine Haftungsabschottung herbeiführen, ohne aufgrund der zahlreichen Einflussmöglichkeiten auf eine Steuerungsmöglichkeit der Tochtergesellschaften zu verzichten.

116

Gleichwohl der Unternehmensverbund ökonomisch als Paradigma gelten mag, wird die Eingehung von Konzernverbindungen von Gefahren begleitet. Denn während unser Gesellschaftsrecht grundsätzlich von eigenständigen und unabhängigen Gesellschaften ausgeht, droht im Falle der Konzernierung ein Auseinanderdriften von Gesellschafts- und Gesellschafterinteressen. Es ist eine der Hauptaufgaben des Konzernrechts, diesen Gefahren zu begegnen. Dabei regelt das Aktiengesetz verschiedene Formen von Unternehmensverbindungen, ohne sich dabei auf Aktienkonzerne zu beschränken. So wird neben der bloßen Mehrheitsbeteiligung gem. § 16 Abs. 1 AktG in § 17 Abs. 1 AktG das Abhängigkeitsverhältnis geregelt, an deren Vorliegen zahlreiche Rechtsfolgen in und außerhalb des Gesellschaftsrechts anknüpfen. Daneben beschreibt § 18 Abs. 1 AktG den Konzern im engeren Sinn. Erfasst ist dabei zunächst der Vertragskonzern, der durch Abschluss eines Beherrschungsvertrages entsteht und der herrschenden Gesellschaft gem. § 308 AktG unmittelbare Weisungsrechte gegenüber den Geschäftsleitungsorganen der beherrschten Gesellschaft gewährt. Dem Vertragskonzern vergleichbar ist der Fall der Eingliederung, bei der es sich um die denkbar engste Verbindung zweier rechtlich selbstständiger Unternehmen handelt, und in deren Rahmen gem. § 323 AktG ebenfalls unmittelbare Weisungsrechte gegenüber der Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft bestehen. Existiert zwischen abhängigen Gesellschaften eine einheitliche Leitung ohne beherrschungsvertragliche Grundlage und liegt auch keine Eingliederung vor, handelt es sich indes um einen faktischen Konzern. Eine rechtlich begründete Leitungsmacht durch kodifizierte Weisungsrechte besteht hier nicht. Die Einflussmöglichkeiten der Obergesellschaft ergeben sich vielmehr aus den mittelbaren Einwirkungsmöglichkeiten im Rahmen der Hauptversammlung und im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder aber im Rahmen der Weisungsmöglichkeiten des GmbH-Gesellschafters gegenüber der Geschäftsführung.

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Gleichwohl in all diesen Fällen die rechtliche Selbstständigkeit der beteiligten Gesellschaften erhalten bleibt, ändert sich das Pflichtenprogramm im Rahmen der Leitung der herrschenden Gesellschaft. Dabei ist zunächst festzustellen, dass die Konzernierung grundsätzlich Möglichkeiten der Konzernleitung eröffnet. In besonderer Weise gilt dies, sofern durch die Begründung von Vertragskonzernen oder im Fall der Eingliederung unmittelbare Weisungsrechte entstehen. Aus der Existenz dieser Leitungsmacht folgt die Frage nach einer Pflicht, nach der diese Möglichkeiten auch wahrgenommen bzw. ausgeschöpft werden müssen. Gegenüber der Tochtergesellschaft lässt sich eine entsprechende Pflicht der Leitungsorgane der Obergesellschaft nicht begründen. Die Möglichkeit der Einflussnahme führt nicht zur Pflicht der Einflussnahme. Allerdings besteht gegenüber der eigenen Gesellschaft die Pflicht der Leitungsorgane, Leitungsbefugnisse umfassend wahrzunehmen. Dies strahlt auch auf Konzernverbindungen aus. Zwar wird nicht zu verlangen sein, alle Leitungsbefugnisse im Hinblick auf Tochtergesellschaften vollumfänglich auszuschöpfen. Allerdings bedarf es hier eines pflichtgemäßen Ermessens auf valider Grundlage, um zu entscheiden, ob konzernweite Leitung erforderlich ist, oder aber dezentrale Strukturen gelebt werden können. Zu berücksichtigen sind dabei die rechtlichen Möglichkeiten der Einflussnahme und damit auch die der Informationsbeschaffung. Da rechtlich Unmögliches nicht verlangt werden kann, sorgen diese für eine entsprechende Begrenzung der Pflichten.

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Im Rahmen der Leitungsaufgabe erlangen sodann Kontroll- und Überwachungspflichten entscheidende Bedeutung. Sie stellen die unabdingbare Grundlage für die Ermittlung des notwendigen Umfangs der aktiven Leitungsmaßnahmen dar. Auf Ebene des Einzelunternehmens ist der Bestand derartiger Pflichten unbestritten. Die Geschäftsleitung hat demnach zu prüfen, ob die Unternehmensziele erreicht werden. Hierzu gehören die Abwendung von Risiken und damit auch die Pflicht, für rechtmäßiges Handeln innerhalb des Unternehmens zu sorgen. Dabei hat die Geschäftsleitung zu prüfen, welche Maßnahmen zur Erreichung der Ziele erforderlich sind. Während die grundsätzliche Kontrollpflicht damit unabdingbar ist, steht der Geschäftsleitung ein Ermessen zu, wenn es um die Frage geht, welche Maßnahmen zur Gewährung rechtstreuen Verhaltens innerhalb des Unternehmens notwendig sind. Je nach Ergebnis der erforderlichen Risikoanalyse kann sich dabei aber auch die alternativlose Pflicht zur Einführung eines umfassenden Compliance-Management-Systems ergeben. Diese in der Literatur etablierte Auffassung wurde zuletzt auch gerichtlich durch das LG München I bestätigt. Im Ergebnis besteht damit auf Ebene des Einzelunternehmens nicht per se eine Pflicht zur Implementierung umfassender Compliance-Programme. Es besteht aber die Pflicht zur Prüfung, welche Maßnahmen im konkreten Fall erforderlich sind. Und hieraus kann sich sodann in der Tat die Pflicht zur Einführung eines entsprechenden Systems ergeben.

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Auf Konzernebene setzt sich dies fort. Da sich Risiken in der Sphäre der Tochtergesellschaft unmittelbar oder aber mittelbar – zu denken ist neben primär rein finanziellen Einbußen etwa auch an nachhaltige Reputationsschäden – auf die Konzernobergesellschaft auswirken können, haben deren Leitungsorgane die entsprechenden Gefahren im Rahmen ihrer Leitungsaufgabe zu berücksichtigen. Die auf Ebene des Einzelunternehmens bestehende Pflicht, das notwendige Ausmaß der zu ergreifenden Präventionsmaßnahmen zu ermitteln, wird auf Konzernebene durch die Gefahren in der Sphäre einer Tochtergesellschaft beeinflusst. Im Ergebnis bleibt es dabei auch auf Konzernebene bei den gewonnenen Erkenntnissen: grundsätzlich besteht keine zwingende Pflicht zur Einführung eines umfassenden und konzernweit angelegten Compliance-Management-Systems. Es besteht aber die Pflicht zur Risikoanalyse, bei der auch die Konzerngesellschaften einzubeziehen sind. Und je nach konkreter Erkenntnislage kann sich die Pflicht dann durchaus auf die Implementierung einer entsprechenden, konzernweit angelegten Präventionsstruktur ausweiten. Auch an dieser Stelle ist allerdings zu betonen, dass die Pflichten nicht weiter reichen können, als die rechtlichen Möglichkeiten. Insbesondere auf Konzernebene erlangen damit die Informationsrechte der Obergesellschaft gegenüber den beherrschten Gesellschaften Bedeutung, da eine fundierte Kontrolle ohne Informationen nicht möglich ist. Während beim Vertragskonzern und im Rahmen der Eingliederung unmittelbare Weisungsrechte und damit auch die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung bestehen, gilt dies für den Fall faktischer Konzernverbindungen – und erst recht für bloße Mehrheitsbeteiligungen und Fälle der Abhängigkeit – nur eingeschränkt.

 

120

Das Pflichtenprogramm der Konzernleitung wird nach alledem im Vergleich zur Einzelunternehmung spürbar erweitert. Nochmals zu betonen ist, dass es sich hierbei indes um Pflichten gegenüber der eigenen Gesellschaft handelt, nicht aber um solche gegenüber der abhängigen Gesellschaft. Im Außenverhältnis bleibt es hingegen grundsätzlich beim Trennungsprinzip, nachdem jede Legaleinheit für ihr Handeln selbst verantwortlich ist. Ein unmittelbarer Haftungsdurchgriff zulasten der Obergesellschaft hinsichtlich Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft besteht damit nicht. Das Konzernrecht vermag diesen Grundsatz zwar an verschiedenen Stellen zu durchbrechen, wenn es Ausgleichspflichten zugunsten der Tochtergesellschaft auferlegt, die gegebenenfalls auch durch deren Gläubiger geltend gemacht werden können. Dennoch handelt es sich dabei mit Ausnahme des insofern bestehenden Sonderfalls der Eingliederung nicht um die Begründung von primären Haftungsansprüchen. Eine unmittelbare Primärhaftung der Obergesellschaft kann damit abseits der Eingliederung nur in wenigen Ausnahmefällen entstehen, in denen jede andere Entscheidung dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen würde.

121

Schließlich kann die Konzernierung auch auf das deliktsrechtliche Haftungsprogramm Auswirkungen haben. Gleichwohl im Einzelfall die bestehenden, tatsächlichen Beziehungen zwischen Konzernobergesellschaft und Tochtergesellschaft eine enge Einbindung der Tochter in den Organisationsbereich der Obergesellschaft bewirken können, vermag die Verbindung zweier Unternehmen zu einem Konzern im weiten oder auch engeren Sinn für sich jedoch nicht zu genügen, um unmittelbar eine Verrichtungsgehilfenstellung im Sinne des § 831 BGB abzuleiten. Auch der BGH scheint eine Verrichtungsgehilfenstellung nach seiner jüngeren Rechtsprechung zwischen verbundenen Unternehmen mehr als Ausnahme denn als Regelfall anzusehen. Damit verbleibt der allgemeine Haftungstatbestand des § 823 Abs. 1 BGB, wenn die Obergesellschaft zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf eine Tochtergesellschaft zurückgreift, hierbei maßgeblich deren Geschäftstätigkeit bestimmt und es in der Folge eines Organisationsverschuldens der Obergesellschaft zu Rechtsgutverletzungen Dritter kommt. Eine Besonderheit der Konzernhaftung ist in dieser Fallkonstellation indes nicht zu sehen. Vielmehr ist ein solcher Haftungsanspruch Ergebnis der Anwendung allgemeiner Haftungsgrundsätze.

Teil 3 Überblick der strafrechtlichen Verantwortlichkeiten im Konzern

Inhaltsverzeichnis

A. Grundlagen des Unternehmensstrafrechts

B. Aktive Begehung durch die Konzernspitze

C. Strafbarkeit durch Unterlassen

D. Zusammenfassung

Teil 3 Überblick der strafrechtlichen Verantwortlichkeiten im Konzern › A. Grundlagen des Unternehmensstrafrechts

A. Grundlagen des Unternehmensstrafrechts

122

Ein kodifiziertes Unternehmensstrafrecht gibt es in Deutschland – anders als in zahlreichen ausländischen Rechtsordnungen – bislang nicht.[1] Zwar gab es auch und gerade in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Vorstöße zur Einführung entsprechenden Regelungen, wie zuletzt etwa den 2013 veröffentlichten Entwurf eines Verbandsstrafgesetzbuches durch den Justizminister von Nordrhein-Westfalen.[2] Dennoch ist es bis heute bei einem grundsätzlichen Individualstrafrecht geblieben. Zurückgeführt wird dies nicht selten auf das dem deutschen Strafrecht zu Grunde gelegten und verfassungsrechtlich verankerten Schuldprinzip:[3] nulla poena sine culpa.[4] Die entsprechende Schuldfähigkeit wird indes nur natürlichen Personen zugeschrieben.[5] Gleichwohl wird – gar bei manchem Gegner eines Unternehmensstrafrechts – oftmals vertreten, die Einführung sei auch vor dem Hintergrund des geltenden Schuldprinzips für den Gesetzgeber jedenfalls aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht grundsätzlich versperrt.[6] Das Schuldprinzip beziehe sich allein auf die Verantwortlichkeit natürlicher Personen, im Rahmen einer Unternehmensstrafe könne das Gebot schon mangels grundsätzlicher Anwendbarkeit keine Hürde darstellen.[7] Die Einführung eines Gesetzes zur Bestrafung juristischer Personen wird dennoch auch heute jedenfalls in der wissenschaftlichen Diskussion nach wie vor weit überwiegend abgelehnt.[8]

123

Nicht gesagt ist damit freilich, dass staatliche Sanktionen de lege lata nicht auch juristische Personen treffen können. Bedeutsam ist insofern die Regelung des § 30 OWiG, die eine Verhängung von Bußgeldern gegen juristische Personen und Personengesellschaften ermöglicht. Voraussetzung ist die Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit durch eine Leitungsperson, durch die Pflichten des Verbandes verletzt oder dieser bereichert wurde bzw. werden sollte.[9] Die Norm des § 30 OWiG hat sich aufgrund dieser Rechtsfolge zu einem der wichtigsten Bestandteile im Rahmen der Ahndung wirtschaftskrimineller Verhaltensweisen im Unternehmenskontext entwickelt.[10] Nicht selten wird sie bereits auf Grundlage der bestehenden Rechtslage als Ankerpunkt eines inländischen Unternehmensstrafrechts interpretiert.[11] Verfolgungsbehörden und Gerichte nehmen die Norm als Grundlage, um mitunter Bußgelder in mehrstelliger Millionenhöhe zu verhängen.[12]

124

Eine der wichtigsten Anknüpfungstaten des § 30 OWiG stellt dabei die betriebliche Aufsichtspflichtverletzung des § 130 OWiG dar.[13] Bevor auf diese Regelung und dabei insbesondere auf die konzerndimensionale Anwendung vertieft eingegangen wird, empfiehlt sich die vorgelagerte Skizzierung der konzernweiten Verantwortlichkeiten im Kernstrafrecht.[14] Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie sich gegen die Konzernspitze bzw. deren gesetzliche Vertreter strafrechtliche Vorwürfe für etwaige Straftaten in der Sphäre der Tochtergesellschaften begründen lassen.

Anmerkungen

[1]

Dies ist in jedem Fall unstrittig, sofern ein enger Strafrechtsbegriff angelegt wird, vgl. nur Wittig Wirtschaftsstrafrecht, § 5 Rn. 4 ff.; Kudlich/Oǧlakcioǧlu Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 85; Jäger in: FS I. Roxin, S. 43 (43); Trüg wistra 2010, 241 (242); Leitner StraFo 2010, 232 (323); zum Vormarsch der Verbandsstrafbarkeit im Ausland auch Neumann in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 13 (13), der angesichts dessen vom deutschen Sonderweg spricht. Ransiek in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 285 (286) bezeichnet die deutsche Sicht aus rechtsvergleichender Sicht gar als „eine eher altmodisch anmutende Ausnahme.“ Vgl. insofern zum Unternehmensstrafrecht in den USA ausführlich Engelhart Sanktionierung, S. 70 ff.; zudem Partsch in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 55 (55 ff.); Ehrhardt Unternehmensdelinquenz, S. 95 ff.; zur strafrechtlichen Haftung juristischer Personen in Spanien Arroyo Zapatero in: FS I. Roxin, S. 711 (711 ff.); Silva Sánchez in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 59 (59 ff.); zur Rechtslage in Italien Guerrini NZWiSt 2014, 361 (361 ff.).

[2]

Vgl. zum Entwurf des Verbandsstrafgesetzbuches unten Rn. 365 ff. Von den Befürwortern einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit werden zur Untermauerung ihrer Argumente oftmals entsprechende europäische und internationale Vorgaben angeführt, vgl. etwa den Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen und damit den Initiator des Entwurfes eines Verbandsstrafgesetzbuches Kutschaty ZRP 2013, 74 (75). Bezug genommen wird dabei u.a. etwa auf den OECD Report on the application of the convention combating bribery of foreign public officials in international business transactions and the 2009 revised recommendation combating bribery in international business transactions, S. 70, abrufbar auf der Internetseite der OECD unter http://www.oecd.org/berlin/47413672.pdf. Andere verweisen indes auf die Feststellung, weder die OECD-Empfehlungen noch sonstige internationale Vorgaben würden dabei zwingend die Implementierung eines Unternehmensstrafrechts verlangen, vgl. insofern Kotzur in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 379 (384); Pieth in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 395 (397); Trüg wistra 2010, 241 (245).

[3]

Vgl. hierzu bereits BGHSt 5, 28 (32), wonach es dem bis dato geltenden deutschen Rechtsdenken widerspreche, „gegen juristische Personen oder sonstige Personengesamtheiten eine Kriminalstrafe zu verhängen. Sie paßt nicht zu dem im deutschen Recht entwickelten sozialethischen Schuld- und Strafbegriff.“ Entsprechend auch Momsen in: BeckOK-StGB, § 14 StGB Rn. 28; Förster in: Rebmann/Roth/Herrmann, § 30 OWiG Rn. 5. Freilich beschränken sie die Argumente nicht auf diesen Aspekt. Neben der mangelnden Schuldfähigkeit wird der Einführung einer Verbandsstrafbarkeit auch die fehlende Handlungsfähigkeit juristischer Personen entgegengehalten, vgl. dazu Roxin Allgemeiner Teil Band I, § 8 Rn. 58 ff., um nur ein weiteres der zahlreichen Argumente der Kritiker zu nennen.

[4]

BVerfGE 20, 323 (331); 25, 269 (285); vgl. hierzu auch den Großen Strafsenat des BGH: BGHSt 2, 194 (200).

[5]

Schmitz in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 311 (312); Leipold ZRP 2013, 34 (35); vgl. zum Ganzen Kirch-Heim Sanktionen, S. 155 ff.

[6]

Vgl. dazu auch Vogel StV 2012, 427 (429); ders. in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 205 (205 ff.); Jäger in: FS I. Roxin, S. 43 (48 ff.); Beckemper in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 277 (277 ff.); Schmitz in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 311 (312); Kudlich/Oǧlakcioǧlu Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 89.

[7]

Neumann in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 13 (19); Vogel StV 2012, 427 (429); ders. in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 205 (208); Schmitz in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 311 (312). Kritisch zu dieser Folgerung Schünemann ZIS 2014, 1 (11).

[8]

Vgl. etwa Schünemann ZIS 2014, 1 (1 ff.): „Ein kriminalpolitischer Zombie“; ders. Gesetzesantrag NRW, S. 34; Neumann in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 13 (20); Theile in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 175 (190); Sachs in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 195 (204); von Rosen in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 263 (268); Achenbach in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 271 (275); Weber-Rey in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 321 (331); Leipold ZRP 2013, 34 (34 ff.); ders. NJW-Spezial 2013, 696 (696); Trüg wistra 2010, 241 (248). So wohl jedenfalls für den Augenblick auch Beckemper in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 277 (283). Heine/Weißer in: Schönke/Schröder, Vorbem. zu den §§ 25 ff. StGB Rn. 127 attestieren indes eine Trendwende in der Diskussion hin zu einer verstärkten Forderung von umfassender strafrechtlicher Verantwortlichkeit von Unternehmen. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Darstellung des Entwurfes eines Verbandsstrafgesetzbuchs durch den Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Rn. 365 ff. Vgl. insgesamt zur Diskussion auch Wittig Wirtschaftsstrafrecht, § 8 Rn. 9; Roxin Allgemeiner Teil Band I, § 8 Rn. 61 ff.

 

[9]

Wittig Wirtschaftsstrafrecht, § 12 Rn. 1.

[10]

Statistisches Material zur Anwendungspraxis findet sich indes nur in sehr begrenztem Umfang, vgl. insofern Engelhart Sanktionierung, S. 492 f.

[11]

Betreffend die Terminologie ist dies freilich nur dann auch dem Grunde nach zutreffend, wenn der Strafrechtsbegriff sich in diesem Kontext auch auf das Ordnungswidrigkeitenrecht erstreckt, vgl. insofern bereits oben erste Fn. zu Rn. 122. Zu einer Strafbarkeit – auch in diesem weitverstandenen Sinne – des Unternehmens gelangt man allerdings auch über die Einbeziehung des § 30 OWiG nicht. Vielmehr erfolgt hier auf Rechtsfolgenseite eine Einbeziehung in den Sanktionsadressatenkreis. Strafbar im Sinne der Tatbestandverwirklichung bleibt allein der Täter der Anknüpfungstat, vgl. hierzu nur Wittig Wirtschaftsstrafrecht, § 8 Rn. 7. Hier zeigen sich – neben der Verortung im eng verstandenen Strafrecht statt im Ordnungswidrigkeitenrecht – die grundlegenden Unterschiede zwischen den Vorschlägen zu einem Unternehmensstrafrecht gegenüber der geltenden Rechtslage. Zu betonen ist aber, dass das Kernstrafrecht auch heute schon über vereinzelte Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Unternehmen verfügt. Zu nennen sind etwa der Verfall gem. § 73 Abs. 3 StGB sowie die Einziehung gem. §§ 75, 74 StGB, wobei gerade der Einziehung gegenüber Unternehmen in der Praxis wohl nur eine sehr geringe Bedeutung zukommt, vgl. hierzu auch I. Roxin in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 37 (38 ff.). Vgl. zur Bedeutung des § 30 OWiG auch Leitner StraFo 2010, 323 (328); Petermann Compliance-Maßnahmen, S. 23.

[12]

Vgl. nur die Bußgeldbescheide der Staatsanwaltschaft München I gegen die Siemens AG und die MAN Nutzfahrzeuge AG unten Rn. 229 ff.

[13]

BKartA WuW 1999, 385 (388): „praktisch wichtigste Bezugstat des § 30 OWiG “; Dörr in: Kempf/Lüderssen/Volk, S. 23 (28); Kretschmer in: FS Geppert, S. 287 (299); Petermann Compliance-Maßnahmen, S. 30. Siehe zum Zusammenspiel der §§ 9, 30, 130 OWiG und der Bedeutung dieses Haftungssystems unten Rn. 204 ff.

[14]

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass bei dem Problembereich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Konzern vieles umstritten und noch mehr ungeklärt ist, vgl. nur Fleischer in: Fleischer, § 15 Rn. 125. Während sich die vorliegende Untersuchung an dieser Stelle auf eine grundlegende Skizzierung der wesentlichen Problemstellungen beschränken muss, ist der Bedarf an vertieften Untersuchungen in diesem Bereich insbesondere vor dem Hintergrund der großen praktischen Relevanz von Konzernverbindungen deutlich indiziert.

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