Verteidigervergütung

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a) Anwendungsbereich

199

Die Gebühr nach Nr. 4106 VV, die das Verfahren vor dem Amtsgericht betrifft, gilt im Verfahren vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht, dem Jugendrichter sowie dem Jugendschöffengericht. Die jeweilige Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 24, 25, 28 GVG bzw. aus §§ 39, 40 JGG. Auch das Verfahren vor dem erweiterten Schöffengericht (§ 29 Abs. 2 GVG) unterfällt der Nr. 4106 VV. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 4112 VV entsteht bei Zuständigkeit der Strafkammer (außer im Fall der Nr. 4118 VV) sowie nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Jugendkammer und schließlich im Rehabilitierungsverfahren nach StrRehaG.[67] Die entsprechenden Zuständigkeiten ergeben sich aus §§ 74 Abs. 1 GVG, 41 JGG. Im Fall des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Oberlandesgericht (§ 120 GVG), dem Schwurgericht (§ 74 Abs. 2 GVG) oder der Jugendkammer in Schwurgerichtssachen (§ 41 Abs. 1 Nr. 1 JGG, § 74 Abs. 2 GVG sowie vor der Strafkammer nach § 74a GVG (Staatsschutzsachen) und § 74c GVG (Wirtschaftsstrafkammer) erhält der Verteidiger eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4118 VV.

200

Die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren ist abzugrenzen von der Verfahrensgebühr im vorbereitenden Verfahren nach Nr. 4104 VV und der Verfahrensgebühr im jeweiligen Rechtsmittelverfahren. Sie beginnt mit dem Ende des vorbereitenden Verfahren, also dem Eingang der Anklageschrift bei Gericht, dem Eingang des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht oder im beschleunigten Verfahren mit dem Vortrag der Anklage, wenn diese nur mündlich erhoben wird (vgl. Nr. 4104 VV). Die Verfahrensgebühr entsteht im Falle der Mandatierung nach Anklageerhebung mit der Beauftragung des Verteidigers und nicht erst nach der Einarbeitung in den Fall. Voraussetzung für das Entstehen der gerichtlichen Verfahrensgebühr ist aber, dass der Rechtsanwalt eine Tätigkeit erbringt. Somit ist eine anwaltliche Tätigkeit während des gerichtlichen Verfahrens erforderlich.[68] Das gerichtliche Verfahren endet mit dem Abschluss des ersten Rechtszugs, wobei die Beratung des Mandanten über die Einlegung eines Rechtsmittels sowie die Einlegung selbst noch zum ersten Rechtszug zählen (§ 19 Nr. 10 RVG). Demgegenüber gehört – dem ausdrücklichen Wortlaut der Nr. 4104 VV zu Folge – der Einspruch gegen einen Strafbefehl sowie die Beratung über die Einlegung bereits zum gerichtlichen Verfahren i.S.d. Nr. 4106 VV.[69]

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Die Verfahrensgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, Vorbem. 4 Abs. 2 VV. Damit wird die gesamte Tätigkeit in diesem Verfahrensabschnitt abgegolten, soweit die Tätigkeit nicht einer anderen Gebühr unterfällt (wie z.B. die Teilnahme an einer richterlichen Vernehmung unter Nr. 4102 Ziff. 1 VV fällt). Zu denken ist bspw. an den allgemeinen Schriftverkehr, die Beratung und Information des Mandanten, eigene Ermittlungen des Verteidigers, die allgemeine Vor- und Nachbereitung der Hauptverhandlung oder von Haftprüfungs- und Vernehmungsterminen, Tätigkeiten im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs, zur Erreichung einer Verfahrenseinstellung sowie Besprechungen mit den übrigen Verfahrensbeteiligten. Die Verfahrensgebühr entsteht schließlich, wenn der Verteidiger erst in der Hauptverhandlung bestellt wird, sogar, wenn am Ende des Termins ein Rechtsmittelverzicht erklärt wird.[70] Es bestehen insoweit keine Unterschiede, je nachdem vor welchem Gericht die Tätigkeiten entfaltet werden. Wird die Zuständigkeit des Schwurgerichts dadurch ausgelöst, dass die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 GVG in der Person eines der Angeklagten verwirklicht werden, so erhält jeder der am Verfahren teilnehmenden Verteidiger die Gebühr nach Nr. 4118 VV.[71] Dasselbe gilt selbstverständlich für jedes andere Verfahren, etwa für das Verfahren vor der Strafkammer, selbst wenn der Mandant nur als Gehilfe in einem von zahlreichen Fällen angeklagt ist.[72]

Ob der Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren für die Vorbereitung der Hauptverhandlung erhält, also für die Vorbereitung der einzelnen Termine, oder ob damit nur die allgemeine Vorbereitung der Hauptverhandlung, wie zum Beispiel das Absprechen der allgemeinen Verteidigungsstrategie, die Fragen, ob gegebenenfalls eigene Beweismittel eingeführt werden sollen usw., erfasst wird, ist umstritten. Letztlich stellen sich praktische Fragen nur im Zusammenhang mit der Gewährung einer Pauschgebühr.

b) Besonderheiten im Falle der Inhaftierung[73]

202

Befindet sich der Mandant zu irgendeinem Zeitpunkt[74] während des gerichtlichen Verfahrens nicht auf freiem Fuß, unabhängig von der Dauer, entsteht die jeweilige Verfahrensgebühr mit Zuschlag gem. Nrn. 4107, 4113 oder 4119 VV. Dies gilt selbst für den Fall, dass der Angeklagte erst am Schluss der Hauptverhandlung in Haft genommen wird.

c) Besonderheiten bei der Gebührenhöhe[75]

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Bei der Bemessung der Gebührenhöhe sind die Grundsätze des § 14 RVG heranzuziehen. Zu berücksichtigen sind die allgemeinen Vorbereitungen der Hauptverhandlung, z.B. die grundlegende Festlegung der Verteidigungsstrategie oder die möglicherweise besonders aufwändige Vorbereitung einer Absprache, die wiederum zu einer verkürzten Hauptverhandlung führt.

5. Terminsgebühr im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren, Nrn. 4108, 4109 VV (Amtsgericht), 4114, 4115 VV (Strafkammer), 4120, 4121 VV (Oberlandesgericht, Schwurgericht, Strafkammer nach §§ 74a und 74c GVG)

204


Mindestgebühr Höchstgebühr Mittelgebühr Beigeordneter RA
Amtsgericht ohne Haft 70,00 € 480,00 € 275,00 € 220,00 €
Amtsgericht mit Haft 70,00 € 600,00 € 335,00 € 268,00 €
Strafkammer ohne Haft 80,00 € 560,00 € 320,00 € 256,00 €
Strafkammer mit Haft 80,00 € 700,00 € 390,00 € 312,00 €
OLG etc. ohne Haft 130,00 € 930,00 € 520,00 € 424,00 €
OLG etc. mit Haft 130,00 € 1.162,50 € 646,25 € 517,00 €

205

Für die Teilnahme an Hauptverhandlungsterminen erhält der Verteidiger vor dem Amtsgericht je Tag eine Terminsgebühr nach Nrn. 4108 ff. VV. Sie ist zu unterscheiden von der Terminsgebühr außerhalb der Hauptverhandlung nach Nr. 4102 VV[76] und in Übereinstimmung mit der Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren nach den zuständigen Gerichten gestaffelt. Es ist bezüglich des Gebührenrahmens somit zu differenzieren nach dem Hauptverhandlungstermin im amtsgerichtlichen Verfahren (Nr. 4108 VV), im Verfahren vor der Strafkammer (Nr. 4114 VV) und im Verfahren vor dem Oberlandesgericht, dem Schwurgericht oder der Strafkammer nach §§ 74a und 74c GVG (Nr. 4120 VV).

a) Anwendungsbereich

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Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr ist das Stattfinden eines Hauptverhandlungstermins, an dem der Verteidiger teilnimmt. Teilnahme heißt, der Verteidiger muss zu irgendeinem Zeitpunkt, weder zwingend zu Beginn noch zwingend bis zum Ende, in seiner Funktion als Verteidiger (nicht Zuhörer) anwesend gewesen sein. Eine zeitweise Abwesenheit mag aber selbstverständlich Auswirkungen auf die Gebührenbemessung nach § 14 RVG haben. Den Beginn einer Hauptverhandlung stellt gem. § 243 Abs. 1 Satz 1 StPO der Aufruf zur Sache dar bzw. – bei dessen Ausbleiben – diejenige Handlung des Vorsitzenden, die als Erste erkennbar macht, dass die Sache verhandelt wird.[77] Die Hauptverhandlung endet, wenn sie der Vorsitzende nach Verurteilung, Freispruch, Einstellungs- oder Verweisungsbeschluss oder durch Unterbrechung oder Aussetzung schließt.

 

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Während dieses Zeitraums muss der Rechtsanwalt lediglich anwesend gewesen sein. Zu einer sachlichen Verhandlung, dem Stellen von Anträgen o.ä. muss es nicht gekommen sein. Die Gebühr wird bereits dadurch ausgelöst, dass in dem Termin nur über den organisatorischen Fortgang der Hauptverhandlung gesprochen wird,[78] dass der Angeklagte unmittelbar nach dem Aufruf zur Sache den Einspruch gegen den Strafbefehl zurücknimmt,[79] ferner dadurch, dass er unmittelbar nach Beginn als notwendiger Verteidiger entpflichtet wird und den Saal verlässt.[80]

208

Durch die Terminsgebühr wird zum einen die Teilnahme an der Hauptverhandlung abgegolten und zum anderen die Vorbereitung des konkreten Hauptverhandlungstermins, während die allgemeine Vorbereitung der Hauptverhandlung von der Verfahrensgebühr abgedeckt ist.[81]

209

Aus Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV ergibt sich, dass die Gebühr selbst im Fall eines „geplatzten Termins“ entsteht, jedenfalls sofern das nicht durch den Verteidiger verschuldet war.[82] Auch für den Fall eines ausgefallenen Termins nach Terminsbenachrichtigung mit dem Hinweis, es sei beabsichtigt, im Termin des Parallelverfahrens beide Verfahren zu verbinden, wurde das Anfallen einer Gebühr nach Nr. 4114 VV bejaht, selbst wenn die Verbindung wegen Ausbleibens des Angeklagten letztlich unterbleibt.[83]

b) Besonderheiten im Falle der Inhaftierung[84]

210

Die jeweilige Terminsgebühr entsteht mit Haftzuschlag, wenn der angeklagte Mandant während der Hauptverhandlung nicht auf freiem Fuß befindlich ist, Nrn. 4109, 4115, 4121 VV. Hierbei ist jeder einzelne Hauptverhandlungstermin gesondert zu betrachten. Wird der Angeklagte nach dem ersten Termin aus der Haft entlassen, entstehen etwaige weitere Termine ohne Zuschlag. Umgekehrt entstehen die Termine nach Verhaftung des Mandanten mit Haftzuschlag. Ob der Mandant zu irgendeinem Zeitpunkt vor Beginn der Hauptverhandlung in Haft befindlich war, spielt für die Terminsgebühr keine Rolle, soweit er nur vor dem ersten Hauptverhandlungstag wieder aus der Haft entlassen wurde. Wie lange sich der Betroffene im jeweiligen Termin nicht auf freiem Fuß befindet, ist ebenfalls unbeachtlich. Für die Anrechnung des Haftzuschlags genügt es, wenn er am Ende des Termins, nicht aber nach Verhandlungsschluss (hier wird teilweise auf die Rechtsmittelbelehrung abgestellt),[85] in Haft genommen wird, oder aber sich zu Beginn in Haft befindet und im Laufe des Termins entlassen wird. Unerheblich ist schließlich, aus welchem Grund (Untersuchungs- oder Strafhaft) der Mandant nicht auf freiem Fuß befindlich ist.[86]

c) Besonderheiten bei der Gebührenhöhe[87]

211

Bei der Bemessung der Gebührenhöhe sind die Grundsätze des § 14 RVG heranzuziehen. Besondere Bedeutung hat dabei die Dauer des Hauptverhandlungstermins. Das ergibt sich bereits daraus, dass die dem notwendigen Verteidiger zustehenden Längenzuschläge (für das Amtsgericht z.B. Nrn. 4110 f. VV) für den Wahlverteidiger nicht vorgesehen sind. Ein Ausgleich kann sich deshalb nur mittels der konkreten Bestimmung der Gebührenhöhe ergeben. Dabei können die Zeitstufen der Längenzuschläge des bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts Anhaltspunkte geben.[88] Eine als durchschnittlich anzusehende Verfahrensdauer differiert je nach zuständigem Gericht. Sie wird beim Amtsgericht für eine Dauer von 30[89] oder 40[90] Minuten angenommen, bei der Strafkammer für eine Dauer von etwa drei bis vier Stunden,[91] bei der Berufungskammer für eine Dauer von etwa drei Stunden.[92] Wartezeiten und Pausen sind mit einzubeziehen.[93] Eine kürzere Dauer kann gegebenenfalls durch einen überdurchschnittlichen Vorbereitungsaufwand kompensiert werden. Ein Fortsetzungstermin ist nicht grundsätzlich niedriger anzusetzen als der erste Termin.[94]

Teil 3 Gesetzliche Gebühren › B. Gebührentatbestände in Strafsachen › II. Gebühren im Rechtsmittel- und Wiederaufnahmeverfahren

II. Gebühren im Rechtsmittel- und Wiederaufnahmeverfahren

1. Berufungsverfahren, Nrn. 4124 ff. VV

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Mindestgebühr Höchstgebühr Mittelgebühr Beigeordneter RA
Verfahrensgeb. ohne Haft 80,00 € 560,00 € 320,00 € 256,00 €
Verfahrensgeb. mit Haft 80,00 € 700,00 € 390,00 € 312,00 €
Terminsgeb. ohne Haft 80,00 € 560,00 € 320,00 € 256,00 €
Terminsgeb. mit Haft 80,00 € 700,00 € 390,00 € 312,00 €

213

Ebenso wie im erstinstanzlichen Verfahren können im Berufungsverfahren eine Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts (Vorbem. 4 Abs. 2 VV) sowie je Berufungshauptverhandlungstag eine Terminsgebühr anfallen. Daneben entsteht die Grundgebühr, sofern der Rechtsanwalt erstmalig im Berufungsverfahren beauftragt wird und in der ersten Instanz noch nicht in derselben Sache tätig war. Weitere Gebühren können entstehen, sofern sie durch die Tätigkeit des Verteidigers ausgelöst werden (z.B. Nrn. 4102, 4141 VV). Das Berufungsverfahren stellt gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 17 Nr. 1 RVG dar.

214

Wer von den Verfahrensbeteiligten die Berufung einlegte, spielt für die Entstehung der Gebühren ebenso wenig eine Rolle, wie die Frage einer Berufungsbeschränkung.[95] Müßig zu betonen ist, dass die Gebühren nicht etwa doppelt entstehen, weil sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung einlegten. Andererseits fallen sie ein zweites Mal an, wenn nach Zurückverweisung gegen das neue Urteil erneut Berufung eingelegt wird, § 21 Abs. 1 RVG.

a) Anwendungsbereich

215

Die Verfahrensgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts, mithin für jede für den Mandanten erbrachte Tätigkeit im Berufungsverfahren außerhalb der Hauptverhandlung bzw. deren konkrete Vorbereitung. Für den Verteidiger, der den Mandanten in der ersten Instanz nicht vertrat, beginnt das Berufungsverfahren mit der Einlegung der Berufung respektive mit dem Vertretungsauftrag, sofern ein anderer Verfahrensbeteiligter die Berufung einlegte. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 RVG gehört die Berufungseinlegung für den erstinstanzlichen Verteidiger noch zum Verfahren des ersten Rechtszuges. Folglich zählt die Beratung betreffend die Einlegung der Revision gegen das Berufungsurteil sowie deren Einlegung noch zum Tätigkeitsbereich, der durch die Verfahrensgebühr im Berufungsverfahren abgedeckt ist.[96]

aa) Verfahrensgebühr

216

Die Verfahrensgebühr im Berufungsverfahren honoriert jegliche Tätigkeit des Verteidigers, sofern sie nicht besondere Gebühren auslöst. Darunter können bspw. gefasst werden die (ergänzende) Akteneinsicht und eigene Ermittlungen durch den Verteidiger, Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils, Beratung des Mandanten, insbesondere im Hinblick auf die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, Anfertigung einer Berufungsbegründung, Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung, Besprechungen mit den übrigen Verfahrensbeteiligten[97] sowie gegebenenfalls Tätigkeiten im Zusammenhang mit der bestehenden Untersuchungshaft. Die nicht nach außen erkennbare, bloße Beratung des Mandanten genügt zur Entstehung der Gebühr, ebenso die daraufhin erfolgende Berufungsrücknahme, selbst wenn das Verfahren noch nicht beim Rechtsmittelgericht anhängig war.[98] Liegt hingegen der ausschließliche Auftrag an den Verteidiger vor, die Berufung einzulegen oder sie zu begründen (vgl. Nr. 4301 VV), kann das nur als Einzeltätigkeit entlohnt werden.[99] Letzteres wird jedoch nur ausnahmsweise angenommen werden können, wenn es ausdrücklich so festgelegt wurde.[100]

Umstritten ist hingegen die Frage der Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr, wenn die Staatsanwaltschaft ihr zu Ungunsten des Angeklagten eingelegtes Rechtsmittel noch vor dessen Begründung zurücknimmt, der Verteidiger aber schon (beratend) für den Angeklagten tätig war. Der ablehnenden Auffassung, wonach der verständige Verteidiger dem Angeklagten ohne nennenswerten Zeitaufwand begreiflich machen könne, dass die Rechtsmittelbegründung der Exekutive abzuwarten sei,[101] hält Burhoff entgegen: Handlungs- und Beratungsbedarf bestehe ab Einlegung des Rechtsmittels und „Kosten-/Gebührenfreies Arbeiten des Verteidigers sehen StPO und RVG nicht vor. Auf den Zeitaufwand kommt es i.Ü. beim Pflichtverteidiger wegen des Pauschalcharakters der Gebühren nicht an.“[102] Das LG München entschied in diesem Sinn, es sei mit den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens nicht vereinbar, das Informations- und Beratungsbedürfnis des Angeklagten nach Eingang eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft stets als „überflüssig“ anzusehen, solange er dessen Zielrichtung nicht kenne.[103]

bb) Terminsgebühr

217

Die Terminsgebühr im Berufungsverfahren gem. Nr. 4126 VV entsteht für die Teilnahme des Verteidigers an der Berufungshauptverhandlung (vgl. Vorbem. 4 Abs. 3 VV). Eine Gebühr nach Nr. 4102 VV kann daneben durch die Teilnahme an einem dort geregelten Termin außerhalb der Hauptverhandlung ausgelöst werden.[104]

218

Der Rechtsanwalt muss während der Berufungshauptverhandlung, die mit dem Aufruf zur Sache beginnt und mit dem Schluss der Verhandlung durch den Vorsitzenden endet, zu irgendeinem Zeitpunkt in seiner Eigenschaft als Verteidiger anwesend gewesen sein. Eine bestimmte Verteidigungstätigkeit ist nicht erforderlich. Es muss auch nicht in eine sachliche Verhandlung eingetreten werden. Es genügt bspw., wenn die Berufung unmittelbar nach dem Aufruf zur Sache seitens des Rechtsmittelführers zurückgenommen wird.

219

Aus Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 VV ergibt sich, dass die Gebühr ebenfalls im Falle eines „geplatzten Termins“ entsteht, jedenfalls solange dies nicht durch den Verteidiger verschuldet wurde.[105] Natürlich gilt das auch für den Fall, dass aufgrund des Fehlens des Angeklagten die Berufung gem. § 329 StPO verworfen wird.

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