Handbuch des Aktienrechts

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1.2.2 Mehrheitserfordernisse

327

Gem. § 222 Abs. 1 S. 1 AktG ist für den Kapitalherabsetzungsbeschluss eine Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erforderlich. In der Satzung der AG können eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse festgelegt werden, eine kleinere Mehrheit ist nicht zulässig. § 133 Abs. 1 AktG bestimmt darüber hinaus wie bei allen Satzungsänderungen, dass der Beschluss der einfachen Stimmenmehrheit bedarf. Dass eine allgemeine Satzungsbestimmung, welche eine Erhöhung der satzungsändernden Mehrheit umfasst, auch für den Fall der Kapitalherabsetzung gilt, ist im Zweifel nicht anzunehmen.[27] Sofern dies gewollt ist, sollte die Satzung daher explizit den Fall der Kapitalherabsetzung im Rahmen der die Mehrheitserfordernisse heraufsetzenden Bestimmung nennen.

328

Zusätzlich ist für die Kapitalherabsetzung ein Sonderbeschluss erforderlich, wenn mehrere Gattungen von stimmberechtigten Aktien existieren, § 222 Abs. 2 AktG. Das gilt nicht für stimmrechtslose Vorzugsaktien, selbst wenn sich durch die Herabsetzung des Nennbetrages der Vorzugsaktien oder durch deren Zusammenlegung der den Vorzugsaktionären zustehende Vorzugsbetrag reduziert.[28]

1.3 Anmeldung und Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses

329

Gem. § 223 AktG haben der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats den Beschluss über die Herabsetzung des Grundkapitals zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Eine rechtsgeschäftliche Beauftragung von Dritten ist zulässig, da anders als bei der regulären Kapitalerhöhung keine strafrechtlich relevanten Angaben zu machen sind.[29]

330

Der Anmeldung beizufügen sind alle zur Prüfung des Herabsetzungsbeschlusses erforderlichen Unterlagen.[30] Hierzu gehören die notariellen Beschlussprotokolle über die Kapitalherabsetzung und etwaige Sonderbeschlüsse sowie die neugefasste Satzung der Gesellschaft. Bedarf die Kapitalherabsetzung einer staatlichen Genehmigung, muss der Anmeldung nach der Aufhebung von § 181 Abs. 1 Satz 3 durch das ARUG[31] die Genehmigungsurkunde nicht mehr beigefügt werden.

331

Das Registergericht prüft das ordnungsgemäße Zustandekommen des Kapitalherabsetzungsbeschlusses, die Form der Anmeldung und die Vollständigkeit der beigefügten Unterlagen.

332

Die Kapitalherabsetzung wird wirksam und das Grundkapital ist herabgesetzt, wenn der Beschluss über die Herabsetzung des Grundkapitals in das Handelsregister eingetragen ist (§ 224 AktG).

333

Durch die Eintragung werden bestimmte Nichtigkeitsgründe unmittelbar geheilt (vgl. § 242 Abs. 1 AktG), andere werden nach einer Frist von drei Jahren geheilt (§ 242 Abs. 2 AktG). Ist die Kapitalherabsetzung eingetragen, aber wirksam angefochten worden, ist sie nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft zu behandeln. Für die Zukunft ist eine Wiederherstellung des Grundkapitals denkbar, aber nicht praktikabel.[32]

334

Von der Kapitalherabsetzung unberührt bleiben ein bedingtes oder ein genehmigtes Kapital der AG.[33] Das bedingte oder genehmigte Kapital kann im zum Zeitpunkt der Kapitalherabsetzung bestehenden Umfang ausgenutzt werden. Dies gilt selbst dann, wenn dadurch die Höchstbeträge der §§ 192 Abs. 3, 202 Abs. 3 AktG, welche auf der Basis des herabgesetzten Grundkapitals gelten, überschritten werden.[34]

1.4 Gläubigerschutz

335

Durch die Herabsetzung des Grundkapitals steht den Gläubigern der Gesellschaft ggf. eine geringere Haftungsmasse zur Verfügung, auf die sie im Insolvenzfall zugreifen können. Das Aktiengesetz enthält daher für den Fall der Kapitalherabsetzung einige Regelungen zum Schutz der Gläubiger:

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Gem. § 225 AktG haben die Gläubiger der Gesellschaft einen Anspruch auf Sicherheitsleistung wegen Forderungen, die gegen die Gesellschaft begründet wurden, bevor die Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses bekannt gemacht worden ist. Die Forderungen können schuldrechtliche Ansprüche jeder Art sein, die aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage entstanden sind.[35] Nicht erforderlich ist, dass sich die Forderung auf eine Geldzahlung oder die Übereignung einer Sache bezieht.[36] Der Wortlaut des § 225 Abs. 1 AktG („Forderungen“) indiziert, dass dingliche Rechte und die zu ihrer Sicherung bestehenden Ansprüche (§§ 985, 1004 BGB) nicht von § 225 AktG erfasst sind.[37]

337

Die Forderung muss vor der Bekanntgabe der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses begründet worden sein. Der Stichtag bestimmt sich nach § 10 HGB.[38] Die Forderung ist begründet bei Setzung des Rechtsgrundes, d.h. regelmäßig bei Vertragsschluss.[39] Nicht erforderlich ist die Fälligkeit der Forderung. Sie kann auflösend bedingt oder aufschiebend bedingt sein, jedenfalls solange der Bedingungseintritt nicht ungewiss ist und deshalb ein anerkennenswertes Schutzbedürfnis besteht.[40] Soweit Dauerschuldverhältnisse betroffen sind, gelten die vorstehenden Grundsätze.[41] Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und nicht auf die Fälligkeit von Einzelansprüchen. Letztere müssen jedoch hinreichend konkretisiert sein, wie dies etwa bei wiederkehrenden Abschlagszahlungen der Fall ist. Die Höhe der Sicherheitsleistung bestimmt sich bei Dauerschuldverhältnissen nach dem konkreten Sicherungsinteresse des jeweiligen Gläubigers.[42] Für die Höhe der zu sichernden Forderungen ist insoweit nach § 160 HGB auf einen maximalen Zeitraum von fünf Jahren abzustellen.[43] Auch bestrittene Forderungen müssen gesichert werden, allerdings nur, wenn sie nicht offensichtlich unbegründet sind.[44] Gem. § 225 Abs. 1 S. 1 AktG müssen sich die Gläubiger innerhalb von sechs Monaten seit der Bekanntmachung der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses melden, um die Sicherheitsleistung zu erlangen.

338

Soweit die Gläubiger Erfüllung verlangen können, ist der Anspruch auf Sicherheitsleistung ausgeschlossen (§ 225 Abs. 1 S. 1 AktG). Wird die Forderung während der sechsmonatigen Ausschlussfrist fällig, hat der Gläubiger bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit einen Anspruch auf Sicherheitsleistung, danach entfällt dieser.[45] Wird der Anspruch hingegen fällig, nachdem die Sicherheit geleistet worden ist, so entfällt damit nicht auch gleichzeitig der Rechtsgrund für die Sicherheitsleistung.[46]

339

Ein weiteres Schutzrecht der Gläubiger ist das Auszahlungsverbot gem. § 225 Abs. 2 AktG. Danach dürfen Zahlungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre erst nach Ablauf des Sperrhalbjahres und nicht vor der vollen Befriedigung oder Sicherung der Gläubiger erfolgen, die sich rechtzeitig bei der Gesellschaft gemeldet haben. Das Auszahlungsverbot betrifft sämtliche Zahlungen an die Aktionäre wie z.B. Dividendenzahlungen und die unmittelbare Rückzahlung von Grundkapital.[47] Zulässig sind lediglich Zahlungen, die auch ohne die Kapitalherabsetzung möglich gewesen wären.[48] Verstöße gegen das Auszahlungsverbot haben zur Folge, dass die Aktionäre die empfangene Leistung der Gesellschaft gem. § 62 AktG zurückzugewähren haben. Daneben besteht eine Schadensersatzhaftung von Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft nach §§ 93, 116 AktG und gegenüber den Gläubigern nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 225 AktG.

340

Neben dem Zahlungsverbot besteht während der sechsmonatigen Sperrfrist auch eine Regelung, welche eine Befreiung von Aktionären von Einlageverbindlichkeiten untersagt, § 225 Abs. 2 S. 2 AktG. Die Gesellschaft darf demzufolge Aktionäre während dieser Frist nicht mittels eines Erlassvertrages oder durch Verzicht von ihrer Einlagepflicht befreien. Anders als bei § 225 Abs. 2 S. 1 AktG führt ein Verstoß gegen die Norm jedoch lediglich dazu, dass ein abgeschlossener Erlassvertrag bis zum Ablauf der Frist schwebend unwirksam ist.[49]

1.5 Durchführung der Kapitalherabsetzung

341

Die konkrete Durchführung der Kapitalherabsetzung hängt von der gewählten Art der Herabsetzung des Grundkapitals ab:

342

Soweit die Kapitalherabsetzung bei Gesellschaften mit Stückaktien durch die bloße Reduzierung der Grundkapitalziffer ohne die Zusammenlegung von Aktien erfolgt, sind keine weiteren Abwicklungsmaßnahmen zu treffen. In diesem Fall ist die Kapitalherabsetzung bereits mit der Eintragung in das Handelsregister vollzogen und der auf die einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals entsprechend verringert.

343

Bei einer Kapitalherabsetzung durch die Herabsetzung des Nennbetrages im Falle von Nennbetragsaktien ist der Nennbetrag der einzelnen Aktie mit dem Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung herabgesetzt. Durch diese Herabsetzung des Nennbetrages werden die bisherigen Aktienurkunden unrichtig. Sie müssen berichtigt und gegen neue Urkunden ausgetauscht werden. Dies ist nur relevant, wenn sich Aktienurkunden bei Aktionären befinden, was in der Praxis aufgrund der häufig sammelverwahrten Globalurkunde nicht der Fall ist. Bestehen einzelne Aktienurkunden, wird der Vorstand die Aktionäre zum Umtausch dieser Aktien auffordern. Aktien, die trotz Aufforderung nicht zum Umtausch oder zur Berichtigung eingereicht werden, können für kraftlos erklärt werden. Das Verfahren bestimmt sich insoweit nach §§ 73, 64 Abs. 2 AktG. Die neuen Urkunden sind dann an die Berechtigten auszugeben bzw. zu hinterlegen.[50]

 

344

Die Kapitalherabsetzung kann auch durch die Zusammenlegung von Nennbetrags- oder Stückaktien erfolgen. Auch in diesem Fall fordert die Gesellschaft die Aktionäre zur Einreichung ihrer Aktien auf und kann gem. § 226 AktG Aktien für kraftlos erklären, wenn diese nicht rechtzeitig eingereicht werden. Gleiches gilt, wenn die eingereichten Aktien nicht die zum Ersatz durch neue Aktien notwendige Zahl erreichen und der Gesellschaft nicht zur Verwertung durch den Aktionär für dessen Rechnung zur Verfügung gestellt worden sind (§ 226 Abs. 1 S. 2 AktG). Im Falle von Spitzenbeträgen enthält die Einreichung der Aktienurkunden eine konkludente Verwertungsbefugnis.[51] Die Verwertung der Spitzen ist freihändig möglich und nicht an die Voraussetzungen des § 226 Abs. 3 AktG gebunden, welcher die Verwertung „ganzer“ Aktien regelt.[52]

345

Für den Fall, dass die Aktionäre die alten Aktien nicht eingereicht oder die Gesellschaft nicht zur Verwertung der Spitzen beauftragt haben, werden die Aktien gem. § 226 Abs. 2 i.V.m. § 64 Abs. 2 AktG nach dreimaliger Aufforderung für kraftlos erklärt. Die neuen Aktien, welche an Stelle der für kraftlos erklärten Aktien ausgegeben werden, hat die Gesellschaft gem. § 226 Abs. 3 AktG unverzüglich für Rechnung der Beteiligten zum Börsenpreis oder bei Fehlen eines Börsenpreises durch öffentliche Versteigerung zu verwerten (§ 226 Abs. 3 AktG). Die Aktienrechte aus den Aktien stehen jedoch nach wie vor den Aktionären und nicht der Gesellschaft zu. Die Aktionäre können deshalb bis zur Verwertung der Aktien deren Übertragung auf sie selbst verlangen, wenn sie die erforderliche Zahl der Aktien nachträglich noch einreichen.[53]

1.6 Anmeldung der Kapitalherabsetzung

346

Gem. § 227 AktG ist die Durchführung der Kapitalherabsetzung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung hat nur deklaratorischen Charakter, da die Kapitalherabsetzung bereits mit der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses wirksam wird.[54] Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung können mit der Anmeldung und Eintragung des Beschlusses über die Herabsetzung auch verbunden werden (vgl. § 227 Abs. 2 AktG). Inhaltlich hat das Registergericht nach § 227 AktG zu prüfen, ob die vorstehend beschriebenen Durchführungsmaßnahmen erfolgt sind.

5. Kapitel Kapitalmaßnahmen › III. Herabsetzung des Grundkapitals › 2. Vereinfachte Kapitalherabsetzung

2. Vereinfachte Kapitalherabsetzung

2.1 Grundfragen/Übersicht

347

Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist in den §§ 229 – 236 AktG geregelt. Sie ist die in der Praxis häufigste Form der Kapitalherabsetzung[55] und ist – abweichend von der ordentlichen Kapitalherabsetzung – lediglich zu Sanierungszwecken zulässig, wenn sich die Sanierung nicht durch die Auflösung von Rücklagen oder die Verwendung eines Gewinnvortrages durchführen lässt.[56] Gegenüber der ordentlichen Kapitalherabsetzung ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung unter erleichterten Voraussetzungen möglich, da sie keine Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit gegenüber den Gläubigern erfordert und mit Rückwirkung auf den letzten Jahresabschluss möglich ist, sodass ein durch die Kapitalmaßnahme (ggf. mit gleichzeitiger Erhöhung des Stammkapitals) zu beseitigender Verlust bilanziell nicht offenbar wird.[57]

2.2 Voraussetzungen
2.2.1 Zulässiger Zweck

348

Der zulässige Zweck, zu welchem die vereinfachte Kapitalherabsetzung durchgeführt werden kann, wird von § 229 Abs. 1 AktG vorgegeben. Danach soll die Kapitalherabsetzung dazu dienen, Wertminderungen auszugleichen bzw. sonstige Verluste zu decken oder Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung kann auch mehrere der in § 229 Abs. 1 AktG genannten Zwecke gleichzeitig verfolgen.[58]

349

Hauptanwendungsfall ist insoweit die Beseitigung einer Unterbilanz[59] der Gesellschaft, welche vorliegt, wenn das auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital der Gesellschaft nicht mehr den Betrag des gezeichneten Kapitals erreicht.[60] Unerheblich ist insoweit, auf welchen Tatsachen der zu der Unterbilanz führende Verlust der Gesellschaft beruht.[61]

350

Der festgestellte Verlust kann sich aus der letzten Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergeben. Letztere muss weder geprüft noch testiert oder festgestellt sein.[62] Erforderlich ist jedoch, dass der bilanzierte Verlust „auf einer Prognose nachhaltiger negativer Veränderungen der Vermögensstruktur durch den Vorstand beruht, der nach kaufmännischen Maßstäben sachlich begründet ist“.[63] Nach der Rechtsprechung des BGH müssen die zum Verlust der Gesellschaft getroffenen Feststellungen vertretbar sein und einer Plausibilitätskontrolle standhalten.[64] Der Grund hierfür ist der Schutz der Altaktionäre vor der mit der Kapitalherabsetzung verbundenen Verminderung ihrer Mitgliedschaftsrechte. Dies ist erforderlich, da § 232 AktG nur die Gläubiger der Gesellschaft vor einer willkürlichen Inanspruchnahme schützt und die Altaktionäre – im Gegensatz zu neu eintretenden Aktionären – bei einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung nicht von den Zuführungen in die Rücklage profitieren.[65]

2.2.2 Erschöpfung von Reserven

351

Zum Schutz der Aktionäre und der Gläubiger der Gesellschaft bestimmt § 229 Abs. 2 AktG, dass die vereinfachte Kapitalherabsetzung nur zulässig ist, nachdem die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage, soweit sie 10 % des herabgesetzten Grundkapitals übersteigt, aufgelöst und zur Deckung des Verlustes vorweg verwendet worden sind. Weiterhin vorweg aufzulösen sind die Gewinnrücklagen. Darüber hinaus darf gem. § 229 Abs. 2 S. 2 AktG kein Gewinnvortrag mehr vorhanden sein. § 229 Abs. 2 AktG ist zwingendes Recht. Ein Verstoß gegen die Vorschrift macht den Kapitalherabsetzungsbeschluss anfechtbar, nicht jedoch nichtig.[66]

352

Bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung mit anschließender direkter Kapitalerhöhung bleibt es bei der Regelung, dass für die Berechnung der 10-%-Grenze der Grundkapitalbetrag entscheidend ist, der nach der Herabsetzung, aber vor der Wiedererhöhung besteht.[67] Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Betrag des Grundkapitals im Zuge der vereinfachten Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung unter das gesetzliche Mindestgrundkapital sinkt. Da dieses Vorgehen gem. § 228 AktG zulässig ist, ist für die Berechnung der Quote dann das gesetzliche Mindestkapital maßgeblich.[68]

353

Technisch erfolgt die Auflösung der Rücklagen durch Umbuchungen.[69] Die Aufstellung eines besonderen Abschlusses ist hingegen nicht erforderlich.[70]

2.3 Kapitalherabsetzungsbeschluss

354

Gem. § 229 Abs. 3 AktG gelten (mit Ausnahme von § 222 Abs. 3 AktG und § 225 AktG) die Vorschriften über die ordentlich Kapitalherabsetzung für die vereinfachte Kapitalherabsetzung sinngemäß. Auf den Kapitalherabsetzungsbeschluss, mit dem die vereinfachte Kapitalherabsetzung beschlossen werden soll, findet § 222 Abs. 1 AktG entsprechende Anwendung. Auch die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist demnach eine Satzungsänderung und muss von der HV mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals beschlossen werden. Eine Delegation auf Vorstand und Aufsichtsrat ist nicht zulässig. Die Satzung der AG kann an die Mehrheitsverhältnisse strengere Anforderungen stellen, diese jedoch nicht herabsetzen.[71]

355

Soweit mehrere stimmberechtigte Aktiengattungen existieren, ist darüber hinaus ein Sonderbeschluss von Aktionären jeder dieser Gattungen erforderlich. Unbeachtlich sind insoweit stimmrechtslose Vorzugsaktien.[72]

356

An den Inhalt des vereinfachten Kapitalherabsetzungsbeschlusses sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie bei einer ordentlichen Kapitalherabsetzung. Aus dem Beschlussinhalt muss zunächst hervorgehen, dass es sich um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung handelt.[73] Des Weiteren muss die HV den Zweck der vereinfachten Kapitalherabsetzung festlegen.[74]

357

Der vereinfachte Kapitalherabsetzungsbeschluss kann mit einer Kapitalerhöhung verbunden werden.[75] Dies ist in der Praxis üblich und zumeist auch erforderlich, denn durch eine bloße Buchsanierung erhält die Gesellschaft nicht das zum Fortbestehen notwendige neue Kapital.[76]

358

Der Kapitalherabsetzungsbeschluss ist gem. § 223 i.V.m. § 229 Abs. 3 AktG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Kapitalherabsetzung wird mit der Eintragung wirksam (§ 224 i.V.m. § 229 Abs. 3 AktG).

2.4 Verwendung der durch die Herabsetzung erlangten Beträge

359

Die Verwendung der Beträge, welche im Wege der Kapitalherabsetzung und aufgrund der Auflösung der Kapital- und Gewinnrücklagen frei werden, ist in § 230 AktG geregelt. Die Vorschrift enthält ein Ausschüttungsverbot und ein Verwendungsgebot.[77]

360

Aufgrund des Ausschüttungsverbots nach § 230 S. 1 AktG dürfen die durch die Kapitalherabsetzung oder durch die Auflösung von Rücklagen oder Gewinnvorträgen gewonnenen Beträge nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Hiervon betroffen sind Zahlungen von Dividenden oder Einlagebefreiungen, Zahlungen in verdeckter Form sowie jegliche Umgehungskonstruktionen hierzu.[78] Das Verbot ist zeitlich unbegrenzt.[79] Zulässig sind hingegen Zahlungen an Aktionäre, die auf anderen Rechtsverhältnissen wie Kauf oder Miete etc. beruhen, soweit es sich hierbei nicht um eine verbotene Einlagenrückgewähr handelt.[80]

361

Das Verwendungsgebot des § 230 S. 2 und 3 AktG besagt, dass die von § 230 AktG erfassten Beträge nur zum Ausgleich von Wertminderungen und zur Deckung von Verlusten oder zur Einstellung in die Rücklagen verwendet werden dürfen. Dabei sind Vorstand und Aufsichtsrat an die Zweckvorgabe der HV gebunden. Es besteht insoweit kein Ermessensspielraum der Verwaltung.[81] Jeder Verstoß führt zu einer Haftung des Vorstands und des Aufsichtsrats nach §§ 93, 116 AktG.[82]

362

Etwas anderes gilt lediglich, wenn die Zweckvorgaben der HV durch die Verwaltung tatsächlich nicht erreicht werden können, weil die ursprünglich angenommenen Verluste gar nicht angefallen sind.[83] In diesem Fall sind die frei gewordenen Beträge gem. § 232 AktG in die Kapitalrücklage einzustellen.

363

Die vereinfachte Kapitalherabsetzung hat auch Auswirkungen auf künftige Gewinnausschüttungen. Solche dürfen nach § 233 Abs. 1 S. 1 AktG erst wieder vorgenommen werden, wenn die Kapitalrücklage und die gesetzliche Rücklage zusammen 10 % des Grundkapitals der AG erreicht haben.