Handbuch des Aktienrechts

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2.7 Anmeldung und Eintragung der Aktienausgabe

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Die bedingte Kapitalerhöhung wird bereits mit der Ausgabe der Bezugsaktien wirksam (§ 200 AktG). Es kommt für die Wirksamkeit der bedingten Kapitalerhöhung daher nicht wie bei der regulären Kapitalerhöhung oder der Ausnutzung genehmigten Kapitals auf die Eintragung in das Handelsregister an. Die Eintragung der bedingten Kapitalerhöhung in das Handelsregister, welche durch den Vorstand der Gesellschaft gem. § 201 AktG vorzunehmen ist, hat daher nur deklaratorischen Charakter. Bei sogenannten Privatplatzierungen ist die Ausgabe von mit bedingtem Kapital unterlegten Wandelschuldverschreibungen daher sehr beliebt, da die Aktien sofort wirksam begeben werden können.

227

Der Vorstand meldet ausgegebene Bezugsaktien zur Eintragung in das Handelsregister mindestens einmal jährlich bis spätestens zum Ende des auf den Ablauf des Geschäftsjahrs folgenden Kalendermonats an (§ 201 Abs. 1 AktG).

228

Der Anmeldung sind die Zweitschriften der Bezugserklärungen und ein vom Vorstand unterschriebenes Verzeichnis der Personen, welche das Bezugsrecht ausgeübt haben, beizufügen (§ 201 Abs. 2 S. 1 AktG). Das Verzeichnis hat die auf jeden Aktionär entfallenden Aktien und die auf sie gemachten Einlagen anzugeben (§ 201 Abs. 2 S. 2 AktG).

229

Nach § 201 Abs. 3 AktG hat der Vorstand in der Anmeldung zu erklären, dass die Bezugsaktien nur in Erfüllung des im Beschluss über die bedingte Kapitalerhöhung festgesetzten Zweckes und nicht vor der vollen Leistung des Gegenwerts ausgegeben worden sind, der sich aus dem Beschluss ergibt. Eine unrichtige Erklärung ist strafbar (§ 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG).

2.8 Berichtigung der Satzung

230

Nach Wirksamwerden der Kapitalerhöhung wird die bisherige Satzung unrichtig. In der Praxis wird der Aufsichtsrat gem. § 179 Abs. 1 S. 2 AktG regelmäßig zur Neufassung der Satzung ermächtigt.

5. Kapitel Kapitalmaßnahmen › II. Erhöhung des Grundkapitals › 3. Genehmigtes Kapital

3. Genehmigtes Kapital

3.1 Grundfragen/Übersicht

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Zweck des genehmigten Kapitals ist es, dem Vorstand der AG die Möglichkeit zu geben, mit Zustimmung des Aufsichtsrats flexibel und schnell Eigenkapital zu beschaffen. Das genehmigte Kapital kann von der HV für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren in Höhe von maximal 50 % des bestehenden Grundkapitals geschaffen werden. In den meisten Fällen der Schaffung genehmigten Kapitals wird im Ergebnis ein Zweck verfolgt, der auch mit Schaffung bedingten Kapitals erreicht werden würde. Insbesondere beim Zusammenschluss von Unternehmen wird jedoch häufig der Weg des genehmigten Kapitals gewählt,[526] welches sich in der Praxis als flexibler und deshalb praktikabler erwiesen hat.

232

Wie bei jeder Kapitalerhöhung ist auch für die Schaffung genehmigten Kapitals ein Beschluss der HV erforderlich. Dieser – oder ggf. auch die ursprüngliche Satzung – ermächtigt den Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats, anstelle der HV über eine Erhöhung des Grundkapitals der Gesellschaft zu entscheiden. Die HV legt damit die Entscheidung, ob überhaupt eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden soll und ggf. in welcher Höhe, in die Hände der Verwaltungsorgane. Die Stellung des Vorstands beim genehmigten Kapital ist folglich eine grds. andere als im Rahmen der ordentlichen Kapitalerhöhung, wo er lediglich ausführendes Organ des Hauptversammlungsbeschlusses ist, während er beim genehmigten Kapital selbst die Entscheidungsgewalt zusammen mit dem Aufsichtsrat inne hat. Die Entscheidungen im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals wie z.B. über die Ausübung des genehmigten Kapitals, seinen Umfang und die näheren Bestimmungen sind daher Entscheidungen der Geschäftsführung, welche an den Vorschriften der §§ 77 ff. AktG zu messen sind.[527] Vorstand und Aufsichtsrat treffen daher bei der Ausnutzung genehmigten Kapitals eine gesteigerte Verantwortung gegenüber der Gesellschaft.[528] Quasi als Kehrseite der gesteigerten Handlungs- und Entscheidungsfreiheit steigen damit auch die Haftungsrisiken der Verwaltung (§§ 93 Abs. 2 S. 1, 116 S. 1 AktG).

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Im Überblick stellen sich die Phasen der Kapitalerhöhung durch genehmigtes Kapital wie folgt dar:


Beschlussfassung der HV, Ermächtigung des Vorstands;
Anmeldung und Eintragung der Satzungsänderung (Ermächtigung) in das Handelsregister;
Vorstandsbeschluss über die Ausgabe der neuen Aktien;
Zustimmung des Aufsichtsrats zur Aktienausgabe;
Zeichnung der neuen Aktien;
Leistung der Mindesteinlage;
Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung beim Handelsregister;
Eintragung der Durchführung im Handelsregister, Wirksamkeit der Kapitalerhöhung;
Ausgabe der neuen Aktien an die neuen Aktionäre;
Berichtigung der Satzung.

3.2 Ermächtigung zur Erhöhung des Grundkapitals
3.2.1 Ermächtigung

234

Nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 AktG ist die Angabe über das das Grundkapital Teil der Satzung der AG. Änderungen des Grundkapitals stellen demnach eine Satzungsänderung dar, für die ausschließlich die HV der Gesellschaft zuständig ist. Beim genehmigten Kapital findet keine direkte Kapitalerhöhung statt, vielmehr wird der Vorstand zur ggf. sukzessiven Erhöhung des Grundkapitals ermächtigt. Dies hat zur Folge, dass beim genehmigten Kapital, statt der Kapitalerhöhung selbst, die Ermächtigung des Vorstands durch die HV Bestandteil der Satzung wird.[529]

235

Die Ermächtigung kann gem. § 202 Abs. 1 AktG bereits in der Gründungssatzung der Gesellschaft durch die Gründer ausgesprochen werden. Das genehmigte Kapital muss in diesem Fall ordnungsgemäß in die Gründungssatzung aufgenommen (§ 23 Abs. 1 AktG) und ausdrücklich im Handelsregister eingetragen sein. Nicht möglich ist es jedoch, eine AG nur mit genehmigtem Kapital zu gründen. Dies hat immer mit dem regulären Grundkapital zu erfolgen.[530]

236

Genehmigtes Kapital kann gem. § 202 Abs. 2 AktG auch jederzeit später durch Beschluss der HV geschaffen werden. Dies stellt eine Satzungsänderung dar, für die die allgemeinen Regelungen für Satzungsänderungen (§§ 179 ff. AktG) grds. anzuwenden sind. Darüber hinaus sind die Anforderungen des § 202 AktG einzuhalten. § 202 Abs. 2 S. 2 AktG bestimmt insoweit, dass der Beschluss der HV zur Schaffung des genehmigten Kapitals einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals bedarf. Die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen (§ 202 Abs. 2 S. 3 AktG). Anders als bei der regulären Kapitalerhöhung kann die Satzung hingegen nicht gem. §§ 179 Abs. 2 S. 2, 182 Abs. 1 S. 2 AktG eine geringere Kapitalmehrheit als die in § 202 Abs. 2 S. 2 AktG festgelegte Dreiviertelmehrheit bestimmen. Weitere Erfordernisse i.S.v. 202 Abs. 2 S. 3 AktG können unter anderem die Erschwerungen sein, welche auch für ordentliche Kapitalerhöhungen zulässig sind[531], z.B. die Zustimmung einzelner oder aller Aktionäre.[532]

237

Über § 202 Abs. 2 S. 4 AktG findet außerdem § 182 Abs. 2 AktG Anwendung, welcher die Erforderlichkeit von zu fassenden Sonderbeschlüssen regelt, soweit in der AG mehrere Aktiengattungen vorhanden sind.[533] Werden notwendige Sonderbeschlüsse nicht gefasst, ist der Ermächtigungsbeschluss der HV schwebend unwirksam.[534] Das Registergericht darf den Ermächtigungsbeschluss dann nicht eintragen und wird per Zwischenverfügung auf das Fehlen des Sonderbeschlusses hinweisen.[535] Der Ermächtigungsbeschluss wird, wenn der Sonderbeschluss nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums gefasst wird, endgültig unwirksam.[536] Erfolgt die Eintragung eines Ermächtigungsbeschlusses trotz Fehlen eines notwendigen Sonderbeschlusses, kann der Sonderbeschluss immer noch nachgeholt werden.[537] Geschieht dies nicht, tritt die endgültige Wirksamkeit des Ermächtigungsbeschlusses nach Ablauf eines Zeitraums von drei Jahren ein (§ 242 Abs. 2 AktG).[538]

 

3.2.2 Inhalt und Schranken der Ermächtigung

238

Den Inhalt der Ermächtigung hinsichtlich des zu schaffenden genehmigten Kapitals regelt § 202 Abs. 2 S. 1 AktG. In der Ermächtigung ist ein bestimmter Nennbetrag festzulegen, bis zu dem der Vorstand das Grundkapital der AG erhöhen darf. Nach h.M. ist der Nennbetrag konkret zu beziffern.[539] Wird kein bestimmter Nennbetrag angegeben oder beschränkt sich die Bestimmung auf eine prozentuale Angabe, ist der Hauptversammlungsbeschluss gem. § 241 Nr. 3 AktG nichtig.[540] Wird der Beschluss dennoch in das Handelsregister eingetragen, findet eine Heilung nach § 242 Abs. 2 AktG, mit der Rechtsfolge, dass der gesetzlich zulässige Höchstbetrag als durch die HV beschlossen gilt, nicht statt.[541]

239

Nach § 202 Abs. 3 S. 1 AktG darf der Nennbetrag des genehmigten Kapitals die Hälfte des Grundkapitals, welches zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, nicht überschreiten. Maßgebend für den Betrag des Grundkapitals sind die bislang im Handelsregister eingetragene Grundkapitalziffer und alle bisher durchgeführten Kapitalveränderungen, welche noch am selben Tag wie die Ermächtigung in das Handelsregister eingetragen und deshalb wirksam werden.[542] Maßgeblich ist also der Tag der Eintragung der Gesellschaft bzw. der Satzungsänderung.[543] Auch außerhalb der Registertransparenz durch die Ausgabe von Bezugsaktien (bei der bedingten Kapitalerhöhung) vollzogene Kapitalerhöhungen müssen bei der Bestimmung des zulässigen Nennbetrags erfasst werden.[544]

240

Bei einer Überschreitung des für das genehmigte Kapital zulässigen Höchstbetrages ist der Kapitalerhöhungsbeschluss nichtig. Er kann jedoch gem. § 242 Abs. 2 AktG mit der Rechtsfolge geheilt werden, dass die gesetzlichen Höchstgrenzen gelten.[545] Dies ist sachgerecht. Die unterschiedliche Behandlung im Gegensatz zu Beschlüssen, die gar keine oder unzureichende Nennbetragsangaben machen, rechtfertigt sich dadurch, dass bei einer Überschreitung des Höchstbetrages immerhin eine Festlegung der HV auf ein genehmigtes Kapital stattgefunden hat, wenngleich über den zulässigen Rahmen hinaus. Der Beschluss ist damit nicht unvollständig, sondern nur fehlerhaft und kann deshalb auch durch Rückführung auf die gesetzlich zulässige Höchstgrenze geheilt werden.[546]

241

Bei der Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien ist darüber hinaus die Regelung des § 139 Abs. 2 AktG zu beachten. Danach dürfen Vorzugsaktien ohne Stimmrecht nur bis zur Hälfte des Grundkapitals ausgegeben werden.

242

Gem. § 205 Abs. 1 AktG kann genehmigtes Kapital auch gegen Einbringung von Sacheinlagen geschaffen werden. Die Ermächtigung muss diese Möglichkeit ausdrücklich vorsehen, wobei die Ermächtigung allgemein gehalten sein kann. Der Gegenstand der Sacheinlage, die Person von der die Gesellschaft den Sacheinlagegegenstand erwirbt, und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der zu gewährenden Aktien, sind, soweit sie nicht in die Ermächtigung aufgenommen worden sind, gem. § 205 Abs. 2 S. 1 AktG vom Vorstand festzusetzen. Diese Festsetzung soll gem. § 205 Abs. 2 S. 2 AktG nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats getroffen werden.

243

Neben den nach § 202 AktG zwingenden Angaben im Beschluss zur Schaffung genehmigten Kapitals sowie den zu treffenden zeitlichen und betragsmäßigen Grenzen kann die HV weitere Bestimmungen in dem Beschluss treffen. Sie kann z.B. detaillierte Angaben zu den Bedingungen der Aktienausgabe, wie den Ausgabebetrag, die notwendigen Festsetzungen für Sacheinlagen und den Inhalt der neuen Mitgliedschaftsrechte festlegen. Die HV kann u.a. den geringsten Ausgabebetrag der neuen Aktien und die Aktiengattung festlegen sowie vorgeben, ob Inhaber- oder Namensaktien ausgegeben werden sollen.[547] Darüber hinaus kann die Ermächtigung des Vorstands zur Ausnutzung des genehmigten Kapitals auf bestimmte Zwecke beschränkt werden, so etwa zur Einsetzung im Rahmen eines Unternehmenskaufs[548] oder zur Ausgabe an die Mitarbeiter.

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Zur Ausübung des genehmigten Kapitals bestimmt § 202 Abs. 1 bzw. Abs. 2 S. 1 AktG eine Höchstfrist von fünf Jahren. Die Frist beginnt mit der Eintragung der Gesellschaft oder der Satzungsänderung. In dem Beschluss ist die genaue Dauer der Ermächtigung anzugeben. Nicht ausreichend ist insoweit die Wiederholung des Gesetzeswortlauts oder gar eine Verweisung auf § 202 Abs. 1 AktG.[549] Enthält der Beschluss keine Fristangabe, kann die Ermächtigungsfrist auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden mit der Folge, dass die gesetzliche Frist gelten würde.[550] Vielmehr hat das Registergericht die Eintragung des insoweit nichtigen Beschlusses abzulehnen.[551]

245

Auch die Festlegung einer längeren als der gesetzlichen Fünf-Jahres-Frist führt zur Nichtigkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses. Ob bei einer Fristüberschreitung die Nichtigkeit bei erfolgter Eintragung des Ermächtigungsbeschlusses gem. § 242 Abs. 2 AktG geheilt werden kann, ist sehr umstritten. Nach h.M. scheidet eine Heilung der Nichtigkeit jedenfalls dann aus, wenn eine Fristangabe vollständig fehlt.[552] Wurde die Höchstfrist dagegen lediglich überschritten, kann die Nichtigkeit gem. § 242 Abs. 2 AktG jedoch mit der Rechtsfolge geheilt werden, dass nach Heilung die Fünf-Jahresfrist gilt.[553]

246

Zulässig ist nach h.A.[554] ein Zusammentreffen von bedingtem Kapital und genehmigtem Kapital, solange beide jeweils nur bis zu einer Höchstgrenze von 50 % des Grundkapitals geschaffen werden. Im Ergebnis können daher, wenn man beide Kapitalerhöhungen zusammenrechnet, 100 % des bereits vorhandenen Grundkapitals nochmals durch den Vorstand durch Ausnutzung von bedingtem und genehmigtem Kapital geschaffen werden. Auch die Schaffung von mehreren genehmigten Kapitalien ist möglich. Zusammengerechnet darf dabei jedoch die 50 %-Grenze des § 202 Abs. 3 S. 1 AktG nicht überschritten werden. In der Praxis wird ein etwa noch nicht ausgenutztes genehmigtes Kapital jedoch in der Regel aufgehoben und durch ein neues genehmigtes Kapital bis zur Höhe von 50 % des Grundkapitals ersetzt. Zudem wird das genehmigte Kapital häufig in ein genehmigtes Kapital I und II aufgeteilt. Das genehmigte Kapital I ermächtigt in der Regel zur Durchführung einer Barkapitalerhöhung mit gesetzlichem Bezugsrecht, während das genehmigte Kapital II eine Ermächtigung zum Bezugsrechtsrechtsausschluss und u.U. zur Sachkapitalerhöhung enthält. Die HV entscheidet über das genehmigte Kapital I und II in getrennten Tagesordnungspunkten. Grund der Trennung ist, dass auf diese Weise die Wirksamkeit des genehmigten Kapitals I nicht durch das anfechtungsanfälligere genehmigte Kapital II „infiziert“ wird.[555]

3.2.3 Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss

247

Wie bei der regulären Kapitalerhöhung steht den bisherigen Aktionären der Gesellschaft auch bei der Schaffung genehmigten Kapitals nach §§ 203 Abs. 1 S. 1, 186 Abs. 1 S. 1 AktG ein gesetzliches Bezugsrecht zu. Dieses kann ganz oder teilweise ausgeschlossen werden. Abweichend von der normalen Kapitalerhöhung kann der Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital auf zwei verschiedene Arten erfolgen. Erstens ist ein Ausschluss des Bezugsrechts in der Ermächtigung des Vorstands selbst möglich, sodass der Bezugsrechtsausschluss entweder bereits in der Gründungssatzung oder – bei späteren satzungsändernden Beschlüssen[556] – in ebendiesen zu finden ist (Direktausschluss). In beiden Fällen entscheiden die vom Bezugsrechtsausschluss betroffenen Aktionäre selbst und direkt über den Ausschluss der Bezugsrechte bei der Schaffung des genehmigten Kapitals.

248

Zweitens kann die Entscheidung, ob das Bezugsrecht ausgeschlossen werden soll, gem. § 203 Abs. 2 S. 1 AktG in der Gründungssatzung oder in dem Ermächtigungsbeschluss auch dem Vorstand der Gesellschaft übertragen werden, welcher bei der Ausnutzung des genehmigten Kapitals dann lediglich noch der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf (Ausschlussermächtigung). Letzteres – in der Praxis der häufigere Fall – muss in dem Ermächtigungsbeschluss oder der Gründungssatzung klar zum Ausdruck kommen. Nicht ausreichend ist insoweit die Ermächtigung zur Sachkapitalerhöhung mit genehmigtem Kapital.[557]

249

Der Bezugsrechtsausschluss in der Form des Direktausschlusses ist notwendiger Bestandteil des Ermächtigungsbeschlusses. Eine Ausschlussermächtigung kann dagegen nach h.M. nachträglich durch eine Satzungsänderung in ein bereits existierendes genehmigtes Kapital eingefügt werden.[558] Der Bezugsrechtsausschluss bedarf sowohl als Direktausschluss als auch in der Form der Ausschlussermächtigung einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Da diese Voraussetzung bereits in § 202 Abs. 2 AktG enthalten ist, spielt der Verweis für den Direktausschluss von § 203 Abs. 1 AktG auf § 186 Abs. 3 S. 2 AktG nur insoweit eine Rolle, als die Satzung der Gesellschaft für den Ausschluss des Bezugsrechts bestimmte Regelungen enthält.[559]

250

Weiterhin sind die Berichtspflichten des § 186 Abs. 4 AktG einzuhalten. Nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG hat der Vorstand der HV einen schriftlichen Bericht über den Grund für den teilweisen oder vollständigen Ausschluss des Bezugsrechts vorzulegen. In dem Bericht ist der vorgeschlagene Ausgabebetrag nur zu begründen, wenn dieser bereits durch die HV selbst festgesetzt werden soll.[560]

251

Im Bericht des Vorstands an die HV ist insbesondere der Ausschluss des Bezugsrechts zu rechtfertigen.[561] Die sachliche Rechtfertigung für den Bezugsrechtsausschluss bei der Schaffung bzw. Ausnutzung genehmigten Kapitals richtet sich in abgeschwächter Form nach den bereits auf den Bezugsrechtsausschluss im Rahmen der ordentlichen Kapitalerhöhung anwendbaren Grundsätzen. Für die Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses beim genehmigten Kapital kommt es im Ermächtigungsbeschluss nur darauf an, dass die Kapitalmaßnahme unter Ausschluss des Bezugsrechts im Interesse der Gesellschaft liegt.[562] Dies gilt sowohl für den Direktausschluss als auch die Ausschlussermächtigung. Hingegen ist es nicht notwendig, dass bereits im Zeitpunkt der Fassung des Ermächtigungsbeschlusses Angaben durch den Vorstand zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit des Bezugsrechtsausschlusses gemacht werden,[563] wie dies bei der ordentlichen Kapitalerhöhung der Fall ist. Eine derartig konkrete Prüfung kann beim genehmigten Kapital im Zeitpunkt der Schaffung gerade nicht durchgeführt werden.[564] Ob der Vorstand bei seiner Entscheidung zur Ausnutzung des genehmigten Kapitals prüfen muss, ob der Bezugsrechtsausschluss für die konkrete Maßnahme nicht nur im Interesse der Gesellschaft liegt, sondern darüber hinaus auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein muss, ist sehr umstritten und höchstrichterlich nicht eindeutig geklärt.[565]

252

Aufgrund der Besonderheiten des genehmigten Kapitals ist es ausreichend, dass im Vorstandsbericht die beabsichtigte Maßnahme der HV generell-abstrakt beschrieben wird.[566] Erforderlich ist ein Bericht der Verwaltung, welcher die zukünftigen Maßnahmen, die mit dem genehmigten Kapital durchgeführt werden sollen, so gut wie möglich konkretisiert, so z.B. die Absicht, in geeigneten Fällen Beteiligungen an Unternehmen gegen die Überlassung von Aktien erwerben zu wollen.[567] Die Rechtfertigung kann auch durch die allgemeine Beschreibung eines Finanzierungsinteresses der Gesellschaft erfolgen.[568] Ein formularartiger Hinweis auf eine nicht näher beschriebene Neuorientierung der AG genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses beim genehmigten Kapital.[569] Der Vorstand ist nicht verpflichtet, vor Ausübung der Ermächtigung zur Kapitalerhöhung und zum Bezugsrechtsausschluss die Aktionäre über den Ausschluss des Bezugsrechts zu informieren.[570] Er hat lediglich nach Inanspruchnahme der Ermächtigung auf der nächsten ordentlichen HV zu seinem konkreten Vorgehen zu berichten und Fragen der Aktionäre zu beantworten.[571]

253

Die Rechtsprechung des BGH ist praxisgerecht. Im Hinblick auf den Charakter des genehmigten Kapitals erscheint es gerechtfertigt, dass in dem frühen Stadium der Beschlussfassung über die Schaffung des bedingten Kapitals die Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss nicht übertrieben hoch sind, um der Verwaltung die berechtigte Finanzierungsflexibiliät zu geben.[572] Ein Missbrauch des genehmigten Kapitals durch die Verwaltung ist wegen des Haftungsrisikos der §§ 93, 116 AktG in der Regel nicht zu befürchten.[573]