Handbuch des Aktienrechts

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1.7.6 Bezugsrechtsausschluss

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Nach § 186 Abs. 1 S. 1 AktG muss jedem Aktionär auf sein Verlangen ein seinem Anteil an dem bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der neuen Aktien zugeteilt werden. Dies ist der gesetzliche Regelfall, von dem nur unter den erschwerten Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 und 4 AktG abgewichen werden darf. Der Ausschluss des Bezugsrechts stellt einen besonders schweren Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs dar. Die formellen und materiellen Anforderungen eines Bezugsrechtsausschlusses sind daher hoch.

1.7.6.1 Formelle Voraussetzungen

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Nach § 186 Abs. 3 S. 1 AktG kann ein Ausschluss des Bezugsrechts nur im Kapitalerhöhungsbeschluss selbst erfolgen. Der Ausschluss des Bezugsrechts kann nicht bereits in der Satzung der AG geregelt werden.[269] Auch ist es nicht möglich, die Entscheidung über den Ausschluss in dem Hauptversammlungsbeschluss dem Vorstand zu überlassen.[270] Zuständig für den Bezugsrechtsausschluss ist allein die HV. Dies ist sachgerecht. Denn dadurch entscheiden die Aktionäre selbst über die Verkürzung der ihnen zustehenden Mitgliedschaftsrechte. Gem. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG sind Bezugsrechtsausschluss und Kapitalerhöhungsbeschluss untrennbar miteinander verbunden und damit Bestandteile eines einheitlichen Vorgangs.[271] Bei der Anfechtung des Bezugsrechtsausschlusses ist folglich immer der dazugehörige Kapitalerhöhungsbeschluss mit anzufechten.[272]

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Wie beim Kapitalerhöhungsbeschluss erfordert der Beschluss über den Ausschluss des Bezugsrechts eine Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Im Unterschied zur Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss kann die Satzung gem. § 186 Abs. 3 S. 2 AktG jedoch keine geringere, sondern nur eine höhere Kapitalmehrheit festlegen. Gleiches gilt für die zu fassenden Sonderbeschlüsse.[273]

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§ 186 Abs. 4 S. 1 AktG bestimmt weiter, dass der Ausschluss des Bezugsrechts in dem Hauptversammlungsbeschluss nur beschlossen werden darf, wenn die Ausschließung, genauer gesagt die Ausschließungsabsicht,[274] ausdrücklich und ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Die Bekanntmachung hat in den Gesellschaftsblättern gleichzeitig mit der Einberufung der HV und der Bekanntmachung der Tagesordnung zu erfolgen. Erforderlich ist, dass in der Bekanntmachung ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass das Bezugsrecht ausgeschlossen werden soll. Nicht ausreichend ist eine Formulierung, die lediglich darauf verweist, dass generell über das Bezugsrecht beschlossen werden soll.[275]

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Zur Begründung des Bezugsrechtsausschlusses hat der Vorstand der HV einen schriftlichen Bericht über den Grund für den teilweisen oder vollständigen Ausschluss des Bezugsrechts zugänglich zu machen (§ 186 Abs. 4 S. 2 AktG). Weiterhin ist der geplante Ausgabebetrag anzugeben und in dem Bericht zu begründen.

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Der Bericht ist grds. zugänglich zu machen.[276] Auf Zugänglichmachung des Berichts kann jedoch verzichtet werden, wenn sämtliche Aktionäre der Gesellschaft dem zustimmen.[277] Hintergrund der Pflicht zur Berichtserstattung ist es, der HV, d.h. den durch den Bezugsrechtsausschluss betroffenen Aktionären, auf der Basis der für den Bezugsrechtsausschluss maßgeblichen Beweggründe eine sachgerechte Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss zu ermöglichen.[278] Dies gilt insbesondere für Minderheitsaktionäre, die durch die Verwässerung ihres Anteils am Aktienkapital der Gesellschaft weiter an Einfluss verlieren. Gerade sie sollen vor der Beschlussfassung und zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die formellen, insbesondere jedoch über die materiellen Gründe für den Bezugsrechtsausschluss informiert werden.[279]

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Der Inhalt des Berichts muss den Aktionären bereits mit der Einberufung der HV zugänglich gemacht werden.[280] Der Vorstandsbericht ist von der Einberufung an in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht auszulegen.[281] Zudem ist er in entsprechender Anwendung des § 124a AktG auf der unternehmenseigenen Internetseite zu veröffentlichen, wenn die Gesellschaft börsennotiert ist.[282] Ob weiterhin eine Zusendung von Abschriften des Berichts an Aktionäre, die dies verlangen, erforderlich ist oder insoweit ein Versand via E-Mail genügt, ist zweifelhaft.[283] Die Zusendung von Abschriften ist aus Rechtssicherheitsgründen jedoch zu empfehlen. Nach umstrittener Ansicht entfällt die Pflicht zur Auslage und Zusendung des Berichts, wenn er freiwillig oder aufgrund entsprechender Anwendung des § 124a AktG auf der unternehmenseigenen Internetseite veröffentlicht wird.[284] Nach h.M. ist zusätzlich mit der Bekanntmachung der Einberufung der HV eine Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts des Vorstandsberichts in entsprechender Anwendung des § 124 Abs. 2 S. 3, 2. Alt. AktG erforderlich.[285] Eine Vorlage des schriftlichen Berichts während der HV ist aufgrund der geänderten Fassung des § 186 Abs. 4 S. 2 AktG dagegen nicht mehr erforderlich, aber ausreichend.[286] Anstelle der Vorlage ist eine Information der an der HV teilnehmenden Aktionäre in elektronischer Form, beispielsweise durch aufgestellte Monitore, ebenfalls zulässig.[287]

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Zum Inhalt des Berichts macht § 186 Abs. 4 S. 2 AktG nur wenige Angaben. Da der Bericht seinem Sinn und Zweck nach eine Entscheidungshilfe für die Aktionäre darstellen soll, muss er die für die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss wesentlichen Tatsachen enthalten.[288] Konkret sollte begründet werden, warum ein gesteigertes Interesse der AG an einer Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts besteht, welche Alternativen der Gesellschaft zu einer solchen Kapitalbeschaffungsmaßnahme bestehen und welche konkreten Nachteile die ausgeschlossenen Aktionäre durch die Kapitalmaßnahme erleiden.[289] Der Vorstand muss eine eigene Bewertung der Gründe für den Bezugsrechtsausschluss vorlegen und darf nur zu solchen Themen schweigen, über die er gem. § 131 Abs. 3 AktG im Interesse der Gesellschaft keine Auskunft geben muss.[290]

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Maßgeblich für die Bewertung der den Aktionären entstehenden Nachteile ist die Angabe des Ausgabebetrages, welcher vom Vorstand zu begründen ist (§ 186 Abs. 4 S. 2 AktG). Dabei hat der Vorstand konkrete Angaben zu den Berechnungsgrundlagen und den Bewertungskriterien zu machen,[291] ohne jedoch verpflichtet zu sein, im Rahmen des Bezugsrechtsausschlusses einen bestimmten Ausgabebetrag zu nennen.[292] Insoweit reicht auch hier die Angabe eines Höchst- oder Mindestbetrages. Ist der Ausgabebetrag unangemessen, so steht den Aktionären gem. § 255 Abs. 2 AktG ein besonderes Anfechtungsrecht zu. Bei einer Ausgabe der Aktien zum Nennbetrag oder zum niedrigsten anteiligen Ausgabebetrag ist zu begründen, warum der Vorstand einen höheren Mindestbetrag für unangemessen hält.[293]

1.7.6.2 Materielle Voraussetzungen
1.7.6.2.1 Erfordernis sachlicher Rechtfertigung

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Die materiellen Voraussetzungen für den Bezugsrechtsausschluss sind in § 186 Abs. 3 und 4 AktG nicht ausdrücklich geregelt. Es besteht dennoch Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, dass der Bezugsrechtsausschluss aufgrund der Schwere des Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre einer sachlichen Rechtfertigung bedarf.[294] Eine sachliche Rechtfertigung für den Bezugsrechtsausschluss ist gegeben, wenn der Bezugsrechtsausschluss einen Zweck hat, der im Interesse der Gesellschaft liegt und der Bezugsrechtsausschluss zur Erreichung dieses Zwecks geeignet und erforderlich ist.[295] Darüber hinaus müssen die für die Gesellschaft aufgrund des Ausschlusses erreichten Vorteile in einem angemessenen Verhältnis zu den Nachteilen der betroffenen Aktionäre stehen.[296] An die sachliche Begründung für den Bezugsrechtsausschluss sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je schwerer der Eingriff in die mitgliedschaftlichen Rechte und in die vermögensrechtliche Stellung der ausgeschlossenen Aktionäre wiegt.[297]

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Die Beurteilung der vorgenannten Kriterien durch den Vorstand der AG ist typischerweise eine Prognoseentscheidung, welche auf den Zeitpunkt ex ante[298] abstellt und naturgemäß unternehmerischen Ermessensspielraum lässt.[299] Dies ist bei einer gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung stets zu berücksichtigen, sodass den zuständigen Gremien der AG letztendlich ein Kernbereich nicht nachprüfbaren Ermessensspielraums im Sinne der „business judgement rule“ zugebilligt werden muss.[300]

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Eine sachliche Rechtfertigung ist hingegen nicht erforderlich, wenn alle betroffenen Aktionäre dem Bezugsrechtsausschluss zustimmen.[301]

1.7.6.2.2 Gesellschaftsinteresse

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Ein sachlicher Grund für den Bezugsrechtsschluss ist nur gegeben, wenn ein besonderes Interesse der Gesellschaft an der Kapitalerhöhung und dem Bezugsrechtsausschluss besteht.[302] Ein Zurücktreten des Gesellschafterinteresses kann auch aus der Treubindung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft abgeleitet werden.[303]

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Dies ist in der Regel der Fall, wenn der Bezugsrechtsausschluss im Rahmen des Unternehmensgegenstands den Gesellschaftszweck fördert.[304] Dabei ist es nicht erforderlich, dass überragende Interessen der Gesellschaft berührt sind oder gar die Gesellschaft ohne die Maßnahme in ihrer Existenz bedroht ist.[305] Ausreichend ist jedes berechtigte Interesse der Gesellschaft,[306] z.B. an der Wahrnehmung oder Förderung ihrer Chancen und ihrer Stellung am Markt.[307]

 

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Nicht identisch mit dem Gesellschaftsinteresse sind hingegen die Interessen des Gesamtkonzerns,[308] deren Teil die Gesellschaft ist, von einzelnen Aktionären oder Aktionärsgruppen[309] sowie die Interessen des Vorstands und des Aufsichtsrats an der Stärkung ihrer Position innerhalb der Gesellschaft.[310]

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Ein im Gesellschaftsinteresse liegender Grund zum Ausschluss des Bezugsrechts ist anzunehmen, wenn Arbeitnehmeraktien ausgegeben werden.[311] Ein im Gesellschaftsinteresse liegender sachlicher Grund liegt weiterhin vor, wenn der Bezugsrechtsausschluss zu Sanierungszwecken erfolgt oder ohne den Bezugsrechtsrechtsausschluss der Fortbestand der AG nicht gesichert wäre.[312]

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Nicht im Gesellschaftsinteresse wäre es hingegen, den Bezugsrechtsausschluss zur Verdrängung einzelner, unter Umständen unliebsamer Aktionäre aus der Gesellschaft einzusetzen.[313]

1.7.6.2.3 Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit

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Weitere Voraussetzung für einen sachlichen Grund ist, dass der Bezugsrechtsausschluss geeignet ist, den zur Förderung des Gesellschaftsinteresses angestrebten Zweck zu erreichen.[314] Darüber hinaus muss die Maßnahme erforderlich sein. Erforderlichkeit liegt nicht vor, wenn gleichwertige Alternativen zum Bezugsrechtsausschluss bestehen oder sogar bessere Möglichkeiten zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft existieren.[315] Der Ausschluss muss also das einzige oder jedenfalls das deutlich bessere Mittel zur Erreichung des Gesellschaftsinteresses sein.[316] Dies ist nicht der Fall im Rahmen der normalen Barkapitalerhöhung, bei der es für die Gesellschaft in der Regel unerheblich ist, von wem die neuen Einlagen stammen. Es ist somit nicht erforderlich, das Bezugsrecht der Altaktionäre zugunsten völlig fremder Dritter zu beschränken.[317] Etwas anderes muss hingegen gelten, wenn sich ein strategischer Investor an der Gesellschaft beteiligen möchte. In diesem Fall kann ein Bezugsrechtsausschluss gerechtfertigt sein.

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Der Ausschluss des Bezugsrechts muss auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. angemessen sein. Dabei müssen die Vorteile für die Gesellschaft und die Nachteile für die ausgeschlossenen Aktionäre dergestalt in einem angemessenen Verhältnis stehen, dass die Vorteile für die AG die Nachteile für die einzelnen Aktionäre überwiegen.[318] Je schwerer der Eingriff in die Rechte der Aktionäre zu bewerten ist, umso gewichtiger muss dabei das Interesse der Gesellschaft am Bezugsrechtsausschluss sein.[319] Im Rahmen der Angemessenheit ist zu prüfen, ob die mit dem Bezugsrechtsausschluss einhergehende Ungleichbehandlung nicht durch ergänzende Maßnahmen wieder ausgeglichen werden kann, so etwa, wenn eine Sachkapitalerhöhung mit einer Barkapitalerhöhung verbunden wird und der Sacheinleger vom Bezugsrecht bei der Barkapitalerhöhung ausgeschlossen wird.[320]

1.7.6.3 Vereinfachter Bezugsrechtsausschluss

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Gem. § 186 Abs. 3 S. 4 AktG kann ein Bezugsrechtsausschluss unter erleichterten Voraussetzungen erfolgen. Danach ist ein Ausschluss insbesondere dann zulässig, wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen 10 % des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften v. 2.8.1994[321] zur erleichterten Kapitalbeschaffung für kleine börsennotierte Aktiengesellschaften eingeführt. Das Finanzierungsinteresse der Gesellschaft wird hier automatisch höher eingestuft als das Interesse der einzelnen Aktionäre.[322] Dies ist nach der Gesetzesbegründung deshalb der Fall, weil den Altaktionären durch diese Art des Bezugsrechtsausschlusses weder ein Einflussverlust noch eine wesentliche Verwässerung ihrer Anteile am Gesellschaftskapital drohe.[323]

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Der erleichterte Bezugsrechtsausschluss gilt nur für Barkapitalerhöhungen,[324] wobei die Erhöhung des Grundkapitals nur um bis zu 10 % erfolgen darf. Zu einer wiederholten Erhöhung des Grundkapitals um jeweils 10 % macht das Gesetz keine Angaben. Eine solche dürfte jedoch rechtsmissbräuchlich sein, wenn ein zeitlicher Zusammenhang besteht.[325]

1.7.6.4 Abwicklung bei zulässigem Bezugsrechtsausschluss

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Hat die HV den Bezugsrechtsausschluss wirksam beschlossen, schließt der Vorstand der AG gemäß den von der Versammlung gemachten Vorgaben die Zeichnungsverträge mit den zumeist vorher bereits ausgesuchten Zeichnern (z.B. etwa Inhaber von Wandelschuldverschreibungen oder Arbeitnehmer bei der Ausgabe von Belegschaftsaktien[326]). Macht der Hauptversammlungsbeschluss insoweit keine Angaben, so ist der Vorstand bei der Auswahl der Zeichner grds. frei.[327] Aktionäre sind gegenüber Dritten jedoch vorrangig zu bedienen und untereinander gem. § 53a AktG gleich zu behandeln.[328]

1.8 Zeichnung der Aktien
1.8.1 Grundfragen

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§ 185 AktG regelt die Anforderungen an die schriftliche Erklärung des Zeichners. Das Aktiengesetz bezeichnet diese Erklärung als Zeichnungsschein. Erst wenn die Gesellschaft die Zeichnungserklärung annimmt, kommt der Zeichnungsvertrag zustande, durch den der Zeichner verpflichtet wird, die neuen Aktien zu übernehmen.[329] Als Zeichner der Aktien kommen alle natürlichen und juristischen Personen, OHG und KG, Gesellschaften bürgerlichen Rechts,[330] nicht rechtsfähige Vereine und Erbengemeinschaften[331] in Betracht. Nicht zeichnungsberechtigt sind die AG selbst sowie von ihr abhängige (§ 17 AktG) oder in ihrem Mehrheitsbesitz (§ 16 AktG) stehende Unternehmen (§ 56 Abs. 2 AktG).[332]

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Durch den Zeichnungsvertrag wird der Zeichner zur Erbringung seiner Einlage verpflichtet. Trotz Unterzeichnung des Zeichnungsvertrages steht für den Zeichner jedoch meist noch nicht zweifelsfrei fest, dass er auch Aktien der Gesellschaft erhalten wird. Die Verpflichtung der AG zur Ausgabe der neuen Aktien steht auch nach der Zeichnung immer unter dem Vorbehalt, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss vor seiner Anmeldung und Eintragung in das Handelsregister nicht abgeändert oder aufgehoben wird.[333]

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§ 185 AktG regelt nur die schuldrechtlichen Verpflichtungen, welche dem eigentlichen Erwerb neuer Mitgliedschaftsrechte und der materiellen Änderung des Grundkapitals der AG vorgeschaltet sind. Gem. §§ 182 Abs. 1 S. 4, 185 Abs. 1 S. 1 AktG ist die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen nur durch Zeichnung möglich.[334] Dies gilt jedoch lediglich für den originären Erwerb der Aktien durch den Aktionär von der AG selbst. Bei großen Publikumsgesellschaften erfolgt die Zeichnung der Aktien regelmäßig durch eine Großbank oder ein Emissionskonsortium. Die Aktien werden den Aktionären dann über das mittelbare Bezugsrecht angeboten, sodass die Vorschriften über die Zeichnung der Aktien in § 185 AktG allein für das Emissionsinstitut gelten, nicht aber für den mittelbaren Erwerb der Aktionäre von der Bank.[335]

1.8.2 Zeichnungsvertrag
1.8.2.1 Zeichnungsschein

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Terminologisch ist zwischen der Zeichnung, dem Zeichnungsschein und dem Zeichnungsvertrag zu differenzieren. Die Zeichnung stellt das auf den Erwerb der neuen Aktien gerichtete Angebot zum Abschluss des Zeichnungsvertrages dar, welches vom Vertragspartner, d.h. der AG oder dem Aktionär angenommen werden muss. Gem. § 185 Abs. 1 S. 1 AktG ist der Zeichnungsschein die schriftliche Verkörperung der Zeichnungserklärung.[336] Der Zeichnungsschein dient dabei lediglich als Beweisurkunde und stellt kein Wertpapier dar, welches schon die mitgliedschaftliche Stellung als Aktionär der Gesellschaft ausweisen würde.[337] Nach § 185 Abs. 1 S. 1 AktG muss die Zeichnung schriftlich erfolgen und soll doppelt ausgestellt werden, § 185 Abs. 1 S. 2 AktG.

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Der Inhalt des Zeichnungsscheins wird von § 185 Abs. 1 S. 1 AktG hinsichtlich der individuellen Angaben und von § 185 Abs. 1 S. 3 AktG hinsichtlich der allgemeinen Angaben bestimmt.

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Der Zeichnungsschein muss folgende individuelle Angaben enthalten (§ 185 Abs. 1 S. 1 AktG):


die Person des Zeichners;
die Anzahl und bei Nennbetragsaktien den Nennbetrag der gezeichneten Aktien pro Stück und insgesamt sowie bei mehreren Gattungen die Gattung der gezeichneten Aktien.

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Darüber hinaus muss der Zeichnungsschein gem. § 185 Abs. 1 S. 3 AktG folgende allgemeine Angaben enthalten:


den Tag, an dem die Erhöhung des Grundkapitals beschlossen worden ist;
den Ausgabebetrag der Aktien, den Betrag der festgesetzten Einzahlungen, sowie den Umfang von Nebenverpflichtungen;
die bei einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen vorgesehenen Festsetzungen und, wenn mehrere Gattungen ausgegeben werden, den auf jede Aktiengattung entfallenden Betrag des Grundkapitals;
den Zeitpunkt, zu dem die Zeichnung unverbindlich wird, wenn nicht bis dahin die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals eingetragen ist.

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Zeichnungsscheine, in welchen die vorhergehenden Angaben nicht vollständig sind oder die außer der zeitlichen Beschränkung der Eintragung Beschränkungen der Verpflichtung des Zeichners enthalten, sind nichtig (§ 185 Abs. 2 AktG).

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Zeitlich gesehen ist es zulässig, den Zeichnungsschein schon vor der Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses auszustellen, soweit der Tag der Beschlussfassung feststeht und dieser im Zeichnungsschein genannt werden kann.[338]