Handbuch des Aktienrechts

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1.5.5 Verdeckte Sacheinlage

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Die sogenannte verdeckte Sacheinlage erfasst Sachverhalte, bei denen die Gesellschafter versuchen, die Voraussetzungen der Sachkapitalerhöhung zu umgehen. Zu diesem Zweck wird eine Kapitaleinlage bar eingelegt, um im Anschluss daran die Gesellschaft mit dem eingelegten Kapital vom einlegenden Gesellschafter einen Vermögensgegenstand erwerben zu lassen.[115] Zum Schutz vor solchen Konstellationen wurde von Rechtsprechung und Literatur das Rechtsinstitut der verdeckten (verschleierten) Sacheinlage entwickelt.[116] Die verdeckte Sacheinlage wurde in § 27 Abs. 3 AktG kodifiziert, auf den § 183 Abs. 2 AktG für die Sachkapitalerhöhung verweist. Da der Gesetzgeber mit der Kodifikation das Begriffsverständnis in Literatur und Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage zusammenfassen wollte, kann auf die bisherige Rechtsprechung weitgehend zurückgegriffen werden.[117]

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Ein Verstoß gegen die §§ 183, 27 AktG liegt in den vorgenannten Fällen vor, weil die AG und der Aktionär zur Vermeidung der auf Transparenz ausgerichteten Werthaltigkeitsprüfung die eigentlich vorgesehene Sacheinlage in eine Barkapitalerhöhung mit anschließendem Erwerbsgeschäft oder die Tilgung der Einlageschuld durch Verrechnung einer Forderung des Aktionärs gegen die Gesellschaft aufspalten.[118] Gem. der Legaldefinition des § 27 Abs. 3 S. 1 AktG ist eine verdeckte Sacheinlage gegeben, wenn eine Geldeinlage eines Aktionärs bei wirtschaftlicher Betrachtung und auf Grund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten ist. Ein zeitlicher Zusammenhang von bis zu 6 Monaten zwischen Barkapitalerhöhung und den darauf folgenden Erwerbs- oder Verrechnungsgeschäften indiziert das Bestehen einer Abrede zwischen Gesellschaft und Aktionär.[119] Die Abrede kann jedoch auch zwischen dem Aktionär und seinen Mitgesellschaftern getroffen werden.[120] Eine Umgehungsabsicht muss dagegen nicht bestehen.[121] Dem ist aus Verkehrsschutzgesichtspunkten zuzustimmen, denn subjektive Tatbestände lassen sich erfahrungsgemäß nur schwer und unter Umständen gar nicht nachweisen.

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Typische Beispiele für verdeckte Sacheinlagen sind die Verbindung von Bareinlagen mit einem Erwerbsgeschäft, wobei die Einlage durch die Verrechnung der Gegenforderung des Aktionärs erbracht wird.[122] Ebenso ist der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage erfüllt, wenn vor der Kapitalerhöhung bestehende Geldforderungen des Einlegers aus den Einlagen erfüllt werden.[123] Zwar werden durch die Bareinlage und die Tilgungszahlung getrennte Zahlungen ausgelöst, wirtschaftlich werden jedoch lediglich ausstehende Forderungen in eine Aktienbeteiligung umgewandelt.[124]

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Die verdeckte Sacheinlage stellt ein Eintragungshindernis für die Kapitalerhöhung dar.[125] Die weiteren Rechtsfolgen einer verdeckten Sacheinlage wurden durch §§ 183 Abs. 2, 27 Abs. 3 AktG neu geregelt. Gem. §§ 183, 27 Abs. 3 S. 1 AktG bleibt die Einlagepflicht des Aktionärs bestehen. Anders als nach früherer Rechtslage sind die Verträge über die Sacheinlage und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung jedoch nicht unwirksam, §§ 183 Abs. 2, 27 Abs. 3 S. 2 AktG. Der Wert der Sacheinlage wird auf die Geldeinlagepflicht nach §§ 183, 27 Abs. 3 S. 3 AktG angerechnet, sodass letztendlich eine Haftung des Aktionärs für die Differenz zwischen dem Wert der verdeckten Sacheinlage und der Höhe der Einlageverpflichtung besteht.[126] Im Rahmen der Kapitalerhöhung ist § 27 Abs. 3 S. 4 AktG so zu verstehen, dass die Anrechnung nicht vor Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister erfolgt.[127] Die Beweislast für die Werthaltigkeit der verdeckten Sacheinlage trägt gem. §§ 183, 27 Abs. 3 S. 5 AktG der Aktionär. Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder können sich bei entsprechendem Vorsatz nach § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG wegen der Abgabe falscher Angaben strafbar machen.[128] Gem. § 134 Abs. 2 S. 2 AktG steht es – außer wenn der Wertunterschied offensichtlich ist – dem Beginn des Stimmrechts nicht entgegen, wenn der Wert einer verdeckten Sacheinlage nicht den geringsten Ausgabebetrag und den Betrag eines etwaig vereinbarten Agios erreicht.

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Neben § 27 Abs. 3 AktG wurde auch § 27 Abs. 4 AktG neu gefasst, auf den § 183 Abs. 2 AktG ebenfalls verweist. Diese Vorschrift erfasst Konstellationen, in denen zwar eine bare Einlageleistung erfolgt, die aber absprachegemäß als Darlehen wieder an den Aktionär zurückgezahlt wird (Hin- und Herzahlen).[129] Es ist dabei unerheblich, ob zuerst die Zahlung des Aktionärs an die Gesellschaft oder die Darlehenszahlung der Gesellschaft an den Aktionär erfolgt.[130] Entspricht die absprachegemäße Leistung an den Aktionär wirtschaftlich einer Rückzahlung der Leistung (oder wird eine solche Leistung vereinbart) und ist die Leistung nicht als verdeckte Sacheinlage zu werten, wird der Aktionär nur dann von seiner Einlageverpflichtung frei, wenn die Leistung an ihn durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch der Gesellschaft gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. Weiterhin tritt nach h.M. die Erfüllungswirkung nur ein, wenn der Hin- und Herzahlungsvorgang gem. §§ 183 Abs. 2, 27 Abs. 4 S. 2 AktG bei der Anmeldung offengelegt wird.[131] Die in §§ 183 Abs. 2, 27 Abs. 4 AktG enthaltene Regelung privilegiert den Inferenten gegenüber der vom BGH vor Schaffung des § 27 Abs. 4 AktG verfolgten Lösung, da bereits die ursprüngliche Leistung an die Gesellschaft die Einlagepflicht erfüllt, wenn die von § 27 Abs. 4 AktG aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind.[132]

1.5.6 „Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren“

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Der verdeckten Sacheinlage nicht unähnlich, rechtlich aber weniger bedenklich ist das sogenannte „Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren“, bei dem an den Aktionär zunächst Gewinne der AG ausgezahlt werden, welche gleich wieder an die Gesellschaft zum Zwecke der Kapitalerhöhung zurückfließen (d.h. „zurückgeholt werden“).[133] Wie bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln werden daher Gewinnpositionen der Gesellschaft gewissermaßen in Eigenkapital umgewandelt. Dies stellt jedoch keine verdeckte Sacheinlage dar, die die Einhaltung der Regeln über die Sachkapitalerhöhung erforderlich machen würde. Insbesondere besteht somit auch nicht die Pflicht des Aktionärs, nach der Durchführung des Schütt-aus-hol-zurück-Verfahrens den Ausgabebetrag der Aktien nochmals in bar einzuzahlen. Die im Interesse des Gläubiger-, Anleger- und Publikumsschutzes erforderliche Transparenz wird beim Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren durch die entsprechende Anwendung des § 210 Abs. 1 S. 1 AktG erreicht, welcher die Beifügung der geprüften Bilanz der Gesellschaft bei der Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses zum Registergericht verlangt.[134] Zudem muss eine Erklärung analog § 210 Abs. 1 S. 1 AktG abgegeben werden.[135] Ferner ist in analoger Anwendung von § 210 Abs. 4 AktG im Kapitalerhöhungsbeschluss offenzulegen, dass die Kapitalmaßnahme nach dem Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren durchgeführt wird.[136]

1.5.7 Sacheinlagevereinbarungen
1.5.7.1 Allgemeines

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Neben dem Kapitalerhöhungsbeschluss, welcher von der HV der AG zu fassen ist, bedarf es zur Durchführung der Sachkapitalerhöhung einer schuldrechtlichen Vereinbarung[137] zwischen der Gesellschaft und dem Einleger, da der Kapitalerhöhungsbeschluss selbst den Einleger noch nicht zur Leistung der Sacheinlage verpflichtet.[138] Der schuldrechtliche Einbringungsvertrag kann mit dem Zeichnungsvertrag verbunden werden.[139] Der Einbringungsvertrag muss entsprechend § 185 Abs. 1 S. 1 AktG schriftlich abgeschlossen werden[140] und muss mindestens die in § 183 Abs. 1 S. 1 AktG für den Kapitalerhöhungsbeschluss notwendigen Angaben enthalten, da er die Grundlage für den Kapitalerhöhungsbeschluss darstellt. Er sollte daher möglichst vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss mit dem Einleger abgeschlossen werden, was typischerweise auch der Fall ist. Zwingend ist dies jedoch nicht. Der Einbringungsvertrag kann auch nach dem Zustandekommen des Kapitalerhöhungsbeschlusses geschlossen werden.[141] Damit wird die Möglichkeit geschaffen, eine Kapitalerhöhung zu beschließen, bevor der oder die Einleger überhaupt feststehen. Praktisch ist dies nicht empfehlenswert, da der Beschluss gefasst wird, bevor der Einlagegegenstand und dessen Wert der HV bekannt waren. Wird der Einbringungsvertrag vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss geschlossen, so steht er gem. § 158 BGB unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine Kapitalerhöhung mit Sacheinlage beschlossen wird.[142] Zur Erfüllung des Einbringungsvertrages und seiner schuldrechtlichen Einbringungsverpflichtungen sind dann die Verfügungsgeschäfte je nach Einbringung zu tätigen.

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Die gesellschaftsrechtliche Pflicht zur Zeichnung der neuen Aktien folgt für die Einleger erst aus dem Zeichnungsschein, den sie unterzeichnen müssen (§ 185 AktG). Gem. § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 AktG muss der Zeichnungsschein die Angaben über die Sacheinlage enthalten. Die gesellschaftsrechtliche Pflicht zur Leistung der Sacheinlage, welche aus dem Zeichnungsschein folgt, ist getrennt von der schuldrechtlichen Verpflichtung zur Einbringung der betreffenden Sacheinlage zu sehen, welche aus dem Einbringungsvertrag folgt.

1.5.7.2 Haftung des Einlegers bei unwirksamer Sacheinlagevereinbarung

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Sacheinlageverpflichtungen können aus mehreren Gründen unwirksam sein. Zunächst kommt eine Unwirksamkeit der Sacheinlageverpflichtung in Betracht, weil die gem. § 183 Abs. 1 AktG erforderlichen Festsetzungen fehlen.[143] Resultiert die Unwirksamkeit der Sacheinlageverpflichtung aus einem Verstoß gegen § 183 Abs. 1 AktG, ist der Einleger verpflichtet, anstelle der Sacheinlage eine Bareinlage in Höhe des Ausgabebetrags inklusive eines eventuellen Aufgeldes zu leisten, wenn die Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister eingetragen wurde.[144] Denn die Gültigkeit der Kapitalerhöhung wird durch die Unwirksamkeit der Sacheinlageverpflichtung im Falle der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung nicht berührt.

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Darüber hinaus können Sacheinlageverpflichtungen wegen eines Verstoßes gegen §§ 134, 138 BGB unwirksam sein. Auch in diesen Fällen ist der Sacheinleger zur Bareinlage in Höhe des Ausgabebetrags verpflichtet.[145] Gleiches gilt, wenn die Sacheinlageverpflichtung wegen Formmangels gem. § 125 BGB unwirksam ist,[146] wobei in diesen Fällen eine Heilung des Formmangels, insbesondere gem. § 311b Abs. 1 S. 2 BGB, in Betracht kommt. Insgesamt lässt sich daher feststellen, dass die Bareinlageverpflichtung bei jeder Unwirksamkeit der Sacheinlageverpflichtung wieder auflebt, da die Kapitalerhöhung durch Sacheinlage nur eine Abweichung vom generellen Grundsatz der Barleistungsverpflichtung darstellt.[147] Voraussetzung für eine Bareinlageverpflichtung ist jedoch stets, dass die Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister eingetragen wurde und damit wirksam geworden ist (§§ 188, 189 AktG).[148]

1.6 Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses

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Gem. § 184 Abs. 1 AktG haben der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats den Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. In der Anmeldung ist anzugeben, welche Einlagen auf das bisherige Grundkapital noch nicht geleistet wurden und warum sie nicht erlangt werden können (§ 184 Abs. 1 S. 2 AktG). Bei einer vereinfachten Sachkapitalerhöhung müssen die Anmelder die ergänzende Versicherung nach § 184 Abs. 1 S. 3 AktG leisten. Im Falle einer Sachkapitalerhöhung sind der Anmeldung gem. § 184 Abs. 2 AktG der Bericht über die Prüfung von Sacheinlagen beizufügen. Bei eine vereinfachten Sachkapitalerhöhung treten an die Stelle des Prüfberichts die Anlagen nach § 37a Abs. 3 AktG.

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Die Bedeutung der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses in das Handelsregister liegt darin, dass der Beschluss erst mit der Eintragung in das Register Bindungswirkung erlangt. Kann der Kapitalerhöhungsbeschluss vor Eintragung in das Handelsregister noch mit einfacher Mehrheit der HV aufgehoben werden, ist dies ab dem Zeitpunkt der Eintragung nicht mehr möglich.[149]

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Verpflichtet zur Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses ist der Vorstand zusammen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden. Der Vorstand muss bei der Anmeldung in vertretungsberechtigter Zahl handeln.[150] Eine Anmeldung durch Bevollmächtigte (§ 12 Abs. 1 S. 2 HGB) ist nicht zulässig, da in der Anmeldung die Angaben zu den rückständigen Einlagen zu machen und die Mitglieder des Vorstands bzw. der Aufsichtsrat für die Richtigkeit der Angaben gem. § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG strafrechtlich verantwortlich sind.

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Der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats sind nicht nur berechtigt, den Kapitalerhöhungsbeschluss anzumelden, gegenüber der AG sind sie dazu auch verpflichtet. Widersetzen sie sich – gleich aus welchem Grund – dem Willen der HV, so können sie sich gegenüber der AG schadensersatzpflichtig machen.[151] Der Aufsichtsrat kann den Vorstand und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats auf Durchführung der Anmeldung verklagen.[152] Die HV kann die Anmeldung jedoch auch für einen bestimmten Zeitpunkt anordnen,[153] z.B. für den Zeitpunkt der Zusage der Zeichnung von Aktien durch einen Großinvestor. Die Anmeldung hat danach entsprechend dieser Anordnung zu erfolgen.[154]

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Der Kapitalerhöhungsbeschluss kann frühestens nach Eintritt seiner Wirksamkeit angemeldet werden, so etwa, wenn auch erforderliche Sonderbeschlüsse gefasst worden sind.[155] Er muss spätestens zusammen mit der Durchführung der Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden.[156] In der Zwischenzeit steht der genaue Zeitpunkt der Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands und des Vorsitzenden des Aufsichtsrats, falls der Kapitalerhöhungsbeschluss keine bindende zeitliche Vorgabe zur Anmeldung enthält.[157]

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Das Registergericht prüft – wie bei allen satzungsändernden Beschlüssen – vor der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses, ob die gesetzlichen und satzungsmäßigen Voraussetzungen für den Kapitalerhöhungsbeschluss in förmlicher und sachlicher Hinsicht vorliegen. Stehen der Eintragung rechtliche Hindernisse entgegen, so ist sie grds. abzulehnen.[158] Das Gericht kann sich bei der Plausibilitäts-Prüfung der eingereichten Unterlagen auf deren Richtigkeit verlassen, wenn diese vollständig und widerspruchsfrei sind. Es entscheidet auch über die Frage, ob rückständige Einlagen lediglich in unerheblichem Maße gegeben sind.[159] Bei begründeten Zweifeln hat das Gericht gem. § 26 FamFG von Amts wegen zu ermitteln und ggf. Beweis zu erheben.[160]

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Bei Sacheinlagen hat das Registergericht gem. § 184 Abs. 3 S. 1 AktG zu prüfen, ob der Wert der Sacheinlage nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt. Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift hat das Gericht hier kein Ermessen. Bleibt der Wert der Sacheinlage nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurück, so muss das Registergericht die Eintragung ablehnen.[161] Bei einer vereinfachten Sachkapitalerhöhung gem. § 183a Abs. 1 AktG ordnet § 184 Abs. 3 S. 2 AktG die entsprechende Geltung des § 38 Abs. 3 AktG an. Das Registergericht hat daher bezüglich der Werthaltigkeit der Sacheinlage ausschließlich zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 37a AktG erfüllt sind. Lediglich bei einer offenkundigen und erheblichen Überbewertung kann das Gericht die Eintragung ablehnen. Trotz des Wortlauts des § 38 Abs. 3 S. 2 AktG hat das Registergericht auch bei dieser Entscheidung kein Ermessen.[162]

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Das Registergericht darf den Kapitalerhöhungsbeschluss nicht in das Handelsregister eintragen, wenn der Beschluss nichtig ist oder für nichtig erklärt wurde oder mangels notwendiger Sonderbeschlüsse noch schwebend unwirksam ist.[163] Der Kapitalerhöhungsbeschluss darf weiterhin bei bloßer Anfechtbarkeit nicht eingetragen werden, wenn Vorschriften verletzt sind, deren Einhaltung im Interesse Dritter liegt. Dies ist nach h.M. dann nicht der Fall, wenn lediglich die Rechte der gegenwärtigen Aktionäre verletzt sind.[164] Dieser Ausnahme ist zuzustimmen,[165] da die Interessen einzelner Aktionäre in diesem Fall gegenüber den Interessen der AG, welche u.U. dringend auf die Zuführung frischen Kapitals angewiesen ist, zurückzustehen haben.

1.7 Bezugsrecht
1.7.1 Allgemeines

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Gem. § 186 Abs. 1 AktG muss jedem Aktionär auf sein Verlangen ein seinem Anteil an dem bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der neuen Aktien zugeteilt werden (Bezugsrecht). Die Vorschrift garantiert dem jeweiligen Aktionär ein subjektives Recht auf die Teilnahme an der Kapitalerhöhung seiner AG durch den Bezug neuer Aktien und stellt damit eines der wichtigsten Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs dar.[166] Das Bezugsrecht sichert dem Aktionär das Recht, sein bisher vorhandenes Stimmrecht in der Gesellschaft auch im Falle einer Kapitalerhöhung beizubehalten.[167] Der Aktionär ist aufgrund des Bezugsrechts somit berechtigt, den prozentualen Anteil seiner Beteiligung am gesamten Aktienkapital der AG trotz der Erhöhung des Gesellschaftskapitals beizubehalten, und kann durch die Zeichnung auf der Grundlage des Bezugsrechts ein infolge der Kapitalerhöhung drohendes Absinken seines Aktienwerts ausgleichen (sogenannter Verwässerungsschutz).[168] Seine mitgliedschaftliche Stellung innerhalb der Gesellschaft bleibt unverändert, wenn er sein Bezugsrecht ausübt. Darüber hinaus ist der Aktionär berechtigt, sein Bezugsrecht an einen Dritten zu veräußern.[169] Dies führt zwar sowohl zu einer Verwässerung des Wertes seiner bisherigen Aktien als auch, aufgrund des geringeren Aktienanteils, zu einem Einflussverlust bei Abstimmungen. Für diese Nachteile wird der Aktionär jedoch regelmäßig eine adäquate finanzielle Entschädigung durch den Verkauf des Bezugsrechts erhalten. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften wird das Bezugsrecht in der Regel auch gehandelt.[170]

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Da das Bezugsrecht zu den mitgliedschaftlichen Kernrechten des Aktionärs gehört, kann es nur mit einer qualifizierten Mehrheit ausgeschlossen werden. Formale Aspekte des Bezugsrechtsausschlusses sind in § 186 Abs. 3 und 4 AktG geregelt. Des Weiteren sind aber auch inhaltlich strengere Anforderungen an den Bezugsrechtsausschluss zu stellen, die von der Rechtsprechung in teilweise umstrittenem Umfang entwickelt und weiterentwickelt wurden und nach denen es stets einen sachlichen Grund für den Bezugsrechtsausschluss geben muss.[171] Die strenge gerichtliche Kontrolle hat dazu geführt, dass sich Aktiengesellschaften zunehmend anstelle der Durchführung einer regulären Kapitalerhöhung für die Schaffung genehmigten Kapitals gem. §§ 202 ff. AktG entschieden haben.[172] Dies hat auch den Vorteil, dass die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss gem. § 203 Abs. 2 S. 1 AktG auf den Vorstand delegiert werden kann.[173] Die Rechtsprechung hat daraufhin den Maßstab bei der Überprüfung des sachlichen Grundes für den Bezugsrechtsrechtsausschluss etwas abgesenkt.[174]

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Bezüglich der Entstehung ist zwischen dem Bezugsrecht als mitgliedschaftlichem Kernrecht und dem konkreten Bezugsanspruch, welcher aus dem Bezugsrecht erwächst, zu unterscheiden. Der Bezugsanspruch entsteht – wenn das Bezugsrecht nicht ausgeschlossen wurde – nur durch einen wirksamen Kapitalerhöhungsbeschluss. Dabei ist seine Entstehung nicht von der Eintragung des Beschlusses im Handelsregister abhängig.[175] Er entsteht vielmehr schon mit Wirksamwerden des Kapitalerhöhungsbeschlusses, mithin mit der Beschlussfassung der HV.[176] Zu diesem Zeitpunkt ist allerdings noch nicht sicher, ob die Erhöhung auch tatsächlich durchgeführt wird, sodass der Bezugsanspruch mit dem Vorbehalt der tatsächlichen der Durchführung der Kapitalerhöhung entsteht.[177]

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Beim Abschluss eines Zeichnungsvertrags erlischt das Bezugsrecht durch Erfüllung gem. § 362 BGB. Weitere Erlöschensgründe sind der Verfall des Bezugsrechts nach Ablauf der Bezugsfrist oder ein Verzichtsvertrag zwischen dem Bezugsberechtigten und der AG.