Handbuch des Aktienrechts

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1.4.2 Mehrheitserfordernisse

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Hinsichtlich der für den Kapitalerhöhungsbeschluss notwendigen Mehrheit bei der Abstimmung der HV bestimmt § 182 Abs. 1 S. 1 AktG, dass eine Erhöhung des Grundkapitals gegen Einlagen nur mit einer Mehrheit beschlossen werden kann, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (Kapitalmehrheit) umfasst. Darüber hinaus ist gem. § 133 AktG wie bei jedem Beschluss der HV die einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Nicht in die Berechnung der Mehrheiten mit einzubeziehen sind stimmrechtslose Vorzugsaktien.[45] Ebenso unberücksichtigt bleiben Stimmenthaltungen.[46] Die in § 182 Abs. 1 S. 1 AktG enthaltene Regelung ist nachgiebiges Recht,[47] d.h. die Satzung kann die erforderlichen Kapitalmehrheiten erhöhen oder aber auch gem. § 182 Abs. 1 S. 2 AktG bis zur einfachen Mehrheit des vertretenen Grundkapitals herabsetzen. Umstritten ist in diesem Fall, ob die Bestimmung in der Satzung allgemein gehalten sein kann[48] oder ausdrücklich auch auf Kapitalmaßnahmen Bezug nehmen muss.[49] Die Instanzrechtsprechung stellte eher geringe Anforderungen an eine entsprechende – nicht bloß allgemein gehaltene – Satzungsregelung und hielt den Meinungsstreit infolgedessen für nicht entscheidungserheblich.[50] Um Unsicherheiten zu vermeiden, sollte die Satzungsbestimmung über Beschlussmehrheiten jedoch einen kurzen Verweis auf Kapitalmaßnahmen enthalten.

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Die Beschlussfassung kann in der Satzung nach § 182 Abs. 1 S. 3 AktG auch an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft werden, wie etwa eine Mindestpräsenz[51] oder die Zustimmung einzelner oder aller Aktionäre.[52] Unzulässig ist, die Beschlussfassung von der Zustimmung von Vorstand oder Aufsichtsrat[53] oder von dritten, außerhalb der AG stehenden Personen abhängig zu machen.[54] Dergleichen gilt für weitere Voraussetzungen in der Satzung, welche eine Kapitalerhöhung de facto unmöglich machen würden.[55]

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Für die Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht kann die Satzung gem. § 182 Abs. 1 S. 2 a.E. AktG nur eine größere Kapitalmehrheit als drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals bestimmen.

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Für die Mehrheitserfordernisse bei ordentlichen Kapitalerhöhungen in Unternehmen des Finanzsektors enthält § 7 Abs. 2 FMStBG eine Sonderregelung, die Bestandteil der gesetzgeberischen Maßnahmen zur Bewältigung der Finanzmarktkrise war. Danach bedarf der Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals gegen Einlagen im Zusammenhang mit einer Rekapitalisierung nach § 7 des FMStFG – abweichend von § 182 Abs. 1 S. 1 AktG – lediglich der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 7 Abs. 1 S. 1 FMStBG). Abweichende Satzungsbestimmungen sind unbeachtlich (§ 7 Abs. 1 S. 2 FMStBG).

1.4.3 Sonderbeschlüsse

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§ 182 Abs. 2 AktG bestimmt, dass bei mehreren vorhandenen Gattungen (zum Gattungsbegriff vgl. § 11 AktG) von stimmberechtigten Aktien der Beschluss der HV zur Erhöhung des Grundkapitals zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Aktionäre jeder Gattung bedarf. Über die Zustimmung haben die Aktionäre jeder Gattung einen Sonderbeschluss nach den Bestimmungen des § 182 Abs. 1 AktG zu fassen (vgl. § 182 Abs. 2 AktG). Dies gilt selbst für den Fall, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss einstimmig gefasst wurde.[56] Die Benachteiligung einer der Aktiengattungen ist keine Voraussetzung für einen Sonderbeschluss nach § 182 Abs. 2 AktG.[57]

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Nach § 182 Abs. 2 S. 1 AktG, der von „mehreren Gattungen von stimmberechtigten Aktien“ spricht, ist nunmehr klargestellt, dass bei der Ausgabe von stimmrechtslosen Vorzugsaktien ein Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre nicht erforderlich ist, es sei denn, das Stimmrecht lebt zum Zeitpunkt der HV auf (vgl. § 140 Abs. 2 AktG).[58] Nach einer anderen Auffassung ist ein Sonderbeschluss auch bei Aufleben des Stimmrechts nicht erforderlich, da es sich bei den nunmehr stimmberechtigten Vorzugsaktien um keine eigene Gattung stimmberechtigter Aktien handele.[59] Diese äußerst formale Betrachtungsweise verkennt jedoch, dass sich in diesem Fall die Ausgangslage ändert. Durch das Aufleben des Stimmrechts wird aus der stimmrechtslosen eine stimmberechtigte Beteiligung, die neben die Stammaktien tritt, sodass der Anwendungsbereich des § 182 Abs. 2 AktG eröffnet ist. Angesichts dieser umstrittenen Rechtsfrage bietet sich in der Praxis jedoch jedenfalls zur Verringerung etwaiger Folgerisiken die Einholung der entsprechenden Sonderbeschlüsse an.[60]

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Das Verfahren für die Fassung von Sonderbeschlüssen ist in § 138 AktG geregelt. Danach können Sonderbeschlüsse der Aktionäre verschiedener Aktiengattungen in derselben HV wie der Kapitalerhöhungsbeschluss, in einer gesonderten Abstimmung oder in einer gesonderten Versammlung gefasst werden (§ 138 S. 1 AktG). Findet die Abstimmung in derselben HV statt, so muss die gesonderte Abstimmung als Tagesordnungspunkt ordnungsgemäß bekannt gemacht werden (§ 124 AktG). Gem. § 138 S. 2 AktG gelten für die Einberufung der gesonderten Versammlung und die Teilnahme an ihr sowie für das Auskunftsrecht die Bestimmungen über die HV und für die Sonderbeschlüsse die Bestimmungen über Hauptversammlungsbeschlüsse sinngemäß. Verlangen Aktionäre, die an der Abstimmung über den Sonderbeschluss teilnehmen können, die Einberufung einer gesonderten Versammlung oder die Bekanntmachung eines Gegenstands zur gesonderten Abstimmung, so genügt es, wenn ihre Anteile, mit denen sie an der Abstimmung über den Sonderbeschluss teilnehmen können, zusammen den zehnten Teil der Anteile erreichen, aus denen bei der Abstimmung über den Sonderbeschluss das Stimmrecht ausgeübt werden kann (§ 138 S. 3 AktG).

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Der Sonderbeschluss ist nicht Bestandteil des Kapitalerhöhungsbeschlusses, sondern vielmehr ein zusätzliches Wirksamkeitserfordernis.[61] Ist ein eigentlich erforderlicher Sonderbeschluss nicht ergangen, so ist der Kapitalerhöhungsbeschluss schwebend unwirksam; er ist nach allgemeiner Ansicht weder nichtig noch anfechtbar.[62] Verweigern die Aktionäre einer Aktiengattung in ihrem Sonderbeschluss die Zustimmung zur Kapitalerhöhung, so wird der Kapitalerhöhungsbeschluss unwirksam.[63]

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Bis zur Fassung der notwendigen Sonderbeschlüsse darf das Registergericht den Beschluss über die Kapitalerhöhung nicht in das Handelsregister eintragen.[64] Das Gericht wird jedoch in der Regel vor der ablehnenden Entscheidung im Wege der Zwischenverfügung auf dieses Eintragungshindernis hinweisen, um den Aktionären die Nachholung des Sonderbeschlusses zu ermöglichen.[65] Auch in dem Fall der Eintragung trotz Fehlens der Sonderbeschlüsse können diese noch nachgeholt werden.[66] Der Mangel des fehlenden Sonderbeschlusses wird aber auch ohne diese Nachholung analog § 242 Abs. 2 AktG nach Ablauf von drei Jahren geheilt.[67] Ist der Sonderbeschluss fehlerhaft, so finden nach § 138 S. 2 AktG die §§ 241 ff. AktG entsprechende Anwendung, d.h. gegen den Beschluss kann eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erhoben werden.

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Bei der Beschlussfassung über die Ausgabe von Vorzugsaktien ist hinsichtlich der Erforderlichkeit von Sonderbeschlüssen zu differenzieren (§ 141 Abs. 2 AktG). Ist das gesetzliche Bezugsrecht nicht ausgeschlossen und sind bei der Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses bereits stimmrechtslose Vorzugsaktien vorhanden, so ist ein Sonderbeschluss zu fassen, wenn die neuen Aktien den bereits existierenden Vorzugsaktien bei der Verteilung des Gewinns oder des Liquidationserlöses gleichstehen oder sogar vorgehen sollen. Kein Sonderbeschluss ist dagegen erforderlich, wenn die Ausgabe weiterer Vorzugsaktien bereits in der Satzung festgelegt worden war[68] und das Bezugsrecht der Aktionäre nicht ausgeschlossen wird (vgl. § 141 Abs. 2 S. 2 AktG). Dies ist in der Praxis regelmäßig der Fall.[69]

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Ein Sonderbeschluss soll nach vereinzelt vertretener Auffassung weiterhin erforderlich sein, wenn stimmrechtslose Vorzugsaktien unter Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts ausgegeben werden, da dies zu einer nachteiligen Veränderung der Rechte der Altaktionäre führe.[70] Dem ist nicht zu folgen. Für das zusätzliche Erfordernis des Sonderbeschlusses gibt es insoweit weder eine rechtliche Grundlage noch eine Notwendigkeit. Der Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts wird bereits an den Anforderungen für den Bezugsrechtssauschluss gemessen.[71] Insofern findet eine ausreichende Prüfung der schutzwürdigen Interessen der Altaktionäre bereits statt.

1.4.4 Beschlussmängel

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Beschlussmängel bei Kapitalerhöhungsbeschlüssen der HV sind nach den allgemeinen Vorschriften über Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen zu beurteilen, §§ 241 ff. AktG.

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Ein Kapitalerhöhungsbeschluss ist insbesondere dann anfechtbar, wenn bei Ausschluss des Bezugsrechts der Ausgabebetrag der Aktien unangemessen niedrig ist (§ 255 Abs. 2 AktG). Weiterhin ist ein Kapitalerhöhungsbeschluss gem. § 255 Abs. 1 AktG nach § 243 AktG anfechtbar. Ein Anfechtungsgrund liegt vor, wenn der Bezugsrechtsausschluss unabhängig von § 255 Abs. 2 AktG zu beanstanden ist. Dies ist der Fall, wenn den Aktionären das Bezugsrecht, ohne dass aus dem Gesellschaftsinteresse folgende sachliche Gründe vorliegen, genommen wird, dies mithin weder erforderlich noch verhältnismäßig erscheint.[72] In diesem Fall muss sich die Anfechtung gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss richten, weil der Bezugsrechtsausschluss einen Bestandteil desselben bildet. Eine isolierte Anfechtung des Bezugsrechtsausschlusses ist nicht möglich.[73]

 

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Weitere Beispiele: Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Ausgabe neuer Aktien (§ 182 Abs. 1 S. 4 AktG) führt zur Anfechtbarkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses.[74] Analog § 255 Abs. 2 AktG ist ein Kapitalerhöhungsbeschluss, der sich auf eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen verbunden mit einem Bezugsrechtsausschluss bezieht, anfechtbar, wenn der Wert der Sacheinlage im Verhältnis zum Wert der dafür auszugebenden neuen Aktien unangemessen niedrig ist.[75]

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Bei schwerwiegenderen, nicht nur geringfügigen Gesetzesverstößen ist der Kapitalerhöhungsbeschluss nicht nur anfechtbar, sondern nichtig. Nichtigkeit ist u.a. gegeben, wenn der Vorstand bei der Festsetzung des Kapitalerhöhungsbetrages einen erheblich zu weiten Spielraum erhält oder die Frist für die Durchführung der Kapitalerhöhung wesentlich zu lang festgesetzt und deshalb die Grenze zum genehmigten Kapital überschritten wird.[76] Hierbei sollten jedoch Verstöße geringerer Qualität – jedenfalls im Falle zu langer Durchführungsfristen – nur eine Anfechtbarkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses zur Folge haben.[77] Auch ein auf eine Unterpari-Emission gerichteter Kapitalerhöhungsbeschluss ist nichtig.[78]

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Ein Verstoß gegen das Gebot, bei ausstehender Einlage keine Kapitalerhöhung durchzuführen (§ 182 Abs. 4 S. 1), führt weder zur Nichtigkeit noch zur Anfechtbarkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses, da lediglich eine Ordnungsvorschrift verletzt ist.[79]

1.5 Sacheinlagen

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Bei der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage wird die für die Kapitalerhöhung maßgebliche Vorschrift des § 182 AktG durch § 183 AktG ergänzt. Nach Auffassung der Rechtsprechung[80] und auch heute wohl noch überwiegender Ansicht in der Literatur[81] sind auf die Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen in den ersten zwei Jahren seit der Eintragung der AG in das Handelsregister weiterhin die Vorschriften über die Nachgründung gem. § 52 AktG analog anzuwenden. In diesem Zusammenhang ist die 10-%-Grenze analog § 67 S. 3 UmwG nicht auf das bisherige, sondern auf das erhöhte Grundkapital anzuwenden.[82] Die Nachgründungsprüfung ist hierbei darauf beschränkt, die Erreichung des Nennbetrags der ausgegebenen Aktien zu verifizieren. Eine darüber hinausgehende volle Angemessenheitsprüfung erfolgt nicht.[83]

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Unklar ist nach wie vor, wann die Zwei-Jahres-Frist des § 52 Abs. 1 AktG bei der Verwendung einer Mantel-AG zu laufen beginnt. Nach vorzugswürdiger Ansicht soll dies mit der wirtschaftlichen Aktivierung, d.h. der Tätigkeitsaufnahme durch die Mantel-AG der Fall sein.[84]

1.5.1 Begriff und Gegenstand der Sacheinlage

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Bei der Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen gem. § 183 AktG wird statt der Einlage des Ausgabebetrags der Aktien durch Bareinzahlung ein anderer Vermögensgegenstand auf die AG übertragen (§ 27 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. AktG). Sacheinlagefähig ist jeder Gegenstand, dessen wirtschaftlicher Wert feststellbar ist (§§ 183 Abs. 1 S. 1, 27 Abs. 2, 1. Hs. AktG). Ausgenommen sind jedoch Verpflichtungen zu Dienstleistungen (§ 183 Abs. 1 S. 1, § 27 Abs. 2, 2. Hs. AktG) und eigene Aktien.[85] Zu den sacheinlagefähigen Vermögensgegenständen gehören Sachen und Sachgesamtheiten, Unternehmen, Forderungen und Mitgliedschaften sowie nach überwiegender Ansicht auch obligatorische Nutzungsrechte.[86] Ebenso sacheinlagefähig sind ausgeschüttete Gewinne im Wege des sogenannten „Schütt-aus-hol-zurück“-Verfahrens.[87]

1.5.2 Kapitalerhöhungsbeschluss

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Die Voraussetzungen für den Inhalt des Kapitalerhöhungsbeschlusses im Rahmen der Sacheinlage sind in § 183 Abs. 1 AktG enthalten. Danach müssen bei der Erbringung einer Sacheinlage (vgl. § 27 Abs. 1 und 2 AktG) ihr Gegenstand, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien im Kapitalerhöhungsbeschluss festgesetzt werden. Der Beschluss darf gem. § 183 Abs. 1 S. 2 AktG weiterhin nur gefasst werden, wenn die Einbringung von Sacheinlagen und die vorgenannten Festsetzungen ausdrücklich und ordnungsgemäß nach § 121 Abs. 3 AktG bekannt gemacht worden sind.

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Enthält der Kapitalerhöhungsbeschluss nicht die gem. § 183 Abs. 1 AktG erforderlichen Angaben, besteht für das Registergericht ein Eintragungshindernis und der Beschluss ist anfechtbar.[88]Eintragungshindernis und Anfechtungsgrund entfallen jedoch, wenn die Kapitalerhöhung infolge der Anmeldung ihrer Durchführung gem. §§ 188, 189 AktG wirksam geworden ist.[89] Anders als nach alter Rechtslage sind die Einbringungsverträge und die dinglichen Vollzugsakte in analoger Anwendung des § 183 Abs. 2 AktG, der nun unter anderem auf § 27 Abs. 3 AktG verweist, nicht unwirksam.[90] Die Sacheinlagepflicht des Inferenten wandelt sich jedoch in eine Bareinlagepflicht, wobei der Wert der geleisteten Sacheinlage gem. § 183 Abs. 2 AktG analog i.V.m. § 27 Abs. 3 S. 3 AktG anzurechnen ist.[91]

48

Der Ausgabebetrag kann, muss aber von der HV nicht zwingend in dem Hauptversammlungsbeschluss festgesetzt werden.[92] Erfolgt keine Festsetzung in dem Beschluss, so werden die neuen Aktien zum geringsten Ausgabebetrag ausgegeben.[93] Sollen die Aktien zu einem höheren als dem geringsten Ausgabebetrag ausgegeben werden, so muss dies im Hauptversammlungsbeschluss festgelegt werden.[94] Dieser kann jedoch die Festlegung des höheren Ausgabebetrages auch auf den Vorstand und den Aufsichtsrat der AG übertragen.[95]

1.5.3 Prüfung der Sacheinlage

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§ 183 Abs. 3 S. 1 AktG bestimmt, dass bei der Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen eine Prüfung durch einen oder mehrere Prüfer stattzufinden hat. Das Registergericht kann die Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses ablehnen, wenn der Wert der Sacheinlage nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt (§ 184 Abs. 3 S. 1 AktG). Daraus wurde früher der Schluss gezogen, dass sich die Prüfung allein auf die Frage zu konzentrieren hat, ob der Wert der Sacheinlage den geringsten Ausgabebetrag, d.h. den Nennbetrag oder den anteiligen Betrag des Grundkapitals der zu gewährenden Aktien erreicht.[96]

50

Die Rechtslage ist durch die Kapitalrichtlinie[97] geklärt, die unter anderem durch § 183 Abs. 3 S. 1 AktG umgesetzt wird.[98] Art. 10 Abs. 2 der Kapitalrichtlinie, der gem. Art. 31 Abs. 2 auch auf die Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen anzuwenden ist, schreibt vor, dass der Sachverständige zu prüfen hat, ob die von ihm im Rahmen seiner Prüfung festgestellten Werte einem Mehrbetrag der dafür auszugebenden Aktien entsprechen. Eine europarechtskonforme Auslegung gebietet daher, dass sich die Prüfung darauf zu erstrecken hat, ob der Wert der Sacheinlage auch einen erhöhten Ausgabebetrag deckt.[99]

51

Die Werthaltigkeitsprüfung erfolgt durch einen oder mehrere Prüfer entsprechend den Vorschriften über die Gründungsprüfung (§ 183 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 3 bis 5, §§ 34, 35 AktG). Die Prüfung hat bereits vor der Anmeldung des Beschlusses zu erfolgen (§ 184 Abs. 2 AktG). Der Prüfer wird auf Antrag der AG, vertreten durch den Vorstand, vom Registergericht des Satzungssitzes bestellt. Der reguläre Abschlussprüfer der Gesellschaft kann die Prüfung vornehmen, ohne generell für die zukünftige Abschlussprüfung ausgeschlossen zu sein, wobei sich jedoch aus § 319 Abs. 3 Nr. 3 lit. d) HGB ein Tätigkeitsverbot ergeben kann.[100] Insbesondere bei kapitalmarktorientierten Unternehmen (§ 264d HGB) können die Einlageprüfung und die Abschlussprüfung wegen § 319a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HGB regelmäßig nicht von derselben Person vorgenommen werden.[101]

52

Der Bericht über die Prüfung der Sacheinlagen wird durch das Registergericht eigenständig geprüft. Entgegen dem Wortlaut des § 184 Abs. 3 S. 1 AktG hat das Gericht dabei keinen Ermessensspielraum und muss die Eintragung ablehnen, wenn der Wert der Sacheinlagen den geringsten Ausgabebetrag nicht erreicht.[102]

53

Wird der Kapitalerhöhungsbeschluss durch das Registergericht eingetragen, obwohl keine Werthaltigkeitsprüfung durch den Prüfer und/oder das Gericht stattgefunden hat, ist der Kapitalerhöhungsbeschluss – vorbehaltlich anderer Mängel – gleichwohl wirksam.[103] Gleiches gilt für die Eintragung, die nicht von Amts wegen gelöscht werden kann. Auch eine Nachholung der Werthaltigkeitsprüfung kann nicht nachträglich erzwungen werden.[104]

54

Von dieser Prüfung der Sacheinlagen kann gem. § 183a AktG unter den Voraussetzungen des § 33a AktG abgesehen werden (vereinfachte Sachkapitalerhöhung). Gem. § 33a Abs. 1 AktG setzt dies voraus, dass Wertpapiere, Geldmarktinstrumente oder andere Vermögensgegenstände, wenn letztere zuvor von einem Sachverständigen bewertet wurden, eingebracht werden. Die Einbringung erfolgt dann zum gewichteten Durchschnittspreis bzw. zum ermittelten Zeitwert, sofern die Zugrundelegung einer solchen Bewertung nicht nach § 33a Abs. 2 AktG ausgeschlossen ist.[105] Bei einer vereinfachten Sachkapitalerhöhung treten an die Stelle der Prüfung der Sacheinlagen die Publizitätspflichten nach §§ 183a Abs. 2, 37a Abs. 1 und 2 AktG. Das Amtsgericht hat jedoch einen oder mehrere Prüfer zu bestellen, wenn Aktionäre, die am Tag der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung gemeinsam 5 % des Grundkapitals hielten und am Tag der Antragsstellung noch halten, dies beantragen. Wegen dieser Möglichkeit der Erzwingung der Sacheinlageprüfung und der mit der vereinfachten Sachkapitalerhöhung gem. § 183a Abs. 2 S. 2 AktG einhergehenden vierwöchigen Registersperre ist der Praxis von dem Verfahren nach § 183a AktG abzuraten.[106]

1.5.4 Differenzhaftung

55

Wurde die Sacheinlage überbewertet, erreicht sie also nicht den Nennwert, bei Stückaktien nicht den anteiligen Betrag des Grundkapitals der dafür gewährten Aktien, ist der Einleger zur Leistung der Differenz in bar verpflichtet (Differenzhaftung).[107] Eine Differenzhaftung des Einlegers setzt voraus, dass die Sacheinlage nicht unwesentlich überbewertet wurde und die Durchführung der Kapitalerhöhung durch Eintragung in das Handelsregister wirksam geworden ist.[108] Streitig ist, ob die Bareinlage auf die Zahlung des geringsten Ausgabebetrags beschränkt ist[109] oder sich auch auf das Aufgeld (Agio) erstreckt[110]. Richtig ist, dass die gesetzliche Differenzhaftung auch in Höhe des Agios besteht, da die Zahlung des Aufgeldes Teil der mitgliedschaftlichen Leistungspflicht des Aktionärs ist.[111] Für dieses Ergebnis spricht weiterhin, dass bei einer verdeckten Sacheinlage der Wert der erbrachten Leistung auf den Ausgabebetrag gem. § 27 Abs. 3 AktG anzurechnen ist.[112] Es wäre widersprüchlich, eine gesetzliche Haftung bei einer offenen Sacheinlage anders als bei einer verdeckten Sacheinlage nur für den geringsten Ausgabebetrag anzunehmen.[113] Ferner spricht auch § 36a Abs. 2 S. 3 AktG, auf den § 188 Abs. 2 S. 1 AktG verweist, dafür, dass das Aufgeld erfasst ist.[114]