Handbuch des Aktienrechts

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1.9 Besonderheiten bei der Handelsregisteranmeldung

65

Zu den Besonderheiten bei der Handelsregisteranmeldung einer Sachgründung wird auf die Ausführungen im 13. Kap. verwiesen.[47]

3. Kapitel Gründung › VI. Besonderheiten bei der Sachgründung/Nachgründung › 2. Nachgründung

2. Nachgründung

2.1 Regelungszweck

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Die dargestellten „Hürden“ bei Sacheinlagen und Sachübernahmen könnten dazu verleiten, die Gesellschaft im Wege der Bargründung zu errichten und eine von vornherein geplante Übernahme von Gegenständen erst nach Eintragung der Gesellschaft zu vereinbaren. Gründungsnahe Erwerbspflichten bergen für die Gesellschaft jedoch ein ähnliches Risikopotential wie Sachgründungen und Sachübernahmen (mangelnde Substanz/Bewertungsfehler).[48] Deshalb schreibt § 52 AktG für die ersten zwei Jahre nach der Eintragung vor, dass Verträge der Gesellschaft, nach denen diese vorhandene oder herzustellende Anlagen oder andere Vermögensgegenstände gegen einen den zehnten Teil des Grundkapitals übersteigende Vergütung erwerben soll, ebenfalls bestimmten Wirksamkeitserfordernissen unterworfen sind.[49] Die gesetzliche Sicherung der Kapitalaufbringung wird damit gleichsam um zwei Jahre verlängert.[50] Gleichzeitig schützen die Nachgründungsregeln die Gesellschaft und alle mit ihr in Beziehung tretenden Personen vor einer missbräuchlichen Einflussnahme der Gründer oder eines nennenswert beteiligten Aktionärs auf den Vorstand.[51] Wegen des engen zeitlichen und möglicherweise auch sachlichen Zusammenhangs mit der Gründung werden die von § 52 AktG behandelten Geschäfte der jungen Gesellschaft als „Nachgründung“ bezeichnet.[52]

2.2 „Entschärfung“ der Nachgründungsregeln durch das NaStraG

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Die Nachgründungsvorschriften spielten lange Zeit eine eher untergeordnete Rolle. In den Zeiten des „Gründerbooms“ gegen Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts haben sie eine Wiederbelegung erfahren. Wegen der durch sie bedingten Verzögerung und Offenlegung der betroffenen Vertragsabschlüsse haben sich die Nachgründungsvorschriften als geschäftshinderlich erwiesen.[53] Zudem wird bzw. wurde zumindest in der Vergangenheit das Eingreifen von § 52 AktG häufig übersehen („Nachgründungsfalle“) oder wurden die Nachgründungsregeln aus Vorsichtsgründen extensiv ausgelegt.[54] Unter anderem deshalb ist der Gesetzeswortlaut im Jahr 2000 durch das NaStraG dahin „entschärft“ worden, dass Drittgeschäfte, die zuvor praktisch den größten Anteil der nachgründungsrelevanten Vorgänge darstellten, von § 52 Abs. 1 AktG ausgenommen werden. § 52 AktG unterliegen danach nur noch Verträge der Gesellschaft mit Gründern oder Aktionären, die mit mehr als 10 % des Grundkapitals an der Gesellschaft beteiligt sind.[55] Ebenfalls dem Anwendungsbereich des § 52 AktG entzogen wurden hiernach Erwerbsverträge im Rahmen der laufenden Geschäfte der Gesellschaft, in der Zwangsvollstreckung oder an der Börse (§ 52 Abs. 9 AktG). Die Regeln der verdeckten Sacheinlage (vgl. hierzu 5. Kap. Rn. 56 ff.) bleiben von den Nachgründungsvorschriften grundsätzlich unberührt.[56]

2.3 Anforderungen bei Nachgründung

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Die von § 52 AktG aufgestellten Wirksamkeitserfordernisse betreffen den Nachgründungsvertrag als solchen, dessen inhaltliche Prüfung, die Zustimmung der Hauptversammlung sowie die Eintragung des Nachgründungsvertrages in das Handelsregister:

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70


Der Aufsichtsrat hat den Vertrag vor Abhaltung der Hauptversammlung, die über die Zustimmung beschließen soll, zu prüfen und über das Ergebnis der Prüfung einen schriftlichen Nachgründungsbericht zu erstatten. Für diesen Bericht gelten gem. § 52 Abs. 3 S. 2 AktG sinngemäß die Bestimmungen des § 32 Abs. 2 und 3 AktG über den Gründungsbericht. Im Anschluss an die Prüfung durch den Aufsichtsrat und ebenfalls vor Durchführung der Hauptversammlung sind Nachgründungsvertrag und Nachgründungsbericht durch einen gerichtlich zu bestellenden Gründungsprüfer zu prüfen (§ 52 Abs. 4 AktG, der auf die §§ 33 Abs. 3 bis 5, 34 und 35 AktG verweist).

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Zur Vorbereitung der Hauptversammlung, die über die Zustimmung entscheidet, schreibt § 52 Abs. 2 AktG bestimmte Informationspflichten gegenüber den Aktionären vor. Insbesondere ist der Nachgründungsvertrag vor und während der Hauptversammlung auszulegen und vom Vorstand zu Beginn der Hauptversammlung zu erläutern. Die Zustimmung der Hauptversammlung ist mit qualifizierter Mehrheit, und zwar mit mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, bei Vertragsabschluss im Jahr nach der Eintragung der Gesellschaft zusätzlich mit mindestens einem Viertel des gesamten Grundkapitals zu erteilen (§ 52 Abs. 5 AktG).

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2.4 Atypische Anwendungsfälle

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In der Praxis übersehen wird gelegentlich die Anwendbarkeit der Nachgründungsvorschriften auch auf atypische Anwendungsfälle. Nach ganz überwiegender Auffassung ist § 52 AktG z.B. analog anwendbar bei Sachkapitalerhöhungen, wenn die Gesellschaft noch nicht länger als zwei Jahre im Handelsregister eingetragen ist.[59] In diesem Fall bestimmt sich die 10% Grenze des § 52 Abs. 1 S. 1 AktG nach dem erhöhten Grundkapital sowie nach dem Nennbetrag der neu ausgegebenen Aktien bzw. dem auf Stückaktien entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals (Parallelwertung des § 67 UmwG).[60] Ist die Auffangschwelle erreicht und der entsprechende Personenkreis betroffen, finden die strengeren Nachgründungsvorschriften neben den § 182 ff. AktG Anwendung.

74

Sehr praxisrelevant ist ferner die Anwendbarkeit der Nachgründungsvorschriften auf Erwerbsgeschäfte im Anschluss an den Formwechsel in eine AG oder KGaA (§ 197 S. 1 UmwG).[61]

75

Ferner ist § 52 AktG über § 67 UmwG anwendbar bei der Verschmelzung einer Gesellschaft auf eine weniger als zwei Jahre eingetragene AG, wenn in diesem Rahmen Aktien von mehr als 10% des erhöhten Grundkapitals gewährt werden.[62]

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Kontrovers diskutiert wird die Anwendbarkeit der Nachgründungsvorschriften auf konzerndimensionale Sachverhalte wie etwa die Gründung einer Tochtergesellschaft oder die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung bei einer Tochtergesellschaft.[63] Diese setzt freilich nach Inkrafttreten des NaStraG zumindest voraus, dass Gründer oder maßgeblich beteiligte Aktionäre bei den jeweiligen Vorgängen beteiligt sind.[64]

77

Ein weiterer Anwendungsbereich des § 52 AktG kann sich schließlich bei konsequenter Umsetzung der vom BGH zur wirtschaftlichen Neugründung einer Vorratsgesellschaft entwickelten Grundsätze ergeben. Vieles spricht dafür, auch entsprechende Geschäfte der Vorratsgesellschaft innerhalb von zwei Jahren nach deren Aktivierung den Nachgründungsvorschriften zu unterwerfen.[65]

Anmerkungen

[1]

So z.B. Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 1. Werden Sacheinlage und Sachübernahme kombiniert, so spricht man von einer „gemischten Sacheinlage“; vgl. zur gemischten Sacheinlage auch BGH ZIP 2007, 178 ff. und ZIP 2007, 1751: Betriff eine – im Grundsatz zulässige – Kombination von Sacheinlage und Sachübernahme eine kraft Parteivereinbarung unteilbare Leistung, wird das Rechtsgeschäft einheitlich den Regeln über Sacheinlagen unterworfen.

[2]

 

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 1.

[3]

Großkommentar/Schall § 27 Rn. 95.

[4]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 1; Hüffer/Koch § 27 Rn. 5.; vgl. aber K. Schmidt Gesellschaftsrecht, § 27 II 4. b) dd).

[5]

Vgl. K. Schmidt Gesellschaftsrecht, § 27 II 4. b) dd); zur verdeckten Sacheinlage s. 5 Kap. Rn. 53 ff.

[6]

So zu Recht Großkommentar/Schall § 27 Rn. 95.

[7]

Großkommentar/Schall § 27 Rn. 95 ff.

[8]

So auch Großkommentar/Schall § 27 Rn. 95 ff.

[9]

Vgl. nur Knobbe-Keuk ZGR 1980, 214, 217; Schnorr v. Carolsfeld DNotZ 1963, 418.

[10]

MünchKomm AktG/Pentz § 27 Rn. 19; Großkommentar/Schall § 27 Rn. 111 ff.; Hüffer/Koch § 27 Rn. 14; vgl. (nicht ganz eindeutig) auch BGHZ 29, 300, 304: Bilanzfähigkeit „nicht wörtlich“ nehmen.

[11]

MünchKomm AktG/Pentz § 27 Rn. 19; Hüffer/Koch § 27 Rn. 14.

[12]

Vgl. sehr ausf. und instruktiv Großkommentar/Schall § 27 Rn. 134 ff.

[13]

Nicht einlagefähig sind Aktien der betroffenen Gesellschaft, BGH NZG 2011, 1271, 1272.

[14]

Großkommentar/Schall § 27 Rn. 181.

[15]

BGH NJW 2010, 1747; vgl. auch Herrler NZG 2010, 407.

[16]

BGH ZIP 2004, 1642, 1644; BGHZ 144, 290, 294; Büscher/Klusmann ZIP 1991, 10; Hüffer/Koch § 27 Rn. 18.

[17]

Nicht ausreichend ist die Festsetzung im sonstigen Teil der Gründungsurkunde (außerhalb der Satzung), da hierdurch – bedingt durch die Verselbstständigung der Satzung im Rechtsverkehr – die Fortdauer der Publizität nicht gewährleistet ist, vgl. Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 2. Ausführlich zur Frage, inwieweit wertkonkretisierende Umstände aufzunehmen sind Wieneke AG 2013, 437 ff.

[18]

Der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz gilt insoweit nicht; eine schlagwortartige Bezeichnung genügt, wenn diese verkehrsüblich ist, vgl. Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 6.

[19]

Vgl. Happ/Groß Muster 2.02, Rn. 2.2 („aus optischen Gründen“).

[20]

Vgl. aber Happ/Groß Muster 2.02, Rn. 18.4; seit Neufassung des § 27 Abs. 4 AktG durch das ARUG ist eine Heilung auch bei der Aktiengesellschaft möglich.

[21]

Hüffer/Koch § 36a Rn. 6.

[22]

Differenzierend AnwK-AktR/Polley § 27 Rn. 19.

[23]

Baums FS Hommelhoff, S. 61, 66, 69; Verse ZGR 2012, 875, 882 ff.; Heer ZIP 2012, 2325, 2327; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 16.

[24]

Vgl. Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 48.

[25]

Vgl. zur Differenzhaftung ausf. 5. Kap. Rn. 55 ff.

[26]

Bejahend Priester FS Lutter, S. 617, 624 ff.; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 15, 39; MünchKomm AktG/Pentz § 27 Rn. 44; verneinend Kölner Kommentar/Lutter § 183 Rn. 66; Hüffer/Koch § 183 Rn. 21: nur rechtsgeschäftliche Wertgarantie.

[27]

BGHZ 191, 364 Tz. 17 ff.; Baums FS Hommelhoff, S. 61, 66; Verse ZGR 2012, 875, 878 ff.; Wieneke NZG 2012, 136, 137; vgl. auch OLG Düsseldorf AG 2011, 823, 824 (zur Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Wertdifferenz).

[28]

Vgl. Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 18 f.

[29]

Beck’sches Formularbuch Aktienrecht/Döbereiner B.II.3. Anm. 3.

[30]

Hierzu instruktiv Beck’sches Formularbuch Aktienrecht/Döbereiner B.II.3. Anm. 3.

[31]

Vgl. Happ/Groß Muster 2.02, Rn. 3.1.

[32]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 7: „Kombination von Satzungsfeststellung und Übernahme- oder Zeichnungserklärung als körperschaftsrechtliche Sacheinlagevereinbarung [. . .], die materieller Bestandteil der Satzung ist“.

[33]

Ausf. hierzu Hoffmann-Becking FS Lutter, S. 453, 459 ff.; vgl. auch Wieneke AG 2013, 437 ff.

[34]

Hierzu MünchKomm AktG/Pentz § 27 Rn. 17.

[35]

Vgl. Großkommentar/Schall § 27 Rn. 101.

[36]

Hüffer/Koch § 27 Rn. 4; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 8.

[37]

Hüffer/Koch § 27 Rn. 4.

[38]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 8.

[39]

Von der Frage des gebotenen Leistungszeitpunktes ist die Fälligkeit der Sacheinlage zu unterscheiden. In Ermangelung anderweitiger Regelungen in der Satzung oder im Einbringungsvertrag sind Sacheinlagen grundsätzlich sofort fällig (§ 271 Abs. 1 BGB). Die Bestimmung des Leistungszeitpunktes i.S.v. § 36a Abs. 2 AktG steckt gleichsam den Rahmen ab, innerhalb dessen die Fälligkeit durch Vereinbarung hinausgezögert werden kann.

[40]

Unter Hinweis auf die (europarechtliche) Entstehungsgeschichte der Vorschrift K. Schmidt/Lutter/Kleindiek § 36a Rn. 5; Bürgers/Körber/Lohse § 36a Rn. 4; Happ/Groß Muster 2.02, Rn. 11; Hüffer/Koch § 36a Rn. 4; Großkommentar/Röhricht/Schall § 36a Rn. 6 ff.; a.A. Kölner Kommentar/Arnold § 36a Rn. 11 ff.; Mayer ZHR 154, 1990, 535, 542 ff.; Beck’sches Formularbuch Aktienrecht/Döbereiner B.II.3. Anm. 8: S. 2 betreffe nur die Einbringung einer gegen einen Dritten gerichteten Forderung auf Übertragung eines Vermögensgegenstandes.

[41]

Beck’sches Formularbuch Aktienrecht/Döbereiner B.II.3. Anm. 8.

[42]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 45.

[43]

Hüffer/Koch § 36a Rn. 4.

[44]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 33.

[45]

Vgl. hierzu Baums FS Hommelhoff, S. 61, 65; Bayer FS Ulmer, 2003, S. 21, 31 ff.; Schulze-Osterloh FS Raiser, S. 359, 367.

[46]

BGHZ 191, 364 Tz. 17 ff.; Verse ZGR 2012, 875, 878 ff.

[47]

Vgl. 12. Kap. Rn. 23 ff.

[48]

Hüffer/Koch § 52 Rn. 1.

[49]

Nach h.M. setzt § 52 AktG voraus, dass die Vergütung aus Vermögen der AG bezahlt werden soll, das zur Deckung des Grundkapitals und der nach § 272 Abs. 2 Nr. 1–3 HGB vorgeschriebenen Kapitalrücklagen benötigt wird (gebundenes Vermögen), ausf. hierzu Hüffer/Koch § 52 Rn. 5a.

[50]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 50.

[51]

BGHZ 110, 47, 55.

[52]

Großkommentar/Priester § 52 Rn. 1.

[53]

Großkommentar/Priester § 52 Rn. 6; vgl. auch Bröcker ZIP 1999, 1029.

[54]

Vgl. Seibert ZIP 2001, 53, 54.

[55]

Vgl. zur Frage, ob eine Zurechnung der Beteiligung nahestehender Personen ähnlich wie bei § 32a Abs. 3 GmbHG geboten ist, Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 54 (verneinend); a.A. Dormann/Fromholzer AG 2001, 242, 243; vgl. auch Happ/Groß 2.03, Rn. 5.2.

[56]

BGH ZIP 2007, 1751; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 52; vgl. auch Großkommentar/Schall § 27 Rn. 267 ff. und Großkommentar/Priester § 52 Rn. 16 ff.

[57]

Präzise Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 61.

[58]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 65.

[59]

Hüffer/Koch § 183 Rn. 5; MünchKomm AktG/Pentz § 52 Rn. 68; a.A. Kley RNotZ 2003, 17, 21 ff.; Reichert ZGR 2001, 554, 576 ff.; Happ/Groß Muster 2.03, Rn. 1.16).

[60]

Hüffer/Koch § 183 Rn. 5 m.w.N.

[61]

Ganz h.M., vgl. nur Großkommentar/Priester § 52 Rn. 21; Hüffer/Koch § 52 Rn. 10; a.A. für den Fall, dass es sich bei dem formwechselnden Rechtsträger um eine GmbH handelt, insbesondere Martens ZGR 1999, 548 f. (keine umgehungsgefährdete Einlageverpflichtung); vgl. auch Bröcker ZIP 1999, 1029, 1040 f.

 

[62]

Vgl. nur Bürgers/Körber/Körber § 52 Rn. 9.

[63]

Großkommentar/Priester § 52 Rn. 45 f.; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 4 Rn. 59; a.A. Hüffer/Koch § 52 Rn. 12: kein schuldrechtliches Austauschgeschäft; vgl. auch Reichert ZGR 2001, 582 ff.

[64]

K. Schmidt/Lutter/Bayer § 52 Rn. 22 f.

[65]

Bejahend etwa Grooterhorst NZG 2001, 145, 148; Bürgers/Körber/Körber § 179 Rn. 25d; Hüffer/Koch § 23 Rn. 27a; verneinend Werner ZIP 2001, 1403, 1404; Happ/Groß Muster 2.03, Rn. 1.17.

3. Kapitel Gründung › VII. Zweigniederlassungen

VII. Zweigniederlassungen[1]

3. Kapitel Gründung › VII. Zweigniederlassungen › 1. Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit Sitz im Inland

1. Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit Sitz im Inland

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Die Zweigniederlassung einer AG ist ein von der Niederlassung am Gesellschaftssitz (Hauptniederlassung) räumlich getrennter Teil ihres Unternehmens, der dauerhaft und selbstständig Geschäfte schließt und in sachlicher und personeller Hinsicht die dafür erforderliche Organisation aufweist.[2] Nach überwiegender Auffassung erfordert eine solche Organisation die Zuweisung eines selbstständig verwalteten Gesellschaftsvermögens und eine gesonderte Buchführung, die jedoch auch in der Hauptniederlassung erfolgen kann.[3] Die Errichtung einer Zweigniederlassung ist ein rein tatsächlicher Vorgang. Sie erfolgt, wenn die vorgenannten organisatorischen Maßnahmen ergriffen werden.[4] Dementsprechend hat die Eintragung in das Handelsregister nur deklaratorische Bedeutung.[5] Über eigene Rechtspersönlichkeit verfügt eine Zweigniederlassung nicht; sie bleibt vielmehr trotz organisatorischer Verselbstständigung Teil des Unternehmens der AG.[6]

79

Erfüllt ein Unternehmensteil diese Anforderungen, dann besteht für den Vorstand eine – ggf. durch das Handelsregister gem. § 14 HGB erzwingbare – Pflicht, die Zweigniederlassung auch tatsächlich zum Handelsregister anzumelden. Umgekehrt resultieren aus der Qualifizierung als Zweigniederlassung auch gewisse Rechtsvorteile, wie etwa die Möglichkeit, die Firma der AG um Zusätze zu ergänzen (§ 13 Abs. 1 S. 1 HGB) oder – im Falle einer um einen Zusatz ergänzten Firma – eine auf den Betrieb der Zweigniederlassung beschränkte (Filial-)Prokura zu erteilen (§ 50 Abs. 3 HGB). Das für alle Rechtsformen in den §§ 13–13h HGB geregelte Recht der Zweigniederlassung ist durch das EHUG stark vereinfacht worden. Vor Inkrafttreten des EHUG war die Errichtung einer Zweigniederlassung vom Vorstand beim Gericht der Hauptniederlassung zur Eintragung in das Handelsregister des Gerichts der Zweigniederlassung anzumelden.[7] Nach neuer Rechtslage erfolgt die Eintragung der Zweigniederlassung allein beim Gericht der Hauptniederlassung (§ 13 Abs. 2 HGB). Die Anmeldungen, Anträge und Unterlagen sind in elektronischer Form bei Gericht einzureichen (§ 12 HGB n.F.). Die Prüfung durch das Sitzgericht beschränkt sich nunmehr auf offensichtliche Zweifelsfälle hinsichtlich des Bestehens der Zweigniederlassung (vgl. § 13 Abs. 2 HGB) und der Zulässigkeit der Zweigniederlassungsfirma.[8]

3. Kapitel Gründung › VII. Zweigniederlassungen › 2. Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit Sitz im Ausland

2. Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit Sitz im Ausland[9]

80

Ausländischen Unternehmen, die eine Geschäftstätigkeit im Inland anstreben, stellt sich typischerweise die Frage, ob die Tätigkeit mittels einer Zweigniederlassung oder durch eine Tochtergesellschaft in Form einer AG oder einer GmbH erfolgen soll. Ausschlaggebend für die diesbezügliche Entscheidung sind in erster Linie steuer- und mitbestimmungsrechtliche Aspekte, die Frage der Haftungsabschottung, der jeweilige administrative Aufwand sowie die gewünschte bzw. erforderliche Kapitalausstattung.[10] Während früher im allgemeinen die Gründung deutscher Tochtergesellschaften bevorzugt wurde, haben die Überseering-Entscheidung des EuGH[11] und die von ihr eröffneten Möglichkeiten, im Ausland gegründete Kapitalgesellschaften auch für eine ausschließlich inländische gewerbliche Tätigkeit einzusetzen, zu einer späten und unerwarteten Blüte des Zweigniederlassungsrechts geführt.[12] In diesen Fällen, bei denen vor allem englische private limited companies als Träger eines inländischen Unternehmens zum Einsatz kommen, handelt es sich bei der inländischen Niederlassung an sich nicht um eine „Zweigniederlassung“, sondern vielmehr um die „Hauptniederlassung“. Schon im Hinblick auf die ansonsten gefährdete Publizität wird dies jedoch überwiegend als bedeutungslos angesehen und die Eintragungspflicht als Zweigniederlassung bejaht.[13] Nicht als Zweigniederlassung eintragungspflichtig bzw. -fähig ist hingegen die ausschließliche Tätigkeit einer ausländischen Kapitalgesellschaft als Komplementärin einer inländischen Kommanditgesellschaft.[14]

81

Das Recht der Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen ist rechtsformübergreifend in den §§ 13d–13g HGB geregelt. Spezielle Vorschriften für ausländische AG enthalten § 13 f HGB und zum Teil § 13g HGB. Als ausländische Gesellschaften sind solche zu behandeln, die – nach Maßgabe des internationalen Gesellschaftsrechts – nicht dem deutschen Recht unterliegen.[15] Insoweit ist für Nicht-EU-Staaten (Drittstaaten) das Recht des effektiven Verwaltungssitzes maßgeblich.[16] Liegt der Gründungsort hingegen in einem EU-Staat, so ist die Zweigniederlassung in gemeinschaftskonformer Auslegung des § 13d Abs. 1 HGB auch dann einzutragen, wenn der effektive Verwaltungssitz im Inland gelegen ist.[17] § 13f HGB betrifft ferner nur solche Gesellschaften mit Sitz im Ausland, die in ihren wesentlichen Merkmalen, also insbesondere der Organisationsstruktur und den Kapitalverhältnissen, etwa einer deutschen AG entsprechen.[18] Dabei bereitet vor allem die Abgrenzung zwischen einer AG und einer GmbH gelegentlich Schwierigkeiten, da viele ausländische Rechtsordnungen den Unterschied nicht kennen.[19] Soweit es um EU-Staaten geht, erfolgt die Qualifizierung anhand der Koordinationsrichtlinien,[20] die jeweils in Art. 1 Auflistungen der Gesellschaften enthalten, die der deutschen AG entsprechen.[21] Im Übrigen ist bei verbleibenden Zweifeln zugunsten der AG zu entscheiden.[22]

Zur Anmeldung ist nach § 13e Abs. 2 S. 1 HGB der Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl verpflichtet. Die Zweigniederlassung ist zur Eintragung in dasjenige Handelsregister anzumelden, in dessen Bezirk sie sich befindet (§ 13d Abs. 1 HGB). Die notwendigen Einzelheiten der Anmeldung der Zweigniederlassung einer ausländischen AG sowie die der Anmeldung beizufügenden Anlagen ergeben sich detailliert aus den §§ 13d Abs. 2, 13e und 13f HGB.[23] Anzugeben sind gem. § 13e Abs. 2 Nr. 3 HGB – sofern vorhanden – insbesondere auch die Personen, die befugt sind, als ständige Vertreter für die Tätigkeit der Zweigniederlassung die Gesellschaft zu vertreten. Gemeint sind hiermit gewillkürte Vertreter, also Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte. Während die organschaftliche Vertretungsmacht für die Zweigniederlassung sich nach dem anwendbaren Gesellschaftsstatut bestimmt, ist für die Vertretungsmacht der ständigen Vertreter das deutsche Recht als Vollmachtstatut anwendbar.[24]