Handbuch des Aktienrechts

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

3. Kapitel Gründung › III. Vorgesellschaft

III. Vorgesellschaft

3. Kapitel Gründung › III. Vorgesellschaft › 1. Rechtsnatur der Vorgesellschaft

1. Rechtsnatur der Vorgesellschaft

40

Gemäß § 29 AktG ist die Gesellschaft mit der Übernahme aller Aktien durch die Gründer „errichtet“. Errichtet meint in diesem Zusammenhang jedoch nicht mehr als die Beendigung des in § 23 AktG geregelten Beurkundungsvorgangs.[1] Die AG ist dann lediglich gegründet.[2] Entstanden ist sie zu diesem Zeitpunkt jedoch, wie § 41 Abs. 1 S. 1 AktG bestätigt, noch nicht, sondern – als notwendiges Zwischenstadium – lediglich eine Vorgesellschaft (Vor-AG). Die Rechtsnatur der Vorgesellschaft ist streitig. Ganz überwiegend wird sie – im Falle einer Mehrpersonengründung – als teilrechtsfähige Gesamthandsgemeinschaft eigener Art eingestuft, die zwar Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann, jedoch keine juristische Person ist.[3] Demgegenüber plädiert vor allem K. Schmidt für eine Einordnung der Vorgesellschaft als werdende juristische Person im Sinne einer Körperschaft. K. Schmidt räumt jedoch selbst ein, dass diese Unterscheidung praktische Konsequenzen im Wesentlichen nur für die Behandlung der Einpersonen-Gründung hat.[4] Bei der Einpersonen-Gründung gibt es nach der h.M. zumindest kein vom Gründer zu unterscheidendes (teil-)rechtsfähiges Rechtssubjekt, jedoch möglicherweise ein Sondervermögen des Alleingründers.[5] Im Übrigen laufen beide Auffassungen praktisch darauf hinaus, dass die Vorgesellschaft bereits nach dem Recht der einzutragenden AG, also nach den Gründungs- und sonstigen Vorschriften des Aktiengesetzes und der Satzung lebt, soweit diese Vorschriften nicht die Eintragung voraussetzen.[6] Die Vor-AG ist jedenfalls aktiv und passiv parteifähig, namens- und firmenfähig, grundbuchfähig, wechselfähig, insolvenzfähig, gründerfähig und komplementärfähig.[7] Mit der Eintragung in das Handelsregister gehen ipso iure sämtliche Rechte und Pflichten der bisherigen Vorgesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die AG als juristische Person über.[8] Die Vorgesellschaft endet liquidationslos.

3. Kapitel Gründung › III. Vorgesellschaft › 2. Innenverhältnis

2. Innenverhältnis

41

Die wesentlichen Fragen des Innenverhältnisses der Vorgesellschaft betreffen die Kompetenzen der Gesellschaftsorgane, die Willensbildung der Gesellschafter und die Innenhaftung.

2.1 Organkompetenzen

42

Notwendige Organe der Vorgesellschaft sind Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung (genauer: Gründerversammlung).[9] Die dem Vorstand in diesem Stadium bereits zustehende Leitungsfunktion gem. § 76 Abs. 1 AktG unterliegt engen Grenzen. Grundsätzlich benötigt der Vorstand für Geschäftstätigkeiten, die über das zur Erlangung der Rechtsfähigkeit (Eintragung) Erforderliche hinausgehen, die Zustimmung aller Gründer.[10] Diese kann allerdings bereits in der Satzung enthalten sein. Für die andernfalls erforderliche Zustimmung der Gründer lässt die überwiegende Auffassung die einfache Schriftform genügen.[11] Eine weitergehende Leitungsfunktion kommt dem Vorstand ohne weiteres bei bestimmten Sachgründungen zu, und zwar dann, wenn ein Unternehmen oder ein betriebsfähiger Unternehmensteil eingebracht wird oder sonstige Sacheinlagen betroffen sind, die ihrer Art nach die baldige Nutzung oder bestimmte Erhaltungsmaßnahmen erfordern.[12]

2.2 Willensbildung

43

Die Willensbildung der Gründer erfolgt grundsätzlich auch im Gründungsstadium in der Hauptversammlung. Für die Einberufungs- und Beschlussformalitäten gelten bereits die Vorschriften der §§ 121 ff. AktG. Die teilweise befürwortete entsprechende Heranziehung der §§ 48 ff. GmbHG dürfte insgesamt am Fehlen einer Regelungslücke scheitern.[13] Beschlüsse bedürfen, sofern es sich nicht um Satzungsänderungen handelt, der einfachen Mehrheit. Die Satzung kann in diesem Stadium nur durch einstimmigen Beschluss aller Gründer geändert werden.[14] Die qualifizierte Mehrheit des § 179 Abs. 2 AktG reicht nicht.[15] Denn die Gründer müssen die Satzung als ihre gemeinsame Grundordnung zum Handelsregister anmelden und sind sämtlich nach §§ 32, 36 und 46 AktG verantwortlich.[16] Über die Versammlungen ist gem. § 130 AktG eine Niederschrift zu errichten, die gem. § 130 Abs. 1 S. 3 AktG grundsätzlich privatschriftlich sein kann.

2.3 Innenhaftung

44

Die für die (Innen-)Haftung der Gesellschafter im Stadium der Vorgesellschaft heute geltenden Grundsätze sind vor dem Hintergrund der Aufgabe des Vorbelastungsverbots und des Unversehrtheitsgrundsatzes durch die Rechtsprechung im Jahr 1981[17] zu sehen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde eine Vorbelastung der Gesellschaft mit Verbindlichkeiten nur insoweit als zulässig angesehen, als diese entweder gründungsnotwendig oder in der Satzung bereits angelegt waren. Auch die Vertretungsmacht des Vorstands sollte entsprechend beschränkt sein. Sämtliche diesbezüglichen Beschränkungen sind seit der vorgenannten zum GmbH-Recht ergangenen Entscheidung aufgegeben und durch eine bloße Vorbelastungshaftung (auch: Unterbilanz- oder Differenzhaftung genannt) ersetzt worden.[18] Danach haften diejenigen Gründer, die dem vorzeitigen Geschäftsbeginn der AG zugestimmt haben, im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft auf den Betrag, um den das Gesellschaftsvermögen im Eintragungszeitpunkt hinter dem Betrag des Nennkapitals zurückbleibt (Aktiva – Passiva < Nennkapital).[19] Diese Haftung kann besonders einschneidend ausfallen, da sie auch eine bereits eingetretene Überschuldung (Aktiva – Passiva < 0) umfasst, den Betrag des Grundkapitals also bei weitem übersteigen kann.[20] Die Ermittlung einer haftungsrelevanten Unterbilanz erfolgt durch die Aufstellung einer Vermögensbilanz auf den Stichtag der Eintragung; der Geschäfts- und Firmenwert des in Gang gesetzten Unternehmens ist zu berücksichtigen.[21] Die hieraus resultierende Haftung der Gesellschafter ist keine gesamtschuldnerische, sondern eine anteilige, entsprechend der Höhe der übernommenen Einlage.[22] Eine besondere „Spielart“ der Vorbelastungshaftung greift dann ein, wenn die Vor-AG nicht zur Eintragung gelangt und die Vorgesellschaft liquidiert werden muss. In diesem Falle haften die Gründer, die der Geschäftsaufnahme zugestimmt haben, gegenüber der abzuwickelnden Vorgesellschaft für die Verluste der Vorgesellschaft im Verhältnis ihrer Kapitalbeteiligungen ebenfalls unbeschränkt; der Anspruch beschränkt sich jedoch auf erwirtschaftete Verluste, so dass das Kapital der Gesellschaft nicht zwingend bis zur Grundkapitalziffer aufgebracht werden muss (Verlustdeckungshaftung).[23] Werden die Geschäfte trotz Scheiterns der Gründung weitergeführt, kommt überdies eine unmittelbare Außenhaftung in Betracht.[24] Eine Ausfallhaftung der Gründer, wie diese § 24 GmbHG für GmbH-Gesellschafter vorsieht, wird für die Vorbelastungs- bzw. Verlustdeckungshaftung bei der Vor-AG bislang überwiegend abgelehnt.[25]

3. Kapitel Gründung › III. Vorgesellschaft › 3. Außenverhältnis

3. Außenverhältnis

45

Im Außenverhältnis wird die Vorgesellschaft – nicht anders als die eingetragene AG – durch den Vorstand vertreten. Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob die Vertretungsmacht des Vorstands sich in den oben für die Leitungsfunktion aufgezeigten Grenzen bewegt,[26] oder – wie § 82 Abs. 1 AktG dies für die eingetragene AG vorsieht – unbeschränkt und unbeschränkbar ist. Eine im Schrifttum zunehmend vertretene Auffassung plädiert für eine unbeschränkte Vertretungsmacht.[27] Für die Richtigkeit dieser Auffassung lassen sich die Systemfremdheit einer Ultra-Vires-Doktrin einerseits als auch die Unzuträglichkeiten einer in ihrer genauen Reichweite schwer zu bestimmenden organschaftlichen Vertretungsmacht für den Rechtsverkehr andererseits anführen.[28] In der Praxis wird man vorsorglich jedoch eine das Rechtsgeschäft billigende ausdrückliche Ermächtigungserklärung der Gründer herbeiführen, wenn der Vorstand die klaren Grenzen seiner Leitungsfunktion im Stadium der Vorgesellschaft überschreitet.

46

Eine originäre, in der Praxis allerdings wenig relevante Haftung[29] im Außenverhältnis besteht gem. § 41 Abs. 1 S. 2 AktG lediglich für die handelnden Vorstandsmitglieder (Handelndenhaftung). Hiernach haften diejenigen Personen persönlich und ggf. gesamtschuldnerisch, die vor Eintragung der AG in das Handelsregister[30] in deren Namen rechtsgeschäftlich handeln. Haftungssubjekte sind neben den Vorstandsmitgliedern auch solche Personen, die sich als Vorstandsmitglied gerieren (sog. faktische Organmitglieder) sowie Aufsichtsratsmitglieder[31], nicht jedoch die Gründer, sofern diese nicht als faktische Organmitglieder agieren.[32] Die (akzessorische) Handelndenhaftung erlischt, sobald die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist und die mit Einverständnis der Gründer für die Vorgesellschaft begründeten Verbindlichkeiten auf die eingetragene AG übergehen.[33] Eine Außenhaftung der Gründer kann sich hingegen daraus ergeben, dass Gläubiger der Vorgesellschaft die Ansprüche der Gesellschaft aus einer eventuellen Vorbelastungs- oder Verlustdeckungshaftung pfänden und auf diesem „Umweg“ einzelne Gründer in Anspruch nehmen. Ein direkter Zugriff der Gläubiger auf die Gründer im Wege der Außenhaftung wird auch bei Vermögenslosigkeit der AG oder im Falle der Einpersonen-Gesellschaft angenommen.[34]

 

Anmerkungen

[1]

Großkommentar/Röhricht/Schall § 29 Rn. 2.

[2]

Vgl. Großkommentar/Röhricht/Schall § 29 Rn. 2.

[3]

BGH ZIP 2006, 2267, 2268; BGHZ 143, 314, 319 m.w.N. auf die vorangegangene Rspr.; MünchKomm AktG/Pentz § 41 Rn. 24; Hüffer/Koch § 41 Rn. 4; Wiedenmann ZIP 1997, 2029, 2030.

[4]

Großkommentar/K. Schmidt § 41 Rn. 42; K. Schmidt Gesellschaftsrecht, § 27 Abs. 2 S. 3.

[5]

Vgl. zum Meinungsstand nur Hüffer/Koch § 41 Rn. 17a ff.

[6]

Großkommentar/K. Schmidt § 41 Rn. 4; vgl. zur GmbH BGHZ 21, 242, 246.

[7]

Im Einzelnen Hüffer/Koch § 41 Rn. 10; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 3 Rn. 38 f.; vgl. (zur Vor-GmbH) auch BGH NJW 2008, 2441.

[8]

BGHZ 80, 129, 137; Hüffer/Koch § 41 Rn. 16.

[9]

Hüffer/Koch § 41 Rn. 6.

[10]

BGHZ 80, 129, 139; Wiedenmann ZIP 1997, 2029, 2032; Hüffer/Koch § 41 Rn. 7.

[11]

BGHZ 80, 129, 139; Hüffer/Koch § 41 Rn. 7; a.A. Ulmer ZGR 1981, 593, 597 f.; vgl. auch Heidinger GmbHR 2003, 189, 195 unter Hinweis auf die Satzungsrelevanz von Regelungen zur organschaftlichen Vertretungsmacht.

[12]

Vgl. nur MünchKomm AktG/Pentz § 41 Rn. 35.

[13]

Vgl. auch MünchKomm AktG/Pentz § 41 Rn. 38, der das Fehlen einer Regelungslücke vor allem mit der Erleichterung begründet, die § 121 Abs. 4 AktG für kleinere Gesellschaften mit sich gebracht hat.

[14]

MünchKomm AktG/Pentz § 41 Rn. 39.

[15]

OLG Köln WM 1996, 207 f. (zur GmbH).

[16]

Großkommentar/K. Schmidt § 41 Rn. 126.

[17]

BGHZ 80, 129.

[18]

MünchKomm AktG/Pentz § 41 Rn. 113 mit umfangreichen Nachweisen auch zur Übertragbarkeit der zum GmbH-Recht entwickelten Grundsätze; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 3 Rn. 41.

[19]

BGH ZIP 2006, 668; BGHZ 134, 333; 165, 391.

[20]

Hüffer/Koch § 41 Rn. 9.

[21]

Hüffer/Koch § 41 Rn. 9.

[22]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 3 Rn. 41.

[23]

Hüffer/Koch § 41 Rn. 9a.

[24]

Vgl. zur GmbH BGH WM 2003, 27.

[25]

OLG Karlsruhe AG 1999, 131, 132; Wiedenmann ZIP 1997, 2029, 2033; a.A. Hüffer/Koch § 41 Rn. 9b; vgl. auch Heidinger GmbHR 2003, 189, 195.

[26]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 3 Rn. 40, 42; vgl. Habersack AG 2010, 845.

[27]

K. Schmidt Gesellschaftsrecht, § 27 II 3. a); MünchKomm AktG/Pentz § 41 Rn. 34; vgl. jetzt auch Bürgers/Körber/Körber § 41 Rn. 14.

[28]

Vgl. Kunz AG 2016, 101, 106.

[29]

Vgl. Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 3 Rn. 45, demzufolge die Handelndenhaftung im Wesentlichen nur noch für den Fall bedeutsam ist, dass der Vorstand die Geschäfte ohne Einverständnis der Gründer aufgenommen hat.

[30]

Vgl. hierzu BAG ZIP 2006, 1672.

[31]

BGH NJW 2004, 2519: Handelndenhaftung für AR-Mitglieder beschränkt auf die Fälle in denen die Gesellschaft mangels wirksamer Ermächtigung nicht verpflichtet wurde; vgl. auch Goette DStR 2005, 561.

[32]

Hüffer/Koch § 41 Rn. 20.

[33]

Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 3 Rn. 45.

[34]

Heidinger GmbHR 2003, 189, 191.

3. Kapitel Gründung › IV. Anmeldung zum Handelsregister

IV. Anmeldung zum Handelsregister

47

Die AG ist von allen Gründern sowie allen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern zum Handelsregister anzumelden (§ 36 Abs. 1 AktG). Alle Unterschriften sind notariell zu beglaubigen (§ 12 Abs. 1 HGB). Mit der Anmeldung wird das zur Entstehung der AG als juristische Person führende Verfahren eingeleitet. Die Anmeldung ist daher kein Rechtsgeschäft, sondern Verfahrenshandlung und Organisationsakt.[1]

48

Die Gründung darf erst dann angemeldet werden, wenn der im Gründungsprotokoll festgelegte oder vom Vorstand angeforderte Betrag ordnungsgemäß eingezahlt worden ist und dieser Betrag – abzüglich bereits gezahlter Gründungskosten – endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht (§ 36 Abs. 2 AktG). Der festgelegte bzw. angeforderte Betrag muss mindestens 25 % des geringsten Ausgabebetrags (Nennbetrags oder anteiligen Betrags des Grundkapitals) und das gesamte Agio umfassen, und zwar auf jede Aktie (§ 36a Abs. 1 AktG). Auch der Einpersonen-Gründer hat nur mindestens 25 % des geringsten Ausgabebetrages einzuzahlen und muss seit Inkrafttreten des MoMiG für den bis 100 % fehlenden Betrag auch keine Sicherheit (z.B. Bankbürgschaft) mehr stellen.[2] Der Nachweis, dass der eingezahlte Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht, wird in der Regel durch eine besondere schriftliche Bestätigung des kontoführenden Kreditinstituts erbracht, für deren Richtigkeit das Institut haftet.[3] Gerade bei Einschaltung kleinerer Kreditinstitute wird von der Bank gelegentlich eine falsche Formulierung verwendet, die dann zu Schwierigkeiten mit dem Registergericht führt.[4] Hier sollte sich die Bank genau an den Gesetzeswortlaut halten.

49

Freie Verfügbarkeit seitens des Vorstands liegt vor, wenn die Einlage aus dem Herrschaftsbereich des Einlegers ausgesondert und dem Vorstand so übergeben wurde, dass er nach eigenem Ermessen und ohne Einschränkung über die Einlage verfügen kann.[5] An der freien Verfügbarkeit fehlt es etwa dann, wenn bezüglich des Guthabens auf dem Einzahlungskonto Gegenforderungen bestehen, auf ein gesperrtes oder bereits gepfändetes Konto eingezahlt wird, die Einzahlung nur zum Schein erfolgt oder die Rückzahlung des zunächst vereinbarten Betrages vereinbart wird.[6] Gleiches gilt bei Einbeziehung des Einlagebetrages in ein Cash-Pool-System.[7] Problematisch können möglicherweise auch Verwendungsabsprachen[8] sein, während die Zahlung auf ein debitorisches Konto das Gebot der freien Verfügbarkeit nicht verletzt, soweit der Vorstand im Rahmen einer gewährten Kreditlinie über den eingezahlten Betrag verfügen kann.[9] Von der freien Verfügbarkeit zu unterscheiden ist die Frage, ab wann der Vorstand über den Einlagebetrag frei verfügen darf, ob er hierzu insbesondere bereits vor Anmeldung der Gesellschaft berechtigt ist. Die h.M. bejaht eine solche Berechtigung, jedoch – insoweit strenger als bei der Kapitalerhöhung – lediglich unter der Voraussetzung, dass der Gesellschaft ein wertgleicher (aktivierungsfähiger) Vorteil zufließt, der bei Anmeldung noch vorhanden ist.[10] Dieser Umstand ist dem Handelsregister gegenüber in der Anmeldung aufzudecken und die wertgleiche Deckung unter Beifügung entsprechender Unterlagen nachzuweisen.[11]

50

Aufzunehmen ist in die Handelsregisteranmeldung ferner die Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder sowie die (Negativ-)Versicherung hinsichtlich der Bestellungshindernisse i.S.d. § 76 Abs. 3 AktG, die zum Ausschluss vom Vorstandsamt führen. Dabei reicht es aus, wenn die Vorstandsmitglieder versichern, dass sie überhaupt nicht (weder im Inland noch im Ausland) vorbestraft sind.[12] Auf diese Weise lässt sich der textliche Umfang der Anmeldung erheblich reduzieren. Eine Zeichnung der Unterschriften ist nach der Neufassung des § 37 AktG durch das EHUG nicht mehr erforderlich. Stattdessen ist der Anmeldung gem. § 37 Abs. 4 Nr. 3a AktG n.F. eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats beizufügen. Dem Handelsregister sind mit der Anmeldung zusammen ferner einzureichen die in § 37 Abs. 4 AktG erwähnten Anlagen (Gründungsprotokoll, Aufsichtsratsbeschluss über Vorstandsbestellung, Gründungs- und Gründungsprüfungsberichte etc.).[13] Als Anlage nicht mehr beizufügen ist seit Inkrafttreten des MoMiG die Genehmigungsurkunde, selbst wenn der Gegenstand des Unternehmens oder eine andere Satzungsbestimmung der staatlichen Genehmigung bedarf.

51

Gemäß § 38 Abs. 1 AktG hat das Gericht zu prüfen, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. Ist dies nicht der Fall, ist die Eintragung abzulehnen. Die Prüfung erstreckt sich auf alle formalen und materiellen Eintragungsvoraussetzungen, wobei der Prüfungsumfang bezüglich des Satzungsinhalts auf die in § 38 Abs. 3 AktG genannten Kriterien beschränkt ist (s. 4. Kap. Rn. 7 ff.).

Anmerkungen

[1]

Vgl. BayObLGZ 1985, 82, 83, 87; Hüffer/Koch § 36 Rn. 2.

[2]

Der frühere § 36 Abs. 2 S. 2 AktG wurde ersatzlos gestrichen.

[3]

Vgl. hierzu BGH DB 2008, 692, 693 f.

 

[4]

Vgl. auch BGH DB 2008, 692, 693 f.

[5]

OLG Frankfurt AG 1991, 402, 403; Hüffer/Koch § 36 Rn. 7.

[6]

Beck’sches Formularbuch Aktienrecht/Pfisterer B.I.11 Ziff. 5 m.w.N.; vgl. auch BGH ZIP 2006, 1633 und BGH ZIP 2007, 528.

[7]

BGH ZIP 2006, 665; vgl. auch Hdb. des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht/Reul Teil 2, 2. Kap. Rn. 582.

[8]

Vgl. hierzu BGH ZIP 2007, 528 und Seibert/Kiem/Zimmermann Rn. 2.38.

[9]

Beck’sches Formularbuch Aktienrecht/Pfisterer B.I.11 Ziff. 5 m.w.N.

[10]

Hdb. des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht/Reul Teil 2, 2. Kap. Rn. 583 m.w.N.

[11]

Hdb. des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht/Reul Teil 2, 2. Kap. Rn. 583 m.w.N.; Seibert/Kiem/Zimmermann Rn. 2.40.

[12]

BGH DNotZ 2010, 930.

[13]

Vgl. zur HR-Anmeldung ausf. auch 12. Kap. Rn. 5 ff.

3. Kapitel Gründung › V. Mitteilungspflichten bei Gründung

V. Mitteilungspflichten bei Gründung

52

Gehören einem Unternehmen mehr als 25 % einer AG, so ist dies der Gesellschaft gem. § 20 AktG unverzüglich schriftlich mitzuteilen und von der Gesellschaft nach § 20 Abs. 6 AktG bekanntzumachen.[1] Auf diese Weise sollen Aktionäre, Gläubiger und Öffentlichkeit über Konzernverbindungen unterrichtet werden.[2] Die Mitteilungspflicht besteht nach überwiegender Ansicht auch im Falle der Übernahme von Aktien bei Gründung.[3] Kenntniserlangung des Vorstands auf andere Weise soll grundsätzlich nicht ausreichen.[4] Die Mitteilungspflicht besteht nur für Unternehmen, nicht jedoch für Privatpersonen. Folge einer unterbliebenen Mitteilung ist die Suspendierung der Rechte aus den Aktien, insbesondere auch des Stimm- und Auskunftsrechts (§ 20 Abs. 7 AktG).[5] Ein unter Mitwirkung eines wegen § 20 Abs. 7 AktG nicht stimmberechtigten Aktionärs gefasster Hauptversammlungsbeschluss ist lediglich anfechtbar.[6] Dies gilt auch, wenn sämtliche Aktionäre aus diesem Grunde kein Stimmrecht hatten, der Beschluss also „stimmlos“ gefasst wurde.[7] Die Mitteilungspflichten nach § 20 AktG gelten nicht für Beteiligungen an börsennotierten Gesellschaften i.S.v. § 21 Abs. 2 WpHG (vgl. § 20 Abs. 8 AktG). Dort finden die Mitteilungspflichten gem. § 21 ff. WpHG Anwendung.

53

Gemäß § 42 AktG hat eine AG, bei der alle Aktien allein oder neben der Gesellschaft einem Aktionär gehören, unverzüglich eine entsprechende Mitteilung zum Handelsregister einzureichen. § 42 AktG gilt nach allgemeiner Meinung auch für die Einpersonen-Gründung.[8] Ein Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht bleibt jedoch weitgehend sanktionslos. Im Wesentlichen kommt nur der Registerzwang gem. § 14 HGB in Betracht.[9]