Handbuch des Aktienrechts

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[247]

Hüffer/Koch § 67 Rn. 23; vgl. Rn. 122.

[248]

Marsch-Barner/Schäfer/Gätsch § 5 Rn. 75; Hüffer/Koch § 67 Rn. 24.

[249]

Marsch-Barner/Schäfer/Gätsch § 5 Rn. 75.

[250]

Hüffer/Koch § 67 Rn. 24; OLG Zweibrücken AG 1997, 140, 141.

[251]

Marsch-Barner/Schäfer/Gätsch § 5 Rn. 76; vgl. BGH NZG 2008, 149, 150; NZG 2010, 1430, 1431.

[252]

Hüffer/Koch § 67 Rn. 30.

[253]

Münch. Hdb. GesR IV/Sailer-Coceani § 14 Rn. 59; MünchKomm AktG/Bayer § 67 Rn. 164.

[254]

Hierzu im Einzelnen schon oben Rn. 59.

[255]

MünchKomm AktG/Heider § 8 Rn. 100.

[256]

Einzelheiten s.u. Rn. 146 ff.

[257]

Die für vinkulierte Namensaktien dargestellten Grundsätze (Rn. 146 ff.) gelten entspr.

[258]

§ 72 Abs. 2 AktG erwähnt Gewinnanteilsscheine lediglich im Zusammenhang mit der Kraftloserklärung von Urkunden.

[259]

Hüffer/Koch § 58 Rn. 29m.w.N.; a.A. Münch. Hdb. GesR IV/Sailer-Coceani § 12 Rn. 27.

[260]

Vgl. auch Münch. Hdb. GesR IV/Sailer-Coceani § 12 Rn. 30.

2. Kapitel Grundlagen › IV. Verfügungen über die Aktie

IV. Verfügungen über die Aktie

2. Kapitel Grundlagen › IV. Verfügungen über die Aktie › 1. Einführung

1. Einführung

140

Die Übertragung von Aktien kann in unterschiedlicher Weise erfolgen. Sämtliche Aktienarten, also sowohl Inhaber- als auch Namensaktien können durch formlose Abtretung (§§ 398, 413 BGB) übertragen werden.[1] Soweit das Mitgliedschaftsrecht nicht verkörpert ist, mithin gar keine Aktienurkunde existiert, ist die Abtretung die einzige Möglichkeit, die Mitgliedschaft zu übertragen. Im Übrigen ist zu differenzieren:

2. Kapitel Grundlagen › IV. Verfügungen über die Aktie › 2. Übertragung von nicht verwahrten Aktien

2. Übertragung von nicht verwahrten Aktien

2.1 Übertragung von Inhaberaktien

141

Verbriefte, nicht in einem Depot verwahrte Inhaberaktien können – im Wege der Einzelrechtsnachfolge – einerseits durch Abtretung (§§ 398, 413 BGB) und andererseits nach §§ 929 ff. BGB übertragen werden.[2]

142

Die Möglichkeit der Übertragung von Inhaberaktien durch Abtretung ist zwar nicht ganz unumstritten, entspricht aber der bei weitem herrschenden und zutreffenden Ansicht.[3] Es sind keine Gründe ersichtlich, warum eine Abtretung des Mitgliedschaftsrechts nicht wie bei jedem anderen Recht gem. §§ 413, 398 BGB möglich sein soll. Denn das Mitgliedschaftsrecht, welches ohne Verbriefung fraglos durch Abtretung übertragen werden kann, ändert sich durch die Ausgabe einer Aktienurkunde inhaltlich nicht.[4] Zu beachten ist jedoch, dass ein gutgläubiger Erwerb des Rechts durch Abtretung ausscheidet. Zudem besteht die Gefahr, dass – soweit das Mitgliedschaftsrecht lediglich abgetreten wird und die Urkunde nicht übergeben würde – ein gutgläubiger Dritter Eigentum an der Aktienurkunde und damit zugleich die Mitgliedschaft gutgläubig erwirbt.[5]

143

Daneben können Inhaberaktien durch Übereignung der Aktienurkunde nach §§ 929 ff. BGB übertragen werden. Voraussetzung ist indessen, dass die Aktienurkunde an sich wirksam ist[6] und ein wirksamer Begebungsvertrag zwischen Erstaktionär und Gesellschaft abgeschlossen wurde.[7]

144

Wird die Aktie nach §§ 929 ff. BGB übertragen, ist ein gutgläubiger Erwerb nach §§ 932 ff. BGB möglich.[8] Dies gilt nach § 935 Abs. 2 BGB selbst für abhanden gekommene Aktienurkunden. Auch § 366 HGB findet auf die Inhaberaktie Anwendung, so dass – bei Veräußerung durch einen Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes – sogar der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis geschützt wird.[9] Da ein gutgläubiger Erwerb ohne weiteres möglich ist, sollte der Erwerber einer Inhaberaktie auch auf die Aushändigung der Urkunde bestehen.

145

Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession), z.B. durch Erbschaft oder Verschmelzung zweier Gesellschaften, geht die Aktieninhaberschaft ohne weiteres auf den Rechtsnachfolger über.[10]

2.2 Übertragung von Namensaktien
2.2.1 Übertragung von nicht vinkulierten Namensaktien

146

Bei Namensaktien handelt es sich um geborene Orderpapiere[11] und keine Rektapapiere, weil keine besondere Orderklausel für die Übertragung erforderlich ist.[12]

147

Die Übertragung von Namensaktien kann gem. § 68 Abs. 1 S. 1 AktG durch Indossament erfolgen. Diese Übertragung erfolgt durch schriftliche Übertragungserklärung auf der Aktienurkunde oder einem fest mit dieser verbundenen Anhang und Übereignung der Urkunde nach §§ 929 ff. BGB.[13] Alternativ ist auch die Übertragung einer Namensaktie durch ein Blankoindossament (Art. 13 Abs. 2 WG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 2 AktG) möglich. In diesem Fall reicht die Übereignung der Urkunde nach §§ 929 ff. BGB aus, so dass eine blanko indossierte Namensaktie insoweit wie eine Inhaberaktie übertragen werden kann.[14] Nur mit einem Blankoindossament versehene Namensaktien sind börsen- und sammeldepotfähig, da sie so vertretbar i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 DepotG werden.[15]

148

§ 68 Abs. 1 S. 2 AktG ordnet für die Übertragung durch Indossament die sinngemäße Anwendung des Wechselrechts an, wodurch Legitimations- und Transportfunktion des Indossaments begründet werden.[16] Zunächst wird durch Art. 16 Abs. 1 WG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 2 AktG zugunsten des durch ununterbrochene Indossamentenkette ausgewiesenen Indossatars die (widerlegbare) Vermutung begründet, dass er rechtmäßiger Inhaber der Urkunde ist (sog. Legitimationsfunktion).[17] Dies gilt auch dann, wenn die Indossamentenkette Blankoindossamente enthält oder sogar das letzte Indossament ein Blankoindossament ist.[18] Darüber hinaus erweitert Art. 16 Abs. 2 WG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 2 AktG den Gutglaubensschutz dahingehend, dass bei ununterbrochener Indossamentenkette durch das Indossament die Mitgliedschaft auch dann auf den (gutgläubigen) Erwerber übertragen wird, wenn die Aktie dem eigentlich Berechtigten „irgendwie abhanden gekommen“ ist (sog. Transportfunktion).[19] Voraussetzung ist jedoch stets, dass die übertragene Mitgliedschaft besteht.[20]

149

Daneben ist aber ebenfalls eine Abtretung von Namensaktien nach §§ 398, 413 BGB zulässig, was sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 68 Abs. 1 AktG („auch“) ergibt.[21] Umstritten ist jedoch, ob neben der Abtretung der Mitgliedschaft auch die Aktienurkunde übergeben werden muss. Die Rechtsprechung und Teile der Literatur verlangen zusätzlich eine solche Übergabe der Urkunde nach § 929 S. 1 BGB oder ein Übergabesurrogat,[22] wohingegen die überwiegende Ansicht im Schrifttum dies mit Recht für nicht erforderlich hält,[23] denn aus §§ 398, 413 BGB lässt sich das Erfordernis einer Übergabe oder eines Surrogats nicht herleiten. Zu beachten ist indessen, dass die Übertragung allein durch Abtretung zu einer Unterbrechung der Indossamentenkette führt und damit bei weiteren Übertragungen kein Gutglaubensschutz mehr besteht. Im Fall der Abtretung folgt das Eigentum an der Urkunde der Mitgliedschaft analog § 952 BGB. Die Satzung kann nach h.M. eine Übertragung durch Abtretung nicht ausschließen.[24]

2.2.2 Übertragung vinkulierter Namensaktien
2.2.2.1 Erfasste Rechtsgeschäfte

150

§ 68 Abs. 2 AktG macht eine Ausnahme vom Grundsatz der freien Übertragbarkeit von Aktien, indem er Satzungsregelungen gestattet, durch die die Übertragung von Aktien an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden wird (vinkulierte Namensaktien).[25] Die Vinkulierung führt dazu, dass Aktien ohne Zustimmung der Gesellschaft nicht wirksam übertragen werden können. Dies betrifft ausweislich des Wortlauts von § 68 Abs. 2 S. 1 AktG lediglich das dingliche Rechtsgeschäft. Die bloße Verpflichtung zur Übertragung kann demgegenüber wirksam begründet werden.[26] Eine – der Zustimmung der Gesellschaft bedürfende – Übertragung liegt nur im Falle der Einzelrechtsnachfolge vor. Der Wechsel der Inhaberschaft durch Gesamtrechtsnachfolge bedarf grundsätzlich nicht der Zustimmung der Gesellschaft.[27] Ebenfalls von der Vinkulierung erfasst sind sonstige Verfügungen über Aktien, wie bspw. die Verpfändung und die Einräumung eines Nießbrauchs.[28] Dies gilt nicht für die Pfändung vinkulierter Namensaktien im Wege der Zwangsvollstreckung, da andernfalls Vermögenswerte der hoheitlichen Vollstreckung entzogen werden könnten.[29]

 

151

Sehr problematisch ist hingegen die Behandlung von Gestaltungsvarianten, die im Ergebnis zur Umgehung der Vinkulierung führen. Dies kann einerseits durch schuldrechtliche Gestaltungen geschehen, die einer Verfügung über die Aktie wirtschaftlich nahe kommen.[30] Zum anderen könnte aber auch an umwandlungsrechtliche Alternativen zur individuellen Übertragung von Aktien oder an die Übertragung der die Aktien haltenden Gesellschaft[31] gedacht werden. Insoweit ist die Rechtslage weitgehend ungeklärt, so dass bei einer Vinkulierung von Aktien immer auch an flankierende Vertragsgestaltungen gedacht werden sollte. Insoweit bieten sich namentlich Ausschlussklauseln in der Satzung der AG, Aktionärsvereinbarungen oder – soweit es sich bei Aktionären wiederum um juristische Personen handelt – Vinkulierungsklauseln bei der Aktionärin an.[32]

2.2.2.2 Rechtsfolgen fehlender Zustimmung

152

Wird eine Verfügung über vinkulierte Aktien ohne Zustimmung der Gesellschaft vorgenommen, ist diese zunächst schwebend unwirksam.[33] Dieser Schwebezustand wird mit Erklärung der Gesellschaft beendet.[34] Wird der Übertragung zugestimmt, wirkt diese zurück auf den Übertragungsvorgang; im Falle der Verweigerung wird die Verfügung endgültig unwirksam. Selbst wenn die Zustimmungsverweigerung später widerrufen und eine Zustimmung erteilt würde, müsste das dingliche Rechtsgeschäft dann erneut vorgenommen werden.[35] Anderes gilt hingegen dann, wenn die Zustimmungserteilung missbräuchlich verweigert worden ist.[36] In diesem Fall entfaltet die Zustimmungsverweigerung keine Rechtswirkungen, so dass der Schwebezustand nach wie vor fortbesteht.[37] Da die Grenze zwischen bloß rechtswidriger und missbräuchlicher Zustimmungsverweigerung nur schwer bestimmt werden kann, sollte aber auch in solchen Fallgestaltungen allein aus Vorsichtsgesichtspunkten das Verfügungsgeschäft erneut vorgenommen werden.

153

Die Zustimmung bzw. ihre Verweigerung sind jeweils als Willenserklärungen der AG zu qualifizieren.[38] Dies hat zur Folge, dass auch diejenige Zustimmungserklärung bzw. Zustimmungsverweigerung Wirksamkeit entfaltet, die entgegen der internen Entscheidung[39] ausgesprochen wurde.[40]

154

Wird die Zustimmung verweigert, ist – da das Kausalgeschäft wirksam bleibt – der Aktionär dem Käufer gegenüber weiterhin zur Übertragung der Anteile verpflichtet.[41] Die Verweigerung der Zustimmung durch die Gesellschaft macht ihm seine Leistung jedoch unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB). Der Käufer kann vom Aktionär unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB entweder Schadensersatz statt der Leistung verlangen oder nach §§ 326 Abs. 5, 323, 346 ff. BGB – ggf. jeweils i.V.m. §§ 453, 435, 437 Nr. 2 bzw. Nr. 3 BGB[42] – vom Vertrag zurücktreten. Der Aktionär haftet dem Käufer jedoch nicht, wenn die Vinkulierung dem Käufer bei Vertragsschluss bekannt war (§ 442 BGB analog bzw. § 254 BGB).[43] In jedem Fall verliert der Aktionär gem. § 326 Abs. 1 BGB den Anspruch auf den Kaufpreis. Regelmäßig empfiehlt sich für den veräußerungswilligen Aktionär, das Kausalgeschäft unter die aufschiebende Bedingung der Zustimmung der Gesellschaft zu stellen.

155

Bei pflichtwidriger Verweigerung der Zustimmung durch die Gesellschaft steht dem betroffenen Aktionär und dem Erwerber als Prozessstandschafter ein klagbarer Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zu.[44]

2.2.2.3 Erteilung der Zustimmung, Entscheidung über die Zustimmung bzw. Zustimmungsverweigerung

156

Sind die Aktien vinkuliert,[45] bedarf ihre Übertragung der Zustimmung der Gesellschaft. Insoweit ist zwischen der internen Willensbildung und der Erklärung der Zustimmung bzw. Zustimmungsverweigerung zu differenzieren. Während die Erklärung der Zustimmung bzw. Zustimmungsverweigerung immer dem Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl obliegt, kann die Satzung die Entscheidung über die Zustimmungserteilung auch auf den Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung verlagern (vgl. § 68 Abs. 2 S. 3 AktG). Wird keine solche Regelung in der Satzung getroffen, ist der Vorstand – insoweit allerdings als Gesamtorgan[46] – auch für die Entscheidung über die Zustimmung zuständig (§ 68 Abs. 2 S. 2 AktG). Die zu erteilende Zustimmung erfolgt durch empfangsbedürftige Willenserklärung und kann sowohl vorher in Form der Einwilligung (§ 183 BGB) als auch nachher als Genehmigung (§ 184 BGB) – und zwar ausdrücklich oder konkludent – erteilt werden. Haben Veräußerer oder Erwerber die Gesellschaft zur Zustimmung aufgefordert, ist diese innerhalb einer angemessenen Frist zu erklären oder zu verweigern, wobei die Zustimmung nach Ablauf der Frist als verweigert gilt.[47] Eine Begründung für die Entscheidung der Gesellschaft ist nur erforderlich, wenn die Gesellschaft die Zustimmung verweigert und die Satzung die Gründe für die Verweigerung abschließend oder als Maßstab für ähnliche Sachverhalte festlegt.[48]

157

Die Satzung kann gem. § 68 Abs. 2 S. 3 AktG bestimmen, dass über die Zustimmung der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung beschließt. Demgegenüber ist es nach h.M. nicht zulässig, das Recht der Zustimmung auf einen Dritten, beispielsweise einen Aktionär, zu übertragen.[49] Auch darf die Zustimmung nicht mehreren Organen der AG gemeinsam übertragen werden, weil hierin eine unzulässige Erschwerung der Übertragbarkeit der Aktie über § 68 Abs. 2 AktG hinaus läge.[50]

158

Obliegt die Entscheidung über die Zustimmung der Hauptversammlung, ist der seine Aktien veräußernde Aktionär bei der Beschlussfassung nicht nach § 136 AktG an der Ausübung seines Stimmrechts gehindert.[51] Anders verhält es sich hingegen, wenn der Vorstand – dem gesetzlichen Regelfall entsprechend – über die Zustimmung zu entscheiden hat und eines seiner Mitglieder seine Aktien veräußern möchte. In diesem Fall ist er von der Beschlussfassung analog § 34 BGB ausgeschlossen.[52]

159

Weiterhin kann die Satzung gem. § 68 Abs. 2 S. 4 AktG die Gründe bestimmen, aus denen die Zustimmung verweigert werden darf. Dies darf aber weder zur Unveräußerlichkeit der Aktie auf unbestimmte Zeit führen[53] noch darf die Satzung so ausgestaltet sein, dass die Zustimmung bei Vorliegen bestimmter Gründe versagt werden muss.[54] Als Verweigerungsgründe kommen insbesondere die mangelnde Solvenz des Erwerbers sowie eine fehlende Familienzugehörigkeit bei der Familien-AG in Betracht.[55]

160

Die Satzung darf jedoch keine anderen Voraussetzungen als die Zustimmung der Gesellschaft für die Übertragung von Aktien normieren, da § 68 Abs. 2 AktG andere Erschwerungsformen nicht vorsieht.[56] So kann die Abtretung der Mitgliedschaftsrechte über § 68 Abs. 2 AktG hinaus insbesondere nicht an eine bestimmte Form gebunden werden (beispielsweise an eine Unterschriftsbeglaubigung auf der Abtretungsurkunde), weil darin eine unzulässige Erschwerung der freien Übertragbarkeit der Aktien läge.[57] Schuldrechtlich können sich die Aktionäre jedoch zur Einhaltung einer bestimmten Form für die Abtretung verpflichten.[58]

161

Bestimmt die Satzung keine Gründe für eine Verweigerung der Zustimmung, trifft das zuständige Organ seine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen[59] und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots (§ 53a AktG).[60] Abgewogen werden muss das Wohl der Gesellschaft mit den Interessen des Aktionärs, wobei eine Verweigerung der Zustimmung nur dann erfolgen darf, wenn sie erforderlich und verhältnismäßig ist.[61] Der Grundsatz der freien Übertragbarkeit von Aktien führt dazu, dass in bestimmten Fällen die Zustimmung nur aus wichtigem Grund versagt werden darf,[62] so bspw. wenn einem veräußerungswilligen Aktionär wiederholt die Zustimmung verweigert wurde, obwohl er mehrere Erwerbswillige vorgestellt hat, oder wenn das zuständige Organ die Zustimmung anderen Aktionären in gleicher Lage erteilt hat (§ 53a AktG).

162

Streitig ist, ob die Zustimmung des zuständigen Organs auch dann erforderlich ist, wenn ausschließlich Aktionäre der Gesellschaft als Veräußerer und Erwerber beteiligt sind oder ein Alleinaktionär über seine Aktien verfügt.[63] Das OLG München[64] wandte im Einklang mit der aktienrechtlichen Literatur[65] die für die GmbH entwickelten Grundsätze[66] auf die AG an und hielt die Zustimmung für entbehrlich, weil das Zustimmungserfordernis seinen Sinn verliere, wenn sich alle Aktien in einer Hand vereinigten. Dem kann nicht gefolgt werden. Denn die Entscheidung über die Zustimmung zur Anteilsübertragung ist von den zuständigen Organen anhand der in der Satzung niedergelegten Kriterien oder unter Abwägung verschiedener Interessen, darunter auch das Gesellschaftsinteresse,[67] zu treffen.[68] Selbst wenn ein Anspruch auf Zustimmung zur Übertragung besteht, ist allein aus Gründen der Rechtssicherheit eine solche Zustimmung einzuholen.

2. Kapitel Grundlagen › IV. Verfügungen über die Aktie › 3. Übertragung von Aktien in Verwahrung

3. Übertragung von Aktien in Verwahrung

163

In der Praxis der Publikumsgesellschaft werden Aktien überwiegend nach den Vorschriften des Depotgesetzes übertragen, wobei eine Übertragung von Aktien in Sonderverwahrung bei einem Kreditinstitut (§ 2 DepotG) wegen ihres hohen Verwaltungsaufwands nur sehr selten vorkommt[69] und damit die Übertragung von Aktien in Sammelverwahrung (§ 5 DepotG) den Regelfall darstellt.

3.1 Sonderverwahrung

164

Inhaberaktien und blankoindossierte Namensaktien können bei einem Kreditinstitut in Sonderverwahrung gegeben werden. Der Hinterleger bleibt weiterhin Eigentümer der Aktie. Aufgrund eines durch einen zwischen dem Kreditinstitut und dem Aktionär geschlossenen Verwahrungsvertrag bestehenden Besitzmittlungsverhältnisses ist der Aktionär mittelbarer Eigenbesitzer und das verwahrende Institut unmittelbarer Fremdbesitzer.[70] Die Übertragung sonderverwahrter Aktien kann sowohl nach §§ 929 ff. BGB erfolgen als auch durch Abtretung gem. §§ 413, 398 BGB.[71] Werden die Aktien gem. §§ 929 ff. BGB übereignet, bemisst sich ein gutgläubiger Erwerb des Erwerbers nach §§ 932 ff. BGB, im Falle der Abtretung scheidet ein gutgläubiger Erwerb aus.

3.2 Girosammelverwahrung

165

Weiterhin können blankoindossierte Namensaktien und Inhaberaktien bei einer Wertpapiersammelbank in Sammelverwahrung genommen werden.[72] Existiert eine Globalurkunde (Sammelurkunde i.S.d. § 9a DepotG), weil durch die Satzung der Gesellschaft der Anspruch des Aktionärs auf Einzel- oder Sammelverbriefung seines Mitgliedschaftsrechts ausgeschlossen ist (§ 10 Abs. 5 AktG), kommt alleine die Girosammelverwahrung in Betracht.[73] In Deutschland ist die einzige Wertpapiersammelbank i.S.v. § 1 Abs. 3 DepotG die Clearstream Banking AG. Wird die Globalurkunde bei dieser sammelverwahrt, sind alle Aktionäre Miteigentümer nach Bruchteilen an der Globalurkunde (§ 6 Abs. 1 DepotG).[74] Weil die §§ 6 ff. DepotG die §§ 1008 ff., 741 ff. BGB weitgehend verdrängen, entsteht zwischen den Miteigentümern eine Bruchteilsgemeinschaft eigener Art,[75] wobei für die Bestimmung des Bruchteils der (rechnerische) Nennbetrag maßgebend ist (§ 6 Abs. 1 DepotG). Da bei der Clearstream Banking AG nur Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute Kunden werden können, erfolgt die Einlieferung der Aktie bei der Clearstream Banking AG zwangsläufig über eine Depotbank. Wird die Aktie durch diese eingeliefert, entsteht ein gestuftes Verwahrungsverhältnis zwischen dem Hinterleger, seiner Depotbank und der Clearstream Banking AG. Gleichzeitig wird die Clearstream Banking AG unmittelbare Fremdbesitzerin, die Depotbank mittelbare Fremdbesitzerin erster Stufe und der Hinterleger mittelbarer Eigenbesitzer auf zweiter Stufe.[76]

 

166

Für die Übertragung eines Miteigentumsanteil an der Sammelurkunde sind die §§ 929, 931 BGB maßgeblich. Zunächst ist eine Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber i.S.d. § 929 S. 1 BGB erforderlich. Die Übergabe erfolgt dadurch, dass der Veräußerer über seine Depotbank die Clearstream Banking AG anweist, mit dem Erwerber oder dessen Depotbank ein neues Besitzmittlungsverhältnis zu vereinbaren.[77] Mit Erlangung des mittelbaren Besitzes, also der Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses, ist auch bei dieser Form der Übereignung gutgläubiger Erwerb gem. § 934 BGB möglich.[78]