Handbuch des Aktienrechts

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4.5 Insbesondere: Vorzugsaktien ohne Stimmrecht

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Von praktischer Bedeutung ist die Aktiengattung der Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. Alleine an deutschen Börsen werden von mehr als 30 AG Vorzugsaktien gehandelt.[130]

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Dieser Aktiengattung widmet das AktG einen eigenen Unterabschnitt (§§ 139 ff. AktG). Hintergrund dieses Regelungsbedürfnisses ist der Umstand, dass es nach allgemeinen Grundsätzen nicht zulässig ist, das aus der Aktie resultierende Stimmrecht zu beschränken.[131] Soll dies dennoch erfolgen, muss gleichsam als Ausgleich für den Verlust des Stimmrechts gem. § 139 Abs. 1 AktG ein Vorzug bei der Verteilung des Gewinns gewährt werden.[132] Umgekehrt lebt das Stimmrecht gem. § 140 Abs. 2 AktG wieder auf, wenn der Vorzugsbetrag nicht oder nicht vollständig gezahlt wurde.

4.5.1 Motive für die Schaffung von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht

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Durch die Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht wird der AG eine weitere Finanzierungsmöglichkeit[133] zur Verfügung gestellt,[134] die – anders als beispielsweise die Zinsen für ein klassisches Darlehn – nicht das Jahresergebnis der AG schmälern, auf der anderen Seite auf Ebene der Gesellschaft aber auch nicht steuerlich berücksichtigt werden können. Die Gewinnvorzüge werden gem. § 57 Abs. 3 AktG vielmehr nur aus den festgestellten Bilanzgewinnen bedient.[135] Daneben ermöglicht die Ausgabe von stimmrechtslosen Vorzugsaktien – freilich nur im Rahmen des § 139 Abs. 2 AktG – die Einwerbung von Eigenkapital, ohne zugleich Leitungsmacht der stimmberechtigten Aktionäre abzugeben. Gerade dieser Umstand macht Vorzugsaktien für sog. Familien-AG[136] besonders interessant.[137] Auf der anderen Seite werden Vorzugsaktien ohne Stimmrecht regelmäßig mit einem Preisabschlag im Vergleich zu Stammaktien gehandelt,[138] so dass die AG durch die Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht weniger Kapital einwerben kann, als durch die Ausgabe von Stammaktien. Überspitzt könnte man formulieren, dass Vorzugsaktien ohne Stimmrecht im Regelfall[139] teureres Eigenkapital darstellen als Stammaktien.

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Zugleich trägt diese Aktiengattung dem Umstand Rechnung, dass ein beachtlicher Teil derjenigen Aktionäre, die nur zu einem geringen Maße am Grundkapital beteiligt sind, mehr an Rendite als am Mitentscheidungsrecht auf der Hauptversammlung interessiert sind, zumal sich letzteres bei geringer Beteiligungsquote ohnehin nur in Ausnahmekonstellationen auswirkt.[140] Auf der anderen Seite bewirkt die Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, dass auf diejenigen Aktien, die nicht mit einem Gewinnvorzug ausgestattet sind, nur der verbleibende Bilanzgewinn zu verteilen ist. Trotz dieses Gewinnvorzugs werden die stimmrechtslosen Vorzugsaktien einer Gesellschaft im Vergleich zu den stimmberechtigten Stammaktien an der Börse mit einem Abschlag von durchschnittlich 10–35 % gehandelt,[141] woraus die Bedeutung des Stimmrechts am Markt abgeleitet werden kann.

4.5.2 Vorzug

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Der Vorzug i.S.d. §§ 139 ff. AktG kann nach § 139 Abs. 1 S. 2 AktG insbesondere darin bestehen, dass den Vorzugsaktionären bei der Gewinnverteilung eine Vorabdividende in Form eines auf ihre Aktien vorweg entfallenden Gewinnanteils oder aber eine Mehrdividende in Form eines gegenüber den Stammaktionären erhöhten Gewinnanteils gewährt wird. Möglich sind aber auch eine Kombination aus Vorab- und Mehrdividende oder andere Gestaltungen (vgl. Wortlaut des § 139 Abs. 1 S. 2 AktG „insbesondere“).[142] Wird eine Vorabdividende gewährt, steht es bei dem Beschluss über die Gewinnverwendung nicht im Ermessen der Hauptversammlung, die Vorzüge zu bedienen oder nicht. Vielmehr ist zwingend zunächst der Vorzug (und ggf. der nachzuzahlende Vorzug) zu bedienen, bevor Dividenden an die Stammaktionäre ausgeschüttet werden dürfen.[143]

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Dies bedeutet allerdings nicht, dass Vorzugsaktionäre bei der Gewinnverteilung besser zu stellen sind als Stammaktionäre. Es ist namentlich möglich, Vorzugsaktien nur eine – beispielsweise auch geringfügige – Vorabdividende zuzuwenden und sie nach der Verteilung dieses Vorzugs von der restlichen Gewinnverteilung auszuschließen (sog. Höchstdividende).[144] In diesem Fall werden Vorzugsaktionäre nur dann – ausnahmsweise – bei der Gewinnverteilung bevorzugt, wenn nach Zahlung der Vorabdividende für die restlichen Stammaktionäre weniger Gewinn verteilt werden kann als den Vorzugsaktionären als Vorabdividende. Solche Fallgestaltungen finden sich in der Praxis allerdings kaum. Sollen solche Vorzugsaktien mit Höchstdividende geschaffen werden, ist dies eindeutig in der Satzung zum Ausdruck zu bringen.[145]

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In aller Regel wird aber zunächst die Vorabdividende an die Vorzugsaktionäre ausgekehrt und der restliche Gewinn gleichmäßig nach Kapitalanteilen sowohl auf Vorzugs- als auch auf Stammaktionäre verteilt.[146]

4.5.3 Höhe des Vorzugs

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Die Höhe des Vorzugs kann die Satzung frei regeln, solange dieser jederzeit objektiv berechenbar ist.[147] Daher darf die Höhe des Vorzugs nicht mit der Höhe des Bilanzgewinns verknüpft werden.[148] Auf den verteilungsfähigen Gewinn kann als Bezugsgröße also nicht etwa derart abgestellt werden,[149] dass die Vorzugsaktionäre 40 % des verteilungsfähigen Gewinns erhalten sollen. Üblich ist insoweit ein bestimmter Euro-Betrag, der als Vorzug zu zahlen ist. Denkbar wäre allerdings auch, auf eine veränderliche, aber objektiv im Voraus bestimmbare Größe abzustellen wie bspw. dem Produkt aus Basiszinssatz und Nennbetrag.[150]

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Eine Mindestgrenze für die Höhe des Vorzugs sieht das Gesetz nicht vor, so dass es auch möglich ist, dem Aktionär als Vorzug lediglich 0,01 EUR unter Ausschluss bei der restlichen Gewinnverteilung[151] einzuräumen. Das macht deutlich, dass es – entgegen dem gesetzlichen Leitbild – möglich ist, eine Aktiengattung zu schaffen, die dem Aktionär weder Stimmrecht noch nennenswerte finanzielle Vorteile einräumt.[152]

4.5.4 Nachzahlbarkeit

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Der Vorzug kann, muss jedoch nicht mehr zwingend (anders als vor der Aktienrechtsnovelle 2016) nachzahlbar ausgestaltet sein; eine Vorabdividende ist stets nachzuzahlen (anders als andere Arten des Vorzugs[153]), wenn die Satzung nichts anderes bestimmt (§ 139 Abs. 1 S. 3 AktG). Bei einem nachzuzahlenden Vorzug sind sämtliche in der Vergangenheit nicht ausbezahlten Vorzüge nachzuzahlen, wenn der Vorzug in einem Jahr oder mehreren Jahren nicht bedient wird (§ 140 Abs. 2 S. 1 AktG). Nach dem gesetzlichen Normalfall (§ 140 Abs. 3 AktG) handelt es sich bei der Nachzahlbarkeit um kein selbstständiges Recht. Wird also in einem Jahr der Vorzug nicht bedient, hat der Aktionär (noch) keinen – aufschiebend auf den entsprechenden Gewinnverwendungsbeschluss bedingten – Anspruch auf Nachzahlung, so dass beispielsweise bei Abtretung der Anteile der Anspruch auf Nachzahlung unmittelbar bei der Person entsteht, der zum Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses Aktionär ist.

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Eine Ausgestaltung als selbstständiger schuldrechtlicher Anspruch ist indessen nach § 140 Abs. 3 AktG in der Satzung möglich. Die Art der Ausgestaltung hat Auswirkungen auf die nachträgliche Entziehbarkeit der nachzuzahlenden Vorzüge[154] und die Möglichkeit, isoliert über den – selbstständig ausgestalteten – Anspruch auf Nachzahlung zu verfügen.[155] Auf die Verjährung hat die Ausgestaltung der Nachzahlbarkeit indessen keinen Einfluss, denn als bloß aufschiebend bedingter Anspruch beginnt auch die Verjährung nicht vor Bedingungseintritt, also nicht vor Fassung eines entsprechenden Gewinnverwendungsbeschlusses. Zu verzinsen sind die nachzuzahlenden Vorzüge weder bei selbstständig noch bei unselbstständig ausgestalteter Nachzahlbarkeit.

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Anders als nach früherem Recht ist es seit Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle 2016 mit der Neufassung des § 139 Abs. 1 AktG möglich, stimmrechtslose Vorzugsaktien zu schaffen, deren Nachzahlbarkeit auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt ist.[156] Denn wenn von der Nachzahlbarkeit des Vorzugs sogar vollständig abgesehen werden kann, muss diese erst recht auch bloß beschränkt gewährt werden können.[157] Zulässig sind daher auch beliebige weitere Ausgestaltungen, z.B.: Festlegung derselben Priorität für die Nachzahlung wie für den Vorzug selbst; Begrenzung des Nachzahlungsvorzugs der Höhe nach (abweichend von der Höhe des Vorzugs selbst); Stundung, Befristung oder auflösende Bedingung für die Nachzahlungspflicht etc.[158]

4.5.5 Ausschluss des Stimmrechts – Wiederaufleben

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Vorzugsaktien ohne Stimmrecht gewähren dem Aktionär generell kein Stimmrecht auf der Hauptversammlung der AG. Der Ausschluss des Stimmrechts kann nicht derart eingeschränkt werden, dass Vorzugsaktionäre bei bestimmten, bspw. besonders wichtigen Beschlussgegenständen stimmberechtigt sind,[159] denn das Stimmrecht kann entweder ganz oder gar nicht ausgeschlossen werden. Ebenso wenig ist es möglich, den Vorzugsaktien nur ein geringwertigeres Stimmrecht einzuräumen, da dies der Sache nach die Stammaktien zu Mehrstimmaktien qualifizieren würde.[160]

 

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Das eigentlich ausgeschlossene Stimmrecht lebt allerdings wieder auf, wenn die den Stimmrechtsausschluss rechtfertigende Vorabdividende nicht ausbezahlt wird. § 140 Abs. 2 S. 1 AktG sieht ein Aufleben des Stimmrechts für einen nachzuzahlenden Vorzug dann vor, wenn der Vorzugsbetrag im Vorjahr nicht (vollständig) und im Folgejahr der nachzuzahlende oder der aktuelle Vorzug nicht (vollständig) gezahlt werden. Diese Regelung entspricht dem gesetzgeberischen Konzept der Vorzugsaktien ohne Stimmrecht: Allein der finanzielle Vorzug rechtfertigt den Ausschluss des Stimmrechts – wird dieser nicht bezahlt, sind die Vorzugsaktien voll stimmberechtigt. Für einen nicht nachzuzahlenden Vorzug lebt das Stimmrecht nach § 140 Abs. 2 S. 2 AktG bereits in demselben Jahr wieder auf, in dem der Vorzug nicht (vollständig) gezahlt wird. Werden ein nachzuzahlender und ein nicht nachzuzahlender Vorzug kombiniert, lebt das Stimmrecht bereits mit dem nicht (vollständig) gezahlten nicht nachzahlbaren Teil auf; es erlischt indes auch bereits wieder in dem Jahr, in dem der nicht nachzahlbare Vorzugsteil ohne Rücksicht auf noch ausstehende Beträge erstmals wieder gezahlt wird.[161]

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Aus dem Gesetzeswortlaut lässt sich allerdings nicht ohne weiteres entnehmen, in welchem Zeitpunkt das Stimmrecht wieder auflebt. Für einen nachzuzahlenden Vorzug ist nach § 140 Abs. 2 S. 1 AktG zunächst klar, dass ein bloß einmaliges Nicht-Bedienen des Vorzugs folgenlos bleibt. Das Wiederaufleben des Stimmrechts kommt daher frühestens im Hinblick auf die (zweite) ordentliche HV des Folgejahrs in Betracht.

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Der Gesetzeswortlaut legt darüber hinaus nahe, dass auch in der darauf folgenden (zweiten) ordentlichen Hauptversammlung noch kein Stimmrecht besteht. Denn bis zur Wirksamkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses steht noch nicht fest, ob der aktuelle und der nachzuzahlende Vorzug bedient werden. Da der Gewinnverwendungsbeschluss wiederum nach § 130 Abs. 1 bzw. Abs. 3 AktG erst mit der Beurkundung bzw. Unterzeichnung der Niederschrift wirksam wird, nimmt die ehemals vorherrschende Ansicht an, dass das Stimmrecht grundsätzlich erst in der auf die zweite ordentliche HV folgenden HV besteht.[162] Da indessen HV-Beschlüsse im Verhältnis der Aktionäre zueinander bereits mit der Beschlussfassung Bindungswirkung entfalten,[163] hat sich mittlerweile die zutreffende Ansicht im Schrifttum durchgesetzt, den Vorzugsaktionären schon mit der Feststellung des Abstimmungsergebnisses zum Gewinnverwendungsbeschluss durch den Vorsitzenden das Stimmrecht einzuräumen.[164] Die Vorzugsaktionäre können daher bereits an Abstimmungen derselben Hauptversammlung teilnehmen, die nach dieser Feststellung stattfinden.[165]

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Unter bestimmten Voraussetzungen sind Vorzugsaktionäre allerdings schon in der gesamten zweiten ordentlichen HV stimmberechtigt. Ist nämlich der Aufsichtsrat – wie im gesetzlichen Regelfall (§ 172 AktG) – zur Feststellung des Jahresabschlusses berufen und reicht der Bilanzgewinn nicht aus, um den nachzuzahlenden und aktuellen Vorzug vollständig zu bedienen, sind die Vorzugsaktien bereits in der zweiten HV stimmberechtigt; denn es steht – allein aufgrund des fehlenden Gewinns – schon im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat vor der HV fest, dass der nachzuzahlende und aktuelle Vorzug nicht bedient werden kann.[166] Diese Ausnahme greift allerdings nicht schon dann ein, wenn lediglich die Verwaltung vorschlägt, den nachzuzahlenden und aktuellen Vorzug nicht zu bedienen, der Gewinn aber hierfür ausreichen würde. Denn die Hauptversammlung ist an diesen Vorschlag nicht gebunden und könnte theoretisch anders entscheiden.

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Für einen nicht nachzuzahlenden Vorzug reicht nach § 140 Abs. 2 S. 2 AktG bereits eine einmalige Nicht-Zahlung für das Wiederaufleben des Stimmrechts aus. Die vorgenannten Ausführungen gelten insoweit entsprechend: Das Stimmrecht lebt wieder auf im Zeitpunkt der Feststellung des Abstimmungsergebnisses zum Gewinnverwendungsbeschluss in der (ersten) ordentlichen HV des Jahres, in dem erstmals keine Zahlung erfolgt bzw. im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses vor dieser HV. Das Stimmrecht erlischt nach § 140 Abs. 2 S. 2 AktG, wenn der Vorzug in einem Jahr vollständig gezahlt ist.

2. Kapitel Grundlagen › III. Grundkapital und Aktie › 5. Form und Inhalt der Aktie

5. Form und Inhalt der Aktie

5.1 Historisches gesetzliches Leitbild und Rechtswirklichkeit

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Nach seiner Entstehungsgeschichte hat das AktG die Ausgabe physischer Aktienurkunden an jeden Aktionär vor Augen, obwohl die Ausgabe von Aktien auch nach hergebrachter Rechtslage nicht zwingend erforderlich war, soweit sie nicht von den Aktionären verlangt wurde.[167] Da den Aktionären indessen ein unentziehbarer Anspruch auf Einzelverbriefung zustand, konnten diese die Ausgabe von Aktien in der jeweils kleinsten satzungsmäßig vorgesehenen Stückelung verlangen.[168] Seit Inkrafttreten des Gesetzes für kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts[169] im Jahre 1994, durch das § 10 Abs. 5 AktG a.F. eingeführt wurde, ist es möglich, den Anspruch auf Einzelverbriefung gänzlich auszuschließen.[170] Hierdurch sollte mit Blick auf das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz[171], welches eine Mindeststückelung von 5 DM vorsah, vermieden werden, dass die Gesellschaften mit zu hohen Druckkosten belastet werden.[172] Von dieser Gesetzesänderung blieb indessen das Recht des Aktionärs, eine Verbriefung seiner Aktien als Sammelurkunde zu verlangen, unberührt.[173] Von der Möglichkeit, den Anspruch auf Einzelverbriefung auszuschließen, machten namentlich größere Publikumsgesellschaften ausgiebig Gebrauch.

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Den nächsten Schritt ging der Gesetzgeber mit dem KonTraG.[174] Hiernach konnte die Satzung über den Ausschluss der Einzelverbriefung hinaus sogar das Recht der Aktionäre ausschließen, die eigenen Aktien in einer Sammelurkunde verbrieft zu bekommen. Allerdings bleibt auch durch diese Gesetzesänderung der Anspruch eines jeden Aktionärs unberührt, die Verbriefung seiner Mitgliedschaft in einer Dauerglobalurkunde zu verlangen.[175] Dass dieser Anspruch grundsätzlich besteht, wird auch von § 10 Abs. 5 AktG vorausgesetzt. Entscheidet sich die AG zu einer solchen Satzungsregelung, kann der Aktionär keine individuelle Verbriefung seiner Anteile – auch nicht durch Mehrfachurkunden – verlangen.[176]

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Die Ausgabe von sog. Dauerglobalurkunden i.S.v. § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG ist seither zum absoluten Regelfall geworden.[177] Einige AG haben abweichend hiervon den Verbriefungsanspruch nicht ausgeschlossen, sondern davon abhängig gemacht, dass der Aktionär die Kosten für die Herstellung der Urkunden trägt.[178]

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Soweit der Ausschluss des Verbriefungsrechts – bis auf die Verbriefung in einer Dauerglobalurkunde – nicht in der ursprünglichen Satzung enthalten ist, kann dieser nachträglich mittels Satzungsänderung erfolgen. Für eine solche Satzungsänderung ist nach h.M. nicht die Zustimmung sämtlicher Aktionäre erforderlich,[179] obwohl hierdurch eigentlich in die Rechte jedes Aktionärs eingegriffen wird.[180] Die h.M. stützt dieses Verständnis auf § 10 Abs. 5 AktG, der als Spezialnorm einen Rückgriff auf allgemeine Grundsätze ausschließe.[181]

5.2 Form und Inhalt der Aktie

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Da der Anspruch des Aktionärs auf Verbriefung seiner Mitgliedschaft in einer Dauerglobalurkunde nach wie vor besteht[182] und Formverstöße die Urkunde grundsätzlich unwirksam machen[183] (ohne dass davon freilich die eigentliche Mitgliedschaft beeinträchtigt würde[184]), ist bei der Erstellung der Aktienurkunde genau auf die Einhaltung der entsprechenden Regelungen zu achten. Das AktG regelt insoweit lediglich Teilaspekte der Aktienurkunde.[185]

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Die Form der Aktienurkunde ist im Wesentlichen in § 13 AktG geregelt, der jedoch lediglich verlangt, dass Aktien unterzeichnet sein müssen.[186] Diese Unterzeichnung muss von Vorstandsmitgliedern in vertretungsberechtigter Zahl oder von durch den Vorstand bevollmächtigten Personen vorgenommen werden,[187] wobei eine eigenhändige Namenszeichnung möglich, jedoch nicht erforderlich ist. Auch eine vervielfältigte Namensunterschrift ist ausreichend, solange sie mit Wissen und Wollen des Namensträgers auf die Urkunde gelangt.[188] Zudem kann die Gültigkeit der Unterzeichnung von der Beachtung einer besonderen Form abhängig gemacht werden, wobei diese besondere Form aus der Aktienurkunde ersichtlich sein muss (§ 13 S. 3 AktG).

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Aus dem Erfordernis der Unterzeichnung folgt auch, dass die Aktienurkunde schriftlich abgefasst sein muss, wobei jede Form der schriftlichen Fassung genügt und die Art der Herstellung im Ermessen des Vorstands liegt.[189] Die Aktienurkunde muss nicht in deutscher Sprache abgefasst sein.[190]

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Die Aktienurkunde muss ihren Aussteller, d.h. die AG, erkennen lassen.[191] Daneben muss aus der Aktienurkunde hervorgehen, dass durch sie eine Mitgliedschaft an der ausstellenden AG verbrieft wird.[192] Insoweit ist es absolut üblich, das Wertpapier auch als „Aktie“ zu bezeichnen.[193] Notwendig ist eine solche Bezeichnung allerdings nicht, sofern sich aus der Aktienurkunde ergibt, dass durch diese die Mitgliedschaft verbrieft wird. Nicht zwingend erforderlich, aber zu empfehlen, ist die Bezeichnung der Aktie als Nennbetrags- oder Stückaktie. Da aber bei Nennbetragsaktien der jeweilige Nennbetrag auf die Aktie aufzudrucken ist, lassen sich Stückaktien auch ohne ausdrückliche Bezeichnung als solche identifizieren, wenn kein Nennbetrag aufgedruckt ist.[194] Soweit verschiedene Aktiengattungen ausgegeben werden, muss die jeweilige Gattung ebenfalls auf der Aktie vermerkt sein.[195] Üblich und ausreichend ist insoweit eine Bezugsnahme auf diejenigen Satzungsbestimmungen, die die gattungsbegründenden Merkmale festlegen.

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Streitig ist, inwieweit auf die Aktienurkunden Seriennummern o.Ä. aufgebracht sein müssen. Mit der h.M.[196] und wegen der Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung der entsprechenden Aktienform[197] ist dringend zur Aufnahme einer solchen Seriennummer zu raten.[198]

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Werden sowohl Inhaber- als auch Namensaktien ausgegeben, muss die Aktienurkunde ebenfalls erkennen lassen, um welche Aktienart es sich handelt.[199] Sollten die Namensaktien[200] nur zum Teil eingezahlt sein, ist auf der Aktie auch anzugeben, wie hoch die Teileinzahlung ist (§ 10 Abs. 2 S. 2 AktG),[201] damit ein etwaiger Erwerber sofort erkennen kann, dass ihn die Pflicht zur Einzahlung trifft.[202] Soweit mit der Mitgliedschaft Nebenverpflichtungen verbunden sind (§ 55 Abs. 1 S. 3 AktG), ist auch der Umfang der Leistungen gem. § 55 Abs. 1 S. 3 AktG anzugeben.[203]

111

Sollen die Aktien an einer deutschen Wertpapierbörse zugelassen werden, sind die gemeinsamen Grundsätze der deutschen Wertpapierbörse für den Druck von Wertpapieren[204] zu beachten.