Mörderische Eifel

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Und weil ich ihm versprochen habe, sein Burghotel ganz groß rauszubringen, dachte Feldkirch zufrieden.

»Und diese Dinger da haben Sie bei uns für zwei Millionen Euro versichert?«, fragte Sven ungläubig.

»Ganz genau, eigentlich müsste die Summe sogar noch höher sein. Ich habe einen Sachverständigen hinzugezogen. Solche Waffen sind selten, die Versicherungssumme war eine der Bedingungen des Eigentümers. Die Summe und natürlich die Sicherung der Kostbarkeiten. Dieser Glaskasten besitzt eine eigene Alarmanlage. Den Code dafür kenne nicht einmal ich, der wurde bei der Sicherheitsfirma hinterlegt, die ab heute Abend hier die Bewachung übernimmt. Sie sehen, meine Herren, hier wurde wirklich an alles gedacht. So, und jetzt müssen Sie mich entschuldigen, morgen Mittag brennt hier die Hecke, und es gibt noch ein Menge zu tun.«

»Wir werden uns morgen noch ein wenig umschauen, wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte Carsten.

»Aber nein, Sie sind herzlich willkommen. Allerdings …«, Dieter Feldkirch zögerte, »ich muss Sie bitten, sich morgen umzuziehen. Sie haben nicht zufällig eine passende Gewandung dabei?«

Carsten und Sven schauten sich ratlos an und schüttelten dann unisono den Kopf.

Dieter Feldkirch lächelte: »Das macht gar nichts. Da findet sich was. Melden Sie sich einfach an Kassenhäuschen 1, dort werde ich alles Nötige für Sie hinterlegen. Und nun – Gott zum Gruße die Herren.«

Morgen würde er den Tag genießen, so wie er in den letzten Monaten jedes Turnier genossen hatte. Er liebte die Aufmerksamkeit der Zuschauer, den Spaß mit den anderen Kämpfern und die Nächte in seinem Zelt, wenn wieder einmal eines von diesen rittergeilen Weibern zu ihm ins Feldbett stieg. Wolfgang Schmertbach seufzte zufrieden. Er schlenderte zwischen den aufgebauten Zelten umher. Ein paar Zelte waren bereits besetzt, das war die Ruhe vor dem Sturm, der hier in den kommenden zwei Tagen herrschen würde. Als er an der Holzkapelle vorbeikam, hörte er von drinnen ein metallisches Scheppern. Schmertbach blieb stehen und lauschte. Nichts, alles war still, wahrscheinlich hatte er sich getäuscht. Er wollte gerade weitergehen, als ihm auffiel, dass die Tür einen Spaltbreit aufstand. Schmertbach runzelte nachdenklich die Stirn. Erst jetzt fiel ihm auf, dass hier gar kein Mitarbeiter von der Security herumstand. Entschlossen ging er auf die Tür zu. Er hatte sich schon am Nachmittag nach seiner Ankunft umgezogen, deshalb trug er auch ein sogenanntes »Langes Messer« am Waffengürtel. Eine Waffe mit einer fast 70 Zentimeter langen Klinge, die er sich geschärft hatte. Nicht so ein Turnierspielzeug.

Mit einer geschmeidigen Bewegung zog Schmertbach seine Waffe. Innerhalb von Sekunden verwandelte sich der Elektroinstallationsmeister Schmertbach in den Ritter von Wolfenstein, Schwertkämpfer und mehrfacher Turniersieger. Wenn da jemand in der Kapelle war, dann würde der gleich sein blaues Wunder erleben.

Mit einem Ruck riss Wolfgang von Wolfenstein die Eichentür auf und sprang, die Klinge stoßbereit in der Hand, in den Raum. Ein paar Wachskerzen beleuchteten hier alles nur spärlich, doch das Licht reichte, um den Schatten am anderen Ende des Raumes zu sehen. Der Schatten eines Mannes, wie Wolfgang sofort erkannte.

»He, du da. Keinen Schritt …«

Ein metallisches Schnappen unterbrach seinen Satz. Ein Schlag gegen die Brust ließ ihn zurücktaumeln, ein brennender Schmerz war das Letzte, was Wolfgang von Wolfenstein spürte. Seine Waffe glitt ihm aus der kraftlosen Hand und fiel polternd auf den Boden.

Als sich Carsten und Sven am nächsten Morgen dem Festplatz näherten, trauten sie ihren Augen nicht. Schon gestern hatte hier geschäftiges Treiben geherrscht, jetzt wimmelte es nur so vor Besuchern. Die Sattelschlepper und Gabelstapler waren natürlich längst verschwunden. Sie hatten Buden, Turnierzelten, Pferdekoppeln und drei Ritterlagern Platz gemacht. Vor etlichen Zelten stiegen dünne Rauchsäulen von Kochfeuern empor. Es war zwar erst kurz nach neun, aber der Geruch von Grillfleisch wehte bereits durch die Luft. »Meine Fresse, so groß hab ich mir das nicht vorgestellt«, entfuhr es Carsten.

»So groß und so voll«, ergänzte Sven. Er verstand jetzt, warum Dieter Feldkirch Bedenken bezüglich ihrer Kleidung gehabt hatte. Soweit er es übersehen konnte, gab es hier auf dem Platz keinen, der nicht mittelalterlich angezogen war.

»Willkommen bei unserem Spectaculum. Doch was muss ich mit Bedauern sehen, Ihr tragt die falsche Kleidung, edle Herren«, aus einem Holzhäuschen war ein Mann getreten, der mit Wollhosen, Stulpenstiefeln, Wams und grüner Wollgugel gekleidet war. Bevor Sven und Carsten antworten konnte, lächelte ihr Gegenüber: »Das aber soll Eure Freude an diesem Tag nicht stören, gegen ein geringes Handgeld könnt Ihr dort im großen Zelt zumindest eine Wollkotte ausleihen.«

»Carsten Weller und Sven Drohmke. Dieter Feldkirch sagte uns …«

»Ah, alles klar«, mit einem Schlag war alles Salbungsvolle aus der Stimme des Mannes verschwunden, »die Gäste vom Chef. Sie müssen natürlich nicht löhnen, gehen Sie rüber zum Zelt und sagen Sie, der Günni hätte Sie geschickt, die wissen dann Bescheid.«

Ohne ihre Antwort abzuwarten, richtete Günni seine Aufmerksamkeit auf die nächsten Besucher. »Willkommen bei unserem Spectaculum. Trefflich seht Ihr aus. Darf ich um das Weggeld von zehn Euronen je Nase bitten.«

Carsten grinste Sven an, dann verschwanden sie im Zelt. Zehn Minuten später grinste Carsten immer noch, allerdings diesmal über den gequälten Gesichtsausdruck seines Kollegen.

»Stattlich seht Ihr aus, edler Herr«, ahmte er Günnis Tonfall nach.

Sven schaute an sich herunter. Er trug enge, kratzige Wollstrumpfhosen mit einem roten und einem blauen Bein, dazu Schnabelschuhe, die aussahen, als hätte er sie einem toten Clown von den Füßen gerissen. Eine lange bis zum Oberschenkel reichende Jacke, ein breiter Gürtel und ein dunkelblaues Barett vervollständigten seine Ausstattung. »Ein Wort in der Firma, ein Foto mit dem Handy, und du bist ein toter Mann, Carsten Weller.«

»Würde mir nie einfallen, allein der Anblick deiner Schuhe hat sich mir bis an mein Lebensende ins Gedächtnis gebrannt und wird mir Aufheiterung in dunklen Stunden sein. Du siehst aus, als kämst du direkt von den Dreharbeiten zu ›Helden in Strumpfhosen – Teil 2‹. Pass auf, die Mädels werden sich gar nicht losreißen können von deinem Anblick.«

»Na toll, du musst den Kram ja auch nicht tragen, du bist mit deiner Mönchskutte über den Jeans fein raus.«

»Wer wollte denn losen? Was kann ich dafür, dass Feldkirch nur eine Kutte zurückgelegt hat«, antwortete Carsten lachend.

Jetzt musste auch Sven grinsen. »Also gut. Jetzt sind wir passend angezogen, mischen wir uns also unter das Volk und prüfen wir die Sicherheitsvorkehrungen.«

Der schrille Schrei einer Frau schnitt ihm das Wort ab.

Aus dem Schrei wurde ein hysterisches Kreischen und aus den friedlich umherschlendernden Besuchern eine Menschenmasse, die voller Panik davonstürzte.

Sven und Carsten schauten sich überrascht an, dann rannten sie los Richtung Holzkapelle, dahin, wo die Schreie herkamen.

»Der Wolfgang. Der arme Wolfgang, ich kann es immer noch nicht glauben. Wolfgang von Wolfenstein, mein Champion, tot, brutal aus dem Leben gerissen.« Dieter Feldkirch schüttelte den Kopf, als wolle er die letzten drei Stunden nicht wahrhaben.

Sie saßen zu dritt in seinem Wohnmobil. Die Polizei hatte den Tatort gesichert, die ersten Aussagen aufgenommen, ganz sicher würden alle Verantwortlichen noch einmal ins Polizeipräsidium bestellt werden.

Carsten und Sven musterten Feldkirch. »Der Sicherheitsdienst hat angegeben, dass er weder bei seiner Runde um 22 Uhr noch bei den darauffolgenden Kontrollrunden etwas bemerkt habe. Trotzdem hat der Datenspeicher an der Tür aufgezeichnet, dass um 22:05 Uhr die Eingangstür geöffnet wurde. Kurze Zeit später muss Wolfgang Schmertbach gestorben sein. Können Sie sich vorstellen, was er in der Kapelle wollte?«, fragte Sven.

Feldkirch schaute hoch. »Ich habe keine Ahnung. Und es ist im Moment auch mein kleinstes Problem, über Wolfgangs Gründe nachzudenken. Ich musste den Festplatz räumen lassen, die Veranstaltung ist abgesagt. Was mich das alles kostet, will ich gar nicht zusammenrechnen, vom Imageschaden ganz zu schweigen. Vor allem aber sind die beiden Kugelschnepper gestohlen, fort, weg, verschwunden. Gott, wie soll ich das nur dem Besitzer erklären? Wie soll ich …« Feldkirch brach ab, griff zu einem Glas, in dem eine bernsteinfarbene Flüssigkeit schwappte, und stürzte den Inhalt des Glases in einem Zug hinunter.

»Nun ja, was die Versicherung betrifft, haben Sie ja uns«, erklärte Carsten.

»Geld! Als ob man solche Kostbarkeiten mit Geld ersetzen könnte«, stöhnte Feldkirch.

Sven schaute Carsten fragend an, der zuckte nur mit den Schultern. Darauf zog Sven ein Notizbuch und einen Stift heraus. »Herr Feldkirch, wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Ihnen gern noch für unseren Untersuchungsbericht ein paar Fragen stellen.«

Ohne die beiden Ermittler zu fragen, ob sie auch etwas trinken wollten, griff der Angesprochene zu einer geschliffenen Karaffe und goss sich ein weiteres großzügiges Glas ein. »Bitte, wenn es sein muss, obwohl die Polizei ja schon alles weiß.« Feldkirch stürzte auch dieses Glas auf Ex hinunter.

»Zunächst einmal eine ganz banale Frage«, begann Sven, »wo waren Sie gestern Abend? Alleine hier im Wohnmobil?«

Feldkirch seufzte erneut, bevor er antwortete: »Ach so, Sie wollen wissen, ob ich ein Alibi habe? Ob ich die Waffen gestohlen habe? Sie denken, ich will die Versicherungssumme kassieren? Mal ehrlich – glauben Sie wirklich, ich würde mich freiwillig in den finanziellen Ruin stürzen? Dieses Spectaculum sollte der Auftakt zu einer Reihe von Events werden, die ihresgleichen suchen, das sollte mein Durchbruch werden! Aber bitte, wenn Sie es genau wissen wollen. Ich bin am frühen Abend spazieren gegangen, war drüben beim Burgweiher. Ein wunderschönes Plätzchen, um einfach mal abzuschalten. Und dann bin ich zur Abtei Himmerod gefahren und habe dort in der Klostergaststätte gegessen.« Feldkirch lächelte die beiden Ermittler schief an. »Sie sollten das Klosterbier mal probieren, das lasse ich mir nie entgehen, gestern Abend hab ich natürlich nur ein Glas getrunken. Jedenfalls gibt es dort sicher genug Zeugen, ich war nicht zum ersten Mal da. Gefahren bin ich so gegen elf Uhr, würde ich sagen. Ja und dann bin ich schlafen gegangen, allein.«

 

Im letzten Satz schwang schon Trotz mit. Sven entging das nicht, er schaute zu seinem Kollegen, der nickte nur unmerklich. Sven klappte das Notizbuch zu. »Danke, Herr Feldkirch, das war es auch schon. Sicher werden wir uns noch sehen.«

Feldkirch verzichtete auf eine Antwort. Er hatte schon wieder die Karaffe in der Hand.

Als die beiden Ermittler vor dem Wohnmobil standen, zupfte Sven an seinen Wollbeinlingen. »Ich werde mich jetzt erst mal umziehen und diese albernen Klamotten loswerden.«

»Und dann werden wir zum Mittagessen fahren«, erwiderte Carsten, »und zwar in der Klostergaststätte der Abtei Himmerod.«

»Hübsch ist das hier.« Carsten stand hinter dem Tor, dort wo früher einmal die Hauptpforte des Klosters gewesen sein musste. Sven hatte ein Faltblatt mit Informationen über die Abtei in der Hand. »Das Konventsgebäude da drüben wurde auf den Fundamenten des alten Klosters errichtet, das 1134 von Bernhard von Clairvaux selbst gegründet worden ist«, las Sven vor. »Das Kloster und die Klosterkirche da drüben sind allerdings erst nach 1922 wieder errichtet worden, die waren im 19. Jahrhundert nur noch eine verfallene Ruine.«

»Ich verfalle gleich auch, wenn ich nicht bald etwas zu essen bekomme«, stöhnte Carsten, dessen Magen hörbar knurrte. »Komm, wir setzen uns draußen hin.«

Eine gute Stunde später lehnte sich Carsten zufrieden zurück und blinzelte in die Sonne. »Ich kann Dieter Feldkirch verstehen, das Essen war ganz hervorragend. Und du willst wirklich nicht das Klosterbier probieren, Sven? Ich fahr auch zurück, ich mach mir nichts aus Bier.«

Sven winkte nur ab. »Nee, lass mal: Ein Starkbier mir 10,5 Prozent Alkohol mitten am Tag, das ist nichts für mich.«

Carsten murmelte etwas, das wie »selber schuld« klang, und ging dann in den Gastraum, um zu bezahlen.

Als er wieder herauskam, sah er sehr nachdenklich aus. »Was ist los, hast du drinnen nach Feldkirch gefragt?«, fragte Sven.

Carsten nickte: »Die Bedienung von gestern Abend kommt erst später, wir werden wohl noch etwas warten müssen. Wollen wir uns noch umschauen?«

»Warum nicht.« Sven konsultierte noch einmal sein Faltblatt. »Das alte Bruchsteingebäude da drüben ist die Alte Mühle, da gibt es sogar eine Ausstellung.«

»Nee du, ich muss einfach nur mal ein paar Schritte gehen. Wie wäre es mit dem Weg da runter zum Wasser?«

»Ist mir alles recht. Das sind …«, Sven schaute noch einmal nach, »ja, das sind die Fischteiche des Klosters, die gab es schon im Mittelalter.«

Als er wieder hoch schaute, stellte er fest, dass sein Kollege schon losgegangen war, ohne weiter auf ihn zu achten. Den ganzen Weg über war Carsten ausgesprochen einsilbig. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen, und Sven kannte seinen Kollegen lange genug, um ihn beim Grübeln nicht zu stören.

Plötzlich blieb Carsten abrupt stehen und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Himmelarsch! Natürlich!«

Bevor Sven noch etwas sagen konnte, hatte sich Carsten umgedreht und rannte den Weg zurück, den sie gekommen waren. Sven blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Als er wieder am Klostertor angekommen war, sah er, wie Carsten grinsend aus dem Klosterbuchladen herauskam und sich zufrieden die Hände rieb.

»So, Sven, jetzt haben wir ihn.«

»Willst du mir verraten, wovon du redest?«

»Lass mich noch zwei, drei Sachen prüfen, dann erkläre ich es dir.«

Es war am frühen Abend, als sie wieder vor dem großen Wohnmobil standen und an die Tür klopften.

»Augenblick«, tönte es von drinnen, dann öffnete Dieter Feldkirch die Tür.

»Oh, Sie beide. Ich hatte mich gerade fertiggemacht, um zum Abendessen zu fahren.«

»Mit dem Wohnmobil?«, fragte Sven.

»Ach was, das ist mir viel zu sperrig, gerade auf den schmalen Landstraßen. Nein, wir haben immer noch ein Auto dabei, um alle Fahrten vor Ort machen zu können. Bei einem so großen Event fehlt ja immer irgendwas. Gestern hatten wir beispielsweise keine Kerzen für die Kapelle. Zum Glück gibt es hier im Ort eine Wachsmanufaktur – tolle Auswahl, sehr authentisch die Kerzen. Wir können da ja schlecht Teelichter aus dem Supermarkt hinstellen. Aber Sie kommen doch sicher nicht, um mit mir übers Autofahren oder die Herausforderungen eines Mittelalterfestes zu plaudern?«

»Nein, Herr Feldkirch, wir möchten nur zwei, drei Kleinigkeiten mit Ihnen abschließend klären«, antwortete Carsten.

Dieter Feldkirch schaute demonstrativ auf seine Armbanduhr. »Also gut, aber ich hoffe, das wird nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich habe den ganzen Nachmittag im Polizeipräsidium verbracht und jetzt hab ich das Gefühl, dass ich wirklich jede nur denkbare Frage bereits beantwortet habe.«

»Keine Sorge, bei uns geht es ganz schnell.«

Die drei setzten sich wie schon bei ihrem ersten Besuch wieder in die großzügige Polsterecke des Wohnmobils. »Also bitte, legen Sie los«, bat Dieter Feldkirch und lehnte sich zurück.

»Eigentlich geht es deshalb ganz schnell«, erklärte Carsten, »weil wir Ihnen nur mitteilen wollten, dass unsere Versicherung alle Ansprüche abweisen wird und für den Diebstahl der beiden Waffen nicht bezahlen wird …«

Der Veranstalter wurde zuerst blass, dann dunkelrot vor Wut. »Aber … das ist doch … was fällt Ihnen ein? Die Waffen wurden mir gestohlen und sind bei Ihnen versichert, was glauben Sie, wird mein Rechtsanwalt dazu sagen?«

»Ihr Rechtsanwalt? Es ist wahrscheinlich eine kluge Idee, Ihren Rechtsanwalt einzuschalten, denn vor Ihrem Wohnmobil wird gleich die Polizei auftauchen, die wir informiert haben. Die wird Sie wegen Mordes an Wolfgang Schmertbach verhaften.«

Feldkirch schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Das ist ja wohl das Absurdeste, was ich je gehört habe!«, rief er.

»Darüber können wir uns leider kein Urteil erlauben«, sagte Sven ruhig, doch in seiner Stimme klang ein bedrohlicher Unterton mit, »aber ich denke, wenn Sie alles gestehen, wird das den Richter sicher milder stimmen. Vielleicht kommen Sie sogar mit Totschlag davon.«

»Sie verlassen jetzt auf der Stelle mein Wohnmobil! Ich bin nicht bereit, mir noch länger diesen Unfug anzuhören. Wie kommen Sie nur auf diese Anschuldigungen?«

»Das ist genau die Frage, auf die ich gewartet habe.« Carsten klang, als sei er wirklich hocherfreut. »Meine Oma hat immer gesagt: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Wussten Sie, dass Menschen bei einer Lügengeschichte versuchen, möglichst viele Details einzubauen?«

»Das ist ja …«

»Ruhe, Herr Feldkirch, jetzt hören Sie mir zu.« Carsten Wellers Stimme hatte jede Freundlichkeit verloren.

»Sie haben uns erklärt, dass Sie in der Abtei Himmerod zu Abend gegessen und auch das Klosterbier getrunken haben. Nur das Klosterbier wird schon seit zwei Wochen nicht mehr ausgeschenkt, weil beim letzten Brauen die Gärung nicht gelungen ist. Jetzt dauert es wieder vier Wochen, bis eine neue Lieferung kommt. Das hätten Sie sicher auch erfahren, wenn Sie beim Essen das Bier bestellt hätten. Aber wie mein Kollege Drohmke heute Mittag schon sagte: 10,5 Prozent Alkohol und Autofahren ist so eine Sache. Sie wollten gestern Abend einen klaren Kopf bewahren und haben erst gar kein Bier bestellt. Nur ein Detail in einer Lügengeschichte, Herr Feldkirch. Übrigens gibt es im Moment auch kein Bier im Klosterladen zu kaufen, auch das habe ich nachgeprüft. Und weil ich mich an den Spruch meiner Oma erinnerte, dachte ich mir, wenn Sie schon beim Thema Bier lügen, wie sieht es dann wohl mit den anderen Details aus? Das war übrigens gar nicht mal so schwer.«

Carsten schaute Feldkirch herausfordernd an, doch der presste nur trotzig die Lippen zusammen.

»Also gut, dann fasse ich das mal kurz zusammen: Der Markt für Mittelalter-Events boomt, aber das hat Ihnen nicht gereicht. Sie wollten ja das ganz große Ding drehen. Das Startkapital kam aus der Versicherungssumme, die Sie für die Einbrüche und den Vandalismus im letzten Herbst bekommen haben. Das brachte Sie auf die Idee, eine noch größere Summe zu kassieren. Sie stahlen selbst die beiden Kugelschnepper und wollten die Versicherung für den Diebstahl bluten lassen. Ich wette, Sie haben längst einen reichen Sammler an der Hand, der bereit ist, die Waffen zu kaufen, ohne nach deren Herkunft zu fragen. Für die hohe Summe musste natürlich alles besonders gesichert sein. Dass nur die Sicherheitsfirma den Alarmcode besitzt, ist übrigens auch eine Lüge, noch so ein unnötiges Detail. Nun ja, fast noch wichtiger war der Türalarm, da passte es doch gut, dass Sie sich mit Wolfgang Schmertbach angefreundet hatten. Die Firma Schmertbach hat nämlich die Alarmanlagen geliefert. Und Ihr ›Champion‹ Schmertbach war sicher auch arglos, als er Ihnen erklärt hat, wie man die Uhrzeit des Alarmsystems einstellt. So konnten Sie sich eine Uhrzeit aussuchen, die zu Ihrem Alibi passte. Die Tür wurde nicht um kurz nach 22 Uhr, sondern tatsächlich erst nach 23 Uhr geöffnet. Sie kamen aus Himmerod, haben die Runde des Wachdienstes abgepasst – die Routine hatten Sie schließlich selber festgelegt –, und die beiden Kugelschnepper aus der Vitrine genommen. Als Sie draußen ein Geräusch hörten, spannten und luden Sie eine der Waffen. Sie konnten ja nicht ahnen, dass ausgerechnet Ihr Freund Schmertbach mit einem Schwert in der Hand in den Raum stürzen würde. Vielleicht wollten Sie ihn ja nur verwunden oder einschüchtern, aber das ging gründlich daneben. Sie gerieten in Panik, ließen den Toten, wo er war, und verschlossen wieder die Tür. Als dann morgens die Kapelle für die Besucher geöffnet wurde, fand man die Leiche.«

Dieter Feldkirch saß in den Polstern wie ein nasser Sack. »Ich wollte … ich wollte Wolfgang nicht umbringen, das müssen Sie mir glauben, der Abzug … alles ging so schnell«, stammelte er.

»Erklären Sie das der Polizei und dem Richter«, sagte Sven und stand auf, »uns sagen Sie jetzt, wo die beiden Waffen sind.«

Feldkirch deutete mit dem Kopf auf den hinteren Teil des Wohnmobils. »Drüben im unteren Schrank.«

Während Sven nach hinten ging, um die gestohlenen Waffen zu holen, stand Carsten auf.

Er schaute auf den bleichen und zitternden Veranstalter herunter.

»Und alles nur, weil Sie vernünftigerweise kein Starkbier bestellt haben, aber damit angeben mussten.«

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