Völkerrecht

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IV. Eigentumsschutz in Investitionsförderungsverträgen

Der sachliche Schutzbereich von Investitionsförderungsverträgen orientiert sich nicht am Begriff des Eigentums, sondern an dem der Investition, bzw. im deutschen Wortlaut dem der Kapitalanlage (→ Investitionsrecht, internationales). Dieser Begriff ist in der Regel in den Verträgen definiert und meint üblicherweise Vermögenswerte aller Art. Dieser Definition folgt dann eine Aufzählung typischer Investitionsformen, wie (i) Sach- und Grundeigentum sowie andere dingliche Rechte, (ii) Beteiligungen an Gesellschaften, (iii) vertragliche Rechte mit wirtschaftlichem Wert, (iv) geistige Eigentumsrechte und (v) Konzessionen (vgl. etwa Art. 1 Abs. 1 des deutschen Mustervertrages; abgedruckt in: AVR 45 [2007], 276 ff.). Trotz der weitreichenden Überschneidungen ist der Schutzbereich nicht zwangsläufig deckungsgleich mit dem oben skizzierten Schutz des Eigentums im Fremdenrecht. Ein Unterschied kann zum Beispiel darin bestehen, dass für private Zwecke im Ausland befindliches Eigentum im Fremdenrecht geschützt ist, während es bei Investitionsschutzverträgen stets von einer Auslegung des jeweiligen Vertrages abhängt, ob dieser eine wirtschaftliche Betätigung erfordert oder nicht.

Investitionsschutzverträge enthalten verschiedene materiell-rechtliche Bestimmungen, die Investitionen vor politischen Risiken im Gaststaat schützen sollen. Zu diesen Schutzbestimmungen gehören in der Regel eine Pflicht zur Nichtdiskriminierung, zur gerechten und billigen Behandlung oder zur Gewährung von Schutz und Sicherheit. Eine zentrale Bestimmung regelt die Behandlung von Enteignungen. Dabei folgen Investitionsschutzverträge in der Regel den Bestimmungen des Fremdenrechts (s. oben, III.), d. h. Enteignungen sind zulässig, müssen aber die einschlägigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllen. Für die Berechnung der Höhe der Entschädigung verwenden die Verträge in der Regel die Hull-Formel (→ Enteignungsrecht, internationales).

V. Menschenrechtlicher Eigentumsschutz

Der menschenrechtliche Eigentumsschutz hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt und ergibt sich im Wesentlichen aus den regionalen Menschenrechtskonventionen. Die relevanten Bestimmungen finden sich in Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur → EMRK, Art. 21 der → AMRK und Art. 14 der → Afrikanische Menschenrechtscharta). Praktische Bedeutung hat dabei bis heute insbesondere der Eigentumsschutz in der Europäischen Menschenrechtskonvention gewonnen. Im Rahmen der EU ist zudem auch Art. 17 der seit 2009 rechtsverbindlichen Europäischen Grundrechtecharta zu nennen. Ob es ein als universelles Gewohnheitsrecht anerkanntes Menschenrecht am Eigentum gibt, wird überwiegend skeptisch gesehen; jedenfalls hat ein solches Recht noch keinerlei praktische Bedeutung gewonnen.

Der wichtigste Unterschied zum Eigentumsschutz im Fremdenrecht und Investitionsschutzrecht besteht darin, dass der Schutz nicht an die Stellung als Ausländer bzw. als geschützter Investor gekoppelt ist, sondern In- und Ausländer gleichermaßen erfasst. Damit haben auch Inländer einen völkerrechtlich garantierten Schutzanspruch gegen ihren Heimatstaat. Der sachliche Schutzbereich hängt wiederum von der jeweiligen Konvention ab. Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention erfasst nach seinem Wortlaut „posessions“ und hat einen ähnlich weiten Schutzbereich wie das Fremdenrecht.

E › Enteignungsrecht, internationales (Markus Perkams)

Enteignungsrecht, internationales (Markus Perkams)

I. Enteignungsrecht im Fremdenrecht

1.Enteignung

2.Öffentliches Interesse und Diskriminierungsverbot

3.Entschädigung

II. Enteignungsrecht in Investitionsförderungsverträgen

1.Enteignung

2.Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

III. Menschenrechtliches Enteignungsrecht

Lit.:

R. Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, 1985; J.A. Kämmerer, Der Schutz des Eigentums im Völkerrecht, in: O. Depenheuer (Hrsg.), Eigentum – Ordnungsidee, Zustand, Entwicklung, 2005, 131; B. Kempen, Eigentum: ein universelles Menschenrecht?, WiVerw2 2009, 19; Chr. Ohler, Der Schutz privaten Eigentums als Grundlage der der internationalen Wirtschaftsordnung, JZ 2006, 875; M. Ruffert, The Protection of Foreign Direct Investment by the European Convention on Human Rights, GYIL 43 (2000), 116; B. Schöbener, Der menschenrechtliche Schutz des privaten Eigentums – eine Zwischenbemerkung, FS für K. Stern, 2012, 901.

Das internationale Enteignungsrecht ist ein wesentlicher Bestandteil des völkerrechtlichen → Eigentumsschutzes. In ihm manifestiert sich die Wertgarantie des geschützten Eigentums. Diese Wertgarantie ergibt sich daraus, dass das Völkerrecht keinen absoluten Eigentumsschutz enthält, d. h. → Staaten berechtigt sind, Eigentum zu enteignen, dafür aber in der Regel seinen Wert ersetzen müssen. Die drei gegenwärtig wichtigsten Rechtsgrundlagen für das Enteignungsrecht sind das im → Völkergewohnheitsrecht verankerte Fremdenrecht (s. unten, I.), der völkervertragsrechtliche Investitionsschutz (s. unten, II.) und der im Wesentlichen auf regionalen Menschenrechtskonventionen beruhende menschenrechtliche Eigentumsschutz (s. unten, III.). In der Literatur wird zudem teilweise zwischen dem Begriff der Enteignung und dem der Nationalisierung differenziert, mit dem die Verstaatlichung ganzer Industriezweige bezeichnet wird. Da sich in der Praxis keine relevanten Unterschiede in der rechtliche Behandlung von Enteignungen und Nationalisierungen ergeben haben, wird im Folgenden nur der Begriff Enteignung verwendet.

I. Enteignungsrecht im Fremdenrecht

Das → Fremdenrecht enthält im Wesentlichen die folgenden Regeln für eine Enteignung ausländischen Eigentums: Enteignungen ausländischen Eigentums sind grundsätzlich erlaubt. Das Recht der Staaten, Enteignungen vorzunehmen, ist Folge und Ausdruck der staatlichen → Souveränität. Allerdings müssen bei der Enteignung ausländischen Eigentums bestimmte Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen beachtet werden: Die Enteignung muss im öffentlichen Interesse sein, sie darf nicht diskriminieren und der enteignende Staat muss eine Entschädigung zahlen. Werden diese Anforderungen nicht eingehalten, ist die Enteignung rechtswidrig und stellt damit ein völkerrechtliches Delikt dar (→ Verantwortlichkeit, völkerrechtliche). Die Rechtsfolge ist dann die Pflicht zur Wiederherstellung des vor dem Delikt bestehenden Zustands oder – wenn dies nicht möglich ist – die Zahlung einer Entschädigung, die alle Folgen der Enteignung ausgleicht.

1. Enteignung

Der Tatbestand der Enteignung ist nicht klar definiert. Grundsätzlich ist anerkannt, dass sowohl direkte Enteignungen als auch indirekte Enteignungen erfasst werden. Das Iran – US Claims Tribunal charakterisierte den Tatbestand der indirekten Enteignung in Starrett Housing (para 154) wie folgt:

„[I]t is recognized in international law that measures taken by a State can interfere with property rights to such an extent that these rights are rendered so useless that they must be deemed to have been expropriated, even though the State does not purport to have expropriated them and the legal title to the property formally remains with the original owner.“

Wo genau die Grenze zu Eingriffen verläuft, die keine Enteignungen darstellen, hat im Fremdenrecht kaum praktische Bedeutung erlangt. Dies kann insbesondere damit erklärt werden, dass die Rechtsdurchsetzung hier den Staaten als → Völkerrechtssubjekte obliegt und dass diese bei Grenzfällen zurückhaltend agieren dürften.

 

2. Öffentliches Interesse und Diskriminierungsverbot

Die ersten beiden Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen – das Bestehen eines öffentlichen Interesses und das Diskriminierungsverbot (→ Gleichheitsprinzip) – haben nur wenig praktische Bedeutung erlangt. Bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses wird den Staaten generell eine weite Einschätzungsprärogative zuerkannt. Trotz unterschiedlicher Behandlung von In- und Ausländern ist das Diskriminierungsverbot dann nicht verletzt, wenn die Regierung einen sachlichen Grund für diese Differenzierung hat. Auch bei der Bestimmung dieses Grundes steht dem Staat zumindest ein gewisser Spielraum zu.

3. Entschädigung

Die mit Abstand wichtigste und historisch umstrittenste Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist die Entschädigungspflicht, bzw. die Frage nach der Höhe der Entschädigung. Die jedenfalls bis zum Zweiten Weltkrieg vorherrschende Auffassung wurde 1937 von dem damaligen US-Außenminister Cordell Hull formuliert, der von Mexiko „prompt, adequate and effective compensation“ für die Enteignung amerikanischer Interessen in der mexikanischen Ölindustrie verlangte. Diese sog. Hull-Formel wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Zweifel gezogen. Während die Industriestaaten auf den weiteren Fortbestand der Hull-Formel bestanden, bestritt die Mehrzahl der anderen Staaten die Gültigkeit dieser Formel. Keine Seite konnte sich in diesem Streit klar durchsetzen. Dies verdeutlichen zwei Entwicklungen:

Erstens wurde der Streit über die nach dem Zweiten Weltkrieg vorgenommenen, umfassenden Enteignungen im Wesentlichen durch Kompromisse in Form sog. Globalentschädigungsabkommen (lump sum agreements) beigelegt. In diesen Abkommen einigten sich der Heimatstaat und der die Enteignung vornehmende Staat auf eine pauschale Entschädigungssumme für sämtliche Eigentumsentziehungen. Je nach Abkommen wurden so zwischen 20% und 80% der jeweils geltend gemachten Gesamtsumme gezahlt. Mit diesem Kompromiss erkannte der enteignende Staat nicht die Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung für eine konkrete Enteignung an; aber auch der Heimatstaat des Enteigneten gab nicht sein Recht auf Entschädigung auf. Die Verteilung der pauschal gezahlten Summe auf die einzelnen betroffenen Eigentümer und damit die Bestätigung des Vorliegens einer Enteignung, oblag dann der internen Verteilung durch den Heimatstaat. Beide Seiten konnten somit ihre jeweilige Rechtsansicht weiter vertreten, ohne sich vollständig durchgesetzt zu haben.

Zweitens wurde der Konflikt auf politischer Ebene im Wesentlichen in der → Generalversammlung der → Vereinten Nationen ausgetragen. Ein letzter Kompromiss wurde 1962 in der UN-Resolution 1803 erzielt, die die permanente Souveränität über Bodenschätze zum Gegenstand hatte. Nach dieser Resolution war im Fall einer Enteignung bzw. Nationalisierung eine „appropriate compensation […] in accordance with international law“ zu zahlen. Den Höhepunkt des Konfliktes stellte die 1974 verabschiedete Resolution 3281 dar, die eine Charter of Economic Rights and Duties of States enthielt. In dieser Resolution setzte sich die aus sozialistischen Staaten und Ländern der Dritten Welt bestehende Mehrheit gegen die Stimmen der Industrienationen durch. Nach der verabschiedeten Formulierung sollte im Falle einer Enteignung zwar eine unter Berücksichtigung aller Umstände angemessene Entschädigung gezahlt werden. Ein Streit hierüber sollte aber ausschließlich aufgrund des nationalen Rechts und vor den Gerichten des enteignenden Staates zu klären sein, solange die Staaten sich nicht auf eine andere Form der Streitbeilegung einigen würden. Das Bestehen einer völkerrechtlichen Entschädigungspflicht und die Hull-Formel als Grundlage für deren Berechnung wurden damit faktisch negiert.

Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Wirtschaftssysteme und der damit verbundenen Hinwendung zu einer weltweiten Liberalisierung, einschließlich der damit verbundenen Anerkennung der Bedeutung von privaten Eigentumsrechten, entspannte sich der Konflikt innerhalb der → Staatengemeinschaft jedoch deutlich. Gegenwärtig dürfte dementsprechend davon auszugehen sein, dass eine Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung im Falle einer Enteignung weitgehend anerkannt ist. Der Streit um die Höhe der nach dem Gewohnheitsrecht zu zahlenden Entschädigung hat seine praktische Bedeutung verloren, da diese Frage in den mehr als 2.500 bis heute abgeschlossenen Investitionsförderungsverträgen geregelt ist (→ Investitionsrecht, internationales). Die Rechtsfolge einer rechtswidrigen Enteignung hat der Ständige Internationale Gerichtshof (StIGH) im Jahr 1928 im Chorzow-Urteil definiert. Sie wurde zudem im Jahr 2001 von der International Law Commission in den Draft Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts bestätigt (→ Verantwortlichkeit, völkerrechtliche). Demnach muss ein Staat in erster Linie den Zustand wiederherstellen, der vor der Eigentumsentziehung bestand (restitutio in integrum). Ist dies nicht möglich, dann muss der zu leistende Schadensersatz alle mit der illegalen Handlung verbundenen Nachteile kompensieren. Es ist umstritten, ob sich die nach der Hull-Formel für eine rechtmäßige Enteignung zu zahlende Entschädigung und der für eine rechtswidrige Enteignung zu zahlende Schadensersatz wesentlich voneinander unterscheiden.

II. Enteignungsrecht in Investitionsförderungsverträgen

Die Behandlung von Enteignungen ist einer der zentralen Punkte in Investitionsförderungsverträgen. Die diesbezüglich in den Verträgen enthaltenen Bestimmungen entsprechen im Wesentlichen den Regeln im Völkergewohnheitsrecht.

1. Enteignung

Exemplarisch hierfür ist Art. 4 Abs. 2 des Deutschen Mustervertrages, der bereits seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der von Deutschland abgeschlossenen Investitionsförderungsverträge ist (abgedruckt in: AVR 45 [2007], 276 ff.). Diese Bestimmung erfasst Enteignungen, Nationalisierungen und andere Maßnahmen, die in ihrer Auswirkung einer Enteignung oder Nationalisierung gleichkommen. Unbestimmt bleibt dabei insbesondere, wie die mit der dritten Alternative erfasste indirekte Enteignung inhaltlich zu definieren ist. Das Schiedsgericht in Metalclad v. Mexico charakterisierte den Tatbestand der indirekten Enteignung, auf der Basis von Art. 1110 NAFTA, wie folgt:

„[E]xpropriation […] includes not only open, deliberate and acknowledged takings of property, such as outright seizure or formal or obligatory transfer of title in favour of the host State, but also covert or incidental interference with the use of property which has the effect of depriving the owner, in whole or in significant part, of the use or reasonably–to–be–expected economic benefit of property even if not necessarily to the obvious benefit of the host State.“

Dementsprechend sind die Schwere des Eingriffs, seine Dauer und die Beeinträchtigung schützenswerten Vertrauens für die Bewertung einer Maßnahme als indirekte Enteignung entscheidend.

Ungeachtet dieses Versuchs, dem Enteignungstatbestand Konturen zu geben, ist sein genauer Anwendungsbereich in Wissenschaft und Praxis umstritten. Im Mittelpunkt steht hier insbesondere die Frage, ob allgemein anwendbare, zur Förderung öffentlicher Interessen erlassene Regulierungen (z. B. Verweigerung einer Genehmigung zum Betrieb einer Mülldeponie aus Gründen des Naturschutzes) unter den Enteignungsbegriff fallen können oder nicht. Die Praxis der Schiedsgerichte ist hier nicht einheitlich. Während einige Schiedsgerichte, wie der zitierte Schiedsspruch in Metalclad, von einem uneingeschränkten Anwendungsbereich ausgehen, haben z. B. die Schiedsgerichte in Methanex v. USA (§ 7 – Part IV Chapter D – Page 4) und Saluka v. Czech Rebublic (§ 254) die Ansicht vertreten, dass Regulierungen jedenfalls dann keine Enteignungen darstellen, solange dem Investor bei der Vornahme der Investition nicht spezifische Zusagen gemacht wurden. Neuere Verträge, insbesondere der USA, versuchen diese Problematik durch eine ausführlichere Definition zu klären (vgl. z. B. Annex 10.B zu Art. 10.7 des Freihandelsabkommens USA – Peru). Die dort aufgestellten Kriterien sind der Rechtsprechung des US-Supreme Court entnommen und stellen auf den Charakter der Maßnahme, die Schwere des Eingriffs und die berechtigten Erwartungen des Investors ab. Aus der Abstraktheit dieser Kriterien wird deutlich, dass letztendlich den Umständen des Einzelfalls entscheidende Bedeutung zukommt.

2. Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

Wie im Gewohnheitsrecht sind Enteignungen nur zulässig, wenn sie bestimmte Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllen. Art. 4 Abs. 2 des Deutschen Mustervertrages bestimmt, dass Enteignungen nur zulässig sind, wenn sie dem allgemeinen Wohl dienen, nicht diskriminierend sind und eine Entschädigung entsprechend der Hull-Formel bezahlt wird. Art. 4 Abs. 3 regelt die Einzelheiten der Entschädigung und bestimmt insbesondere, dass diese dem Wert der Kapitalanlage vor dem Bekanntwerden der Enteignung entsprechen muss. Zudem muss die Höhe der Entschädigung in einem Verfahren vor den nationalen Gerichten überprüfbar sein.

Damit entsprechen die Regeln in Investitionsförderungsverträgen weitgehend den Bestimmungen des fremdenrechtlichen Gewohnheitsrechts (s. oben, I.). Der wichtigste Unterschied besteht in der detaillierteren Regelung der Berechnung der Entschädigung, die den Streit um die Weitergeltung der Hull-Formel obsolet macht.

III. Menschenrechtliches Enteignungsrecht

Enteignungsregelungen, die an ein Menschenrecht am Eigentum anknüpfen, finden sich in den regionalen Menschenrechtskonventionen (→ Eigentumsschutz, völkerrechtlicher), nämlich in Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur → EMRK, Art. 21 der → AMRK und Art. 14 der → Afrikanische Menschenrechtscharta) sowie Art. 17 der Europäischen Grundrechtecharta.

Im Anwendungsbereich der EMRK werden neben direkten Enteignungen auch de facto-Enteignungen erfasst. Auch hier ist die genaue Abgrenzung von de facto-Enteignungen und keine Enteignungen darstellenden Maßnahmen schwierig und beruht letztendlich auf den Umständen des Einzelfalls. Seit den grundlegenden Entscheidungen des EGMR in Sporrong and Lönnroth (NVwZ 2012, 1455) und James and Others (Bsw. Nr. 8793/79) ist zudem unbestritten, dass eine Enteignung entschädigungspflichtig ist, wobei der EGMR den Staaten hier ein weites Ermessen bei der Berechnung der Entschädigung zugesteht.

E › Erga omnes-Pflichten (Andreas Funke)

Erga omnes-Pflichten (Andreas Funke)

I. Allgemeines

II. Erga omnes-Pflichten (im Sinne einer Berechtigung aller)

III. Verpflichtungen erga omnes?

IV. Abschließende Bewertung

Lit.:

Chr. Tams, Enforcing Obligations Erga Omnes in International Law, 2005; ders., Enforcing Obligations Erga Omnes in International Law, 2005; K. Zemanek, New Trends in the Enforcement of erga omnes Obligations, UNYB 4 (2000), 1.

I. Allgemeines

Manche Normen des Völkerrechts wirken erga omnes (wörtlich: gegen alle). Diese Wirkung kommt sowohl für die Berechtigungen als auch für die Verpflichtungen, die durch völkerrechtliche Normen begründet werden, in Betracht. Erga omnes-Wirkung kann nämlich bedeuten, dass ein → Staat eine Pflicht hat, die gegenüber allen Staaten besteht. Die zugrunde liegende Norm berechtigt mithin alle diese Staaten. Diese Wirkung ist üblicherweise gemeint, wenn von erga omnes-Pflichten die Rede ist (unter II.). Die Übersetzung des Ausdrucks erga omnes als „gegen alle“ ist deshalb missverständlich; gemeint ist: „gegenüber allen“. Gleichwohl wird manchen völkerrechtlichen Normen – und das ist sachlich etwas ganz anderes – eine erga omnes-Wirkung auch in dem Sinne zugesprochen, dass sie alle Staaten verpflichten (unter III.).