Das Monster im Schatten

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Mariko pflichtete bei.

»Hara ist durchtrieben. Wir sollten jedoch daran arbeiten, Lady Fumiko darüber in Kenntnis zu setzen. Als unsere Herrin ist sie verpflichtet auf uns zu hören. Sie wäre auch die Einzige, die in der Lage wäre, Hara aufzuhalten, bevor sie zuviel Unsinn anstellt.«

Damit war die Entscheidung zwischen den Freundinnen getroffen. Sie würden das tun, was sie als richtig erachteten. Auch wenn dies bedeutete, daß sie selbst kein Morgen mehr sahen. Doch der Schutz ihrer Lieben wog deutlich schwerer.

20. Kapitel

Die Straße von Osaka nach Takumoru war nicht auf ihrer ganzen Strecke sauber und gut ausgebaut. Dort, wo es Wälder gab, war der Weg deutlich besser gehalten und mit zwei Schichten Kiesel bestreut, daß man bequem darauf laufen konnte.

Wenn es einen Berufsstand im alten Japan gab, der gut zu Fuß war, dann waren es die vielen Mönche und Nonnen des Shinto. Natürlich gab es auch viele umherziehende Priester, die auch durch die Lande zogen, um dort zu helfen, wo der Kontakt zu den Göttern abgerissen schien.

Mit ihren vielfältigen und weitreichenden Fähigkeiten konnten sie Vieles bewirken und noch mehr Schaden abhalten. Doch in erster Hinsicht waren sie Männer und Frauen des Glaubens. Ihnen oblag es nicht zu richten, sondern nur dafür zu sorgen, daß die Götter überall dort Präsenz zeigten, wo sie gerade vonnöten waren.

So war auch der Wanderer, der diesmal die Straße von Osaka hochkam, kein normaler Wanderer. Die junge Frau war schon seit Tagen unterwegs. Den Auftrag, den sie in der Kaiserstadt erhalten hatte, sollte sie nach Takumoru führen. Eine kleine Gemeinde unterhalb einer der schwarzen Festungen, welche schon vor gut einem Jahr den Kontakt zu den Göttern verloren hatte.

Viel gab es in dieser Gemeinde nicht mehr, wenn die Berichte stimmten, die die Kaiserstadt erreicht hatten. Deshalb hatte sich auch der oberste Priester monatelang dagegen gewehrt, einen seiner Priester in dieses abgelegene Loch am Rande Japans zu entsenden.

Bei niemandem war der Shogun sonderlich beliebt. Der Glauben verachtete ihn, weil er viel zu oft viel zu brutal gegen aufmüpfige Bürger durchgriff, oder es sogar wagte, ganze Dörfer zu entvölkern. Deshalb war die Präfektur, in der Takumoru lag, nicht eben eine der wohlhabendsten zu nennen. Das Gegenteil war wohl eher der Fall.

Unter der harten Hand des Shogun leidete nicht nur sein eigenes Land, sondern auch seine rivalisierenden Nachbarn. Früher oder später würde es wieder in einem Blutband enden, doch Takumoru schien in den Augen des Kaisers in den nächsten Jahren erst einmal sicher. Zudem Kriegsherr Takumoru inzwischen als wirklich besonnenener Stratege von sich Reden gemacht hatte.

Dies war einer der Gründe, warum die junge Priesterin unterwegs in sein kleines Dorf war. Die junge Frau trug ein kaiserliches Dekret mit sich, welches sie nur erfolgreich zu übergeben brauchte, und das Lehen Takumorus würde offiziell in kaiserlichen Besitz zurückkehren. Was natürlich für den dortigen Kriegsherrn bedeutete, daß er von da an nur noch dem Kaiser unterstand.

Danach stand es dem Kaiser frei, ob er seinem neuen Vasallen entsprechend unter die Arme griff, damit aus dem geschundenen Land wieder etwas wurde. Zwar waren die Zeiten noch unruhig, und der Krieg der Shogunate immer noch nicht wirklich beendet, doch ein Wort des Kaisers reichte, um zumindest der Südwesten seines Reiches wäre wieder befriedet. Auch wenn dies bedeutete, daß er einem seiner Shogune ein wenig Macht nehmen mußte, um die Macht im Reich als Ganzes zu erhalten.

Die Priesterin hatte zu ihrem Schutz an ihren Wanderstab einige Glaubenssymbole befestigt, die von ihrem Oberpriester vorher geweiht worden waren. Das sanfte Klingen der Münzen erfüllte die Luft. Schließlich hatte sie den Rand des Bambuswaldes erreicht.

Und schon wurde sie mißtrauisch.

Der Wald stank regelrecht nach Tod und Verderben.

Irgendeine dunkle Macht schien sich in ihm eingenistet zu haben. Jedenfalls war diese Macht präsent genug, daß man sie bereits ein wenig außerhalb des Waldes spüren konnte. Kein gutes Zeichen, denn die Priesterin wußte von der Karte, daß Takumoru jenseits des Bambuswaldes lag.

Nun den sicheren und trockenen Weg zu verlassen, und stattdessen an den Feldrainen zu laufen, schien ebenfalls aus, weil die junge Frau nicht das passende Schuhwerk für einen solchen Weg hatte.

Doch unvorbereitet in diesen Wald hineinzuspazieren, lag auch nicht eben in ihrem Interesse. Wälder konnten tückisch sein. Wenn sie sich auf ihre Sinne verließ, roch sie außer dieser merkwürdigen dunklen Präsenz auch noch die Anwesenheit mehrerer Bären.

Auch dies war ungewöhnlich, weil schon seit Jahren so weit im Süden keine Bären mehr gesehen worden waren. Die junge Priesterin suchte aus ihrer Tasche mit ihren Zaubersprüchen einen einfachen Bannspruch heraus, las und wirkte ihn. Dann schleudete sie den Bannspruch gegen den Bambuswald.

Nichts geschah.

nicht einmal das sonst übliche braune Feuer tauchte auf.

Der Bannspruch verpuffte regelrecht.

Für einen erfahrenen Priester wäre dies der Moment gewesen, an dem er auf dem Absatz kehrt machte, und mit einem Dutzend Mönche wiederkam. Doch die Priesterin war nicht sonderlich erfahren, außerdem wußte sie von dem alten Kloster, was auf halber Strecke an dem Bambuswald lag. Dort konnte sie rasten und wäre trotzdem vor dem Bösen sicher.

Sie wirkte vorsichtshalber noch zwei weitere Bannsprüche, die ein wenig stärker als der erste waren. Beim letzten kam es endlich zu einer Reaktion. Doch nicht zu braunen, sondern nur zu blauen Flammen.

Blaue flammen waren ansich nicht schlecht, doch bedeutete dies nur, daß die Macht, die hier am wirken war, selbst aus Magie bestand. Nicht eben einfacher Magie, sondern einer uralten Macht, die nur von Zorn und Blut lebte.

Den nächsten Zauberspruch, den die Priesterin wirkte, war ein Schutzzauber, der sie wie eine silbrigleuchtende Kugel umgab. Nun getraute sie sich endlich ein wenig weiter in diesen Bambuswald.

Der Gestank von Tod und Blut wurde immer intensiver. Der süße Geruch von verfaulendem Fleisch stieg ihr ebenso in die Nase. Ärgerlich zog sie diese kraus und zog ein Tuch aus ihrer Tasche heraus, welches sie sich vor Mund und Nase band.

So gerüstet trat sie immer tiefer in den immer dunkler werdenden Bambuswald ein. Der Wald selbst sah für normale menschliche Augen normal aus. Doch für die trainierten Augen eines Priesters sah man schreckliches.

Vom Bambus tropfte unaufhörlich rotbraunes Menschenblut, hin und wieder sah man auch ein verendetes Tier am Boden liegen, dessen Kadaver gerade von einem Bambussproß aufgenommen wurde. Folgte man dann dem Blick weiter in den Wald hinein, sah man noch schrecklicheres.

Menschliche Skelette durch deren Körper Bambus gewachsen war, wild und breit. Es sah aus, als seien diese armen Seelen gepfählt worden. Auch wildes Getier hatte dieses Unheil erreicht. Es hing genauso leblos im Bambus.

Der Anblick wurde schließlich für die Priesterin zuviel.

Sie konzentrierte sich etwas, um ihren Blick wieder auf den normalen irdischen Pfad zu lenken. Der Schauer unaufhörlichen Blutes verging nach und nach und machte wieder einer bunten zwitschernden Natur Platz.

Die junge Priesterin lenkte ihre Schritte weiter in den Wald hinein.

Der Weg blieb auf einer Ebene, doch begann er sich zu schlängeln. Nach einigen Kurven erreichte sie schließlich eine Stelle, die so übel nach dunkler Magie roch, daß der jungen Frau schlecht wurde.

Auch wenn man Selbstbeherrschung anerzogen bekommt, reicht sie oftmals nicht. Die Frau übergab sich einfach auf den Weg. Ihr Mundtuch konnte sie im letzten Moment noch vom Gesicht reißen.

Dann hörte sie schräg hinter sich das knurrige Brummen.

In Kampfstellung zu gehen und herumzuwirbeln war eine einzige fließende Bewegung. Schräg hinter ihr zeigte sich ein brummiger brauner Bär. Das Untier war riesig. Mindestens zwei Mannslängen lang, und mindestens fünfmal so schwer, wie sie selbst. Dieses Ungeheuer schaute aus braunschwarzen Augen zu ihr hinüber.

Dann ertönte ein Schlag schräg hinter ihr, abermals wirbelte sie herum.

Und sah noch einen anderen Bären quer durch die Luft fliegen und im Bambusgehölz laut krachend aufschlagen. Dieser zweite Bär hatte nicht einmal gewußt, wie ihm geschah. Als er am Boden aufkam, war er jedenfalls bereits tot.

Die Priesterin zog schnell einen weiteren Zauberspruch aus ihrem Beutel und wirkte ihn. Sofort war alles um sie herum hell erleuchtet. Je greller das Licht wurde, umso unschärfer wurde ihre Umgebung.

Der Bär wollte auf sie zustürmen, als ihn eine Kreatur aus Masse und Rauch im vollen Lauf erwischte und in Richtung der Priesterin schleuderte. Dieses Ungetüm verfehlte sie nur um einen halben Meter und schlug vor ihr auf dem Weg ein, daß man das Krachen sogar in Takumoru vernommen haben mußte.

So schnell die Beine sie trugen, rannte sie auf die Stelle zu, an der der Bär benommen aufgeschlagen war. Als sie näher kam, sah sie, daß spitze Krallen den Bauch aufgerissen hatten. Die Innereien des betäubten Bären quollen heraus.

Egal, was den Bären erwischt hatte, es schien über gewaltige Kräfte zu verfügen. Beide Bären waren sofort getötet worden. Diese Kreatur mußte gewaltig sein.

Die Priesterin griff noch einmal in ihre Spruchtasche. Doch mehr außer einem Heilzauber konnte sie nicht zutage fördern. Das grelle Licht, welches sie im Wald gelegt hatte, würde weithin sichtbar sein. Also würden zumindest die Bewohner Takumorus mitbekommen, daß hier etwas vorging.

 

Doch bevor sie sich darauf verlassen konnte, krachte es neben ihr noch einmal und ein ganzer Bambusstrauch wurde pulverisiert. Die Späne umflogen sie als feine Wolke, prallten am Schutzschild ab, und sanken kraftlos zu Boden.

Dann zeigte sich die Kreatur in ihrer vollen Schönheit.

Mindestens so groß wie ein ausgewachsener Bär, jedoch mit Krallen, die gut doppelt so lang waren, wie sie sein dürften. Die rotglühenden Augen leuchteten immer intensiver, und seine Körperstruktur schien sich im grellen Licht noch weiter zu verdichten.

Die Priesterin sprach noch ein Gebet, dann ging sie erneut in Kampfstellung. Obwohl ihr klar war, daß ein Gewinnen kaum möglich werden würde. Dazu war dieses Ungeheuer schlicht zu groß, zu wild, und zu dämonisch.

Das Schattenmonster, welches wohl mehr aus schwarzem Rauch zu bestehen schien, geiferte sie gierig an. Solange ihr Schutzschild bestand hatte, besaß es kaum Möglichkeit hindurch zu kommen.

Mit einem auf ihren Stab gewirkten Zauber schoß sie eine Feuerlanze auf das Monster ab, welches gar nicht darauf reagierte. Der Schlag schien zwar getroffen zu haben, doch keinerlei Schaden anzurichten. Nun wirkte sie einen Blitzzauber auf ihren Stab und feuerte ihn durch das Schild auf die Kreatur ab.

Diesmal kam es zu einer Reaktion.

Die ganze Welt schien mit einem Mal in einem unwirtlichen blaugrünen Feuer zu stehen. Die Welt und das Nichts wurden eins. Alles verschwand regelrecht in einem blauen Blitz, der alles aufzufressen schien. Eine Druckwelle entstand, und schlug auf der gegenüberliegenden Seite im Bambuswald ein. Bambus brach wie morsches Holz.

Das Krachen wurde ohrenbetäubend.

Das Monster schien wirklich ernsthaft getroffen worden zu sein, trotzdem gab es nicht. Auch hatte es seine Position gewechselt. Es stand nun mehr seitlich. Und der Schild der Priesterin begann bereits zu flackern.

Viel Zeit blieb ihr nicht mehr, diesen Kampf zu beenden.

Also blieb nur noch davonrennen, um die nächste Kurve herum, wo der Weg bereits begann abschüssig zu werden, oder sich aber dieser Kreatur stellen und zu versuchen, sie ein für alle Mal zu vernichten.

Der nächste Zauber war nicht weniger mächtig gewirkt.

Auch er schlug ein, doch seine Druckwelle ging diesmal den Hang hinunter, und enthauptete deshalb eine große Menge Bambus, der krachend ins sich zusammenstürzte.

Der nächste Schlag des Monsters wurde von dem bereits flackernden Schild aufgefangen und schleuderte die Priesterin gut acht Meter durch die Luft, bevor sie am Fuß des Weges, der hinauf zum Brunnen führte, schmerzhaft aufschlug.

Der jungen Frau taten alle Knochen weh, als sie versuchte sich langsam aufzuraffen, ihren Stab zu fassen und doch noch einmal aufzustehen. Bevor sie dies jedoch bewerkstelligen konnte, war das Monster über ihr. Ihr Schutzschild flackerte ein letztes Mal.

Danach hörte man einen herzzerreißenden Schrei aus dem Bambuswald bis weit in die schwarze Festung hinein. Die Priesterin hatte nicht einmal einen Hauch einer Chance besessen. Das Monster griff einfach zu, zerfetzte ihre Kleidung, ihr einfaches Gewand, um dann seine überlangen Krallen quer durch ihren Leib zu rammen.

Das Blut spritzte, befleckte sogar das schwarze Fell der Kreatur.

Dann ein weiterer Hieb, der die Eingeweide aus der Bauchhöhle riß, während ein zweiter Schlag den Schädel der Priesterin zerschmetterte. genüßlich fraß das Monster nun die Eingeweide der jungen Frau, wohl wissend, daß sich aus dem Dorf niemand hierher getrauen würde. Als es seine Arbeit beendet hatte, löste es sich wieder in eine schwarze Rauchwolke auf, die langsam in Richtung Felsenhöhle zog, die unweit des Brunnens lag.

21. Kapitel

Als der spitze, hohe, Schrei verklungen war, brach Hauptmann Asano sofort mit zehn Mann auf, um nach dem Rechten zu sehen. Ihm persönlich gefiel so gar nicht, was er hatte beobachten können. Als der erste Bambus wie Papier zerfetzt wurde, daß seine Späne beinahe bis vor das Tor der schlechten Befestigung flogen, war dem Hauptmann bereits klar, daß die Kreatur wieder einmal zuschlug. Doch ein Aufhalten mit ihren begrenzten Mitteln schien kaum möglich. Der Hauptmann rückte deshalb mit zehn Soldaten aus, um wenigstens die sterblichen Überreste zusammen zu suchen. Ihn verwunderte es auch nicht weiter, daß sich seiner kleinen Truppe das Mietschwert ungefragt anschloß.

Der kleine Trupp erklomm den schmalen Hügelweg, um auf die Hauptstraße zu gelangen. Hier sah es aus, als hätte eine Schlacht gewütet. Von der Angegriffenen lag nur noch der ausgeweidete Kadaver am Weg, der hoch zum Brunnen führte. Vor ihren Füßen lagen die Reste eines ausgewachsenen Bären.

Doch auch dieses Tier hatte leiden müssen.

Der Trupp schwärmte aus, und fand auch rasch die Reste des zweiten Bären.

Beide Tiere waren auf die gleiche Art getötet worden, wie bisher jeder Reisende, der um diese Tageszeit versuchte den Bambuswald zu durchqueren. Der Weg war blutbeschmiert. Diesmal jedoch würde man diese Spuren nicht so einfach überdecken können, wie man es bisher immer getan hatte.

Hauptmann Asano schnappte nach Luft, als er sah, wer da getötet worden war.

Ayana, das Mietschwert, stand neben ihm, als er den Leichnam in näheren Augenschein nahm. Die junge Frau wirkte zwar gefaßt, man sah ihr aber an, daß es in ihr kochte.

»Dies hättet ihr auch nicht voraussehen können, Hauptmann!«, bemerkte sie dann.

Der Hauptmann nickte zustimmend.

»Zwei zerfetzte Bären und eine tote Priesterin. Ich würde einmal behaupten, daß Takumoru unter keinem guten Stern steht. Zumindest nicht in diesen Tagen.«, erwiderte er geschockt.

Das Mietschwert nickte zustimmend.

Dann kniete sie sich neben ihn, und begutachtete selbst die ausgeweidete Leiche näher. Der Priesterin waren schreckliche Wunden geschlagen worden. Man sah deutlich, daß sie nicht einmal eine Chance der Gegenwehr besessen hatte. Ihr Schädel war zertrümmert, der Brustkorb nach oben aufgewölbt, und ihre Hände hatten sich im Todesmoment verkrallt.

Hauptmann Asano sah zu seinen Soldaten hinüber, dann befahl er: »Schafft mir alle Kadaver ins Dorf. Wir werden erzählen, daß die Priesterin ein Opfer wilder Bären wurde. Und das ihre Magie nicht einmal dazu ausreichte, diese Tiere abzuwehren.«

Ayana sah den Hauptmann überrascht an.

»Herr!«

Der Hauptmann erteilte die entsprechenden Befehle, und seine Leute begannen sofort entsprechend Bambus zu fällen, um die notwendigen Tragen zusammenzubauen.

»Mietschwert, ich dulde euch zwar in unserem Dorf, doch letztlich hat unser Herr darüber das letzte Wort. Solange mein Herr nicht da ist, und seine Tochter sich mit anderen Dingen beschäftigt, werdet ihr geduldet. Mir bleibt keine andere Wahl, als dies hier als Bärenangriff darzustellen. Erzähle ich die Wahrheit, rennen uns womöglich noch die letzten Dorfbewohner weg. Damit wäre dann keinem geholfen, denn die schwarze Festung kann sich nicht allein versorgen.«

Ayana begriff.

»Ihr scheint eurem Haus gegenüber sehr verpflichtet zu sein. Die Wahrheit ist immer besser als eine Notlüge. Doch ich verstehe eure Lage. Zum Glück habt ihr zwei tote Bären, die eure Aussagen beweisen. Damit sorgt ihr gleichzeitig dafür, daß eure Truppe wieder mehr Selbstvertrauen faßt, obschon sie durch dieses Ungeheuer schon mehr als genug verunsichert ist.«

Der Hauptmann nickte.

»Halte ich die Moral nicht aufrecht, bis entweder unser Samurai oder unser Herr selbst wieder hier ist, laufen mir nicht nur die Dörfler weg, sondern auch unsere Soldaten. Und dann verlieren wir hier alles, denn mit weniger Truppen werden wir einem Angriff des Monsters niemals standhalten können.«

Nun lächelte das Mietschwert zynisch auf.

»Herr, wenn dieses Monster wollte, wäre es schon lange nach Takumoru hinunter gekommen. Ihr scheint also auch ohne meine Anwesenheit etwas dort zu haben, was es auf Distanz hält. Dieses müssen wir finden, denn nur so, scheint es, werden wir in der Lage sein, es auch zur Strecke zu bringen.«

Diesem Argument konnte sich nicht einmal der Hauptmann verschließen.

In der Zwischenzeit hatten seine Männer bereits die erste Trage für den ersten Bären fertig. Mit ihren Lanzen wuchteten sie den schweren Leib des Tieres auf die Zugtrage und schafften ihn dann an die Spitze des Weges, wo der Weg abschüssig wurde.

»Sollte dies der Wahrheit entsprechen, wäre also nur der Weg selbst die Gefahr!«, schlußfolgerte er.

Das Mietschwert nickte zustimmend. Diesmal jedoch ohne ein Lächeln im Gesicht, sondern mit einem sehr ernstem Ausdruck. »Dieses Monster hat immer wieder um die gleiche Zeit hier am Weg angegriffen, wie ihr es heute selbst bemerktet. Hätte euer kleines Dorf nicht einen primitiven Schutz, und damit ist nicht die Palisade gemeint, wäre es längst über die Dörfler hergefallen.«

Hauptmann Asano schaute seinen Leuten zu, wie sie auf die zweite Zugtrage den zweiten Bärenkadaver verfrachteten. Die Männer strengten sich wirklich an. Als Asano sah, daß die dritte Trage für den Leichnam der Priesterin fertig war, gab er seinen Leuten ein Stopsignal und sagte laut: »Männer, egal was ihr denkt, worum es hier geht, ihr werdet im Dorf behaupten, daß ihr die Bären erlegt habt. Wir werden sie häuten und ihr Fleisch unter den Einwohnern verteilen. Es sollte zumindest für einige Tage reichen. Ich möchte von keinem von euch hören, daß das Monster wieder zugeschlagen hat. Die Moral unserer Freunde ist gefährdet. Zeigen wir dem Dorf, daß wir keine solch schlechte Truppe sind, daß man ihr nicht sein Leben anvertrauen kann.«

Die zehn Soldaten salutierten.

Ihnen war klar, daß der Hauptmann Recht hatte.

Als sie den Leichnam der Priesterin auf die Trage legten, rannen Tränen aus den Augen des Mietschwerts. Der Hauptmann mußte sich beherrschen, um nicht auch zu weinen. Doch irgendwie konnte er diese junge Frau verstehen. Auch wenn er noch nicht verstand, warum sie sich der Dämonenjagd verschrieben hatte.

»Hauptmann Asano, irgendwann einmal werde ich euch sagen, warum ich hinter Dämonen her bin. Noch bin ich nicht bereit, denn noch ist meine Arbeit hier nicht erledigt. Bevor ich weiterziehe, werde ich euch auch über meine Familie aufklären.«

Es klang offen und ehrlich von ihr.

Die junge Frau riß sich wieder zusammen.

Man sah richtig, wie sie sich wieder aufrichtete, und wieder diese harte Maske zu tragen begann, mit der sie ins Dorf gekommen war. Hauptmann Asano ignorierte es. Diese Frau konnte mit einem Schwert umgehen.

Wenn sie Gefühle zeigte, deutete dies nur darauf hin, daß das, was hier gerade passierte, sie seelisch stark berührte. Eigentlich sollte es ihn genauso berühren. Doch er war Hauptmann. Ihm blieb keine andere Wahl als in der Abwesenheit seines Herrn die Härte zu zeigen, die angebracht war, sollten alle überleben.

Danach zog der kleine Trupp mit seinen drei Tragen wieder hinunter ins Dorf.

Wie jeden Abend wurden wieder die Fackeln entzündet, um wenigstens ein wenig Licht zu spenden. Doch Licht war nicht ihr Problem. Auf einen weiteren Befehl von Hauptmann Asano wurden die beiden Bären sachgerecht geschlachtet und ihr Fleisch verteilt. Bevor er jedoch endlich zu seiner Tochter nach Hause konnte, mußte er Meldung in der schwarzen Festung machen. Dies war jener Teil seiner Arbeit, der ihm am wenigsten Spaß machte, denn Lady Fumiko schien in der Sache der Legende um dieses Monster noch weniger Sinn für Humor als er selbst zu besitzen.

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