Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht

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3. Schutz des Herstellers von Tonträgern

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Hersteller von CDs, Tonbändern oder sonstigen Tonträgern genießen nach § 85 UrhG einen besonderen Schutz. Dies vor allem aus zwei Gründen: Sie erbringen – zwar keine künstlerische, aber – eine qualifizierte technische Leistung; Tonträger können heute sehr leicht kopiert werden.

Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen (§ 85 I UrhG).

Wird ein erschienener oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemachter Tonträger, auf den die Darbietung eines ausübenden Künstlers aufgenommen ist, zur öffentlichen Wiedergabe der Darbietung benutzt, so hat der Hersteller des Tonträgers gegen den ausübenden Künstler einen Anspruch auf angemessene Beteiligung an der Vergütung, die dieser nach § 78 II UrhG erhält (§ 86 UrhG). Die Geltendmachung dieses Vergütungsanspruches erfolgt in der Regel über die GVL. Diese teilt nach ihrem Verteilungsplan die Vergütungen zwischen ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern auf.

4. Schutz des Sendeunternehmens

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Sendeunternehmen genießen besonderen Schutz aus den gleichen Gründen wie die Hersteller von Tonträgern.

Das Sendeunternehmen hat das ausschließliche Recht,


- seine Funksendung weiterzusenden und öffentlich zugänglich zu machen,
- seine Funksendung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, Lichtbilder von seiner Funksendung herzustellen sowie die Bild- oder Tonträger oder Lichtbilder zu vervielfältigen und zu verbreiten, ausgenommen das Vermietrecht,
- an Stellen, die der Öffentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, seine Funksendung öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 87 I UrhG).

5. Schutz des Lichtbildners

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§ 2 I Ziff. 5 UrhG gibt – wie wir wissen – Urheberrechtsschutz für Lichtbildwerke, also für künstlerische Lichtbilder. § 72 UrhG gewährt ein Leistungsschutzrecht für Lichtbilder Die Grenzziehung zwischen dem einen und andern ist meist äußerst schwierig. Diese komplizierte Abgrenzung braucht im Einzelfall häufig nicht vorgenommen zu werden, da die Vorschriften für Lichtbildwerke auf Lichtbilder entsprechend anzuwenden sind (§ 72 I UrhG); eine Ausnahme macht die Schutzdauer: Lichtbildwerke 70 Jahre (§ 64 I UrhG), Lichtbilder 50 Jahre (§ 72 III UrhG).

Was wir bereits beim Lichtbildwerk kennen gelernt haben, gilt auch hier: Das Lichtbildschutz einzelner Filmbilder aus § 72 UrhG erstreckt sich nicht nur auf die Verwertung der Bilder in Form von Fotos, sondern auch auf die Verwertung der Bilder in Form des Films (BGH, v. 6.2.2014, Az. ZR 86/12 – Peter Fechter).

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Auf eines sei jedoch besonders hingewiesen. Geschützt ist nicht der Inhalt, das Motiv des Lichtbildes, sondern nur dessen konkrete Wiedergabe. Deshalb gewährt das Leistungsschutzrecht in der Regel nur Schutz gegen Vervielfältigung der konkreten Aufnahme als eines körperlichen Gegenstandes in unveränderter Form (BGH, NJW 67, 724 – skai – cubana; OLG München, ZUM 91, 431).

Beispiel:

Es darf also z.B. ein Bergsee von einem Dritten von der gleichen Stelle aus, mit gleichem Bildausschnitt, mit gleicher Blende, mit gleicher Belichtungszeit und gleicher Brennweite aufgenommen werden, wie dies vorher von einem Werbefotografen für eine Ansichtskarte geschehen ist.

Vgl. Fall 4.

6. Schutz des Datenbankherstellers

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Besonderen Schutz genießen Datenbankhersteller insbesondere deswegen, weil auf diesem Gebiet erheblicher Aufwand zu erbringen ist.

Eine Datenbank ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch angeordnet und einzeln mithilfe elektronischer Mittel zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert (§ 87a I, 1 UrhG).

Dem Datenbankhersteller – das ist derjenige, der die genannten Investitionen vorgenommen hat (§ 87a II UrhG) – wird das Ausschließlichkeitsrecht der Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe eingeräumt (§ 87b I UrhG).

7. Schutz des Filmherstellers

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Zunächst müssen wir einige Begriffe klären: Film ist jede Bildfolge oder Bild-Tonfolge, die den Eindruck eines bewegten Spiels entstehen lässt. Der Film kann sich darstellen als Filmwerk nach § 2 I Ziff. 6 UrhG; hierfür gelten die Vorschriften der §§ 88–94 UrhG. Erfüllt der Film die Erfordernisse eines Werkes nach § 2 II UrhG nicht, so handelt es sich um Laufbilder nach § 95 UrhG, wonach einige Vorschriften über Filmwerke Anwendung finden. Im Folgenden wenden wir uns dem Filmwerk zu, wobei unter diesen Begriff auch das Fernsehwerk fällt.

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Dem Hersteller eines Filmes entstehen bei der Produktion meist enorm hohe Kosten, insbesondere hat er alle Mitwirkenden zu bezahlen. Da ihm als Produzenten in der Regel weder originäre Urheberrechte noch verwandte Schutzrechte zustehen, räumt ihm der Gesetzgeber besondere Rechte ein, um ihm eine ungestörte Auswertung des Filmwerkes zu sichern. Die §§ 88–94 UrhG verschaffen dem Filmhersteller eine starke Rechtsposition.

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Dem Filmproduzenten steht am Tonträger das Leistungsschutzrecht nach §§ 85 f. UrhG zu. Darüber hinaus erhält er am Filmträger, also am Bildträger bzw. Bild-Tonträger, ein besonderes Leistungsschutzrecht nach § 94 UrhG. Danach hat er das ausschließliche Recht, den Filmträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung oder Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen. Im Übrigen ist er berechtigt, Entstellungen oder Kürzungen zu verbieten. Die Schutzdauer beträgt 50 Jahre (§ 94 III UrhG).

Im Zusammenhang mit einem Filmwerk besteht eine Vielzahl von Urheberrechten und Leistungsschutzrechten. Verschaffen wir uns hierüber einen kurzen Überblick.

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Zunächst sind die Werke zu erwähnen, die bereits vor der Filmherstellung entstanden sind, etwa Romane, Novellen, Bühnenwerke, die verfilmt werden sollen, sowie Musik, die im Film Verwendung findet. Die Schöpfer derartiger vorbestehender Werke sind und bleiben Urheber ihrer Werke (vgl. § 89 III UrhG); sie werden keine (Mit-)Urheber des Filmwerkes, es sei denn, dass sie ausnahmsweise, über das vorbestehende Werk hinausgehend, auch schöpferisch an der Gestaltung des Filmwerkes mitgewirkt haben.

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Urheber des Filmwerkes sind nur diejenigen, die den allgemeinen urheberrechtlichen Regeln entsprechend, durch persönliche geistige Schöpfung (§ 2 II UrhG) an der Herstellung des Filmes mitwirken. Wer zu diesem Personenkreis gehört, ist umstritten und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Urheber sind in der Regel der Regisseur, der Drehbuchautor, der Schöpfer der Dialoge, der Komponist der speziell für den betreffenden Film komponierten Musik, der Kameramann, soweit er Lichtbildwerke schafft und die Bildfolge mitbestimmt, u.U. je nach dem Grad ihrer schöpferischen Gestaltung, Cutter und Filmarchitekt. Der Filmproduzent und die Schauspieler sind keine Urheber, es sei denn, dass auch sie ausnahmsweise den Film künstlerisch gestalten. Kommen mehrere Personen als Urheber in Betracht, so sind sie Miturheber (§ 8 UrhG).

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Hinzu kommen die ausübenden Künstler, wie etwa Filmschauspieler, Musiker, Sänger, Dirigenten, Tänzer, denen dem Grunde nach Leistungsschutzrechte zustehen.

Für alle drei Gruppen gibt der Gesetzgeber Regeln zur Stärkung der Rechtsposition des Filmproduzenten.

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In Bezug auf die Urheber von vorbestehenden Werken gibt § 88 UrhG eine Auslegungsregel, eine spezielle Ausprägung der Zweckübertragungstheorie des § 31 V UrhG. Hat der Urheber dem Filmproduzenten gestattet, sein Werk zu verfilmen, dann liegt darin im Zweifel die Einräumung des ausschließlichen Rechts, das Werk unverändert oder unter Bearbeitung oder Umgestaltung zur Herstellung eines Filmwerks zu benutzen und das Filmwerk sowie Übersetzungen und andere filmische Bearbeitungen auf alle Nutzungsarten zu nutzen (§ 88 I UrhG). Zu einer Wiederverfilmung ist der Hersteller nicht berechtigt. Der Urheber darf nach 10 Jahren sein Werk anderweitig filmisch verwerten (§ 88 II UrhG).

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Auch in Bezug auf die Urheber am Filmwerk gibt das Gesetz eine Auslegungsregel: In der Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Herstellung räumt der Urheber dem Filmhersteller im Zweifel das ausschließliche Recht ein, das Filmwerk sowie Übersetzungen und andere filmische Bearbeitungen oder Umgestaltungen des Filmwerkes auf alle Nutzungsarten zu nutzen (§ 89 I UrhG).

 

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Haben ausübende Künstler mit dem Filmproduzenten Verträge über ihre Mitwirkung bei der Herstellung eines Filmwerkes abgeschlossen, so räumen sie ihm damit im Zweifel das Recht ein, die ihnen nach § 77 I, II, 1 und § 78 I Ziff. 1, 2 UrhG) vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen (§ 92 UrhG). Auch hier verfolgt das Gesetz das Ziel der Stärkung der Rechtsposition des Filmherstellers.

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Zu guter Letzt schränkt § 93 UrhG den persönlichkeitsrechtlichen Schutz sowohl der Urheber der vorbestehenden Werke als auch der Urheber des Filmwerkes als auch der Inhaber von Leistungsschutzrechten ein. Sie können die ihnen nach den §§ 14 und 75 UrhG zustehenden Rechte hinsichtlich der Herstellung und Verwertung des Filmwerkes nur bei gröblichen Entstellungen oder anderen gröblichen Beeinträchtigungen ihrer Werke oder Leistungen verbieten. Sie haben hierbei aufeinander und auf den Filmhersteller Rücksicht zu nehmen (§ 93 I UrhG).

Gröblich ist eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung insbesondere dann, wenn sie geeignet ist, Ansehen und Ruf der jeweiligen Urheber und Leistungsschutzberechtigten zu gefährden (vgl. hierzu OLG München, ZUM 92, 308 ff.).

Die Nennung jedes Einzelnen an einem Film mitwirkenden ausübenden Künstlers ist nicht erforderlich, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet (§ 93 II UrhG).

III. Beendigung der verwandten Schutzrechte

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Die Leistungsschutzrechte erlöschen in der Regel nach 50 Jahren (§§ 72 III; 82; 85 III; 87 III UrhG), bei Datenbanken bereits nach 15 Jahren (§ 87d UrhG).

Teil 3 Patentrecht

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Technische Ideen können unter bestimmten Bedingungen geschützt werden. In Frage kommen dabei der Patentschutz oder der Gebrauchsmusterschutz. Durch Registrierung – also rechtsgestaltenden Verwaltungsakt – kann ein Patent geschaffen werden, sofern es die formellen und materiellen Voraussetzungen erfüllt. Durch ein Patent erhält der Inhaber ein befristetes und räumlich begrenztes Nutzungsmonopol. Patente erfüllen dabei eine wichtige Informationsfunktion, denn die Erfindung muss veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung der Erfindung gibt Anreize für weitere Forschung und Entwicklung. Von dieser Innovationsförderung und dem Wissenszuwachs profitieren Erfinder und Verbraucher gleichermaßen.

A. Wesen und Gegenstand des Patents

I. Allgemeines

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Das Patentrecht = Patent ist ein technisches Schutzrecht. Es ist, wie wir wissen, ein Ausschließlichkeitsrecht, ein absolutes Recht und liegt auf gewerblichem Sektor.

Gegenstand des Patents ist eine Erfindung.

Abb. 12: Gegenstand des Patents


[Bild vergrößern]

Das Patent hat in der Praxis größte Bedeutung. Zahlen mögen dies belegen: In der Bundesrepublik Deutschland wurden beim Deutschen Patent- und Markenamt in München im Jahre 2020 über 62 105 Patentanmeldungen eingereicht. Einschließlich der mit Wirkung für Deutschland vom Europäischen Patentamt erteilten Patente (Rn. 902 ff.) bestanden 2020 in Deutschland insgesamt 132 336 Patente.

II. Rechtsvoraussetzungen

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§ 1 I PatG verlangt für die Erteilung eines Patents


- eine Erfindung, die
- neu,
- gewerblich anwendbar ist,
- auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

1. Erfindung

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Zentralbegriff des Patentrechts ist die Erfindung. Wie das Wort „Erfinden“ schon sagt, liegt das Wesen der Erfindung darin, dass etwas gefunden wird. Gefunden kann aber nur das werden, was schon da ist. Was ist dies hier? Es ist eine durch die Natur vorgegebene technische Regel. Wir sehen also: Die Erfindung ist kein bloßes Gebilde der Fantasie, enthält keine Einmaligkeit des individuellen menschlichen Geistes, ist also keine Schöpfung, sondern entspricht einem in der Natur bereits vorgegebenen geistigen Prinzip. Daraus erhellt sich, dass mehrere Menschen unabhängig voneinander dieselbe Erfindung machen: Doppelerfindungen. Es ist bekannt, dass bestimmte Erfindungen „oft in der Luft liegen“.

Beispiel:

Die Doppelerfindung zeigt sich z.B. in der Geschichte des Zündholzes: zunächst erfunden vom Engländer Cooper 1825, nach anderen vom Studenten Kammerer in Ludwigsburg und schließlich von Lundström in Schweden, wo es wirtschaftlich genutzt wurde.

Bei einer Schöpfung, einem Werk, kann wegen der Einmaligkeit des individuellen menschlichen Geistes keine Duplizität eintreten. Das Gedicht „Die Glocke“ konnte von keinem anderen als Schiller geschaffen werden.

An diesen beiden Beispielen zeigt sich die Abgrenzung des Patents vom Urheberrecht. Das Werk als Gegenstand des Urheberrechts entspricht der Individualität des menschlichen Geistes, ist damit einmalig. Die Erfindung als Gegenstand des Patents hingegen enthält keine Einmaligkeit des menschlichen Geistes; Erfinder sind ersetzbar.

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Nachdem wir nun ganz allgemein erkannt haben, worum es bei der Erfindung geht, wollen wir uns dem Begriff im Einzelnen zuwenden.

Das Gesetz definiert den Begriff Erfindung nicht und eine allseits anerkannte Festlegung gibt es nicht.

Der Ausgangspunkt ist jedoch klar: Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Technik. Ein häufig in Gerichtsentscheidungen vorkommendes Argument ist Technizität.

Wir gehen zunächst von folgender, im Ansatz leichten, allgemeinen Begriffsbestimmung aus: Eine Erfindung ist eine Lehre zum technischen Handeln. Diese sieht die Rechtsprechung in einer Anweisung zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges. Welche beherrschbaren Naturkräfte ausgenutzt werden, ist dabei gleichgültig. Es können die der Physik, der Chemie oder der Biologie sein. Allein durch die Naturkräfte muss der angestrebte Erfolg erreicht werden, also ohne Zwischenschaltung von Verstandeskräften.


- Beispiele für Erfindungen, bei denen mit Kräften der Physik und Chemie gearbeitet wird, sind uns allen bekannt.
- Problematisch sind hingegen die Erfindungen, die sich auf die lebende Materie beziehen. Hierzu gibt das Gesetz eine Reihe von Regelungen: - Nach § 1 II PatG sind biotechnologische Erfindungen patentfähig, wenn sie ein Erzeugnis, das aus biologischem Material (das ist nach § 2a III Ziff. 1 PatG ein Material, das genetische Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden kann) besteht oder dieses enthält, oder wenn sie ein Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt oder bearbeitet wird oder bei dem es verwendet wird, zum Gegenstand haben. Auch biologisches Material, das mit Hilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt wird, kann Gegenstand einer Erfindung sein. Beispiel: Für ein Biotechunternehmen wurde Patentschutz für krebszerstörende Viren erteilt. Diese biotechnologische Erfindung ist patentfähig, weil sie ein Erzeugnis zum Gegenstand hat, das aus biologischem Material besteht (§ 1 II, S. 1, 1. Alt. PatG). Viren stellen nämlich biologisches Material dar, das sich nicht selbst reproduzieren kann, sondern ein biologisches System zur Reproduktion benötigt (§ 2a III Ziff. 1, 2. Alt. PatG). - Patentfähig sind auch Erfindungen, deren Gegenstand Pflanzen oder Tiere sind, wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist (§ 2a II Ziff. 1 PatG). - Weiterhin sind solche Erfindungen patentfähig, die ein mikrobiologisches oder ein sonstiges technisches Verfahren oder ein durch ein solches Verfahren gewonnenes Erzeugnis zum Gegenstand haben; Ausnahmen: Pflanzensorten und Tierrassen (§ 2a II Ziff. 2 PatG).

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Schöpfungen hingegen, die nicht mit den Mitteln der Naturkräfte arbeiten, sondern lediglich zur Welt des Geistes gehören, können nicht Gegenstand einer Erfindung sein, wie etwa:


- Schöpfungen auf dem Gebiet der Kunst, Literatur, Wissenschaft und Wirtschaft. - Davon ausgehend versteht sich auch § 1 III PatG, wonach Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien, mathematische Methoden, ästhetische Formschöpfungen, Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie die Wiedergabe von Informationen nicht als Erfindungen angesehen werden. - Von großer praktischer Bedeutung ist es, dass Programme für Datenverarbeitungsanlagen (Computersoftware) urheberrechtsfähig, aber nicht patentfähig sind (§ 1 III Ziff. 3 PatG). Diese Problematik wurde bereits oben (Rn. 10) thematisiert. Die Patentunfähigkeit gilt nach § 1 IV PatG jedoch nur insoweit, als für die Software „als solche“ Schutz begehrt wird. Hier entstehen häufig Probleme, denn es kommt oft vor, dass Computerprogramme im Rahmen einer Patentanmeldung eine Rolle spielen, etwa bei einer Steuerungseinrichtung; man spricht hier, wie wir bereits wissen, von computerimplementierten Erfindungen (Rn. 9). Nehmen wir zunächst den einfachsten Fall: Es wird ein reines Computerprogramm als solches als Patent angemeldet. Dieses wird mangels Technizität als Nichterfindung gemäß § 1 III Ziff. 3 PatG abgelehnt. Problematisch sind die Anmeldungen, die computerimplementierte Verfahren in einem Nebeneinander mit technischen Merkmalen aufweisen. Dies ist der Fall, wenn Software in technische Abläufe eingebunden ist, etwa durch Verarbeitung von Messergebnissen oder Steuerung, Regelung und Überwachung des Ablaufs technischer Einrichtungen (z.B. PKW-Motorsteuerung, ABS). In derartigen Fällen lehnt der BGH einen Patentschutz nicht ab, wenn – über die unabdingbare Technizität hinaus – verfahrensbestimmende Anweisungen enthalten sind, welche die Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln zum Gegenstand haben (z.B. BGH: GRUR 2004, 667 – Elektronischer Zahlungsverkehr; Az. X ZB 22/07 vom 20.1.2009 – Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten), soweit die in § 1 I PatG geforderten materiellen Voraussetzungen der Neuheit, der erfinderischen Tätigkeit und der gewerblichen Anwendbarkeit erfüllt sind.
- Auch andere Schöpfungen, die sich nur an den menschlichen Geist richten, sog. Anweisungen an den menschlichen Geist, sind nicht technisch und scheiden daher als Erfindung aus, z.B. Werbetexte, Werbepostkarten, Werbekalender, der Gedanke, in einem Unterhaltungsbuch Reklametexte psychologisch geschickt in bestimmter Weise einzufügen, die Anordnung und Einteilung von Adressbüchern, Kontenplänen und Preislisten (BGH, GRUR 75, 549 f. – Buchungsblatt).

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Über die in § 1 III PatG genannten „Nichterfindungen“ hinausgehend, bestimmt § 1a I PatG Nichtpatentierbarkeit in Bezug auf den menschlichen Körper: Der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung, einschließlich der Keimzellen, sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, können nicht Gegenstand eines Patents sein. Dies gilt jedoch nicht für einen isolierten Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eine Gens (§ 1a II PatG).

Für Pflanzensorten und Tierrassen werden keine Patente erteilt (§ 2a I Ziff. 1 PatG). Was die Pflanzensorten angeht, gilt es aber ein Spezialgesetz zu beachten, das Sortenschutzgesetz: Hiernach genießt der Ursprungszüchter oder Entdecker Sortenschutz für eine Pflanzensorte, wenn sie unterscheidbar, homogen, beständig und neu und durch eine eintragbare Sortenbezeichnung bezeichnet ist. Das Bundessortenamt prüft die für die Erteilung maßgeblichen Kriterien und trägt im Falle eines positiven Ergebnisses die Sorte in die Sortenschutzrolle ein. Die Dauer des Sortenschutzes beträgt 25 Jahre, bei Hopfen, Kartoffel, Rebe und Baumarten 30 Jahre.

Weiterhin sind im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren und die ausschließlich durch solche Verfahren gewonnen Pflanzen und Tiere nicht patentfähig (§ 2a I Ziff. 1 PatG). Darunter sind nach § 2a III Ziff. 3 PatG Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren zu verstehen, die vollständig auf natürlichen Phänomenen wie Kreuzung oder Selektion beruhen.

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Eine Erfindung


- geht von einer technischen Aufgabe (einem technischen Problem) aus und
- führt dieses einer Lösung mit bestimmten technischen Mitteln zu unter Zuhilfenahme der genannten Naturkräfte.

Aufgabe ist der erstrebte technische Erfolg, betrachtet aus der Zeit vor der Vollendung der Erfindung.

Der Einsatz bestimmter technischer Mittel – die oben beschriebenen physikalischen, chemischen oder biologischen Naturkräfte – ist ursächlich für die Problemlösung; ein bekanntes Beispiel: das „ABS-Bremssystem“.

Beispiel:


- Die Aufgabe: Bei einem Antiblockierregelsystem, mit dessen Hilfe beim Bremsen der einzelnen Fahrzeugräder wegen der bekannten nachteiligen Folgen deren Blockieren (Gleiten) verhindert werden soll, die Beendigung der Druckabsenkung (besser) den Fahrbahnverhältnissen anzupassen.
- Die Lösung: Ein System mechanischer, elektrischer oder elektronischer Art mit bistabilen Schaltvorrichtungen, mit Drehverzögerungs- und Drehbeschleunigungs-Schaltvorrichtungen, bei dem bestimmte Signale gegeben werden und die einzelnen Elemente so miteinander verbunden sind, dass sie beim Auftreten eines Verzögerungssignales in einen Schaltzustand geraten, in dem sie – über die Steuerung jeweils eines Einlass- und eines Auslassventils – eine Absenkung des Bremsdrucks bewirken, und erst beim Auftreten eines Beschleunigungssignals eine andere Schaltstellung einnehmen, in der der Bremsdruck konstant gehalten wird.

(Vgl. hierzu BGH, GRUR 80, 850 – Antiblockiersystem).

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Eine Erfindung offenbart als Lehre zum technischen Handeln nur dann eine fertige Lösung, wenn ein Fachmann sie nach den Angaben des Erfinders ausführen, also in beliebiger Wiederholung nach dieser Lehre mit gleich bleibendem Erfolg arbeiten kann. Die Lösung des technischen Problems darf also nicht auf Zufall beruhen, sondern auf der Gesetzmäßigkeit der Naturkräfte. Ein einmaliges technisches Ergebnis kann also niemals Gegenstand einer Erfindung sein. Gerade in dieser Wiederholbarkeit der Erfindung liegen die technische Regel und die Bereicherung der Allgemeinheit.