Handbuch Joint Venture

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Anmerkungen

[1]

Vgl. hierzu auch Labrenz u.a. KoR 2008, 179.

[2]

Vgl. hierzu auch Küting DB 2012, 2830.

[3]

Vgl. Bösser/Pilhofer/Winterling PiR 2014, 132 f.

[4]

Vgl. hierzu auch Busch/Zwirner IRZ 2012, 219, 222.

[5]

Vgl. hierzu näher Zeyer/Frank PiR 2013, 103 ff.; Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg Haufe IFRS-Kommentar, 2014, § 34 Rn. 39; Schubert PiR 2014, 183.

[6]

Vgl. hierzu Bader/Preusche PiR 2011, 254.

[7]

Vgl. auch Sigle/Lüdenbach PiR 2008, 28.

[8]

Vgl. hierzu näher Rn. 41 ff.

[9]

Vgl. hierzu auch Labrenz u.a. KoR 2008, 179.

5. Kapitel Kartellrecht

Literatur:

Alfter Untersagungskriterien in der Fusionskontrolle SLC-Test versus Marktbeherrschende Stellung – eine Frage der Semantik?, WuW 2003, 20; Backhaus Kartellrechtliche Grenzen der Vertragsgestaltung im Rahmen einer Zusammenarbeit von Unternehmen bei der Entwicklung von Arzneimitteln, GRUR Int. 2005, 359; Bien Kartellrechtskontrolle von Gemeinschaftsunternehmen ex ante und ex post – Teil 1: Das Verfahren der Doppelkontrolle de lege lata und de lege ferenda, NZKart 2014, 214; ders. Kartellrechtskontrolle von Gemeinschaftsunternehmen ex ante und ex post – Teil 2: Die Anforderungen an den Nachweis von Spill-over-Effekten, NZKart 2013, 247; Bunte Anwendung der deutschen Fusionskontrolle auf Verkehrskooperation im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)?, GRUR 2004, 913; Koenig/Kühling/Müller Marktfähigkeit, Arbeitsgemeinschaften und das Kartellverbot, WuW 2005, 126; Linsmeier/Balssen Die Kommission macht Ernst: Erstmals Durchsuchungen wegen Gun Jumping, BB 2008, 741; Lutz Die Beurteilung von Einkaufskooperationen nach deutschem Wettbewerbsrecht, WRP 2002, 47; Pohlmann Doppelkontrolle von Gemeinschaftsunternehmen im europäischen Kartellrecht – Eine Zwischenbilanz, WuW 2003, 473; Polley/Grave Die Erweiterung eines bestehenden Gemeinschaftsunternehmens als Zusammenschluss, WuW 2003, 1010; Polley/Seeliger Das neue EG-Kartellrecht für Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit – Leitlinien der Europäischen Kommission und Gruppenfreistellungsverordnungen Nr. 2658/2000 für Spezialisierung und Nr. 2659/2000 für Forschung und Entwicklung, WRP 2001, 494; Schroeder Schnittstellen der Kooperations- und Oligopolanalyse im Fusionskontrollrecht – Gedanken zur Anwendung von Art. 2 Abs 4 und 5 FKVO, WuW 2004, 893; Schulte Handbuch Fusionskontrolle, 2. Aufl. 2010; Spiering/Hacker Rechtsgeschäfte mit Unsichtbaren? Tücken im Umgang mit kartellrechtswidrigen Joint Ventures, RNotZ 2014, 349; Staudenmayer Der Zusammenschlussbegriff in Art. 3 der EG-FusionskontrollVO, 2002; Wiedemann Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl. 2008.

I.Vorbemerkung1 – 4

II.Fusionskontrollrechtliche Bewertung von Joint Venture5 – 138

1.Praktische Bedeutung für die Projektplanung5 – 18

2.Der fusionskontrollrechtliche Begriff des Gemeinschaftsunternehmens19 – 21

3.Anmeldung eines Zusammenschlussvorhabens22 – 25

4.Verhältnis der deutschen zur europäischen Zusammenschlusskontrolle26 – 41

5.Beurteilung nach europäischem Recht42 – 97

6.Beurteilung nach deutschem Recht98 – 138

III.Joint Venture im Lichte des Kartellverbots139 – 177

1.Praktische Bedeutung für die Projektplanung139 – 155

2.Kartellrechtliche Beurteilung typischer Formen der Zusammenarbeit in einem Joint Venture156 – 177

5 › I. Vorbemerkung

I. Vorbemerkung

1

Bei der Gründung eines Joint Venture sind aus kartellrechtlicher Sicht vorrangig die Zusammenschlusskontrolle sowie das Kartellverbot zu beachten. Während die Zusammenschlusskontrolle dem Schutz der Marktstrukturen vor einer unverhältnismäßig hohen Konzentration und damit verbundener Bündelung von Marktmacht dient, soll mit dem Kartellverbot eine wettbewerbsschädliche Koordinierung zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen verhindert werden.

2

Die Zusammenschlusskontrolle wird regelmäßig dann im Vordergrund der kartellrechtlichen Beurteilung eines Joint Venture stehen, wenn ein Equity Joint Venture gegründet wird, zu dessen Umsetzung es eines gesonderten, am Markt selbstständig auftretenden Rechtsträgers bedarf (FKVO,[1] §§ 35 ff. GWB[2]). Neben der Neugründung eines Unternehmens ist hier insbesondere an den gemeinsamen Erwerb eines dritten Unternehmens oder von Anteilen an einem dritten Unternehmen durch die Joint Venture Partner, die Beteiligung des einen Joint Venture Partners an einer Tochtergesellschaft des anderen Partners sowie eine beiderseitige Einbringung von Assets in ein drittes Unternehmen zu denken. Außerdem können Finanzierungsgeschäfte fusionskontrollrechtlich relevant sein, etwa wenn als Kaufpreiszahlung für den Erwerb einer Beteiligung dem Veräußerer eine Beteiligung am erwerbenden Unternehmen eingeräumt wird.[3]

3

Wird das Joint Venture nicht gesellschaftsrechtlich, sondern allein schuldrechtlich verfasst (Contractual Joint Venture), ist an erster Stelle das Kartellverbot zu beachten (Art. 101 AEUV[4], § 1 GWB). Übliche Gestaltungsformen für Contractual Joint Venture, die kartellrechtliche Fragen aufwerfen, sind Arbeits- und Bietergemeinschaften, Einkaufs- oder Vermarktungskooperationen sowie Forschungs- und Entwicklungsgemeinschaften.[5]

4

Zu beachten ist allerdings, dass die in diesem Handbuch vorgenommene Unterscheidung zwischen Equity Joint Venture und Contractual Joint Venture kein Kriterium für die Abgrenzung zwischen Zusammenschlusskontrolle und Kartellverbot ist. So kann unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Contractual Joint Venture in den Anwendungsbereich der Zusammenschlusskontrolle fallen.[6] Zudem schließt die Zusammenschlusskontrolle eine Anwendung des Kartellverbots regelmäßig nicht vollständig aus. Auch Equity Joint Venture können nach Maßgabe des Kartellverbots zu beurteilen sein, soweit diese neben der Konzentration bestimmter unternehmerischer Bereiche zugleich eine Koordinierung zwischen konkurrierenden Joint Venture Partnern ermöglichen oder Nebenabreden zu einem Zusammenschlussvorhaben getroffen werden.[7]

Anmerkungen

[1]

VO (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“, FKVO) v. 20.1.2004.

[2]

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung v. 26.6.2013.

[3]

Zur Fusionskontrolle unten Rn. 5 ff.

[4]

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9.5.2008.

[5]

S. zu diesen Kooperationsformen 8. Kap. Rn. 26 ff.; zu den kartellrechtlichen Vorgaben für Joint Venture außerhalb der Zusammenschlusskontrolle unter Rn. 139 ff.

[6]

Dazu unten Rn. 60.

[7]

Zur horizontalen Koordinierung unten Rn. 76 ff.; zu den Nebenabreden vgl. Rn. 86 ff. und 137 ff.

5 › II. Fusionskontrollrechtliche Bewertung von Joint Venture

 

II. Fusionskontrollrechtliche Bewertung von Joint Venture

5 › II › 1. Praktische Bedeutung für die Projektplanung

1. Praktische Bedeutung für die Projektplanung

5

Wesentliche Voraussetzung für funktionierenden Wettbewerb sind die Marktstrukturen, die im wettbewerbstheoretischen Optimum ein ausgewogenes Kräftegleichgewicht zwischen den Wettbewerbern und der Marktgegenseite bieten. Zum Schutz von Marktstrukturen, die dem Wettbewerb ausreichend Raum belassen oder sich durch einen Zusammenschluss jedenfalls nicht zusätzlich verschlechtern sollen, ist dem externen Unternehmenswachstum nach europäischem und deutschem Kartellrecht ein kartellbehördliches Anmelde- und Genehmigungsverfahren vorgeschaltet (präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt).

6

Sofern ein Joint Venture in den Anwendungsbereich der europäischen oder deutschen Zusammenschlusskontrolle fällt, kann dies bei einer besonderen Marktstellung der Joint Venture Partner eine Beschränkung des Umfangs erfordern, in Einzelfällen sogar zur Unzulässigkeit des beabsichtigten Vorhabens führen. Im Übrigen sind an eine fusionskontrollrechtliche Anmeldepflicht Rechtsfolgen geknüpft, die bereits bei der Planung eines anmeldepflichtigen Joint Venture berücksichtigt werden sollten.

7

Darüber hinaus kann die Gründung eines Joint Venture auch Anmeldepflichten in anderen europäischen Ländern und zudem außerhalb Europas auslösen. Die Ermittlung sämtlicher Anmeldeerfordernisse weltweit ist ein wichtiger Schritt in der Projektplanung multinationaler Vorhaben (sog. Multijurisdictional Filing Assessment). Denn in den meisten Ländern gilt – wie auch in Europa und Deutschland[1] – ein Vollzugsverbot, das eine kartellbehördliche Freigabe vor der Umsetzung des Vorhabens voraussetzt. Daraus ergeben sich in Anbetracht der unterschiedlichen Komplexität und Dauer verschiedener Fusionskontrollverfahren wesentliche Eckdaten für die zeitliche Planung des gesamten Vorhabens. In vielen Fällen bestimmt der Abschluss sämtlicher Fusionskontrollverfahren den Zeitpunkt, zu dem ein Joint Venture frühestens gegründet werden oder erstmals am Markt auftreten kann. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die verschiedenen nationalen Fusionskontrollregime unterschiedliche Formen eines anmeldepflichtigen Zusammenschlusses kennen; daher kann ein und derselbe Vorgang unter Umständen nur in einigen Ländern anmeldepflichtig sein. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass Anmeldepflichten in den meisten Ländern nicht (nur) durch einen inländischen Unternehmenssitz, sondern regelmäßig bereits durch unternehmerische Betätigung im jeweiligen Land ausgelöst werden (z.B. Importe, Vertriebsniederlassungen oder Handelsvertreterbeziehungen). Einer solchen Tätigkeit im Ausland lassen sich regelmäßig auch Umsatzerlöse und Marktanteile zuordnen, die bei Überschreiten der jeweils relevanten Schwellenwerte Anmeldeerfordernisse auslösen können. Darüber hinaus knüpfen manche Jurisdiktionen fusionskontrollrechtliche Anmeldeerfordernis auch an die im Inland belegenen Vermögenswerte der Zusammenschlussbeteiligten (z.B. Fabrikationsanlagen im Ausland). Vermögenswerte, Marktanteile und Umsatzerlöse der Zusammenschlussbeteiligten im Ausland können ab einer gewissen Größenordnung folglich ausreichen, um mit nur einem Vorhaben mehrere parallele Anmeldepflichten auszulösen. Der Schwerpunkt der folgenden Betrachtung soll gleichwohl auf der europäischen und deutschen Zusammenschlusskontrolle und ihrem Zusammenspiel liegen, weil diese beiden Jurisidiktionen aus Sicht eines in Deutschland gegründeten Joint Venture regelmäßig im Vordergrund stehen.

1.1 Entscheidungsmöglichkeiten der Kartellbehörde

8

Je nach wettbewerblicher Beurteilung des Joint Venture kann ein Vorhaben, welches der Zusammenschlusskontrolle unterfällt, von der Kartellbehörde freigegeben oder untersagt werden. Denkbar ist auch, dass die beteiligten Unternehmen durch Zusagen gegenüber der Kartellbehörde das Vorhaben auf einen freigabefähigen Teil reduzieren. Diese Zusagen werden dann anschließend von der Kartellbehörde in Nebenbestimmungen der Freigabeentscheidung aufgenommen (Bedingungen oder Auflagen, z.B. Verpflichtung zur Veräußerung bestimmter Unternehmensbereiche). Es empfiehlt sich daher, bereits frühzeitig die Freigabefähigkeit eines Vorhabens zu prüfen. Zudem sollte vertraglich festgelegt werden, bis zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Voraussetzungen sich die Joint Venture Partner am Joint Venture Vertrag festhalten lassen müssen, wenn eine Kartellbehörde das damit verbundene Zusammenschlussvorhaben nur teilweise oder mit Nebenbestimmungen freigibt.

9

Zwar können die beteiligten Unternehmen gegen die Untersagung oder den Ausspruch belastender Nebenbestimmungen auch Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Zuständig für Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundeskartellamts ist das OLG Düsseldorf (§ 63 GWB), für Nichtigkeitsklagen gegen Entscheidungen der Europäischen Kommission das Gericht der Europäischen Union (Art. 263 AEUV). Allerdings haben Rechtsmittel gegen Behördenentscheidungen bei der Zusammenschlusskontrolle keine aufschiebende Wirkung, so dass die Entscheidung der Kartellbehörde bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Rechtsmittelverfahrens wirksam bleibt. Das Vorhaben darf daher vor rechtskräftigem Abschluss eines Gerichtsverfahrens im Fall einer Untersagung gar nicht und im Fall der Freigabe unter einer Bedingung nur vollzogen werden, wenn die Bedingung erfüllt wird. Lediglich im (praktisch sehr seltenen) Fall einer Auflage kann das Vorhaben zunächst vollzogen und anschließend die Auflage angefochten werden. Beruht eine Freigabe unter Bedingungen und Auflagen auf vorherigen Zusagen der Joint Venture Partner, sollten diese in der Regel nur unter dem Vorbehalt abgegeben werden, die Bedenken der Kartellbehörde nicht zu teilen, um sich keiner Rechtsschutzmöglichkeiten zu begeben.[2] Bis zum rechtskräftigen Abschluss solcher Gerichtsverfahren vergehen regelmäßig mehrere Jahre. Daher wird es häufig nicht sinnvoll sein, die Joint Venture Partner auch noch dann zu einem Festhalten am Vorhaben zu verpflichten, wenn dieses durch eine kartellbehördliche Entscheidung derart belastet ist, dass es ohne anschließendes Rechtsmittelverfahren von den Joint Venture Partnern nicht umgesetzt werden kann.

1.2 Vollzugsverbot

10

Ein Zusammenschluss, der bei der Europäischen Kommission oder dem Bundeskartellamt angemeldet werden muss, darf ohne vorherige Prüfung und Nicht-Untersagung nicht vollzogen werden (Art. 7 Abs. 1 FKVO, § 41 Abs. 1 S. 1 GWB). Auch die meisten anderen europäischen Jurisdiktionen sehen ein Vollzugsverbot vor, das an die Anmeldepflicht gekoppelt ist. Unter dem Vollzug eines Zusammenschlusses sind sämtliche Maßnahmen zu verstehen, die auf die Verwirklichung des Zusammenschlusses gerichtet sind oder dessen Folgen tatsächlich (auch nur teilweise) vorwegnehmen.[3] Bei der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens kann daher bereits die Übertragung von Vermögenswerten oder die Umsetzung von Personal gegen das Vollzugsverbot verstoßen, selbst wenn das Joint Venture noch nicht operativ tätig wird.[4]

11

Sowohl nach deutschem als auch nach europäischem Recht können die Kartellbehörden auf Antrag eine Befreiung vom Vollzugsverbot gewähren. Auch derartige Befreiungen können mit Bedingungen oder Auflagen verbunden werden (Art. 7 Abs. 3 FKVO, § 41 Abs. 2 GWB). Voraussetzung für eine Befreiung vom Vollzugsverbot ist nach deutschem Recht ausdrücklich, dass die Unternehmen hierfür wichtige Gründe geltend machen, insbesondere um schweren Schaden von einem beteiligten Unternehmen oder Dritten abzuwenden. Das europäische Recht nennt zwar keine Voraussetzungen für eine Freistellung vom Vollzugsverbot. In der Praxis gewährt indes auch die Kommission Freistellungen in der Regel nur, wenn den Beteiligten ohne einen sofortigen Vollzug erhebliche Nachteile entstehen. Solche Nachteile können insbesondere in finanziellen Schwierigkeiten des Zielunternehmens bestehen (anerkannt im Fall sog. Sanierungsfusionen), wobei rein steuerliche Nachteile im Fall des späteren Vollzuges in der Regel nicht ausreichen.[5] Die Befreiung vom Vollzugsverbot steht im pflichtgemäßen Ermessen der Kartellbehörden, so dass grundsätzlich kein Anspruch auf eine Befreiung besteht. Die für die beteiligten Unternehmen mit dem Vollzugsverbot verbundenen (besonderen) Nachteile sind gegen das mit der Fusionskontrolle verfolgte Ziel des Wettbewerbsschutzes abzuwägen. Die Praxis sowohl der Kommission als auch des Bundeskartellamtes ist restriktiv. Eine Befreiung vom Vollzugsverbot wird daher nur selten und auch nur dann gewährt, wenn der Zusammenschluss voraussichtlich freizugeben ist.[6]

12

Wird ein anmeldepflichtiger Zusammenschluss unter Verstoß gegen das Vollzugsverbot umgesetzt, so müssen die beteiligten Unternehmen – neben einem Bußgeld – auch damit rechnen, dass die zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte unwirksam sind und gerichtlich keinen Bestand haben (Nichtigkeit). Außerdem kann der unter Verstoß gegen Fusionskontrollrecht zustande gekommene Zusammenschluss von der zuständigen Kartellbehörde aufgelöst werden (Entflechtung nach § 41 Abs. 3 GWB oder Art. 8 Abs. 4 FKVO). Nach deutschem Recht kann die Untersagung eines Zusammenschlusses und damit auch das Vollzugsverbot durch eine – nur in wenigen Ausnahmefällen erteilte – Ministererlaubnis abgewendet werden (§ 42 GWB).

1.3 Dauer des Prüfverfahrens

13

Für ein Fusionskontrollverfahren ist eine gewisse Verfahrensdauer zwischen Anmeldung und Freigabe zu berücksichtigen (vgl. nachstehende Abbildung). Dabei ist zwischen dem Vorprüfverfahren (1. Phase) und dem Hauptprüfverfahren (2. Phase) zu unterscheiden. Die Prüfung materiell unbedenklicher Zusammenschlüsse wird in der Regel bereits im Vorprüfverfahren abgeschlossen. Die dafür gesetzlich vorgesehene Frist wird vom deutschen Bundeskartellamt häufig nicht, von der Europäischen Kommission dagegen stets voll ausgeschöpft. Sowohl nach europäischem als auch deutschem Fusionskontrollrecht gilt ein Zusammenschlussvorhaben als nicht untersagt, wenn die Verfahrensfristen ohne kartellbehördliche Entscheidung zur Sache verstrichen sind (Art. 10 Abs. 6 FKVO, § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 GWB). Voraussetzung für einen Beginn des Fristlaufs ist allerdings, dass die Anmeldung vollständig eingereicht worden ist (Art. 6 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 FKVO, § 40 Abs. 1 S. 1 GWB).

14

Abb. 1: Verfahrensfristen für Fusionskontrollverfahren


Europäische Kommission Bundeskartellamt
Vorprüfverfahren 1 Monat nach Eingang der vollständigen Anmeldung (§ 40 Abs. 1 S. 1 GWB)
Hauptprüfverfahren 90 Arbeitstage nach Einleitung des Verfahrens; Verlängerung auf maximal 105 Arbeitstage, falls Verpflichtungszusage nach dem 54. Arbeitstag (Art. 10 Abs. 3 FKVO); Weitere Fristverlängerung um maximal 20 Arbeitstage auf Antrag der anmeldenden Unternehmen oder mit deren Zustimmung möglich (d.h. maximal 125 Arbeitstage) weitere 3 Monate (§ 40 Abs. 2 S. 2 GWB) (d.h. maximal 4 Monate seit Eingang der vollständigen Anmeldung, es sei denn, die anmeldenden Unternehmen stimmen einer Verlängerung zu)

15

 

Für Anmeldungen bei der Europäischen Kommission ist zusätzlich zu den vorgenannten Verfahrensfristen noch ein Pränotifizierungsverfahren einzuplanen.[8] Dieses sollte spätestens zwei Wochen vor der beabsichtigten, den Fristlauf auslösenden Anmeldung durch ein Memorandum eingeleitet werden, mit welchem der Kommission der Zusammenschluss vorgestellt wird. Die Kommission erwartet zudem die Übermittlung eines Entwurfs der Anmeldung, welchen sie vor der formellen Einreichung prüfen und kommentieren kann. In Abhängigkeit von der Komplexität des Vorhabens können außerdem ein oder zwei, unter Umständen auch weitere Treffen mit der Kommission vereinbart werden, um die Vollständigkeit der Anmeldung zu gewährleisten und den Zusammenschlussbeteiligten frühzeitig aufzuzeigen, ob aus Sicht der Kommisson materielle Bedenken gegen das Vorhaben bestehen.

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