Der Malaiische Archipel

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Gegensätze der Rassen – Noch ehe ich zu der Überzeugung gelangt war, dass die östlichen und westlichen Hälften des Archipels zu verschiedenen Haupterdteilen gehörten, fühlte ich mich veranlasst, die Eingeborenen des Archipels unter zwei radikal voneinander verschiedene Rassen zu gruppieren. Hierin wich ich ab von den meisten Ethnologen, welche früher über diesen Gegenstand geschrieben haben; denn es ist der allgemeine Brauch gewesen, Wilhelm von Humboldt und Pritchard zu folgen, indem man alle ozeanischen Rassen als Modifikationen eines Typus betrachtete. Allein bald zeigte mir die Beobachtung, dass Malaien und Papuas radikal in ihrem physischen, intellektuellen und moralischen Charakter voneinander abweichen; und eine mehr detaillierte Untersuchung, die ich acht Jahre hindurch fortsetzte, bewies mir zur Genüge, dass man unter diese beiden typischen Formen alle Völker des Malaiischen Archipels und Polynesiens klassifizieren kann. Wenn man die Grenze zieht, welche diese Rassen trennt, so findet man sie nahe jener, welche die zoologischen Regionen teilt, allein etwas mehr nach Osten; dieser Umstand erscheint mir höchst bezeichnend dafür, dass dieselben Ursachen die Verbreitung des Menschen beeinflusst haben, welche diejenige anderer animalischer Formen bestimmten.

Der Grund, weshalb nicht genau dieselbe Grenze beiden zukommt, ist genügend ersichtlich. Der Mensch hat Mittel, das Meer zu überschreiten, welche die Tiere nicht besitzen; und eine höhere Rasse hat die Macht, eine niedrigere zu verdrängen oder sie sich zu assimilieren. Die malaiischen Rassen waren durch ihren Unternehmungsgeist für Seefahrten und ihre höhere Zivilisation befähigt, einen Teil der angrenzenden Gegenden zu bevölkern, in welchen sie vollständig an die Stelle der eingeborenen Einwohner getreten sind, wenn überhaupt jemals dort welche ansässig gewesen; sie waren imstande, ihre Sprache, ihre Haustiere, ihre Sitten weit über den Ozean zu verbreiten, über Inseln, auf denen sie nur leise oder überhaupt nicht die physischen oder moralischen Charaktere des Volkes modifizierten.

Ich glaube also, dass alle Völker der verschiedenen Inseln entweder zu den Malaien oder zu den Papuas gezählt werden können; und dass diese zwei keine weiter zu verfolgende Verwandtschaft zueinander haben. Ich glaube ferner, dass alle Rassen östlich von der von mir gezogenen Grenzlinie mehr Verwandtschaft zueinander besitzen als zu irgendeiner der Rassen westlich von dieser Linie; – dass, in der Tat, die asiatischen Rassen die malaiischen einschließen und dass alle eines kontinentalen Ursprunges sind, während alle östlich von diesen wohnenden Rassen des Großen Ozeans (vielleicht einige der nordozeanischen ausgenommen) nicht von irgendeinem existierenden Kontinent herstammen, wohl aber von Ländern, welche noch jetzt existieren oder in neuerer Zeit im Großen Ozean existiert haben. Diese Vorbemerkungen werden den Leser besser in den Stand setzen zueinander die Wichtigkeit zu würdigen, welche ich bei der Beschreibung der Bewohner vieler Inseln den Einzelheiten der physischen Form und des moralischen Charakters beilege.

1Die Halbinsel Malakka. A. d. Übers.

2Englische Meilen. A. d. Übers.

3Die Namen der Inseln, Städte, Berge etc. sind nach den Kiepert’schen Karten geändert. A. d. Übers.

4Mir wurde jedoch gesagt, dass einige Kakadus an einer Stelle im Westen von Bali vorkommen, was beweisen würde, dass jetzt die Vermischung der Produkte dieser Inseln beginnt.

5Phalangista. A. d. Übers.

ZWEITES KAPITEL
SINGAPUR
(Eine Skizze der Stadt und der Insel nach meinen verschiedenen Besuchen in den Jahren 1854 bis 1862)

Wenige Orte sind für einen Reisenden aus Europa interessanter als die Stadt und Insel Singapur, da sie eine Musterkarte ist für die Mannigfaltigkeit der östlichen Rassen, für die vielen verschiedenen Religionen und Sitten. Die Regierung, die Garnison und die ersten Kaufleute sind Engländer, aber die große Masse der Bevölkerung ist chinesisch; sie stellt ihr Kontingent für einige der reichsten Kaufleute, die Landwirte des Binnenlandes und die meisten Handwerker und Arbeiter. Die eingeborenen Malaien sind gewöhnlich Fischer und Bootsleute und sie formieren das Hauptkorps der Polizei. Die Portugiesen von Malakka sind in großer Zahl Handlungsdiener und kleine Kaufleute. Die Klings des westlichen Indiens sind eine zahlreiche Körperschaft von Mohammedanern und wie viele Araber kleine Handelsleute und Ladeninhaber. Die Diener und Wäscher sind alle Bengalesen, und es gibt eine kleine aber in hohem Maße angesehene Klasse von Parsen-Kaufleuten. Außer diesen findet man eine große Menge javanischer Schiffer und Hausbedienter, Handelsleute von Celebes, Bali und vielen anderen Inseln des Archipels. Der Hafen ist voll von Kriegs- und Handelsschiffen vieler europäischer Nationen und Hunderten von malaiischen Prauen und chinesischen Dschunken, von Schiffen von mehreren Hundert Tonnen Last bis hinunter zu kleinen Fischerbooten und Passagier-Sampans; die Stadt weist hübsche öffentliche Gebäude und Kirchen auf, mohammedanische Moscheen, Hindutempel, chinesische Tempel, gute europäische Häuser, massive Warenlager, wunderliche alte Basare der Klings und Chinesen und lange Vorstädte von chinesischen und malaiischen Hütten.

Bei Weitem die auffallendsten der verschiedenen Menschenarten in Singapur und diejenigen, welche am meisten die Aufmerksamkeit eines Fremden auf sich ziehen, sind die Chinesen, deren Zahl und deren unablässige Tätigkeit dem Platz fast das Ansehen einer Stadt in China geben. Der chinesische Kaufmann ist gewöhnlich ein dickleibiger Mann mit einem runden Gesicht, mit einer Wichtigkeitsmiene und einem kaufmännischen Blick. Er trägt dieselbe Kleidung (einen weiten weißen Kittel und blaue oder schwarze Hosen) wie der gewöhnlichste Kuli, nur von feineren Stoffen, und ist stets sauber und nett; sein langer Zopf, mit roter Seide zugebunden, hängt ihm bis auf die Hacken herab. Er hat ein hübsches Warenlager oder einen Laden in der Stadt und ein gutes Haus auf dem Lande. Er hält sich ein schönes Pferd und Kabriolett und man sieht ihn jeden Abend barhaupt eine Spazierfahrt machen, um die kühle Brise zu genießen. Er ist reich, Besitzer verschiedener Kramläden und Handelsschoner, er leiht Geld zu hohen Zinsen und mit guter Sicherheit, ist sehr genau in Geschäften und wird mit jedem Jahr fetter und reicher.

In dem chinesischen Basar sind Hunderte von kleinen Läden, in welchen eine gemischte Sammlung von Kurz- und Ausschnittwaren zu finden ist und wo viele Dinge wunderbar billig verkauft werden. Man kann Bohrer zu einem Penny das Stück haben, weißen Baumwollzwirn, vier Knäuel für einen halben Penny sowie Federmesser, Korkenzieher, Schießpulver, Schreibpapier und viele andere Artikel ebenso billig oder billiger als in England. Der Ladeninhaber ist sehr gutmütig; er zeigt alles, was er hat, und scheint es gar nicht übel zu vermerken, wenn man nichts kauft. Er lässt etwas ab, aber nicht so viel wie die Klings, welche fast immer zweimal so viel fordern, wie sie willens sind zu nehmen. Wenn man eine Kleinigkeit bei ihm kauft, so wird man später, wenn man bei seinem Laden vorbeigeht, stets angesprochen, gebeten hineinzukommen und Platz zu nehmen oder eine Tasse Tee zu trinken, und es ist zu verwundern, wie der Mann zu leben hat, da so viele die gleichen unbedeutenden Dinge verkaufen. Die Schneider sitzen an dem Tisch, nicht auf demselben; und sowohl sie als die Schuhmacher arbeiten gut und billig. Die Barbiere haben viel zu tun: Köpfe zu scheren und Ohren zu reinigen; zu dieser letzteren Operation benutzen sie einen großen Apparat von kleinen Zangen, Stäben und Bürsten. In der Umgebung der Stadt sind eine Menge von Zimmerleuten und Grobschmieden. Erstere scheinen hauptsächlich Särge und stark bemalte und verzierte Kleiderschränke zu verfertigen. Letztere sind meist Büchsenmacher und bohren die Läufe mit der Hand aus soliden Eisenbarren. Bei dieser mühsamen Arbeit sieht man sie täglich, und sie können eine Büchse mit einem Feuersteinschloss sehr hübsch anfertigen. Überall auf den Straßen sind Verkäufer von Wasser, Gemüse, Früchten, Suppe und Agar-Agar (ein Gelee aus Seetang gemacht), die eine Menge ebenso unverständlicher Rufe produzieren wie die Ausrufer Londons. Andere tragen einen ambulanten Kochapparat an einer Stange, durch einen Tisch am anderen Ende im Gleichgewicht gehalten, und servieren ein Mahl von Schalentieren, Reis und Gemüsen für zwei oder drei Halfpence; während man überall Kulis und Bootsleute trifft, die auf Arbeit warten.

Im Inneren der Insel fällen die Chinesen Waldbäume im Dschungel6 und sägen sie zu Brettern; sie kultivieren Gemüse und bringen es zu Markt; sie ziehen Pfeffer und Gambir, wichtige Exportartikel. Die französischen Jesuiten haben unter diesen Binnenchinesen Missionen errichtet, welche sehr erfolgreich zu sein scheinen. Ich wohnte einmal mehrere Wochen bei dem Missionar in Bukit Timah, ungefähr im Mittelpunkt der Insel; es ist dort eine hübsche Kirche gebaut worden für ungefähr dreihundert Konvertiten. Als ich da war, traf ich einen Missionar, der gerade von Tongking kam, wo er viele Jahre zugebracht hatte. Die Jesuiten betreiben ihr Werk noch durchaus wie von alters her. In Cochinchina, Tongking und China, wo alle christlichen Lehrer gezwungen sind, im Geheimen zu leben, der Verfolgung, Verjagung, ja manchmal dem Tod ausgesetzt, hat jede Provinz, selbst die im fernsten Inneren, eine bleibende Jesuiten Missionsanstalt, beständig durch frische Aspiranten in Gang gehalten, die in den Sprachen der Länder, welche sie besuchen wollen, unterrichtet werden. In China sollen an eine Million Bekehrte sein; in Tongking und Cochinchina mehr als eine halbe Million. Ein Geheimnis des Erfolges dieser Missionen ist die strenge Sparsamkeit, welch beim Verausgaben der Mittel geübt wird. Ein Missionar darf ungefähr dreißig Pfund das Jahr ausgeben, wofür er lebt, wo es auch sei. Daher können eine große Anzahl Missionare mit sehr beschränkten Mitteln unterhalten werden; und die Eingeborenen, welche sehen, dass ihre Lehrer in Armut und ohne irgendwelchen Luxus leben, sind überzeugt, dass sie es ernst meinen mit dem, was sie lehren, und dass sie wirklich Heimat und Freunde, Bequemlichkeit und Sicherheit für das Wohl anderer aufgegeben haben. Kein Wunder daher, dass sie bekehrt werden, denn es muss eine große Wohltat für die Armen, unter denen sie wirken, sein, einen Mann bei sich zu haben, zu dem sie in Sorge und Unglück gehen können, um sich Trost und Rat zu holen, der sie in Krankheit besucht, der sei in der Not unterstützt und den sie von Tag zu Tag in Gefahr vor Verfolgung und Tod lediglich für ihr Wohl leben sehen.

 

Mein Freund in Bukit Timah war wirklich ein Vater für seine Herde. Er predigte ihnen jeden Sonntag chinesisch und hatte in der Woche Abende für die Diskussion und Unterhaltung festgesetzt. Er errichtete eine Schule für ihre Kinder. Sein Haus stand ihnen Tag und Nacht offen. Kam jemand zu ihm und sagte: »Ich habe heute keinen Reis für meine Familie«, so gab er ihm die Hälfte von dem, was er zu Hause hatte, so wenig es auch sein mochte. Sagte ein anderer: »Ich habe kein Geld, meine Schuld einzulösen«, so gab er ihm die Hälfte des Inhaltes seiner Börse, und wenn es sein letzter Dollar gewesen wäre. Ebenso aber schickte er, wenn er selbst Mangel litt, zu einem der Reichsten seiner Herde und sagte: »Ich habe keinen Reis im Hause«, oder: »Ich habe mein Geld weggegeben und habe dieses oder jenes nötig.« Die Folge war, dass seine Herde ihm vertraute und ihn liebte, denn sie fühlte sicherlich, dass er ihr wahrer Freund sei und keine Absichten habe, wenn er unter ihnen lebte.

Die Insel Singapur besteht aus einer Menge kleiner Hügel von dreihundert bis vierhundert Fuß Höhe, deren Gipfel teilweise noch mit Urwald bedeckt sind. Das Missionshaus zu Bukit Timah war umgeben von mehreren dieser waldgekrönten Hügel, welche viel von Holzschlägern und Sägern besucht wurden, und sie boten mir vortreffliche Gelegenheit zum Sammeln von Insekten. Hier und da waren auch Tigerfallen aufgestellt, sorgfältig überdeckt mit Stöcken und Blättern und so gut versteckt, dass ich mehrere Male kaum dem Hineinfallen entging. Sie sind wie ein Schmelzofen gebaut, unten weiter als oben und vielleicht fünfzehn bis zwanzig Fuß tief, sodass man ohne Hilfe unmöglich wieder herauskann. Früher wurde ein scharf zugespitzter Pfahl auf den Boden gesteckt; aber seitdem ein unglücklicher Reisender durch Hinabfallen umgekommen, wurde dieser Brauch untersagt. Es gibt um Singapur stets einige Tiger, und sie töten durchschnittlich täglich einen Chinesen, besonders jene, welche in den immer in neu gelichtetem Dschungel angelegten Gambir-Pflanzungen arbeiten. Wir hörten einen Tiger ein- oder zweimal des Abends brüllen, und es war immerhin ein etwas nervöses Arbeiten, unter gefallenen Baumstämmen und in alten Sägegruben nach Insekten zu jagen, wenn eines dieser wilden Tiere vielleicht nahebei auf der Lauer lag, auf eine Gelegenheit zum Sprung wartend.

Mehrere Stunden mitten am Tag verbrachte ich auf diesen Waldplätzen, die entzückend kühl und schattig waren im Gegensatz zu dem nackten offenen Land, das man durchwandern musste, um dorthin zu gelangen. Die Vegetation war äußerst üppig und bestand aus enormen Waldbäumen, aus den verschiedenartigsten Farnkräutern, Wasserbrotwurzeln und anderem Unterholz und aus einer Unmasse von kletternden Rotangpalmen. Insekten gab es außerordentlich viele und sehr interessante, und jeder Tag brachte uns eine Unzahl neuer und merkwürdiger Formen. In ungefähr zwei Monaten erhielt ich nicht weniger als siebenhundert Käferarten, von denen ein großer Teil ganz neu; darunter waren hundertunddreißig verschiedene Arten der eleganten von Sammlern so sehr geschätzten Bockkäfer (Cerambycidae). Fast alle diese wurden auf einem Fleck im Dschungel gesammelt, der nicht größer war als eine Quadratmeile, und auf allen meinen folgenden Reisen im Osten traf ich selten, wenn je, einen so ergiebigen Ort wieder. Diese außerordentliche Ergiebigkeit hatte zweifellos teilweise ihren Grund in einigen begünstigenden Bedingungen des Bodens, des Klimas, der Vegetation und der Jahreszeit, die sehr hell und sonnig war mit genügenden Regenschauern, um alles frisch zu erhalten. Aber es war auch nach meiner Überzeugung zum großen Teil abhängig von der Arbeit der chinesischen Holzfäller. Sie hatten hier mehrere Jahre schon gewirtschaftet und während der ganzen Zeit einen beständigen Vorrat an trockenen, toten und zerfallenden Blättern und Rinden mit vielem Holz und Sägespänen aufgehäuft, was eine gute Nahrung für die Insekten und ihre Larven abgibt. Das hatte zur Ansammlung einer großen Menge von verschiedenen Arten auf einem begrenzten Raum Grund gegeben, und ich war der erste Naturforscher, der kam, um die Ernte, welche sie bereitet, einzuheimsen. Auf demselben Platz und auf meinen Wanderungen nach anderen Richtungen hin erhielt ich eine schöne Sammlung von Schmetterlingen und anderen Insektenordnungen, sodass ich im Ganzen sehr befriedigt war von diesen meinen ersten Versuchen, die Naturgeschichte des Malaiischen Archipels kennenzulernen.

6Eine mit Bambusrohr und kleinen Bäumen bestandene Fläche. A. d. Übers.

DRITTES KAPITEL
MALAKKA UND DER BERG OPHIR
(Juli bis September 1854)

Da Vögel und die meisten anderen Tierarten auf Singapur selten waren, so verließ ich es im Juli und ging nach Malakka, wo ich mehr als zwei Monate im Inneren zubrachte und einen Ausflug nach dem Berg Ophir machte. Die alte und pittoreske Stadt Malakka zieht sich längs dem Ufer eines schmalen Flusses hin und hat enge Straßen mit Läden und Häusern, bewohnt von den Abkommen der Portugiesen und von Chinesen. In den Vorstädten sind die Häuser der englischen Offizianten und einiger portugiesischer Kaufleute, versteckt in Hainen von Palmen und Fruchtbäumen, deren verschiedenartiges und schönes Laubwerk dem Auge wohltut und erquickenden Schatten spendet.

Das alte Fort, das große Regierungsgebäude und die Ruinen einer Kathedrale zeugen von dem früheren Reichtum und der Bedeutung des Ortes, der einst ebenso der Mittelpunkt des östlichen Handels war, wie es jetzt Singapur ist. Die folgende Beschreibung von Linschott von vor 270 Jahren gibt ein schlagendes Bild der Veränderung, die hier Platz gegriffen.

»Malakka ist von den Portugiesen und von Eingeborenen, Malaien genannt, bewohnt. Die Portugiesen haben hier eine Festung wie in Mosambik und es gibt in ganz Indien nächst denen von Mosambik und Hormus keine Festung, in welcher die Befehlshaber ihrer Pflicht mehr nachkommen, als in dieser. Dieser Ort ist der Markt von ganz Indien, China, den Molukken und anderen Inseln im Umkreis und sowohl von allen diesen Gegenden als auch von Banda, Java, Sumatra, Siam, Pegu, Bengalen, Koromandel und Indien kommen mit allen möglichen Waren beladene Schiffe an, welche beständig ein- und auslaufen. Es würde hier eine größere Anzahl Portugiesen leben, wenn nicht die schädliche und ungesunde Luft sowohl Fremde als auch Eingeborene zugrunde richtete. Daher zahlen alle, die in diesem Land wohnen, einen Tribut mit ihrer Gesundheit; sie leiden an einer gewissen Krankheit, infolge welcher sie entweder Haut oder Haar verlieren. Und diejenigen, welche dem entgehen, betrachten es als ein Wunder, das viele veranlasst, das Land zu meiden, während andere die verzehrende Sucht nach Gewinn dazu verleitet, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen und den Versuch zu wagen, eine solche Atmosphäre zu ertragen. Nach der Erzählung der Eingeborenen war der Ursprung der Stadt sehr klein; sie wurde anfangs wegen der Ungesundheit der Luft nur von sechs oder sieben Fischern bewohnt. Aber die Zahl vergrößerte sich durch das Zusammentreffen von Fischern aus Siam, Pegu und Bengalen, die dann eine Stadt bauten und eine besondere Sprache sich aneigneten, die gebildet wurde aus den elegantesten Sprechweisen anderer Völker, sodass jetzt in der Tat die Sprache der Malaien die feinste, ausgebildetste und berühmteste Sprache des ganzen Ostens ist. Dieser Stadt wurde der Name Malakka gegeben und sie wuchs vermöge ihrer günstigen Lage in kurzer Zeit zu solchem Reichtum an, dass sie den mächtigsten Städten und Gegenden rundherum nicht nachsteht. Die Eingeborenen, Männer und Frauen, sind sehr wohlgesittet; sie werden zu den im Komplimentemachen Geschicktesten der Welt gezählt und beeifern sich sehr, Verse und Liebeslieder zu dichten und zu zitieren. Ihre Sprache ist durch ganz Indien so guter Ton wie die französische hier.«

Heutzutage läuft kaum je ein Schiff über hundert Tonnen in den Hafen, und der Handel beschränkt sich gänzlich auf wenige unbedeutende Produkte der Wälder und auf die Früchte, welche die von den alten Portugiesen gepflanzten Bäume jetzt geben zum Entzücken der Einwohner von Singapur. Obgleich noch immer den Fiebern zugänglich, wird es doch jetzt nicht für sehr ungesund gehalten.

Die Bevölkerung Malakkas ist aus verschiedenen Rassen zusammengesetzt. Die überall zu findenden Chinesen sind vielleicht am zahlreichsten vertreten oder bewahren ihre Sitten, Manieren und ihre Sprache; die eingeborenen Malaien stehen ihnen an Zahl am nächsten, und ihre Sprache ist die Lingua franca des Ortes. Dann folgen die Abkömmlinge der Portugiesen – eine gemischte und heruntergekommene Rasse, welche aber den Gebrauch ihrer Muttersprache bewahren, wenn auch jämmerlich in der Grammatik verstümmelt; schließlich die englischen Herrscher und die Abkommen der Holländer, welche alle englisch sprechen. Das in Malakka gesprochene Portugiesisch ist ein wertvolles philologisches Phänomen. Die Zeitwörter haben meist ihre Beugungen verloren und eine Form dient für alle Modi, Zeiten, Numeri und Personen. Eu vai bedeutet »ich gehe«, »ich ging«, oder »ich werde gehen.« Eigenschaftswörter ferner haben ihre weiblichen und Pluralendungen verloren, sodass die Sprache auf eine merkwürdige Einfachheit zurückgeführt ist und durch die Beimischung einiger malaiischer Wörter denjenigen, der nur das reine Lusitanische gehört hat, etwas in Verlegenheit setzt.

In ihren Sitten sind diese verschiedenen Völker so verschieden wie in ihrer Rede. Die Engländer bewahren den knapp anliegenden Rock, die Weste, die Hosen, den abscheulichen Hut und die Krawatte; die Portugiesen lieben eine leichte Jacke oder mehr noch nur Hemd und Hosen; die Malaien tragen ihre Nationaljacke und Sarong (eine Art Schürze) mit weiten Unterhosen; während die Chinesen nie im Geringsten von ihrem Nationalkostüm abgehen, das man in der Tat für ein tropisches Klima weder bequemer noch hübscher erdenken könnte. Die weit herabhängenden Hosen und das nette weiße Ding, halb Hemd, halb Jacke, sind genau das, was eine Bekleidung in diesen Breitengraden sein sollte.

Ich engagierte zwei Portugiesen zur Begleitung ins Innere; einen als Koch, den anderen, um Vögel zu schießen und abzubalgen, was in Malakka schon zu einem Geschäft geworden ist. Ich blieb erst vierzehn Tage in einem Dorf mit Namen Gading, wo ich es mir in dem Haus einiger chinesischer Konvertiten bequem machte, denen ich von den Jesuitenmissionaren empfohlen worden war. Das Haus war eigentlich nur ein Schuppen, aber es wurde rein gehalten und ich machte es mir ganz behaglich. Meine Wirte legten gerade eine Pfeffer- und Gambir-Pflanzung an und in unmittelbarer Nachbarschaft waren ausgedehnte Zinnwäschen, die über tausend Chinesen beschäftigten. Man gewinnt das Zinn in Form von schwarzen Körnern aus Flussbetten mit quarzhaltigem Sand und schmilzt es zu Klumpen in rohen Tonöfen. Der Boden schien arm, der Wald war sehr dicht mit Unterholz bestanden und an Insekten durchaus nicht ergiebig, aber andererseits waren Vögel sehr reichlich vorhanden und ich wurde mit einem Male in die reichen ornithologischen Schätze der malaiischen Region eingeführt.

Das allererste Mal, als ich meine Flinte abschoss, fiel einer der merkwürdigsten und schönsten Malakkavögel herab, der blauschnäblige Schnapper (Cymbirhynchus macrorhynchus), von den Malaien »Regenvogel« genannt. Er ist ungefähr von der Größe eines Stars, schwarz und reich claretrot gefärbt mit weißen Schulterstreifen und hat einen sehr großen und breiten Schnabel vom reinsten Kobaltblau oben und orange unten, während die Iris smaragdgrün ist. Wenn der Balg trocknet, wird der Schnabel ganz schwarz, aber auch dann noch ist der Vogel hübsch. Frisch getötet ist der Gegensatz zwischen dem lebhaften Blau mit den reichen Farben des Gefieders besonders auffallend und schön. Die lieblichen östlichen Trogone mit ihrem reichbraunen Rücken, schönstrahligen Flügeln und hochroter Brust erhielt ich auch bald, wie auch die großen grünen Bartvögel (Megalaema versicolor) – fruchtessende Vögel, manchmal wie kleine Tukane, mit einem kurzen, borstigen Schnabel, deren Kopf und Nacken sehr lebhaft blau und hochrot gefleckt ist. Ein oder zwei Tage später brachte mir mein Jäger eine Art des grünen Schnappers (Calyptomena viridis), der einem kleinen Auerhahn ähnlich, aber von dem lebhaftesten Grün übergossen und an den Flügeln mit schwarzen Streifen fein gezeichnet ist. Hübsche Spechte und buntfarbige Königsfischer, grüne und braune Kuckucke mit samtweichen roten Köpfen und grünen Schnäbeln, rotbrüstige Tauben und metallisch glänzende Honigsauger wurden mir Tag für Tag zugetragen und erhielten mich in einem ununterbrochenen Zustand freudiger Erregung. Nach vierzehn Tagen wurde einer meiner Diener vom Fieber ergriffen, und bei der Rückkehr nach Malakka befiel dieselbe Krankheit den anderen und auch mich selbst. Durch einen reichlichen Gebrauch von Chinin genas ich bald, und als ich andere Leute engagiert hatte, machte ich mich auf nach dem Regierungssommerhaus von Ayer Panas in der Begleitung eines jungen Mannes, eines Eingeborenen von dort, der an der Naturforschung Gefallen fand.

 

In Ayer Panas hatten wir ein bequemes Wohnhaus und viel Platz, um unsere Tiere zu trocknen und einzulegen; aber weil dort keine unternehmenden Chinesen waren, die Bäume fällten, so kamen verhältnismäßig wenig Insekten vor, mit Ausnahme von Schmetterlingen, von denen ich eine vortreffliche Sammlung anlegte. Die Art und Weise, wie ich ein sehr schönes Insekt erhielt, war merkwürdig und dient als Beleg dafür, wie fragmentarisch und unvollkommen die Sammlung eines Reisenden notwendigerweise sein muss. Ich spazierte eines Nachmittags einen Lieblingsweg entlang durch den Wald mit meiner Flinte, als ich einen Schmetterling am Boden sitzen sah. Er war groß, schön und mir ganz neu und ich kam nahe heran, ehe er fortflog. Ich sah dann, dass er auf dem Dung irgendeines fleischfressenden Tieres gesessen hatte. Da ich mir dachte, dass er an denselben Ort zurückkehren würde, so nahm ich am anderen Tag nach dem Frühstück mein Netz, und als ich dem Platz mich näherte, sah ich zu meiner Freude denselben Schmetterling auf demselben Dunghaufen sitzen, und es gelang mir auch, ihn zu fangen. Es war eine ganz neue Art von großer Schönheit; sie wurde von Herrn Hewitson Nymphalis calydonia genannt. Ich habe nie ein zweites Exemplar davon gesehen, und nur zwölf Jahre später kam ein zweites Individuum hierher aus dem Nordwesten Borneos.

Da wir entschlossen waren, den Berg Ophir zu besuchen, der in der Mitte der Halbinsel ungefähr fünfzig Meilen von Malakka östlich liegt, so engagierten wir sechs Malaien zu unserer Begleitung und als Gepäckträger. In der Absicht, dort mindestens eine Woche uns aufzuhalten, nahmen wir einen guten Vorrat von Reis mit uns, ein wenig Zwieback, Butter und Kaffee, einige getrocknete Fische, etwas Branntwein, wollene Decken, Kleider zum Wechseln, Insekten- und Vögelbehälter, Netze, Flinten und Munition. Die Entfernung von Ayer Panas sollte ungefähr dreißig Meilen sein. Unser erster Tagesmarsch ging durch Waldstrecken, Lichtungen und malaiische Dörfer und war sehr angenehm. Die Nacht schliefen wir in dem Haus eines malaiischen Häuptlings, der uns eine Veranda anwies und uns etwas Geflügel und Eier gab. Anderntags wurde das Land wilder und hügeliger. Wir gingen durch ausgedehnte Wälder, oft bis an die Knie im Morast, und wurden sehr belästigt durch die in dieser Gegend berüchtigten Blutegel. Diese kleinen Dinger machen die Blätter und das Gesträuch an den Seiten der Wege unsicher; sobald jemand vorübergeht, strecken sie sich in voller Länge aus, und wenn sie irgendeinen Teil seines Kleides oder Körpers berühren, so verlassen sie ihr Blatt und setzen sich da fest. Dann kriechen sie weiter an seinen Fuß, seine Beine oder irgendeinen anderen Körperteil und saugen sich voll; bei der Erregung des Marsches fühlt man den ersten Stich selten. Abends beim Baden fanden wir gewöhnlich ein halbes Dutzend oder ein Dutzend an uns, meist an den Beinen, aber auch oft an unserem Körper, und ich hatte einmal einen, der es sich an der Seite meines Halses gut schmecken ließ, aber glücklicherweise die Jugularvene verfehlt hatte. Es gibt viele Arten dieser Waldblutegel. Sie sind alle klein, aber einige sind schön mit hellgelben Streifen gezeichnet. Wahrscheinlich heften sie sich dem Wild oder anderen Tieren an, welche die Waldwege benutzen, und haben so die sonderbare Gewohnheit erlangt, sich auszustrecken, wenn sie einen Fußtritt oder das Laubwerkrascheln hören. Früh am Nachmittag erreichten wir den Fuß des Berges und lagerten an einem schönen Fluss, dessen felsige Ufer von Farnkräutern überwachsen waren. Unser ältester Malaie war es gewohnt, in dieser Gegend für die Malakka-Händler Vögel zu schießen und war schon auf dem Gipfel des Berges gewesen; während wir uns mit Schießen und Insektenjagen unterhielten, ging er mit zwei anderen voraus, um den Weg für unser Ersteigen am anderen Morgen zu bahnen.

Früh am Morgen nach dem Frühstück machten wir uns auf, versehen mit wollenen Decken und Provision, da wir auf dem Berg zu schlafen beabsichtigten. Nach einem Marsch durch einen kleinen verwilderten Dschungel und ein morastiges Dickicht, durch das unsere Leute einen Weg gebahnt hatten, kamen wir in einen schönen, luftigen Wald, rein von Unterholz, in dem wir frei gehen konnten. Wir stiegen mehrere Meilen rüstig eine mäßige Abdachung hinan, zur Linken einen tiefen Bergstrom. Dann hatten wir ein ebenes Plateau zu passieren, worauf der Berg steiler und der Wald dichter wurde, bis wir an dem »Padang Batu« oder Steinfeld herauskamen, ein Ort, von dem wir viel gehört, aber den uns niemand verständlich hatte beschreiben können. Wir fanden einen steilen Abhang von platten Felsen, der sich längs des Berges weiter, als wir sehen konnten, hinstreckte. Teilweise war derselbe ganz kahl, aber wo er geborsten und zerspalten war, gedieh ein üppiger Pflanzenwuchs, in welchem die Kannenpflanzen am auffallendsten waren. Diese wunderbaren Pflanzen scheinen nie gut in unseren Gewächshäusern zu gedeihen und kommen darin nicht weit fort. Hier wuchsen sie auf zu halben Kletterstauden, ihre merkwürdigen Krüge von verschiedener Größe und Form hingen im Überfluss von ihren Blättern herab und erregten beständig unsere Bewunderung wegen ihres Umfangs und ihrer Schönheit. Hier erschienen zuerst einige Koniferen der Gattung Dacrydium, und in dem Dickicht gerade über der felsigen Oberfläche gingen wir durch Haine jener prachtvollen Farnkräuter Dipteris horsfieldii und Matonia pectinata, die große ausgebreitete, handförmige Wedel an schlanken sechs oder acht Fuß hohen Stämmen tragen. Die Matonia ist die größte und eleganteste, man kennt sie nur auf diesem Berg, und keine derselben ist bis jetzt in unsere Gewächshäuser eingeführt.

Es war sehr überraschend, aus dem dunklen, kühlen und schattigen Wald, in welchem wir seit unserem Aufbruch aufgestiegen waren, auf diesen heißen, offenen Felsabhang herauszutreten, wo wir mit einem Schritt aus einer Tiefland Vegetation in eine alpine übergetreten zu sein schienen. Die Höhe, mit einem Sympiëzometer gemessen, betrug ungefähr 2800 Fuß. Man hatte uns gesagt, dass wir auf Padang Batu Wasser finden würden, aber wir sahen uns sehr durstig vergebens danach um; zuletzt gingen wir zu den Kannenstauden, aber das Wasser, das in den Kannen enthalten war (ungefähr eine halbe Pinte7 in jeder), war voll von Insekten und durchaus nicht einladend. Aber als wir es versuchten, fanden wir es, wenn auch ziemlich warm, doch sehr schmackhaft, und wir löschten alle unseren Durst aus diesen natürlichen Krügen. Weiterhin kamen wir wieder an Wald, der aber einen mehr zwerghaften und verkrüppelten Charakter hatte als unten; und auf einem Weg, der abwechselnd an Bergrücken vorbeiführte und in Täler hinabstieg, erreichten wir eine Spitze, die von dem wahren Gipfel des Berges durch eine bedeutende Kluft getrennt war. Hier erklärten unsere Träger, dass sie ihre Last nicht weiter tragen könnten; und es war in der Tat der Weg zu der höchsten Spitze sehr steil. Aber auf dem Fleck, auf dem wir uns befanden, war kein Wasser, hingegen war es wohlbekannt, dass sich dicht am Gipfel eine Quelle befand, und so beschlossen wir denn, ohne sie weiterzugehen und nur das unumgänglich Notwendige mitzunehmen. Wir trugen also jeder eine wollene Decke, verteilten unsere Nahrungsmittel und die anderen Gegenstände unter uns, und gingen nun mit dem alten Malaien und seinem Sohn vorwärts.