Der Malaiische Archipel

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Ein anderes seltsames Tier, das ich in Singapur und auf Borneo traf, das aber hier zahlreicher war, ist der Galeopithecus oder fliegende Maki. Dieses Geschöpf besitzt eine breite Membran, die sich rund um seinen Körper zieht bis an die äußersten Zehenspitzen und bis an das Ende seines ziemlich langen Schwanzes. Dadurch ist es befähigt, von einem Baum zum anderen quer durch die Luft zu streichen. Es ist schwerfällig in seinen Bewegungen, wenigstens bei Tage, indem es in kurzen Sätzen von ein paar Fuß einen Baum hinaufgeht und dann einen Augenblick innehält, als ob es ihm schwer geworden wäre. Es hängt während des Tages an den Baumstämmen, wo sein olivfarbenes oder braunes Fell mit unregelmäßigen weißlichen Punkten und Flecken genau der Farbe der gesprenkelten Rinde gleicht und ohne Zweifel dazu beiträgt, es zu schützen. Einmal in der Dämmerung sah ich eines dieser Tiere einen Baumstamm auf einem ziemlich offenen Platz hinaufrennen und dann quer durch die Luft auf einen anderen Baum gleiten, auf welchem es nahe der Basis herunterkam und sofort wieder hinaufzusteigen begann. Ich maß die Entfernung von dem einen Baum zum anderen mit Schritten ab, es waren siebzig Ellen; die Höhe, von der es herabgekommen, schätzte ich auf nicht mehr als fünfunddreißig bis vierzig Fuß, also weniger als eins zu fünf. Das beweist, wie mir scheint, dass das Tier die Fähigkeit haben muss, sich selbständig durch die Luft zu bewegen, sonst würde es auf solche Entfernungen hin wenig Chance haben, genau an dem Stamm herabzukommen. Wie der Cuscus von den Molukken nährt sich der Galeopithecus hauptsächlich von Blättern und hat einen sehr voluminösen Magen und lang gewundene Därme. Das Gehirn ist sehr klein, und das Tier besitzt eine so bedeutende Lebenszähigkeit, dass es außerordentlich schwerfällt, es auf gewöhnliche Weise zu töten. Es hat einen Greifschwanz und gebraucht ihn wahrscheinlich zur Unterstützung beim Futtersuchen. Man sagt, es bekomme nur ein Junges zur Zeit, und meine eigene Beobachtung bestätigte dieses Verhalten, denn ich schoss einmal ein Weibchen mit einem sehr zarten blinden und nackten kleinen Geschöpf, das nahe an seiner Brust hing; es war ganz nackt und sehr gerunzelt und erinnerte mich an die Jungen der Beuteltiere, zu denen es einen Übergang zu bilden schien. Auf dem Rücken und bis über die Extremitäten und die Flughaut ist das Fell dieser Tiere kurz, aber sehr weich und ähnelt in seiner Textur dem von Chinchilla.

Ich kehrte zu Wasser nach Palembang zurück, und als ich einen Tag in einem Dorf blieb, da ein Boot wasserdicht gemacht werden musste, war ich so glücklich, ein Männchen, Weibchen und ein Junges von einem der größten Hornvögel zu erhalten. Ich hatte meine Jäger auf den Fang ausgeschickt, und während ich beim Frühstück saß, kehrten sie zurück und brachten mir ein schönes großes Männchen von Buceros bicornis, welches einer von ihnen geschossen zu haben versicherte, während es ein Weibchen, welches in einem Loch auf einem Baum saß, fütterte. Ich hatte oft von dieser sonderbaren Gewohnheit gelesen und ging sofort, von mehreren der Eingeborenen begleitet, an den Ort. Jenseits des Flusses und eines Sumpfes fanden wir einen großen, über einem Wasser hängenden Baum, und an seiner unteren Seite, etwa in einer Höhe von zwanzig Fuß, kam ein kleines Loch zum Vorschein, das wie eine Schlammmasse aussah, die, wie man mir sagte, dazu gedient hatte, das große Loch auszufüttern. Nach einiger Zeit hörten wir das raue Geschrei eines Vogels im Inneren und konnten sehen, wie er das weiße Ende seines Schnabels heraussteckte. Ich bot eine Rupie, wenn jemand hinaufsteigen und den Vogel mit dem Ei oder den Jungen herausnehmen wollte; aber alle erklärten, es sei zu schwer und fürchteten sich. Ich ging daher sehr ärgerlich fort. Etwa eine Stunde darauf hörte ich zu meiner Überraschung ein sehr lautes heiseres Gekrächze in meiner Nähe; man brachte mir den Vogel zusammen mit einem Jungen, das in dem Loch gefunden worden war. Dieses Letztere war ein höchstseltsames Objekt, so groß wie eine Taube, aber ohne ein Federchen an irgendeiner Stelle. Es war außerordentlich fleischig und weich und hatte eine halb durchscheinende Haut, sodass es mehr wie ein Klumpen Gallert aussah, an dem Kopf und Füße angesteckt waren, als ein wirklicher Vogel.

Die außergewöhnliche Gewohnheit des Männchens, das Weibchen mit ihrem Ei zu übertünchen und sie während der ganzen Zeit der Bebrütung und, bis das Junge flügge wird, zu füttern, ist mehreren der großen Hornvögel eigen und ist eine jener wunderbaren Tatsachen in der Naturgeschichte, welche wunderbarer sind, als man es sich träumen lässt.


Weiblicher und junger Hornvogel (T.W. Wood)

15Trans. Linn. Soc. vol. XVIII, p. 495; »Naturalist on the Amazons«, vol. I., p. 290. (S. 161 der deutschen Übersetzung.)

16Apatura iris. A. d. Übers.

NEUNTES KAPITEL
NATURGESCHICHTE DER
INDOMALAIISCHEN INSELN

Im ersten Kapitel dieses Werkes habe ich im Allgemeinen die Gründe entwickelt, welche uns zu dem Schluss führen, dass sowohl die großen Inseln im westlichen Teil des Archipels – Java, Sumatra und Borneo – als auch die Halbinsel Malakka und die Philippinen erst in neuerer Zeit vom asiatischen Festland getrennt worden sind. Ich will nun eine Skizze der Naturgeschichte dieses Landes, welches ich mit dem Namen der indomalaiischen Inseln belege, geben und zeigen, inwieweit diese Ansicht dadurch gestützt und welche Aufklärung uns dadurch über das Alter und die Entstehung dieser verschiedenen Inseln gegeben wird.

Die Flora des Archipels ist bis jetzt so unvollkommen bekannt und ich selbst habe ihr so wenig Aufmerksamkeit geschenkt, dass ich aus ihr nicht viele Tatsachen von Bedeutung anziehen kann. Allein der malaiische Pflanzentypus ist ein sehr ausgesprochener, und Dr. Hooker belehrt uns in seiner »Flora Indica«, dass derselbe über alle feuchteren und mehr gleichförmigen Teile von Indien verbreitet ist und dass viele auf Ceylon, dem Himalaya, den Nil-Gerris- und Khassija-Bergen gefundene Pflanzen mit auf Java und der Halbinsel Malakka vorkommenden identisch sind. Als charakteristische Formen dieser Flora kann man die Rotangs betrachten – Kletterpalmen der Gattung Calamus und eine große Menge sowohl hoher als auch niedriger Palmen. Orchideen, Araceen, Zingiberaceen und Farne sind besonders zahlreich vertreten, und die Gattung Grammatophyllum – eine riesige Schmarotzerorchidee, deren Blattbüschel und Blumenstängel zehn bis zwölf Fuß lang sind – ist dieser Flora eigentümlich. Hier ist ferner die Domäne der wunderbaren Kannenpflanzen (Nepenthaceae), welche anderswo, auf Ceylon, Madagaskar, den Seychellen, Celebes und den Molukken, nur durch einzelne Arten repräsentiert sind. Jene berühmten Früchte, die Mangustan und die Durian, sind dieser Region entsprossen und werden außerhalb des Archipels kaum gedeihen. Von den Bergpflanzen Javas ist es schon erwähnt worden, dass sie auf eine frühere Verbindung mit dem asiatischen Festland hinweisen; und eine noch bemerkenswertere und ältere Verbindung mit Australien ist durch Herrn Lows Sammlungen von dem Gipfel des Kinabalu, des höchsten Berges auf Borneo, wahrscheinlich gemacht worden.


Grammatophyllum, eine riesige Orchidee (nach einer Skizze des Autors; Fitch)

Pflanzen können weit leichter Meeresarme kreuzen als Tiere. Die kleineren Samen werden leicht von den Winden fortgeführt, und viele derselben sind speziell einem solchen Transport angepasst. Andere können lange Zeit ungeschädigt im Wasser umherschwimmen und werden durch Winde und Strömungen an entfernte Ufer getrieben. Tauben und andere fruchtessende Vögel sind ebenfalls Träger zur Verbreitung der Pflanzen, da die durch ihre Körper passierten Samen leicht keimen. So kommt es, dass Pflanzen, welche an Ufern und in Flachländern wachsen, eine weite Verbreitung haben, und es erfordert eine eingehende Kenntnis der Arten jeder Insel, um die Verwandtschaften ihrer Floren mit einiger Sicherheit und Genauigkeit zu bestimmen. Heutzutage haben wir noch nicht eine so vollkommene Kenntnis von der Botanik der verschiedenen Inseln des Archipels; und nur aus so auffallenden Phänomenen, wie das Vorkommen von nördlichen und selbst europäischen Gattungen auf den Gipfeln javanischer Berge eines ist, können wir den früheren Zusammenhang jener Insel mit dem asiatischen Festland beweisen. Eine andere Bewandtnis hat es jedoch mit den Landtieren. Ihre Mittel und Wege, um eine breite Meeresfläche zu kreuzen, sind sehr viel mehr beschränkt. Ihre Verbreitung ist weit genauer studiert worden und wir besitzen eine viel vollständigere Kenntnis solcher Gruppen, wie z. B. Säugetiere und Vögel von den meisten der Inseln, als wir sie von den Pflanzen haben. Diese beiden Klassen werden uns auch die meisten Tatsachen hinsichtlich der geographischen Verbreitung organisierter Wesen in dieser Region darbieten.

Die Zahl der Säugetiere, von denen man weiß, dass sie die indomalaiische Region bewohnen, ist sehr beträchtlich; sie übersteigt 170 Arten. Mit Ausnahme der Fledermäuse hat keine derselben irgendwelche regelmäßigen Mittel, um viele Meilen breite Seearme zu überschreiten, und eine Betrachtung ihrer Verbreitung muss uns daher in Beziehung auf die Frage, ob diese Inseln je miteinander oder mit dem Festland seit dem Bestehen der Arten verbunden gewesen sind, große Dienste leisten. Die Vierhänder oder Affen sind Charakteristika dieser Region. Man kennt vierundzwanzig verschiedene dort einheimische Arten, und diese sind mit ziemlicher Gleichförmigkeit über die Inseln verbreitet, indem neun auf Java, zehn auf der Halbinsel Malakka, elf auf Sumatra und dreizehn auf Borneo gefunden werden. Die großen menschenähnlichen Orang-Utans kommen nur auf Sumatra und Borneo vor. Der seltsame Siamang (ihnen an Größe der Nächste) auf Sumatra und Malakka; der Nasenaffe nur auf Borneo; während jede Insel Repräsentanten der Gibbons oder Langarmaffen und der Meerkatzen aufzuweisen hat. Die lemurähnlichen Tiere, Nycticebus, Tarsius und Galeopithecus sind auf allen Inseln zu Hause.

 

Sieben Arten, die auf der Halbinsel Malakka gefunden werden, breiten sich auch über Sumatra aus, vier über Borneo und drei über Java; während zwei auch nach Siam und Birma und eine nach Nordindien hinüberschweifen. Mit Ausnahme des Orang-Utan, des Siamang, des Tarsius spectrum und des Galeopithecus sind alle malaiischen Gattungen der Vierhänder in Indien durch nah verwandte Arten repräsentiert, obgleich, dem beschränkten Wandervermögen der meisten dieser Tiere gemäß, sehr wenige absolut identische sind.

Von Karnivoren sind dreiunddreißig Arten in der indomalaiischen Region bekannt, von denen etwa acht auch in Birma und Indien gefunden werden. Darunter der Tiger, der Leopard, eine Tigerkatze, eine Zibetkatze und ein Fischotter; während von den zwanzig Gattungen malaiischer Karnivoren dreizehn in Indien durch mehr oder weniger nah verwandte Arten repräsentiert sind. Z. B. ist der Vielfraß (Helictis orientalis) in Nordindien durch eine verwandte Art (Helictis nipalensis) vertreten.

Die Hufer sind zweiundzwanzig an Zahl, von denen ungefähr sieben sich nach Birma und Indien verbreiten. Alles Wild ist bis auf zwei Arten, welche von Malakka nach Indien hinübergreifen, dieser Region eigentümlich. Von zahmem Vieh kommt eine indische Art in Malakka vor, während der Bos sondaicus von Java und Borneo auch in Siam und Birma vorhanden ist. Ein ziegenartiges Tier findet sich auf Sumatra, welches seinen Repräsentanten in Indien hat; während es jetzt sichergestellt ist, dass das zweihornige Rhinozeros von Sumatra und die einhornige Art von Java, welche lange Zeit für diesen Inseln eigentümlich gehalten worden sind, auch in Birma, Pegu und Moulmein existieren. Der Elefant von Sumatra, Borneo und Malakka wird jetzt für identisch mit dem von Ceylon und Indien angesehen.

Alle anderen Säugetiergruppen bieten dieselben allgemeinen Phänomene dar. Einige Arten sind mit den indischen identisch; viel mehr aber sind eng verwandt oder haben ihre Repräsentanten, während eine kleine Zahl von eigentümlichen Gattungen stets vorkommt, welche Tiere enthalten, die nirgendwo anders auf der Erde gefunden werden. Es sind dort ungefähr fünfzig Fledermäuse, darunter weniger als ein Viertel indische Arten; vierunddreißig Nagetiere (Eichhörnchen, Ratten), darunter nur sechs oder acht indische; und zehn Insektivoren mit einer Ausnahme der malaiischen Region eigentümlich. Die Eichhörnchen sind sehr zahlreich und charakteristisch, nur zwei Arten von fünfundzwanzig verbreiten sich über Siam und Birma. Die Tupajas sind merkwürdige Insektenfresser, welche den Eichhörnchen sehr ähneln und fast auf die malaiischen Inseln begrenzt sind, wie z. B. der kleine federschwänzige Ptilocercus lowii von Borneo und der seltsame langschnäuzige und nacktschwänzige Gymnurus rafflesii.

Da die Halbinsel Malakka einen Teil des asiatischen Festlands bildet, so wird die Frage nach der früheren Vereinigung der Inseln mit dem Hauptland durch das Studium jener Arten am besten erhellt werden, welche sowohl in dem ersteren Distrikt als auch auf einigen Inseln vorkommen. Wenn wir nun die Fledermäuse, welche zum Flug befähigt sind, gänzlich aus der Betrachtung lassen, so gibt es noch achtundvierzig Arten von Säugetieren, welche die Halbinsel Malakka mit den drei großen Inseln gemein haben. Darunter sieben Vierhänder (Affen, Meerkatzen und Lemuren), Tiere, welche ihr ganzes Leben in Wäldern zubringen, welche nie schwimmen und welche vollständig unfähig sein würden, eine einzige Meile zur See fortzukommen; neunzehn Karnivoren, von denen zweifellos einige schwimmen, allein wir können nicht annehmen, dass eine so große Zahl auf diesem Wege eine Meerenge überschritten habe, welche überall, außer an einer Stelle, dreißig bis fünfzig Meilen breit ist; ferner fünf Huftiere, nämlich der Tapir, zwei Rhinozerosarten und ein Elefant; endlich dreizehn Nager und vier Insektenfresser, darunter eine Spitzmaus und sechs Eichhörnchen, deren Überschreiten von zwanzig Meilen zur See ohne Hilfe selbst noch unbegreiflicher sein würde als das der größeren Tiere.

Aber wenn wir die Fälle betrachten, in denen dieselben Arten zwei der weiter voneinander entfernten Inseln bewohnen, so ist die Schwierigkeit noch größer. Borneo ist fast hundertundfünfzig Meilen von Biliton gelegen, dieses Insel ungefähr fünfzig Meilen von Bangka und diese fünfzehn von Sumatra, und dennoch sind nicht weniger als sechsunddreißig Arten von Säugetieren Borneo und Sumatra gemein. Java wiederum liegt mehr als zweihundertundfünfzig Meilen von Borneo entfernt, und doch haben diese beiden Inseln zweiundzwanzig Arten gemein, darunter Meerkatzen, Fuchsaffen, wilde Ochsen, Eichhörnchen und Spitzmäuse. Diese Tatsachen scheinen es absolut sicherzustellen, dass in einer früheren Periode eine Verbindung zwischen all diesen Inseln und dem Festland vorhanden gewesen ist, und die Tatsache, dass die meisten zweien oder mehreren derselben gemeinsamen Tiere unbedeutende oder keine Verschiedenheiten zeigen, oft aber absolut identisch sind, deutet darauf, dass die Trennung in einer im geologischen Sinn neueren Zeit stattgefunden haben muss; das heißt nicht früher als die neuere Pliozän-Periode, zu welcher Zeit die Landtiere den jetzt lebenden sehr ähnlich zu werden begannen.

Selbst die Fledermäuse geben uns eine Bestätigung dieser Argumentierung, wenn wir noch einer solchen bedürfen, indem sie uns zeigen, dass die Inseln nicht voneinander oder von dem Festland aus bevölkert werden konnten, ohne einen früheren Zusammenhang. Denn wenn sie auf diesem Wege mit Tieren versehen worden wären, so müssten doch sicherlich Geschöpfe, welche weite Strecken durchfliegen können, zuerst sich von Insel zu Insel ausbreiten, und es müsste auf diese Weise eine fast vollkommene Gleichförmigkeit der Arten über die ganze Region resultierten. Aber eine solche Gleichförmigkeit existiert nicht, und die Fledermäuse jeder Insel sind fast, wenn nicht ganz, so verschieden wie die anderen Säugetiere. Es sind beispielsweise sechzehn Arten auf Borneo bekannt, und von diesen kommen zehn auf Java und fünf auf Sumatra vor, ein Verhältnis, das ungefähr dem der Nager gleich ist, welche doch keine direkten Mittel zum Wandern besitzen. Wir lernen aus dieser Tatsache, dass die Meere, welche die Inseln voneinander trennen, weit genug sind, um selbst den Übergang von Flugtieren hintanzuhalten, und dass wir dieselben Ursachen herbeiziehen müssen, um die jetzige Verbreitung beider Gruppen zu erklären. Der einzig denkbare zureichende Grund liegt in dem früheren Zusammenhang aller Inseln mit dem Festland und eine solche Umwandlung steht ja in vollkommenem Einklang mit dem, was wir von der Erdgeschichte wissen, und sie wird ferner durch die bemerkenswerte Tatsache wahrscheinlich gemacht, dass eine Erhebung von nur dreihundert Fuß die großen Seen, welche sie jetzt trennen, in ein ungeheures sich windendes Tal oder in eine Ebene von ungefähr dreihundert Meilen Breite und zwölfhundert Meilen Länge verwandeln würde.

Man könnte vielleicht denken, dass Vögel, welche die Fähigkeit zum Fliegen in einem so hervorragenden Maße besitzen, in ihrer Verbreitung nicht durch Meeresarme behindert würden und dass sie also kaum Beweise für den früheren Zusammenhang oder die Loslösung der Inseln, welche sie bevölkern, beibringen können. Das ist jedoch nicht der Fall. Eine sehr große Anzahl von Vögeln scheint durch Wassergrenzen ebenso streng wie die Vierfüßer lokalisiert zu werden; und da die Ersteren mit so sehr viel mehr Aufmerksamkeit gesammelt worden sind, so haben wir ein noch vollständigeres Material zu verwerten und sind auf diese Art in den Stand gesetzt, aus ihrer Verbreitung noch bestimmtere und zufriedenstellendere Schlüsse abzuleiten. Es sind nur einige Gruppen wie die Wasservögel, die Waldvögel und die Raubvögel starke Wanderer; andere sind fast nur den Ornithologen bekannt. Ich werde mich deshalb hauptsächlich nur auf einige der bestbekannten und der bemerkenswertesten Familien der Vögel beziehen, die uns als Prototypen für die Schlussfolgerungen, welche die ganze Klasse uns zu ziehen erlaubt, dienen können.

Die Vögel der indomalaiischen Region haben eine große Ähnlichkeit mit denen von Indien; denn wenn auch ein sehr großer Teil der Arten ganz verschieden ist, so gibt es doch nur etwa fünfzehn diesem Distrikt eigentümliche Gattungen und nicht eine einzige Familiengruppe, welche auf ihn beschränkt ist. Wenn wir aber die Inseln mit Birma, Siam und Malakka vergleichen, so finden wir noch weniger Unterschiede und gelangen zu der Überzeugung, dass alle diese Länder durch das Band eines früheren Zusammenhanges eng miteinander verknüpft sind. Aus so gut bekannten Familien, wie es die Spechte, Papageien, Trogone, Königsfischer, Tauben und Fasane sind, finden wir einige identische Arten über ganz Indien und über Java und Borneo verbreitet, während Sumatra und die Halbinsel Malakka verhältnismäßig einen sehr großen Teil gemeinsam besitzen.

Die Bedeutung dieser Tatsachen kann erst dann recht gewürdigt werden, wenn wir von den Inseln der austromalaiischen Region sprechen und zeigen werden, wie ganz ähnliche Barrieren den Übergang der Vögel von einer Insel zur anderen vollständig unmöglich gemacht haben, sodass von wenigstens dreihunderundfünfzig Java und Borneo bewohnenden Landvögeln nicht mehr als zehn östlich nach Celebes gedrungen sind. Und doch ist die Makassar-Straße kaum so breit wie die Java-See, und Borneo und Java besitzen wenigstens hundert gemeinschaftliche Arten.

Ich will jetzt zwei Beispiele anführen, um zu zeigen, wie die Kenntnis der Verbreitung der Tiere unerwartete Tatsachen aus der vergangenen Geschichte der Erde ans Tageslicht fördern kann. Am östlichen Ende der Insel Sumatra, von ihr durch eine Meerenge von etwa fünfzehn Meilen Breite getrennt, liegt die kleine wegen ihrer Zinnminen berühmte felsige Insel Bangka. Einer der dortigen holländischen Residenten sandte einige Sammlungen von Vögeln und anderen Tieren nach Leyden und darunter wurden mehrere Arten gefunden, welchen von denen der nahe liegenden Küste Sumatras verschieden waren. Eine derselben war ein Eichhörnchen (Sciurus bangkanus), den drei anderen Arten, welche resp. Malakka, Sumatra und Borneo bewohnen, nahe verwandt aber ebenso verschieden von ihnen allen, als sie es voneinander sind. Es waren darunter ferner zwei neue Erddrosseln der Gattung Pitta, welche zwei anderen Sumatra und Borneo bewohnenden Arten nahe verwandt, aber ganz verschieden von ihnen sind, während die beiden Arten, welche auf diesen großen und weit voneinander getrennten Inseln vorkommen, nicht merklich differieren. Das ist gerade so, als wenn die Insel Man eine ihr eigentümliche Drossel- und Amselart besäße, die von den Vögeln, welche England und Irland gemein haben, verschieden wären.

Diese seltsamen Tatsachen würden darauf hindeuten, dass Bangka, als Land für sich, früher selbst als Sumatra und Borneo existiert haben dürfte, und einige geologische und geographische Tatsachen machen das nicht so unwahrscheinlich, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Wenn auch Bangka auf der Landkarte Sumatra sehr nahe liegend erscheint, so hat das doch nicht darin seinen Grund, dass diese Inseln etwa in später Zeit erst voneinander getrennt worden sind; denn der nahe liegende Distrikt von Palembang ist neues Land, ein großer angeschwemmter, durch die Flüsse gebildeter Sumpf, welche von den hundert Meilen weit entfernten Gebirgen herabkommen. Auf der anderen Seite gleicht die Insel Bangka der Halbinsel Malakka, Singapur und der dazwischen liegenden Insel Linga, indem ihre Felsen aus Granit und Laterit bestehen; die genannten Inseln haben alle höchstwahrscheinlich einst Ausläufer der Malaiischen Halbinsel gebildet. Da die Flüsse Borneos und Sumatras seit Jahrhunderten die dazwischen liegende See ausfüllen, so können wir sicher sagen, dass ihre Tiefe früher größer gewesen ist, und es ist sehr wahrscheinlich, dass jene großen Inseln nie direkt außer durch die Halbinsel Malakka miteinander in Verbindung gestanden haben. In jener Zeit mögen dieselben Eichhörnchen- und Pitta-Arten alle diese Länder bewohnt haben; aber als die unterirdischen Störungen ausbrachen, welche zu der Erhebung der sumatranischen Vulkane Anlass gaben, da wird die kleine Insel Bangka zuerst abgetrennt worden sein, und ihre auf diese Weise isolierten Lebensformen können sich allmählich modifiziert haben, ehe die Trennung der größeren Inseln vollendet war. Als der südliche Teil von Sumatra sich nach Osten ausdehnte und allmählich die enge Straße von Bangka gebildet wurde, da konnten viele Vögel und Insekten und einige Säugetiere von einer Insel zur anderen gelangen und im Allgemeinen eine Ähnlichkeit in den Produkten herstellen, während einige wenige der älteren Einwohner zurückblieben, um durch ihre distinkten Formen ihren anderen Ursprung zu offenbaren. Wenn wir nicht annehmen, dass derartige Veränderungen in der physischen Geographie Platz gegriffen haben, so ist die Gegenwart von eigentümlichen Vögel und Säugetierarten auf einer solchen Insel wie Bangka ein unlösbares Rätsel; und ich glaube gezeigt zu haben, dass die in Frage stehenden Veränderungen keineswegs so unwahrscheinlich sind, wie ein flüchtiger Blick auf die Karte uns meinen lassen könnte.

 

Als weiteres Beispiel wollen wir die großen Inseln Sumatra und Java anziehen. Diese stoßen so nahe aneinander und die sie durchstreichende Vulkankette prägt ihnen so sehr einen gemeinsamen Stempel auf, dass sich die Idee ihrer erst in neuerer Zeit erfolgten Trennung sofort aufdrängt. Die Eingeborenen Javas aber gehen noch weiter; denn es lebt unter ihnen eine Tradition der Katastrophe, welche die beiden Inseln voneinander trennte, und sie bestimmen den Zeitpunkt nicht viel weiter zurück als tausend Jahre. Es ist daher interessant zu untersuchen, welche Stütze die Vergleichung ihrer Tierwelt diesem Gesichtspunkt verleiht.

Die Säugetiere sind nicht mit genügender Vollständigkeit auf beiden Inseln gesammelt, um eine allgemeine Vergleichung sehr wertvoll erscheinen zu lassen, und viele Arten sind nur in der Gefangenschaft lebend gehalten worden und ihr Wohnort oft irrig angegeben, indem die Inseln, auf denen man sie gerade erhalten hatte, für die genommen wurden, von welchen sie herstammen. Wenn wir nur jene in Betracht ziehen, deren Verbreitung genauer bekannt ist, so finden wir, dass Sumatra im zoologischen Sinn in näherer Beziehung zu Borneo steht als zu Java. Die großen menschenähnlichen Affen, der Elefant, der Tapir, der malaiische Bär, sie sind alle den beiden ersteren Ländern gemeinsam, während sie auf Java nicht vorkommen. Von den drei langschwänzigen Affen (Semnopithecus), welche Sumatra bewohnen, ist einer über Borneo verbreitet, aber die beiden Arten von Java sind dieser Insel eigentümlich. Ebenso besitzen Sumatra und Borneo den großen malaiischen Hirsch (Rusa equina) und den kleinen Tragulus kanchil gemeinsam, und diese Arten verbreiten sich nicht über Java, sondern hier vertritt sie der Tragulus javanicus. Der Tiger wird zwar auf Sumatra und Java gefunden und nicht auf Borneo, aber da dieses Tier bekanntlich gut schwimmt, so kann es wohl seinen Weg über die Sunda-Straße genommen oder Java bewohnt haben, ehe diese Insel von dem Hauptland losgerissen wurde, auf Borneo aber kann der Tiger aus irgendeinem unbekannten Grund zu existieren aufgehört haben.

In der Ornithologie herrscht einige Unsicherheit, da die Vögel von Java und Sumatra viel besser bekannt sind, als die von Borneo; aber die frühzeitige Loslösung von Java als Insel wird durch die große Anzahl der Arten, welche auf keiner der anderen Inseln vorkommen, klargestellt. Java besitzt nicht weniger als sieben ihr eigentümliche Taubenarten, Sumatra nur eine; von ihren zwei Papageien kommt einer auf Borneo, aber keiner auf Sumatra vor. Von den fünfzehn Spechtarten, die Sumatra bewohnen, finden sich nur vier auf Java, aber acht auf Borneo und zwölf auf der Malaiischen Halbinsel. Die zwei auf Java vorkommenden Trogone gehören nur dieser Insel an, während von den Sumatra bewohnenden wenigstens zwei sich über Malakka und eine über Borneo verbreiten. Es gibt aber eine sehr große Anzahl von Vögeln wie der große Argus-Fasan, die feuerrückigen und gefleckten Fasane, das behaubte Rebhuhn (Rollulus coronatus), der kleine Malakka-Papagei (Psittinus incertus), der große behelmte Hornvogel (Buceroturus galeatus), der Fasanen-Erdkuckuck (Carpococcyx radiatus), der rosenhaubige Bienenfresser (Nyctiornis amicta), der große Schnapper (Corydon sumatranus) und der grünhaubige Schnapper (Calyptomena viridis) und viele andere, welche Malakka, Sumatra und Borneo gemeinschaftlich besitzen und welche auf Java gänzlich fehlen. Auf der anderen Seite haben wir den Pfau, das grüne Dschungelhuhn, zwei blaue Erddrosseln (Arrenga cyanea und Myiophonus flavirostris), die schöne rotköpfige Taube (Ptilonopus porphyreus), drei breitschwänzige Erdtauben (Macropygia)und viele andere interessante Vögel, welche nirgendwo anders in dem Archipel als auf Java gefunden werden.

Die Insektenwelt weist ähnliche Tatsachen auf, wo immer genügende Daten vorliegen; aber durch die zahlreichen auf Java gemachten Sammlungen ist diese Insel nach dieser Seite hin in einem nicht verwertbaren Vorteil. Das scheint jedoch mit den echten Papilonidae oder schwalbenschwänzigen Schmetterlingen nicht der Fall zu sein, deren Größe und prächtige Färbung die Menschen veranlasst hat, sie häufiger als andere Insekten zu sammeln. Siebenundzwanzig Arten sind von Java bekannt, neunundzwanzig von Borneo und nur einundzwanzig von Sumatra. Vier sind gänzlich auf Java beschränkt, während nur zwei Borneo und eine Sumatra eigentümlich ist. Die Isoliertheit von Java tritt jedoch am anschaulichsten hervor, wenn man die Inseln paarweise gruppiert und die Anzahl von Arten betrachtet, die jedes Paar gemeinsam hat.

Folgendermaßen:


Wenn wir nun auch unsere unvollkommene Kenntnis der sumatranischen Arten berücksichtigen, so sehen wir doch, dass Java von den zwei großen Inseln isolierter ist als diese voneinander; wir finden also die Resultate, welche die Verbreitung der Vögel und Säugetiere uns an die Hand gab, hier vollständig bestätigt und können es als fast sicher annehmen, dass die zuletzt genannte Insel die Erste war, welche vollständig vom asiatischen Festland getrennt wurde und dass die inländische Tradition, welche sie erst in neuerer Zeit von Sumatra sich trennen lässt, gänzlich unbegründet ist.

Wir sind nun in der Lage, mit einiger Wahrscheinlichkeit den Lauf der Ereignisse skizzieren zu können. Wenn wir mit der Zeit beginnen, in der die ganze Java-See, der Golf von Siam und die Malakka-Straße trockenes Land waren und mit Borneo, Sumatra und Java eine große südliche Verlängerung des asiatischen Festlands bildeten, so würde die erste Bewegung die Entstehung der Java-See und der Sunda-Straße gewesen sein, welche der Tätigkeit der javanischen Vulkane, dem südlichen Teil des Landes entlang, folgte und welche zu einer vollständigen Trennung dieser Insel geführt hat. Als der Vulkangürtel von Java und Sumatra an Tätigkeit zunahm, tauchte mehr und mehr von dem Land unter, bis zuerst Borneo und dann Sumatra vollständig voneinander getrennt waren. Seit der Zeit der ersten Störungen mögen mehrere verschiedene Erhebungen und Senkungen stattgefunden haben, und die Inseln können mehr als einmal miteinander oder mit dem Hauptland verbunden und wieder getrennt worden sein. Aufeinanderfolgende Wellen von Einwanderungen werden auf diese Weise ihre Tierwelt modifiziert und zu jenen Anomalien in der Verbreitung geführt haben, welche so schwierig als die Wirkung einer einzigen Erhebung oder Senkung erklärt werden können. Die Gestalt von Borneo – ausstrahlende Bergketten mit dazwischenliegenden breiten Alluvial-Tälern – bringt uns auf den Gedanken, dass diese Insel dereinst weit mehr unter Wasser gelegen habe als heutzutage (wo es dann mehr Celebes oder Halmahera in den äußeren Umrissen geglichen haben würde), und dass sie auf ihre heutigen Dimensionen dadurch anwuchs, dass sich ihre Meerbusen mit Sedimentablagerungen ausfüllten, die noch durch allmähliche Erhebung des Landes unterstützt wurden. Auch Sumatra ist augenscheinlich durch die Bildung von Alluvial-Ebenen, seiner Nordostküste entlang, angewachsen.

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