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Corona Magazine #354: Juli 2020

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Z serii: Corona Magazine #354
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Internet: https://achim-stoesser.de

Phantastische Wissenschaft


Ressortleiter Reiner Krauss

Subspace Link – Neues aus dem All

Ein Blick über unsere Köpfe

Beiträge von Reiner Krauss und R. M. Amerein

Neue galaktische Ausblicke und spannende Berichte über uns …

… davon berichtet seit vielen Jahren Ihr Reiner Krauss, doch seit dieser Ausgabe unterstützt ihn die neue Autorin R. M. Amerein (siehe Interview in dieser Ausgabe). Wir freuen uns auf viele weitere spektakuläre Beiträge von diesem jungen Team.

SpaceX – »Launch Amerika« CrewDragon mit US-Astronauten zur ISS


©: NASA / SpaceX / Walter Scriptunas II / Spaceflight Now

Die USA sind vielfach in den Schlagzeilen derzeit, oft mit negativen Nachrichten. Diesmal gibt es endlich auch gute Neuigkeiten.

Die lang erwartete Rückkehr der bemannten Raumfahrt am Weltraumbahnhof Cape Canaveral von Florida war erst das fünfte Mal in der Geschichte der USA, dass Astronauten mit einem neuartigen Raumschiff in den Orbit flogen, und das erste Mal seit dem ersten Start der Raumfähre im Jahr 1981.

Mit dem Raumschiffkommandanten Doug Hurley auf dem linken Sitz und dem Astronautenveteranen Bob Behnken zu seiner Rechten hob das Raumschiff CrewDragon von SpaceX am Samstag, den 30. Mai 2020, um 15:22:45 Uhr EDT (19:22:45 Uhr GMT) von Startrampe 39A im Kennedy Space Center ab.

Neun Minuten später befanden sich die Astronauten im Orbit und beendeten damit eine fast zehn Jahre währende Lücke in der menschlichen Raumfahrtkapazität der USA, die die NASA dazu zwang, der russischen Raumfahrtbehörde für Flüge zur Raumstation mit Sojus-Raumschiffen Transportkosten zu zahlen.

Ein früherer Startversuch am Mittwoch wurde wegen der Gefahr eines Blitzes abgesagt

Hurley und Behnken zogen am Samstag in den Mannschaftsunterkünften der NASA ihre weißen, von SpaceX hergestellten Druckanzüge an und fuhren dann mit einem Tesla-Modell-X-Auto zu dem einige Kilometer entfernten Block 39A. Nachdem die Astronauten am historischen Startkomplex am Meer angekommen waren – dem Ausgangspunkt aller Apollo-Mondlandungsmissionen der NASA und der ersten und letzten Space-Shuttle-Flüge – fuhren sie mit einem Aufzug den Turm hinauf und gingen über einen 15 Meter langen Zugang, der warm war, um an Bord der CrewDragon-Kapsel zu gelangen.


©: NASA / SpaceX

Ein halbes Dutzend SpaceX-Ingenieure, die dunkle Anzüge und Masken trugen, halfen Hurley und Behnken in ihre Sitze, schlossen die Luke der Dragon und evakuierten die Startrampe, bevor die Falcon 9 zum Start aufgetankt wurde.

Neun Merlin-1D-Haupttriebwerke trieben die Falcon 9 nordöstlich vom Kennedy Space Center mit 1,7 Millionen Pfund Schub an, dann befeuerte ein einziges Merlin-Oberstufentriebwerk das Raumschiff CrewDragon in die Umlaufbahn.

»Viel Spaß mit Ihrem neuen Raumschiff«, funkte Jason Aranha, ein Raumschiff-Kommunikator bei der Missionskontrolle von SpaceX in Hawthorne, Kalifornien.


©: NASA / SpaceX / Digitales Touchpad-Cockpit der CrewDragon

Hurley und Behnken tauften die Kapsel »Endeavour« nach einer ausgemusterten NASA-Raumfähre. Das Raumschiff ist das dritte Raumfahrzeug, das nach dem Apollo 15-Kommandomodul und dem Shuttle-Orbiter den Namen »Endeavour« trägt.

Rund 19 Stunden später dockte die CrewDragon erfolgreich an die Internationale Raumstation (ISS) an.

Der erfolgreiche Start war ein Meilenstein für die NASA mit der Wiederherstellung des Zugangs der Besatzung von amerikanischem Boden in eine niedrige Erdumlaufbahn. Die neunjährige Lücke seit der letzten Shuttle-Mission im Jahr 2011 war die längste Zeitspanne seit dem ersten bemannten US-Raumflug 1961, in der die NASA keine Möglichkeit hatte, Besatzungen mit heimischen Raketen ins All zu schicken. (Parts by SpaceFlightNow)


©: NASA / SpaceX / CrewDragon vor Docking an ISS

Weiterführende Informationen zum Thema:

Whake-Up Song der Cabin-Crew vor Docking zur ISS: Black Sabbath – Planet Caravan

https://youtu.be/SvrOzYtnLMA

SpaceX – Starship Mark 4 mit großem »Bumm« zerstört


©: SpaceX

Erfolg und Misserfolg liegen nah beieinander. Am 29. Mai 2020 explodierte der vierte Prototyp der Starship-Rakete von SpaceX. Anders als bei seinen Vorgängern wurden alle Druck- und Triebwerktests erfolgreich abgeschlossen. Rund zwei Minuten danach tauchte jedoch ein massives Treibstoffleck auf, woraus flüssiges Methan entwich und sich entzündete. Dabei wurde nicht nur der Prototyp zerstört, sondern auch umliegende Anlagen. Bei einer Pressekonferenz wurde als Ursache ein fehlgeschlagener Test eines Schnelllöseventils angegeben.

Weiterführende Informationen zum Thema:

Massive Explosion of a SpaceX Starship Prototype (SN4) at Boca Chica, Texas

https://youtu.be/vIh4aLX3cZQ

ESA – Jan Wörner mit Kritik an Europas Raumfahrt


©: dpa / picture alliance / Geisler-Fotopress / Jens Krick / ESA-Chef Johann-Dietrich (Jan) Wörner

Der ESA-Chef übte im Rahmen der Berichterstattung zur erfolgreichen SpaceX CrewDragon-Mission während seines Beitrags deutliche Kritik am Vorgehen der Europäer und insbesondere an der Politik der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Unterstützung für die Raumfahrt.

Auf die Frage des Moderators von PHOENIX-TV, warum die Europäer nicht auch so erfolgreich und so mutig sein könnten, antwortete er sinngemäß, dass es selbst schon schwierig ist, eine(n) neue(n) Mitarbeiter(in) einzustellen. Dabei wird immer gleich gefragt: »Muss das denn sein?«

Mutige, inovative Schritte und auch mal das Risiko zu scheitern akzeptieren können, ist mit einer Behörde aus vielen europäischen Staaten mit diversen Interessen nicht immer einfach. Der kleinste gemeinsame Nenner kommt am Ende dabei raus.

Die kommende Ariane 6 ist so ein Nenner: Sie bleibt eine Einweg-Rakete, soll aber dank Produktionsmethoden aus dem Autobau und Massenfertigung viel günstiger sein als die bisherige Ariane 5. Doch derzeit gibt es nur die europäischen Pflichtaufträge für kommende Starts. Von vielen neuen Raketen ist noch nichts in Sicht. SpaceX hat die Raumfahrt im LEO (Low Earth Orbit) revolutioniert und schickt sich an, trotz Rückschlägen, zum Mond und zum Mars aufzubrechen. Europäer werden höchstens zahlende Passagiere sein.

Kosten der Raumfahrt im Vergleich: Das aktuelle Jahresbudget der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA beträgt rund 23 Milliarden US-Dollar (im Vergleich der US-Militärhaushalt: über 750 Mrd.). Die Ausgaben der europäischen Raumfahrtorganisation ESA belaufen sich auf geringere 6,68 Milliarden Euro (7,36 Mrd. Dollar).

Perseverance – Neuer Rover mit Mini-Hubschrauber zum Mars


©: NASA / JPL / Marsrover Perseverance (künstlerische Darstellung)

Ein neuer Mars-Rover soll schon am 17. Juli 2020 starten. Er beruht auf der Konstruktion des erfolgreichen Marsrovers Curiosity. Diesmal hat er jedoch noch einen kleinen Begleiter dabei: einen Mini-Helikopter, Ingenuity genannt. Dieser wiegt nur rund 1,8 kg, ist so groß wie ein Softball und seine Rotoren drehen sich ca. zehnmal schneller als die eines Helikopters.

Die Aufgabe von Perseverance ist es, wie seine Vorgänger Gesteins- und Bodenproben zu sammeln, die auf der Erde analysiert werden können.

Proxima Centauri – Weiterer Planet entdeckt?


©: NASA / ESA / Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops

 

Laut einer Studie eines internationalen Forscherteams wurde bei unserem Nachbarstern Proxima Centauri wahrscheinlich ein weiterer Planet entdeckt. Endgültig bestätigt ist dies noch nicht. Sollte diese These belegt werden, würde er seine Sonne innerhalb von 5,15 Jahren umrunden. Proxima Centauri c soll 5,8 Mal so schwer wie die Erde sein und wäre daher der Kategorie Supererde zuzuordnen. Allerdings ist fraglich, ob er in der habitablen Zone

Spotlight: Das Sechseck am Nordpol des Saturn

von Brandon Q. Morris

Der Jupiter hat seinen Großen Roten Fleck – der Saturn dafür sein gewaltiges Hexagon.

Am Nordpol des Ring-Planeten rotiert seit langer Zeit eine sechseckige Struktur, die 29.000 Kilometer durchmisst und für eine Umdrehung etwa zehn Stunden und 39 Minuten braucht (und damit etwas langsamer ist als der Saturn insgesamt). Damit ist das Hexagon deutlich größer als der Jupiter-Fleck mit seinen 16.000 Kilometern und mehr als doppelt so groß wie die Erdkugel. Entdeckt wurde die Struktur erstmals 1981 von Voyager 1.

Einen ausführlichen Blick auf das etwa 300 Kilometer tiefe Sechseck erlaubte ab 2006 die Cassini-Sonde von NASA und ESA. Klar scheint zu sein, dass das Hexagon von über 320 km/h schnellen Luftströmungen (Jetstreams) gebildet wird. Wie die ungewöhnliche Form entsteht, ist noch nicht völlig geklärt. Eine Ursache könnte darin liegen, dass die Windgeschwindigkeiten auf dem Saturn sich je nach Breitengrad stark unterscheiden. Bei Laborsimulationen in einem runden Wassertank entstanden ebenfalls regelmäßige Vielecke, wenn die Flüssigkeit in der Mitte schneller rotierte als am Rand. Andere Forscher schlagen vor, dass ein einziger langsamer, relativ flacher Jetstream das sichtbare Muster erzeugen könnte. Das wird sich erst durch den Besuch einer weiteren Raumsonde klären lassen.


© UPV/EHU, Bild: JPL / Das Saturn Hexagon und seine Wolken-Struktur

Aber das Hexagon ist mehr als das, was auf den Fotos erkennbar ist. Darüber erstreckt sich nämlich noch ein ebenfalls bis zu 300 Kilometer hoher »Turm«, der ebenfalls sechseckige Form hat. Das beschreiben Forscher der Universität des Baskenlands in einem Paper. Die Astronomen analysierten dazu zahlreiche Fotos von Cassini. »Die Cassini-Bilder erlaubten uns den Nachweis, dass sich über dem Hexagon ähnlich wie bei einem Sandwich bis zu sieben Schichten aufbauen, die sich von der Basis bis in eine Höhe von 300 Kilometern erstrecken«, sagt Professor Agustín Sánchez-Lavega, der die Studie leitete. Andere Eiswelten wie etwa Titan oder Pluto besitzen solche Schichten ebenfalls, aber nicht in so regelmäßiger Form. Vertikal durchmisst jede Schicht zwischen 7 und 18 Kilometer. Sie enthalten Teilchen in der Größenordnung von einem Mikrometer. Ihre chemische Zusammensetzung mutet exotisch an; wegen der niedrigen Temperaturen zwischen −120 und −180 Grad Celsius bestehen sie z. B. aus Kohlenwasserstoff-Eiskörnern wie Acetylen, Propan oder Butan.

Warum sind die Schichten so regelmäßig? Das könnte an der vertikalen Ausbreitung von atmosphärischen Gravitationswellen liegen, die Oszillationen in Dichte und Temperatur der Atmosphäre erzeugen. Das Phänomen hat nichts mit den Gravitationswellen der Raumzeit zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine Erscheinung, die man etwa auch von Erde und Venus kennt. Auf der Erde werden sie in mittleren Breiten von 100 km/h schnellen Jetstreams erzeugt, auf der Venus wurden sie ebenfalls in den nördlichen Breiten nachgewiesen. Gravitationswellen entstehen, wenn Luft etwa beim Überqueren eines Gebirges angehoben wird und dadurch in eine dünnere Atmosphärenschicht gelangt. Die schwereren, weil dichteren Blasen fallen dann durch ihre Schwerkraft (hier kommt die Gravitation ins Spiel) nach unten zurück, sodass eine periodische Schwingung entsteht. Wie jede Schwingung überträgt sie Energie und das auch über weite Strecken von bis zu einigen hundert Kilometern.

Über den Autor: Brandon Q. Morris ist Physiker und Science-Fiction-Autor. Unter hardsf.de schreibt er mehrmals wöchentlich über für SF-Leser interessante Wissenschaftsthemen aus Astrophysik und Kosmologie.

Phantastisches Hören

Hör mal – die Audible-Kolumne


von Reinhard Prahl

Ich bin Sammler. Ich liebe es, in meinen Film-, Buch- und Hörspielregalen zu stöbern, eine Serie oder einen Roman auszuwählen, das Cover zu begutachten und anschließend mit dem Genuss des erwählten Werks loszulegen. Darüber hinaus bereiten mir die erstaunten Blicke meiner Besucher immer wieder Momente der Freude, ja sogar Genugtuung. Irgendein verrücktes Hobby muss man schließlich haben.

Die Sache hat aber leider auch mehrere Haken. Im Laufe der Jahre ist der Platzmangel erdrückend geworden und ich musste einen Teil meiner umfassenden Sammlung einmotten. Zudem beansprucht die Reinigung der Regale viel Zeit. Ein wichtiger Aspekt ist zudem der unvermeidliche Plastikwahn, den ich durch meine Sammlerwut unweigerlich mitfördere. Als Alternative haben sich da schon vor Jahren Streaming-Plattformen wie Deezer und Spotify erwiesen. Man zahlt einfach eine gewisse Summe im Monat und kann das gesamte Angebot unbeschränkt nutzen. Der Nachteil: Wenn man einmal nicht bezahlt, bleiben die Boxen daheim stumm. Für Sammler, die sich ihre Hörbücher und Hörspiele gern öfter anhören und auf den Sammeleffekt nicht gänzlich verzichten möchten, ist Audible damit eine Art Offenbarung. Man erwirbt die gewünschten Produkte einfach digital und kann sie sooft genießen, wie man möchte. Dabei ist es ganz egal, ob man gerade für ein Abo zahlt oder nicht. Beide Modelle sind so beliebt, dass sie den CD-Markt und damit eine ganze Branche arg in Bedrängnis gebracht haben. Selbst Produzenten wie David Holy, den Fans oft für einen gestandenen CD-Veteran und -Fan halten, ist inzwischen ein Digital-Sammler geworden. Sicherlich, auch Holy stellt seine Hörspiele noch immer auch als CD zur Verfügung. Mehr noch. Er bietet auf seiner Website sogar einen Sammler-Aboservice an und Werke wie Die letzten Helden verfügen über ein liebevoll gestaltetes, mehrseitiges Booklet. Dazu gibt es diverse Extras und Goodies wie Exklusivfolgen und mehr.


Dennoch ist und bleibt die CD, so findet auch Holy, ein Auslaufmodell und platzsparendes Streaming oder Digitalsammeln nimmt einen immer größeren Raum im Leben der modernen Gesellschaft ein. Doch wie genau begegnet man als unabhängiger Produzent dieser Tatsache? Wie passt man sich den modernen Gegebenheiten an? Das und vieles mehr erzählt uns David Holy auf meiner virtuellen Interview-Couch am besten selbst.

Reinhard Prahl: Hallo David, du hast einen eher ungewöhnlichen Karrierestart hinter dir. Du hast dein BWL- und Japanologiestudium abgebrochen, um eine Ausbildung als Mediengestalter Bild und Ton zu absolvieren. Wie kam es damals zu diesem Sinneswandel?

David Holy: Während meines Studiums verbrachte ich immer mehr Zeit mit 3D-Programmen und dem Computer und entdeckte dafür meine Leidenschaft. Die Entscheidung fiel mir also nicht besonders schwer. Schlussendlich habe ich in BWL auch Mathe gehasst. Und BWL war überwiegend Mathe. Als ich in einer Mathearbeit kein sehr gutes Ergebnis lieferte, war schnell für mich klar, dass es wohl vernünftiger wäre, meine Zeit auf das zu konzentrieren, was mir wirklich liegt. Ich erwartete dadurch viel mehr Lebensqualität, Spaß und Leidenschaft. Monetär hat sich das sehr lange nicht gerade positiv ausgewirkt, bis es schlussendlich doch zu einem traumhaften Ergebnis führte. Ich bin einfach glücklich und zufrieden mit dem, was ich mache.


David Holy

RP: Dein erster Versuch, eine kommerzielle Hörspielserie zu etablieren, hieß Chronik der Verdammten. Leider blieb es bei einer von sechs geplanten Episoden. Warum?

DH: Das ist eines der größten Missverständnisse meiner Hörspielgeschichte. Alle Hörer erwarteten, dass die erste Episode weitergeführt wird. Das war nie so geplant, sondern es war eine Anthologie-Serie, wie man das von TV-Serien wie Black Mirror kennt. Jede Folge war in sich abgeschlossen. Auch wenn ich mir kleine Referenzen auf andere Folgen erlaubte. Alle Episoden sind jetzt Bestandteil der Serie Holy Horror. Dennoch haben wir aufgrund des Erfolgs der Geschichte der ersten Chronik-Episode geplant, diese in unsere Lovecraft-Serie zu etablieren. Hier bin ich aber noch in der Planungsphase und in der nächsten großen Redaktionssitzung werden wir das Thema abarbeiten.

RP: Mit der fantastischen Serie Die letzten Helden bist du dann so richtig durchgestartet. Die hohe Anzahl an Sprechern, aber auch die Länge der insgesamt 24 Episoden und 3 Specials war damals etwas ganz Neues im Hörspielgeschäft. Benötigt so ein Mammutprojekt nicht einen enormen Vorlauf an Zeit und Geld?

DH: Die ersten Skripte habe ich 2005 geschrieben. Die damals als letzte Episode geplante Das Konzil der Elemente dürfte 2010 passiert sein. Der Vorlauf war weniger das Problem, die immensen Budgets, die das Ganze verschlungen hat, jedoch schon. Sobald die letzte Episode fertig ist, wird die Serie wohl weit über eine Million Euro gekostet haben.

RP: Das erscheint für eine Hörspielserie unglaublich hoch.

DH: Das ist es auch. Aber wenn man es auf die Einzelteile herunterbricht nicht verwunderlich. Wir haben eine Laufzeit von geschätzten 70 Stunden. Es ist einfach die Masse: 50 Cover, hunderte von Sprechern, tausende von Studiostunden, Bearbeiter, Musik, Regie und natürlich auch Nebenkosten wie Telefon, Hotel. Am einfachsten versteht man das am Beispiel des Bearbeiters. Dieser braucht mindestens einen Monat für eine qualitativ hochwertige Abmischung und Bearbeitung. Dafür muss ich einen Monatslohn bereitstellen. Multipliziert man das mit 70, erkennt man sehr schnell, wie das Budget in die Höhe schnellt. Es ist den Fans, die uns mit Abos unterstützen, zu verdanken, dass die Serie so ausgearbeitet werden konnte. Und vor allem auch, dass es jetzt neben der Hauptserie zwei weitere Handlungsstränge gibt, die jeweils über 60 Episoden verfügen.

RP: Für viele deiner Fans ist Die letzten Helden so etwas wie die »Mutter der Fantasy-Hörspielserie«. Nachdem du erst eine Spieldauer von insgesamt 30 Stunden angekündigt hattest, hast du dich schließlich für eine Ausweitung der Storyline entschieden. Am Ende kamen, wie du gerade erwähnt hast, rund 70 Stunden dabei heraus. Was führte zu der Entscheidung, die Geschichte fortzusetzen?

DH: Es ist eine Kombination aus vielen Dingen. Nachdem der erste Akt so gut ankam und die weiteren vollständig andere Charaktere boten, war natürlich die Angst gegeben, dass die neuen Akte auf Ablehnung stießen. Und vor allem gab es das Problem mit dem verschwendeten Potential. Die Grundidee vor allem im 3. Akt gab so viel mehr her. Ich stehe kurz vor Abschluss dieses Mammutprojektes und freue mich wahnsinnig darauf. Auch wenn ich gespannt bin, wie die Menschen das Ende empfinden werden.

RP: Nach Heff der Chef und deiner sechsteiligen Serie Videospielhelden hast du mit Die Chronik der Drachenlanze und Die Legenden der Drachenlanze eine der bekanntesten und beliebtesten Buchreihen überhaupt vertont. Hast du dir als offensichtlicher Fantasy-Fan damit einen Traum erfüllt?

 

DH: Die Drachenlanze-Bücher haben mich in meiner Jugend begleitet und waren ein wichtiger Bestandteil meiner Pubertät. Aus heutiger Sicht würde man mich wohl als Fanboy bezeichnen (lacht). Und natürlich habe ich mir nicht nur einen Traum damit erfüllt. Ich verbinde mit diesem Brand viele Erinnerungen. Das erste Buch hat mir damals meine Oma zu Weihnachten geschenkt und ich fand es stinklangweilig. So unfassbar langweilig. Da waren die Geschichten von R.A. Salvatore um Drizzt Do Urden schon spannender. Warum auch immer habe ich mir ein Buch nach dem anderen gekauft. Und irgendwann flippte der Fanschalter bei mir um. Eine der größten Enttäuschungen waren meine erworbenen englischen Audiobücher. Ich erwartete ein Hörspiel und erhielt ein Hörbuch.


RP: 2016 hast du dann Kai Meyers Merle-Trilogie von 2001/2002 vertont. Auch Arkadien und Die Sturmkönige sind inzwischen auf deiner Seite erhältlich. Erzähl uns ein wenig über die Zusammenarbeit mit Kai Meyer.

DH: Kai Meyer liebt seine Stoffe und legt sehr viel Wert auf eine gute Umsetzung. Daher freut es mich schon einmal, dass wir das machen durften, da es immer auch ein Zugeständnis an unsere Fähigkeiten ist, eine ordentliche Adaption abzuliefern.

RP: Unterhalten wir uns ein wenig über Audible. Von Die letzten Helden kann man nur 14 von 24 Folgen erhalten. Wie kommt das?

DH: Ganz einfach. Folge 15 ist noch nicht erschienen. Wir sind gerade in den letzten Zügen der Aufnahme. Zudem sind die Wanderer-Folgen zum Teil ABO Exklusiv. Eine Sache, die wir fortführen wollen. Die neue Planung sieht für jedes Jahr eine kleine Sonderfolge für Abonnenten vor. Zuerst wollen wir aber die Serie zu einem Abschluss bringen. Folge 15 wird in kleine Episoden unterteilt. Aktuell gehen wir von 17 Einzelepisoden aus, die Monat für Monat veröffentlicht werden. Es geht auf jeden Fall dieses Jahr endlich weiter. Und die Fans müssen nicht mehr lange warten.


RP: Könntest du dir vorstellen, ähnlich wie Ivar Leon Menger oder Tommy Krappweis in Zukunft exklusiv für Audible zu produzieren?

DH: Audible hat mich kontaktiert und ich war auch bereits vorstellig in Berlin. Es ist beeindruckend, was Audible auf die Beine gestellt hat. Amazon sei Dank kann man da aus dem Vollen schöpfen. Ich verfüge aber selbst über ausreichend finanzielle Mittel und möchte stets voller Rechteinhaber meiner eigenen Produkte sein. Wer weiß aber, was die Zukunft bringt? Über die eine oder andere Form der Zusammenarbeit wird gerade verhandelt und natürlich würde es mich freuen, wenn wir da einen gemeinsamen Weg finden.

RP: Du hältst in Zeiten von Streaming und digitalen Vertriebsplattformen noch sehr an schön gestalteten CD-Boxen mit aufwendigen Booklets fest. Bist du da nicht ein wenig altmodisch, oder siegt immer wieder der Sammler in dir?

DH: Wir richten uns nach der Marktgegebenheit. Fakt ist, dass durch die Streaming- und Downloadplattformen die CDs nur noch für Sammler interessant sind und in Zukunft dieses Medium sicher nur noch eine sehr kleine Rolle spielen wird. Damit wir aber CD-Begeisterte unterstützen können, ist eine gewisse kritische Menge an Direktbestellungen auf unserer Website nötig. In diesem Fall liefern wir gerne eine CD an die Fans aus. Das hat nichts mit altmodisch zu tun, sondern eher mit dem Faktor Nachfrage. Wir setzen voll auf digitale Vermarktung und sehen die CD eher als Auslaufmodell, das nur noch für Sammler interessant sein wird. Jahrelang haben wir an der Holy Hörspiel-APP gearbeitet, die mittlerweile auch schon in einem frühen Stadium erhältlich ist. Das Ganze kann man als Netflix für Hörspiele verstehen. Ich selbst sammle durchaus, aber mittlerweile eben digital.

RP: Du hattest vor einiger Zeit viele deiner Werke zu Werbezwecken auf YouTube kostenlos bereitgestellt und damit viele neue Fans erreicht. Die wundern sich nun darüber, dass sie deinen Kanal derzeit nicht mehr finden. Was ist passiert?

DH: Der Kanal wurde wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung eines Mitbewerbers gelöscht. Meine eingereichte Klage hat dazu geführt, dass dieser Mann diese Behauptung zu unterlassen hat. Sprich wir haben gewonnen. Er ist in Berufung gegangen, daher müssen wir abwarten, wie das ausgeht. Aber natürlich ist so etwas schade, lässt sich aber nicht ändern. Das Verhalten des Marktteilnehmers hat dazu geführt, dass nicht nur wir, sondern auch andere Mitbewerber rechtliche Schritte gegen seine Person unternehmen. Aus meiner Sicht kein gutes Zeichen für sein Verhalten und Geschäftsgebaren.

RP: Du produzierst immer sehr viel hinter den Kulissen. Kannst du etwas zu deinen neuen Serien sagen? Und warum wird überhaupt so viel produziert, ohne dass du die Fans im Vorfeld darüber informierst?

DH: Aktuell sitzen wir an folgenden neuen Serien: Sherlock Holmes Legends, Karl May, Professor van Dusen, Die Fußballbande, Die Abenteuer der Letzten Helden, Die Letzten Helden: Die neue Welt und Holy Science Fiction. Neben diesen Serien haben wir noch zwei sehr große und überraschende Projekte in der Pipeline. Eine davon wird mit der Veröffentlichung der ersten Folgen noch dieses Jahr vorgestellt. Die andere wird wohl erst spät 2021/2022 veröffentlicht. Aktuell befinden sich über 200 Hörspiele in unserer Produktionspipeline. Da wir mit unserer APP auf ein Abo-Modell setzen, möchten wir den Hörern auch monatlich immer Neuheiten bieten können. Dies erfordert einfach eine lange Planungs- und Produktionsphase.

RP: Lieber David, vielen Dank, dass du dir die Zeit zur Beantwortung meiner Fragen genommen hast.

DH: Gerne. Viel Spaß beim Hören unserer Werke.