Arbeitsrecht in der Umstrukturierung

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1. Vorübergehender Gemeinschaftsbetrieb

113

So kann der im Zusammenhang mit der geplanten Übertragung von als Betriebsteilen zu qualifizierenden Unternehmensteilen durch Verzögerung betriebsratsseitig bewirkte zeitliche Druck ggf. dadurch von der Transaktion genommen werden, dass sich die beteiligten Rechtsträger entschließen, den in Rede stehenden Betrieb zwar eigentumsrechtlich aufzuteilen und auf den Erwerber den geplanten Betriebsteil zu übertragen, ihn aber bis zum Abschluss der Verhandlungen mit dem Betriebsrat hierüber als gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen (§ 1 Abs. 2 BetrVG) fortzuführen. Da die Veränderung der Eigentumsstruktur die Organisationsstrukturen, die den Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn kennzeichnen, unberührt lässt und ihrerseits nicht als Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG zu qualifizieren ist, ist dem Betriebsrat durch eine derartige Übereinkunft der beteiligten Rechtsträger das zeitliche Druckmittel aus der Hand genommen.

2. Vermeidung von Zustimmungsverweigerungen oder Massenwidersprüchen durch gesellschaftsrechtliche Gestaltungsformen

114

Etwaige Zustimmungsverweigerungen bzw. Massenwidersprüche können, wenn sie erwartbar sind, dazu führen, dass statt eines Asset Deals eine umwandlungsrechtliche Umstrukturierung oder Anwachsung gewählt wird, die mit dem Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers verbunden ist, da in derartigen Fällen weder ein Zustimmungserfordernis (str.)[39] noch ein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB besteht.[40]

115

Praxistipp:

Natürlich können derart „erzwungene“ Übergänge nicht verhindern, dass Arbeitnehmer von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch machen. Sie führen auch nicht notwendig zu Betriebsfrieden und Harmonie, sodass der Einsatz dieser Gestaltungsform mit dem Ziel, eine Übertragung von Arbeitsverhältnissen zu erzwingen, wohl bedacht und geprüft sein sollte. Psychologisch ist es aber häufig einfacher, Arbeitnehmer davon zu überzeugen, sich nach einem ohne ihre aktive Zustimmung erfolgten Arbeitgeberwechsel nun auch nicht aktiv zu trennen,[41] als sie davon zu überzeugen, einen Arbeitgeberwechsel durch aktives Handeln (Zustimmung) erst herbeizuführen. In der betrieblichen Praxis können durch gesellschaftsrechtliche Mittel also Hemmschwellen ggf. leichter überwunden werden. Hinzu kommt, dass sich viele Arbeitgeberwechsel im Nachhinein als weit weniger „schlimm“ herausstellen, als dies in der Belegschaft ggf. zuvor (bisweilen völlig ohne Tatsachengrundlage und lediglich politisch initiiert) vermutet wurde.

3. Erleichterungen in der Insolvenz

116

Kraft Gesetzes bestehen bei Betriebsänderungen und -übergängen in geringem Umfang Erleichterungen, sofern ein insolventes Unternehmen betroffen ist.

a) Betriebsänderungen

117

In der Insolvenz sind Sanierungsinstrumente nicht nur die erleichterte Kündbarkeit von Kollektivvereinbarungen nach § 120 InsO,[42] sondern auch deren Anfechtbarkeit nach §§ 129 ff. InsO.[43]

118

Vor allem die in § 123 InsO normierte Beschränkung des zulässigen Sozialplanvolumens[44] nimmt in der Regel den Druck aus den – dennoch vollumfänglich erforderlichen – Verhandlungen. Erforderlich sind sie in der betrieblichen Praxis dennoch, denn die gesetzgeberischen Erleichterungen in §§ 121 f. InsO für die Durchführung einer Betriebsänderung[45] sind in der Praxis irrelevant, wie schon die geringe Zahl an gerichtlichen Entscheidungen zu diesen Normen deutlich macht.[46]

119

Häufiger als außerhalb insolvenzbedingter Betriebsänderungen genutzt wird in der Insolvenz allerdings die Möglichkeit des Abschlusses eines Interessenausgleichs mit Namensliste (§ 125 InsO), durch welche der Kündigungsschutz der von Entlassung betroffenen Arbeitnehmer erheblich eingeschränkt wird. Ein Interessenausgleich mit Namensliste ist nach § 1 Abs. 5 KSchG zwar auch außerhalb der Insolvenz möglich, kommt dort aber seltener zum Tragen, weil die Motivation für die geplanten Entlassungen dort weniger evident und daher weniger leicht zu vermitteln ist.

120

§ 125 InsO, der erst durch den endgültigen Insolvenzverwalter genutzt werden kann,[47] ermöglicht zudem eine Verbesserung der Personalstruktur unter Altersgesichtspunkten, die außerhalb von Insolvenzverfahren nicht möglich ist. Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BAG stehen dieser Gestaltungsmöglichkeit europarechtliche Antidiskriminierungsvorgaben nicht entgegen.[48] Strategische Insolvenzen erfolgen dennoch in der Regel nicht arbeitsrechtlich motiviert, auch wenn dies in der Praxis bereits vorgekommen ist und als Gestaltungsoption insbesondere dann in Erwägung gezogen werden muss, wenn die Arbeitnehmerseite – was durchaus vorkommt – rationalen Argumenten aus politischen Überlegungen heraus nicht mehr zugänglich ist.

121

Praxistipp:

Wegen der mit einer Insolvenz verbundenen Haftungsrisiken sowie der zumeist eintretenden Rufschädigung im Markt muss dies allerdings intensiv geprüft und bewertet werden.

b) Betriebsübergang

122

Über die durch die Rechtsprechung des BAG vor dem Hintergrund des insolvenzrechtlichen Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung entwickelten teleologischen Reduktionen des § 613a Abs. 1, 2 BGB,[49] findet § 613a BGB im Grunde auch in der Insolvenz volle Anwendung, wie § 128 InsO klarstellt. Erleichterungen ergeben sich insoweit lediglich (theoretisch) mit Blick auf das Kündigungsverbot nach § 613a Abs. 4 BGB[50] gemäß § 128 Abs. 2 InsO, sofern – wiederum vom endgültigen Insolvenzverwalter – mit dem zuständigen Betriebsrat ein Interessenausgleich mit Namensliste abgeschlossen wird. Während der Einsatz von Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften (Transfergesellschaften) nur dann in Frage kommt, wenn damit keine Umgehung der zwingenden Rechtsfolgen des § 613a BGB bzw. des KSchG (Stichwort: Sozialauswahl) verbunden ist,[51] werden in der Praxis (zunehmend) die Gestaltungsmittel des Erwerberkonzepts (bzw. des Veräußererkonzepts) genutzt.[52] Die Insolvenzpraxis sucht zudem nach neuen Modellen.[53]

Anmerkungen

[1]

Zu ihnen ausführlich Kap. 2 Rn. 108 ff.

[2]

Hierzu ausführlich Kap. 3.

[3]

Vgl. hierzu ausführlich Kap. 2 Rn. 11 ff.

[4]

Vgl. hierzu ausführlich Kap. 2 Rn. 108 ff.

[5]

Vgl. hierzu ausführlich Kap. 2 Rn. 146 ff.

[6]

Vgl. zur Klärung von Unklarheiten Kap. 2 Rn. 132 ff.; Mückl Arbeitsrecht in Krise und Insolvenz, 1. Aufl., Rn. 513.

[7]

BAG NZA 2007, 1245.

[8]

Zu den Rechtsfolgen fehlerhafter Vereinbarungen nach § 3 BetrVG vgl. BAG NZA 2013, 738; Mückl/Koehler NZA-RR 2009, 513 ff.

[9]

Vgl. zur Zuständigkeitsfragen Kap. 2 Rn. 132 ff.; Mückl Arbeitsrecht in Krise und Insolvenz, 1. Aufl., Rn. 502 ff.

[10]

Zu Gegenstrategien der beteiligten Unternehmen vgl. unter Rn. 112 ff.

[11]

Auf die entsprechende Beschlussfassung kommt es nach BAG NZA 2015, 1147 nicht an, da die Beteiligungsrechte nach §§ 111 ff. BetrVG erst in Bezug auf die Umsetzung bestehen.

[12]

LAG Düsseldorf v. 8.7.1998 – 4 Sa 735/98; ErfK/Kania BetrVG § 113 Rn. 9.

[13]

Eine aktuelle Übersicht findet sich bei Mückl Arbeitsrecht in Krise und Insolvenz, 2. Aufl., Rn. 1176 f. m. zahlreichen N.

[14]

Vgl. nur BAG NZA 2000, 1069; HWK/Willemsen/Hohenstatt BetrVG § 111 Rn. 53 m.w.N.

[15]

BAG NZA 1997, 898.

[16]

 

HWK/Willemsen/Hohenstatt BetrVG § 111 Rn. 53.

[17]

Vgl. unter Kap. 4 Rn. 124 ff. und 142 ff.

[18]

Vgl. dazu unter Kap. 3 Rn. 43 ff. und Mückl Arbeitsrecht in Krise und Insolvenz, 1. Aufl., Rn. 597 ff.

[19]

Vgl. dazu Erfk/Preis BGB § 613a Rn. 110 m.w.N.

[20]

HWK/Willemsen/Hohenstatt BetrVG § 111 Rn. 55 m.w.N.

[21]

BAG NZA 1997, 898; BAG NZA 2000, 1069.

[22]

BAG NZA 1997, 898; BAG NZA 2000, 1069.

[23]

Richardi/Annuß BetrVG § 111 Rn. 129; HWK/Willemsen/Hohenstatt BetrVG § 111 Rn. 54.

[24]

Richardi/Annuß BetrVG § 111 Rn. 129; HWK/Willemsen/Hohenstatt BetrVG § 111 Rn. 54 m.w.N.

[25]

Richardi/Annuß BetrVG § 111 Rn. 129; HWK/Willemsen/Hohenstatt BetrVG § 111 Rn. 54.

[26]

Bauer/Haußmann/Krieger Teil 1 A Rn. 21.

[27]

BAG DB 1981, 1190; Bauer/Haußmann/Krieger Teil 1 A Rn. 21.

[28]

Vgl. dazu unter Kap. 4 Rn. 332.

[29]

Vgl. Kap. 2 Rn. 104.

[30]

Bauer/Haußmann/Krieger Teil 1 A Rn. 27 ff.

[31]

Bauer/Haußmann/Krieger Teil 1 A Rn. 27 ff.

[32]

Vgl. dazu Zeising/Vogt BB 2011, 2165 ff.

[33]

Vgl. Bauer/Haußmann/Krieger Teil 1 A Rn. 29.

[34]

Tschöpe/Bissels Teil 6 D Rn. 205; Bauer/Haußmann/Krieger Teil 1 A Rn. 29.

[35]

BAG NZA 2007, 387.

[36]

BAG NZA 2007, 387; BAG NZA 2003, 1027.

[37]

HWK/Willemsen/Hohenstatt BetrVG § 111 Rn. 54.

[38]

BAG NZA 1997, 787; HWK/Willemsen/Hohenstatt BetrVG § 111 Rn. 56.

[39]

Vgl. dazu unter Kap. 4 Rn. 52 ff.

[40]

Vgl. dazu Kap. 4 Rn. 76 ff.

[41]

Zumal dies bei entsprechender Vertragsgestaltung (nachvertragliche Wettbewerbsverbote, etc.) ggf. ohnehin schwierig sein kann, vgl. oben unter Rn. 30.

[42]

Vgl. dazu unter Kap. 6 Rn. 196 ff.

[43]

Vgl. dazu Mückl/Krings ZIP 2015, 1714; zur Insolvenzanfechtung im arbeitsrechtlichen Kontext ausführlich Mückl Arbeitsrecht in Krise und Insolvenz, 2. Aufl., Rn. 375 ff.

[44]

Vgl. dazu unter Kap. 6 Rn. 290 ff.

[45]

Vgl. dazu unter Kap. 6 Rn. 245 ff.

[46]

Vgl. dazu unter Kap. 6 Rn. 245.

[47]

Vgl. zu den Möglichkeiten einer „Heilung“ bei Abschluss durch den vorläufigen Insolvenzverwalter Mückl/Krings ZIP 2012, 106; zweifelnd allerdings BAG NZA 2012, 1029 und kritisch dazu Mückl BB 2012, 2570.

[48]

BAG ZIP 2014, 536 m. Anm. Mückl EWiR 2014, 295.

[49]

Vgl. dazu unter Kap. 6 Rn. 604 ff.

[50]

Zu ihm unter Kap. 3 Rn. 182 ff.

[51]

Vgl. dazu unter Kap. 3 Rn. 216 ff.

[52]

Vgl. dazu unter Kap. 6 Rn. 639 ff.

[53]

Zur sog. „Widerspruchslösung“ vgl. Willmer/Fuchs/Berner NZI 2015, 263.

1. Kapitel Unternehmensumstrukturierungen und ihre Erscheinungsformen › D. Wichtige sonstige (nicht rechtliche) Gesichtspunkte

D. Wichtige sonstige (nicht rechtliche) Gesichtspunkte

123

Losgelöst von derartigen rechtlichen Überlegungen sind Unternehmensumstrukturierungen und -sanierungen in der Regel – wie vorstehend bereits mehrfach angemerkt – nur dann erfolgreich, wenn das „richtige“ rechtliche Konzept durch die Einbindung der personalpolitischen und betriebspsychologischen Konsequenzen seiner Umsetzung ergänzt wird.[1]

Sonst können arbeitsrechtlich betrachtet zielführende Umstrukturierungsvorhaben sich letztlich doch als betriebswirtschaftlicher Misserfolg herausstellen.

124

Beispiel:

Denkbar ist dies z.B. dann, wenn Veränderungen der Organisations- und Gesellschaftsstruktur von wichtigen Leistungs- und Know-how-Trägern als „Anfang vom Ende“ im Sinne einer Verabschiedung bzw. Herabwertung entsprechender Geschäftsbereiche wahrgenommen werden.[2]

125

Ebenso denkbar ist, dass an sich kooperative Arbeitnehmervertretungen dadurch radikalisiert werden, dass sie durch eine trickreiche – rechtlich zulässige – Gestaltung den Eindruck gewinnen, die Umstrukturierung erfolge an ihnen vorbei, weil sie nicht länger als Partner akzeptiert würden oder die Inhalte und Ziele der Umstrukturierung derart negativ sind, dass sie nicht diskutiert werden sollen.[3]

126

Dies kann nicht nur dem Betriebsfrieden, sondern auch der Öffentlichkeitswahrnehmung des Unternehmens, insbesondere durch dessen Kunden, erheblich schaden. Dies gilt erst recht, wenn die Umstrukturierung (über längere Zeiträume) von einer negativen Presse begleitet wird.[4] Auch der Betriebsrat darf dies – insbesondere in mittel- und langfristiger Sicht – nicht unterschätzen.[5]

127

Praxistipp:

Die Kommunikation mit Lieferanten, Kunden und der Öffentlichkeit (ggf. unter Einbindung einer darauf spezialisierten Kommunikationsagentur) muss im Rahmen entsprechender Umstrukturierungsvorhaben daher ebenso wesentlich mitberücksichtigt werden wie die Kommunikation mit den Arbeitnehmern und ihren Vertretungen.[6]

128

Dieser Gesichtspunkt (Unruhe und negative Wahrnehmung) muss insbesondere auch im Zusammenhang mit der Frage berücksichtigt werden, ob Umstrukturierungen schrittweise in Teilen durchgeführt oder von vornherein als Gesamtmaßnahme konzipiert und entsprechend umgesetzt werden.[7]

129

Gleiches gilt auch außerhalb schrittweise umgesetzter Maßnahmen dann, wenn scheinbare Nebeneffekte einer entsprechenden Maßnahme wie der Wegfall der bisherigen Tarifbindung, der Wechsel in eine mitbestimmungsfreie Rechtsform, das Unterschreiten der für einen mitbestimmten Aufsichtsrat maßgeblichen Schwellenwerte bzw. der Schwellenwerte für die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern als eigentliches Ziel oder offener Affront gegenüber der Betriebsrats- bzw. Gewerkschaftsseite (miss-)verstanden werden können.[8] Diese Gesichtspunkte müssen zur Vermeidung eines betriebswirtschaftlichen Misserfolges entsprechender Umstrukturierungsmaßnahmen unbedingt beachtet werden.

Anmerkungen

[1]

WHSS/Willemsen Rn. B 127.

[2]

WHSS/Willemsen Rn. B 127.

[3]

WHSS/Willemsen Rn. B 127.

[4]

WHSS/Willemsen Rn. B 127.

[5]

Vgl. die zutreffenden Hinweise bei Bauer/Haußmann/Krieger Teil 1 B Rn. 98.

[6]

Vgl. zur Kommunikation bei Umstrukturierungen auch die Hinweise bei Bauer/Haußmann/Krieger Teil 1 B Rn. 91 ff.

[7]

WHSS/Willemsen Rn. B 128.

[8]

WHSS/Willemsen Rn. B 128.

1. Kapitel Unternehmensumstrukturierungen und ihre Erscheinungsformen › E. Besonderheiten bei der Umstrukturierung und Privatisierung öffentlich-rechtlicher Rechtsträger

E. Besonderheiten bei der Umstrukturierung und Privatisierung öffentlich-rechtlicher Rechtsträger

130

Alle vorgenannten Gesichtspunkte müssen grundsätzlich auch bei der Umstrukturierung, insbesondere der Privatisierung, öffentlich-rechtlicher Rechtsträger[1] beachtet werden.

1. Kapitel Unternehmensumstrukturierungen und ihre Erscheinungsformen › E. Besonderheiten bei der Umstrukturierung und Privatisierung öffentlich-rechtlicher Rechtsträger › I. Umstrukturierung innerhalb des öffentlichen Dienstes

I. Umstrukturierung innerhalb des öffentlichen Dienstes

131

In diesem Zusammenhang ist zwischen verwaltungsinternen Umstrukturierungen und Privatisierungen zu differenzieren.

 

1. Erscheinungsformen der Umstrukturierung innerhalb des öffentlichen Dienstes

132

Eine rein verwaltungsinterne Umstrukturierung kann zunächst – vergleichbar der Umstrukturierung von Betrieben – dadurch erfolgen, dass Dienststellen verlegt, zusammengelegt oder aufgelöst werden.[2]

133

Darüber hinaus ist ein Wechsel der öffentlich-rechtlichen Rechtsform denkbar.[3]

134

Beispiel:

Als Vorstufe zu einer Privatisierung wird eine bislang als Regiebetrieb geführte Dienststelle in einen Eigenbetrieb umgewandelt.[4] Dabei bleiben die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten durch das öffentlich-rechtliche Dienstrecht[5] bestimmt.[6] Gleiches gilt nach § 130 BetrVG für das System der betrieblichen Mitbestimmung mit der Folge, dass die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder weiterhin Anwendung finden. Diese sehen bei grundlegenden Umstrukturierungen eine Beteiligung der Personalvertretungen vor,[7] die vor allem auf Länderebene durchaus unterschiedlich intensiv ausgestaltet ist: Sie reichen von der Mitbestimmung bis zur bloßen Anhörung des zuständigen Personalrats.[8]

2. Betriebsübergang i.S.d. § 613a BGB

135

Auch eine verwaltungsinterne Umstrukturierung kann mit einem Betriebs(teil)übergang i.S.d. § 613a BGB verbunden sein. Denn die insoweit erforderliche wirtschaftliche Einheit[9] kann auch vorliegen, wenn eine öffentliche Verwaltung identitätswahrend übergeht.[10] Nicht anwendbar ist § 613a BGB allerdings, soweit eine Behörde oder sonstige Dienststelle, die hoheitliche Tätigkeiten ausübt, in Rede steht.[11] Soweit § 613a BGB eingreift, gelten Abs. 1 Satz 2 bis 4 für Tarifverträge unmittelbar und für Dienstvereinbarungen – das öffentlich-rechtliche Pendant zur Betriebsvereinbarung – nach h.M. entsprechend,[12] soweit die Einheit nicht identitätswahrend übertragen wird, sodass § 613a Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB als „Auffangregelung“[13] nicht eingreift und die Dienstvereinbarung kollektivrechtlich fortgilt.[14]

136

Das Schicksal von (Gesamt-)Personalräten hängt bei derartigen Umstrukturierungen von der jeweiligen bundes- bzw. landesgesetzlichen Regelung ab: Ein allgemeines Übergangsmandat analog § 21a BetrVG existiert nicht.[15] Bis zur vollständigen Abwicklung einer Dienststelle verbleibt dem Personalrat lediglich ein Restmandat.[16]

1. Kapitel Unternehmensumstrukturierungen und ihre Erscheinungsformen › E. Besonderheiten bei der Umstrukturierung und Privatisierung öffentlich-rechtlicher Rechtsträger › II. Privatisierungen

II. Privatisierungen

137

Für die Privatisierung bislang in öffentlich-rechtlicher Form (Körperschaft, Anstalt des öffentlichen Rechts) geführter Unternehmen, die von der „bloßen“ verwaltungsinternen Umstrukturierung zu unterscheiden ist,[17] stehen grundsätzlich alle zuvor erörterten Gestaltungsformen (Rn. 7 ff.) zur Verfügung.[18]

1. Maßgeblichkeit des gewählten Gestaltungsinstruments

138

Ein „Arbeitsrecht der Privatisierung“ existiert in Deutschland nicht.[19] Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Privatisierung hängen daher von dem gewählten Gestaltungsinstrument ab.[20] Denkbar sind:[21]


gesetzliche Regelung der Privatisierung (zumeist Landesgesetz);
Umwandlung nach dem UmwG;
Share Deal bzw.
Asset Deal (einzelvertragliche Übertragung durch Verpachtung, Betriebsführungsverträge usw.).

139

Praxistipp:

Von einer „formalen“ Privatisierung[22] oder „Organisationsprivatisierung“[23] spricht man, wenn die öffentliche Hand lediglich eine privatrechtliche Rechtsform wählt, aber Anteilseigner bleibt. Sie bildet häufig die Vorstufe zur „materiellen“ Privatisierung, d.h. zur Veräußerung an private Investoren, die auch als „Aufgabenprivatisierung“[24] bezeichnet wird und dann häufig in Form eines Share Deal erfolgt.[25]