Arbeitsrecht in der Umstrukturierung

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c) Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Beteiligungsrechte aus § 17 KSchG

323

Wird das Konsultationsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt, d.h. wird einer Massenentlassungsanzeige entgegen § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG keine Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt und sind auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG nicht erfüllt, führt dies zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige. Damit sind die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam.[61]

324

Dies gilt nach Ansicht des BAG auch dann, wenn die Agentur für Arbeit einen Verwaltungsakt nach § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 KSchG erlassen hat und dieser bestandskräftig geworden ist.[62] Ein solcher Bescheid entfaltet danach weder gegenüber dem Arbeitnehmer noch gegenüber der Arbeitsgerichtsbarkeit materielle Bestandskraft.

325

Es empfiehlt sich daher in der Praxis, den Betriebsrat aufzufordern, eine ausdrückliche Erklärung abzugeben, dass der Beratungsanspruch als erfüllt angesehen wird. Hierdurch kann dokumentiert werden, dass die abschließende Stellungnahme tatsächlich vorliegt. Etwaige Formfehler können hierdurch gegebenenfalls geheilt werden.[63]

326

Auch Fehler bei den „Muss-Angaben“ nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG führen zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige und damit zur Unwirksamkeit der Kündigung,[64] es sei denn, dass die Fehler den gekündigten Arbeitnehmer nicht betreffen und keine Auswirkungen auf die sachliche Prüfung der Arbeitsagentur haben können.[65]

Anmerkungen

[1]

Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 326 ff. m.w.N.

[2]

Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 327.

[3]

Fitting § 87 BetrVG Rn. 596 m.w.N.

[4]

Vgl. dazu ausf. Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 328.

[5]

Vgl. zu dem Verfahren nach §§ 99 ff. BetrVG ausf. Fitting § 99 BetrVG Rn. 29 ff. m.w.N.; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 331 ff.

[6]

Vgl. ausf. zu dem Verfahren nach § 102 BetrVG: Fitting § 102 BetrVG Rn. 5 ff.

[7]

Vgl. dazu auch Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 337.

[8]

Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. 334 m.w.N.

[9]

BAG NZA 1987, 587–589; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 11.

[10]

ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 11.

[11]

Vgl. EuGH ECLI: EU:C:2015:743 (Pujante Rivera), NJW 2016, 927.

[12]

ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 11.

[13]

BAG NZA 1987, 587–589.

[14]

BAG NZA 1990, 224–226; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 11; Niklas/Koehler NZA 2010, 914.

[15]

BAG NZA 2006, 971; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 11.

[16]

Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 341.

[17]

ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 12.

[18]

Bejahend in Bezug auf solche Arbeitnehmer, die auf Veranlassung des Arbeitgebers bereits vor Ausspruch der Kündigungen einen dreiseitigen Vertrag zwecks Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten und Übertritt in die Beschäftigung– und Qualifizierungsgesellschaft unterzeichnet haben LAG Baden-Württemberg NZA-RR 2014, 192; vgl. auch ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 12 m.w.N.

[19]

BAG NZA 2012, 1029.

[20]

BAG NZA 2014, 1069; BAG NZA 2012, 1029.

[21]

EuGH EuZW 2015, 682.

[22]

Vgl. dazu ausführlich Forst EuZW 2015, 664.

[23]

Vgl. BAG NZA 2014, 1069–1073, BAGE 147, 237–250; ebenso ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 12.

[24]

BAG NZA 1990, 224; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 12; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 342 m.w.N.

[25]

Vgl. dazu auch Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 343 m.w.N.; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 12.

[26]

Vgl. dazu ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 12; einschränkend Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Schweibert Rn. C 344.

[27]

BAG DB 2015, 2029.

[28]

Vgl. BAG NZA-RR 2012, 570–579 m.w.N.; ausführlich dazu ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 10.

[29]

BAG NZA-RR 2012, 570–579 m.w.N.; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 9 m.w.N.

[30]

Vgl. ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 10 m.w.N.

[31]

ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 10 m.w.N.

[32]

ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 10 m.w.N.

[33]

Vgl. etwa BAG NZA-RR 2012, 570–579 m.w.N.

[34]

BAG DB 2015, 2029.

[35]

LAG Niedersachsen ZIP 2014, 696–699.

[36]

BAG DB 2015, 2029.

[37]

ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 19 m.w.N.

[38]

BAG NZA 2015, 881–884; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 19 m.w.N.

[39]

BAG NZA 2015, 881–884.

[40]

BAG NZA 2013, 32–37.

[41]

Vgl. zum Streitstand die Nachweise bei ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 23.

[42]

ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 21 m.w.N.

[43]

BAG NZA 2015, 881–884; BAG NZA 2012, 817–823.

[44]

Vgl. dazu BAG NZA 2015, 881–884, wonach der Betriebsrat die Absicht, beide Verfahren zu verbinden „klar erkennen können“ muss. Nach BAG NZA 2012, 817–823 muss „hinreichend klargestellt werden“, dass und welche Verfahren gleichzeitig durchgeführt werden sollen.

[45]

ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 24 m.w.N.

[46]

BAG NZA 2015, 881–884; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 24.

[47]

ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 25.

[48]

Vgl. Grau/Sittard BB 2011, 1850; Krieger/Ludwig NZA 2010, 924; Schramm/Kuhnke NZA 2011, 1073; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 25.

 

[49]

BAG NZA 2015, 881–884; vgl. dazu auch Fuhlrott EWiR 2015, 423–424.

[50]

Vgl. ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 25 m.w.N.

[51]

BAG BAGE 142, 202; BAG NZA 2015, 881–884.

[52]

BAG NZA 2015, 881–884.

[53]

Vgl. EuGH (Keskusliitto) Rn. 52, 53, Slg. 2009, I–8163.

[54]

BAG NZA 2015, 881–884.

[55]

BAG NZA 2012, 817–823; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 26.

[56]

BAG NZA 2012, 817–823 m.w.N.; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 25a.

[57]

Vgl. ebenso ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 25a.

[58]

Vgl. etwa BAG BAGE 144, 47–58 m.w.N.

[59]

BAG BAGE 144, 47–58.

[60]

BAG NZA 2015, 881–884.

[61]

BAG NZA 2014, 1069; BAG NZA 2012, 1029–1038; BAG BAGE 144, 47–58; ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 19 ff.

[62]

BAG NZA 2012, 1029–1038.

[63]

Vgl. BAG NZA 2013, 32–37.

[64]

Vgl. BAG NZA 2013, 845.

[65]

Vgl. BAG NZA 2012, 1029 m.w.N.; BAG NZA 2012, 817 m.w.N.; ebenso LAG Rheinland-Pfalz 15.10.2015 – 5 Sa 181/15 (n.v., zitiert nach juris); vgl. zur Massenentlassungsanzeige ausführlich ErfK/Kiel § 17 KSchG Rn. 27 ff.

2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen › IV. Beteiligungsrechte weiterer Organe der Betriebsverfassung

IV. Beteiligungsrechte weiterer Organe der Betriebsverfassung

2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen › IV. Beteiligungsrechte weiterer Organe der Betriebsverfassung › 1. Beteiligungsrechte des Wirtschaftsausschusses

1. Beteiligungsrechte des Wirtschaftsausschusses

327

Bei Umstrukturierungen in Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist regelmäßig auch eine rechtzeitige Information des nach § 106 Abs. 1 BetrVG zu bildenden Wirtschaftsausschusses erforderlich.[1] Der Wirtschaftsausschuss hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten (§ 106 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).

a) Inhalt des Beteiligungsrechts

328

Nach § 106 Abs. 2 BetrVG hat der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss unaufgefordert „rechtzeitig und umfassend“ über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten, soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden, sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehört in den Fällen des § 106 Abs. 3 Nr. 9a BetrVG (Übernahme des Unternehmens, wenn hiermit der Erwerb der Kontrolle verbunden ist) insbesondere die Angabe über den potentiellen Erwerber und dessen Absichten im Hinblick auf die künftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer. Gleiches gilt, wenn im Vorfeld der Übernahme des Unternehmens ein Bieterverfahren durchgeführt wird.

329

§ 106 Abs. 3 BetrVG konkretisiert, welche Angelegenheiten zu den „wirtschaftlichen Angelegenheiten“ gehören. Dies sind neben der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Unternehmens, der Produktions- und Absatzlage sowie dem Produktions- und Investitionsprogramm und Fragen des betrieblichen Umweltschutzes sowie Fabrikations- und Arbeitsmethoden, insbesondere folgende, regelmäßig restrukturierungsrelevante Angelegenheiten:



330

Die Auskunftspflicht erfordert die Information und Vorlage aller Informationen, die für eine sinnvolle Beratung erforderlich sind.[10] Hierzu gehört insbesondere die Vorlage des Jahresabschlusses, ein Wirtschaftsprüfungsbericht nach § 321 HGB, Marktanalysen, Investitionsplanungen, Unterlagen zur Ermittlung des Personalbedarfs etc.[11]

b) Zeitpunkt

331

Rechtzeitige Unterrichtung bedeutet, dass der Arbeitgeber den Wirtschaftsausschuss vor einer Entscheidung über die betreffenden Angelegenheiten zu unterrichten hat, zudem muss die Unterrichtung vor dem Betriebsrat erfolgen. Die Grenze wird hier weiter gezogen als im Rahmen der Unterrichtungspflicht nach § 111 BetrVG. Insbesondere soll schon der Entschluss zur Planung Unterrichtungspflichten nach § 106 BetrVG auslösen können.[12] Bloße Vorüberlegungen dürften die Unterrichtungspflicht hingegen auch hier nicht auslösen.[13]

332

Als verspätet wird man eine Unterrichtung jedenfalls dann anzusehen haben, wenn die Entscheidungen in den zuständigen Gremien bereits abschließend getroffen wurden.[14] Das wird man auch für Unternehmensübernahmen anzunehmen haben, die zum Kontrollwechsel führen, so dass der Wirtschaftsausschuss hier regelmäßig einzubinden ist, bevor die Übernahme verbindlich vereinbart wird.[15]

c) Streitigkeiten

333

Streitigkeiten über die Frage, ob es sich um wirtschaftliche Angelegenheiten handelt, sind Gegenstand des Beschlussverfahrens vor dem Arbeitsgericht, das gilt auch für Streitigkeiten über das Einsichtsrecht.[16]

334

Bei Meinungsverschiedenheiten, die (nur) den Umfang der Unterrichtungspflicht betreffen, ist § 109 BetrVG zu beachten.[17] Wird eine Auskunft über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens im Sinne des § 106 entgegen dem Verlangen des Wirtschaftsausschusses nicht, nicht rechtzeitig oder nur ungenügend erteilt und kommt hierüber zwischen Unternehmer und Betriebsrat eine Einigung nicht zustande, so entscheidet nach § 109 BetrVG die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 109 Satz 1 BetrVG).

2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen › IV. Beteiligungsrechte weiterer Organe der Betriebsverfassung › 2. Beteiligungsrechte des Sprecherausschusses

2. Beteiligungsrechte des Sprecherausschusses

335

Nach § 1 Abs. 1 SprAuG können in Betrieben mit in der Regel mindestens zehn leitenden Angestellten (§ 5 Abs. 3 BetrVG) Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten gewählt werden, wenn die Mehrheit der leitenden Angestellten dies ausdrücklich wünscht (§ 7 Abs. 2 SprAuG). Dabei gelten leitende Angestellte eines Betriebs mit in der Regel weniger als zehn leitenden Angestellten für die Anwendung des SprAuG als leitende Angestellte des räumlich nächstgelegenen Betriebs desselben Unternehmens, der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 SprAuG erfüllt.[18] Etwas anderes gilt allerdings für Verwaltungen und Betriebe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstiger Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform, auf die das SprAuG keine Anwendung findet (§ 1 Abs. 3 SprAuG).

336

Wurde ein Sprecherausschuss gebildet, können dessen Beteiligungsrechte auch im Rahmen einer Um- bzw. Restrukturierung zu beachten sein.

337

Der Umfang etwaiger Beteiligungsrechte richtet sich nach § 32 SprAuG. Danach hat der Unternehmer den Sprecherausschuss mindestens einmal im Kalenderhalbjahr über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Betriebs und des Unternehmens im Sinne des § 106 Abs. 3 des BetrVG zu unterrichten, soweit dadurch nicht die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden (§ 32 Abs. 1 SprAuG). Ausgenommen hiervon sind Tendenzunternehmen i.S.d. § 118 Abs. 1 BetrVG (§ 32 Abs. 1 Satz 2 SprAuG).

338

Neben dieser allgemeinen Unterrichtungspflicht sieht § 32 Abs. 2 SprAuG Beteiligungsrechte bei „geplanten Betriebsänderungen“ vor. Hiernach hat der Unternehmer den Sprecherausschuss über geplante Betriebsänderungen i.S.d. § 111 BetrVG, die auch wesentliche Nachteile für leitende Angestellte zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Entstehen leitenden Angestellten infolge der geplanten Betriebsänderung wirtschaftliche Nachteile, hat der Unternehmer zudem mit dem Sprecherausschuss über Maßnahmen zum Ausgleich oder zur Milderung dieser Nachteile zu beraten (§ 32 Abs. 2 Satz 2 SprAuG).

 

339

Anders als der Betriebsrat hat der Sprecherausschuss aber keinen Anspruch auf eine Beratung mit dem Unternehmer, auch ist kein Versuch eines Interessenausgleichs erforderlich.[19] Der Sozialplan kann zudem nicht erzwungen werden.[20] Wenn der Arbeitgeber auch den leitenden Angestellten eine Sozialplanabfindung zukommen lassen will, kann er hierzu mit dem Sprecherausschuss – nicht dem Betriebsrat – eine (freiwillige) Sprecherausschussvereinbarung gemäß § 28 Abs. 2 SprAuG abschließen.[21]

340

Betrifft die wirtschaftliche Angelegenheit zwei Betriebe eines Unternehmens ist nach § 18 Abs. 2 SprAuG der Gesamtsprecherausschuss zuständig. Die Zuständigkeit des Konzernsprecherausschuss richtet sich nach § 23 SprAuG. Danach ist der Konzernsprecherausschuss zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtsprecherausschüsse innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können. Er ist den Gesamtsprecherausschüssen nicht übergeordnet (§ 23 Abs. 1 SprAuG), es ist aber eine Delegation nach § 23 Abs. 2 SprAuG möglich.[22]

2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen › IV. Beteiligungsrechte weiterer Organe der Betriebsverfassung › 3. Beteiligungsrechte des Europäischen Betriebsrates

3. Beteiligungsrechte des Europäischen Betriebsrates

341

In gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen und Unternehmensgruppen, in denen durch Vereinbarung oder kraft Gesetzes (vgl. § 1 EBRG) Europäische Betriebsräte oder Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer vereinbart wurden, sind bei Restrukturierungen auch etwaige Beteiligungsrechte des Europäischen Betriebsrates zu berücksichtigen.

342

Der Umfang und Inhalt dieser „grenzüberschreitenden Unterrichtung“ ist in § 1 EBRG geregelt. Danach ist der Europäische Betriebsrat zuständig in Angelegenheiten, die das „gemeinschaftsweit tätige Unternehmen“ oder die gemeinschaftsweit tätige Unternehmensgruppe insgesamt oder mindestens zwei Betriebe oder zwei Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten betreffen. Bei Unternehmen und Unternehmensgruppen nach § 2 Abs. 2 EBRG (d.h. insbesondere dann, wenn die „zentrale Leitung“ nicht in einem Mitgliedstaat liegt, aber eine nachgeordnete Leitung für in Mitgliedstaaten liegende Betriebe oder Unternehmen im Inland besteht), ist der Europäische Betriebsrat nach den §§ 1 ff. EBRG nur in solchen Angelegenheiten zuständig, die sich auf das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten erstrecken, soweit kein größerer Geltungsbereich vereinbart wird.

343

Die „grenzübergreifende Unterrichtung und Anhörung“ der Arbeitnehmer erstreckt sich auf alle in einem Mitgliedstaat liegenden Betriebe des Unternehmens sowie in einer Unternehmensgruppe auf alle Unternehmen, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben, soweit kein größerer Geltungsbereich vereinbart wird (vgl. § 1 Abs. 3 EBRG). „Unterrichtung“ bedeutet dabei nach § 1 Abs. 4 EBRG die Übermittlung von Informationen durch die „zentrale Leitung“ i.S.d. § 1 Abs. 2 EBRG oder eine andere geeignete Leitungsebene an die Arbeitnehmervertreter, die diesen Gelegenheit zur Kenntnisnahme und Prüfung der behandelten Frage gibt. Die Unterrichtung hat nach § 1 Abs. 4 Satz 2 EBRG zu einem Zeitpunkt zu erfolgen sowie „in einer Weise und in einer inhaltlichen Ausgestaltung“, die dem Zweck „angemessen“ sind und es den Arbeitnehmervertretern ermöglichen, die möglichen Auswirkungen eingehend zu bewerten und gegebenenfalls Anhörungen mit dem zuständigen Organ des gemeinschaftsweit tätigen Unternehmens oder der gemeinschaftsweit tätigen Unternehmensgruppe vorzubereiten.

344

Anhörung i.S.d. EBRG bezeichnet nach § 1 Abs. 5 EBRG den „Meinungsaustausch und die Einrichtung eines Dialogs“ zwischen den Arbeitnehmervertretern und der zentralen Leitung oder einer anderen geeigneten Leitungsebene zu einem Zeitpunkt, in einer Weise und in einer inhaltlichen Ausgestaltung, die es den Arbeitnehmervertretern auf der Grundlage der erhaltenen Informationen ermöglichen, innerhalb einer angemessenen Frist zu den vorgeschlagenen Maßnahmen, die Gegenstand der Anhörung sind, eine Stellungnahme abzugeben, die innerhalb des gemeinschaftsweit tätigen Unternehmens oder der gemeinschaftsweit tätigen Unternehmensgruppe berücksichtigt werden kann. Zweck der Anhörung ist nach § 1 Abs. 5 Satz 2 ERBG, den Arbeitnehmervertretern zu ermöglichen, mit der zentralen Leitung zusammenzukommen und eine mit Gründen versehene Antwort auf ihre etwaige Stellungnahme zu erhalten.

345

Unter „zentraler Leitung“ i.S.d. EBRG ist dabei ein gemeinschaftsweit tätiges Unternehmen oder das „herrschende Unternehmen einer gemeinschaftsweit tätigen Unternehmensgruppe“ zu verstehen (§ 1 Abs. 6 EBRG).

346

Zum Zeitpunkt der Unterrichtung und Anhörung des Europäischen Betriebsrats ordnet § 1 Abs. 7 EBRG an, dass diese „spätestens gleichzeitig“ mit der Unterrichtung und Anhörung der nationalen Arbeitnehmervertretungen durchzuführen sind.

347

Es steht den erfassten Unternehmen allerdings frei, die Einzelheiten der Anhörung und Unterrichtung mit dem besonderen Verhandlungsgremium gemäß den §§ 8 ff. EBRG frei zu vereinbaren (§ 17 Abs. 1 EBRG). Es ist daher stets zu prüfen, ob entsprechende Vereinbarungen getroffen wurden und inwiefern diese tatsächlich und vor allem auch zu welchen Zeitpunkten eine Unterrichtung und Anhörung verlangen.

348

Soweit hierzu keine Regelungen getroffen wurden, sind grundsätzlich die regelmäßigen Unterrichtungspflichten (einmal im Kalenderjahr) nach § 32 Abs. 1 EBRG sowie die außerordentliche Unterrichtung und Anhörung nach § 33 EBRG zu beachten, die sich etwa auf Verlegungen von Unternehmen oder Betrieben sowie Massenentlassungen beziehen können.[23]