Allgemeine Staatslehre

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d) Kriegerische Niederlage

Die kriegerische Niederlage ist als möglicher Auslöser revolutionärer Unruhen erwähnt worden. Daneben kann eine solche Niederlage aber den Ausgangspunkt für eine friedliche und möglicherweise auch extern gesteuerte Neuordnung der politischen Ordnung bilden – die Errichtung der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg bildet eines der erfolgreichsten Beispiele. In beiden Fällen – also Revolution oder friedliche Neuordnung – zeigt sich die Integrationskraft, die von der Armee im modernen Staat ausgehen kann.[385] Gerade im Kriegsfall versammelt sich die Bevölkerung hinter der Armee. Die Kapitulation ist für große Teile der Gesellschaft dann gleichbedeutend mit dem Untergang des bisherigen Systems im Sinne einer „politischen Stunde Null“. Es entsteht Raum für eine neue politische Ordnung, die an die Stelle der bisherigen treten kann. Auch hier obliegt es der Allgemeinen Staatslehre Wege aufzuzeigen, wie aus einer solchen umfassenden kriegerischen und politischen Niederlage mit externer Hilfe ein neues und stabiles Staatswesen errichtet werden kann – historisch gesehen sind positive Beispiele allerdings selten.

|74|e) Verfassungsgebung und Verfassungsänderung

Neue politische Herrschaftsordnungen, vor allem solche, die aus umfassenden Reformen, Revolutionen, Dismembrationen, Sezessionen oder – wie die BRD – kriegerischen Niederlagen hervorgehen, konstituieren sich formal durch den Erlass einer neuen Verfassungsordnung.[386] Diese neue Verfassungsordnung ist Ausdruck der „verfassungsgebenden Gewalt“ des Volkes, die seit der Französischen Revolution und Abbé Emmanuel Joseph Sièyes von der „verfassten Gewalt“ des Volkes unterschieden wird:[387] „Als Autor der neuen staatlichen Ordnung setzt sich das Volk selbst ein […]. Man legt kraft autonomer Selbstorganisation und reklamierter Rechtsetzungskompetenz einen neuen normativen Grund für die gesamte Rechts- und Staatsordnung.“[388] Von Volkssouveränität sollte nur für diesen Prozess der erstmaligen Verfassungsgebung gesprochen werden. Ist die Verfassung verfasst und in Geltung gesetzt, genießt im demokratischen Verfassungsstaat kein Organ – auch und gerade nicht das Volk – Souveränität.[389]Martin Kriele hat diesen Umstand treffend auf den Punkt gebracht: „Das Vorhandensein eines Souveräns in diesem Sinne einerseits und der Verfassungsstaat andererseits sind zwei polare, einander ausschließende Gegensätze, mit anderen Worten: Die Vorstellung eines Souveräns ist revolutionärer Sprengstoff gegen den Verfassungsstaat.“[390] Nach der Verfassungsgebung agiert das Volk mithin als von der Verfassung konstituiertes Organ mit spezifischen Zuständigkeiten, das wie die anderen Organe an die vorrangige Verfassung gebunden ist.[391]

Wer sich den realen Prozess der Verfassungsgebung allerdings in Form einer sozial-romantischen Zusammenkunft aller BürgerInnen an einem Ort vorstellt, die nach anregender Debatte die neue gemeinsame Verfassungsordnung verabschieden, wird von der (historischen) Praxis enttäuscht – schon angesichts der großen Zahl an BürgerInnen wäre eine solche |75|Zusammenkunft undenkbar.[392] Hinzu kommt der Umstand, dass die komplexe Ausarbeitung einer Verfassungsordnung eine begrenzte Anzahl an Personen voraussetzt.[393] Sieht man von einer oktroyierten Verfassung ab – wie in Preußen im Jahr 1850 – erfolgt die Ausarbeitung der neuen Verfassung daher meist in einer verfassungsgebenden Versammlung, die ihre Geburtsstunde in den amerikanischen „constitutional conventions“ Ende des 18. Jahrhunderts hatten. Schon hier zeigt sich ein erstes kaum lösbares Problem des modernen Verfassungsstaats: Es liegt in der Legitimation dieser die Verfassung ausarbeitenden Versammlung. Die Zusammensetzung ergibt sich in Zeiten revolutionärer Unruhen nur selten aus vollständig freien und gleichen demokratischen Wahlen, hängt von Zufälligkeiten oder den Vorstellungen eventueller Siegermächte ab. Teilweise greift die verfassungsgebende Versammlung auch auf Vorarbeiten von Verfassungskommissionen (Herrenchiemseer Konvent, Verfassungskommission der Paulskirchenversammlung) oder gar Einzelpersönlichkeiten zurück (Weimar: Hugo Preuß), wodurch sich die Legitimationsfrage noch einmal verschärft. Insofern findet sich im Rückblick kaum eine Verfassungsordnung, die im Hinblick auf ihre Entstehung nicht gewisse Legitimationsdefizite aufweist,[394] schon weil der politische Körper und damit auch die Zugehörigkeit zu diesem erst mit der zu vereinbarenden Verfassung begründet werden.[395] Die Verabschiedung der neuen Ordnung durch eine solche „undemokratische“ Versammlung wird für sich daher kaum die Legitimität erzeugen können, derer es für ihre Stabilität bedarf. Ihren eigentlichen „Legitimationsschub“ erhalten Verfassungen daher auf zweierlei Weise: Einerseits indem der Verfassungstext dem Volk zur Zustimmung vorgelegt wird. So verhielt es sich etwa mit der Verfassung der fünften Französischen Republik, die nach ihrer Ausarbeitung durch die Regierung unter Beteiligung eines aus Parlamentariern besetzten beratenden Verfassungsausschusses in einem Plebiszit vom Französischen Volk angenommen wurde. Etwas anders, im Hinblick auf die Legitimation allerdings kaum weniger, vielleicht sogar stärker ausgeprägt, erfolgte die Annahme der ausgearbeiteten Verfassung in den USA (1787) und in der Schweiz (1848) durch Plebiszite in den Einzelstaaten. Ein geringeres Legitimationsniveau wies die Ratifizierung des Grundgesetzentwurfs in den einzelnen Landtagen der Bundesländer auf – eine Volksbefragung wurde weder in den Ländern noch auf |76|Bundesebene durchgeführt.[396] Aufgefangen wurde dieses Legitimationsdefizit durch den zweiten Legitimationsstrang moderner Verfassungen: Zeit.[397] Die politische Ordnung gewinnt mit jedem Tag, an dem sie von der Bevölkerung als auch vom politischen Betrieb als neue Grundordnung des Gemeinwesens anerkannt und geachtet wird an zusätzlicher Legitimation: „Die erfolgreiche Revolution aber streift irgendwann den Makel ihrer Herkunft ab und erwächst in Legitimität.“[398] Eine besondere legitimatorische Bedeutung kommt hier dem ersten friedlichen Regierungswechsel zu, der sich in Deutschland etwa im Jahr 1969 vollzog. Spätestens mit dieser gelungenen Übergabe der Macht von der Regierung an die bisherige Opposition wird man von legitimatorischen Defiziten mit Blick auf die Bundesrepublik nicht mehr sprechen können[399] – im Jahr 2020 gilt das erst Recht. Legitimitätsschwankungen, ablesbar etwa in sinkenden Wahlbeteiligungen, sind dadurch nicht ausgeschlossen, da die Legitimation immer nur einen notwendigen aber nicht hinreichenden Faktor für die Legitimität einer demokratischen Ordnung darstellt.[400] Voraussetzungen und dogmatische Einordnung der Verfassungsgebung bleiben gleichwohl umstritten.[401]

Noch nicht gelöst ist damit ohnehin das zweite allgemeine Legitimationsproblem von Verfassungen, das in der Bindung kommender Generationen liegt. Wie lässt es sich rechtfertigen, dass sich eine frühere Generation über den Erlass einer Verfassung anmaßt, auch über die politische Grundordnung kommender Generationen zu entscheiden? Von einer Selbstbindung kann schwerlich gesprochen werden, wenn die aktuelle Generation an der ursprünglichen Ausgestaltung der Ordnung in keiner Weise beteiligt war: „Der Zeitfaktor macht aus Selbstbindung Fremdbindung, aus Autonomie Heteronomie.“[402] Tatsächlich wurde aus diesen Überlegungen – nicht zuletzt von Thomas Jefferson[403] – teilweise der Schluss gezogen, dass eine |77|Verfassungsordnung stets nur für eine Generation Geltung beanspruchen könne. Jede Verfassung müsse mit einem obligatorischen Verfallsdatum versehen werden, um jeder Generation die Möglichkeit zu geben, selbst über die für sie geltenden Spielregeln des politischen Betriebs zu entscheiden. Die Verfassungstheorie entwickelte hingegen eine andere Lösung des Generationenproblems, die den Spagat zwischen notwendiger Stabilität und generationengerechter Flexibilität sachgerecht auflöste: Die Möglichkeit der Verfassungsänderung.[404] Die moderne Verfassungstheorie kennt dadurch neben der verfassungsgebenden und der gesetzgebenden mit der verfassungsändernden noch eine dritte besondere Legislativgewalt, deren Existenz von der Verfassung anerkannt und ausgeformt wird. Damit ist eine Änderung der Spielregeln jederzeit möglich, ohne die Verfassung als Ganzes ablösen zu müssen. Die konkreten Änderungsverfahren müssen allerdings einen gewissen Abstand zum gewöhnlichen Gesetzgebungsverfahren aufweisen.[405] Ist der Abstand sehr groß – wie in den USA – kann die Verfassungsänderung einer formalen Verfassungsablösung nahe kommen. Ist der Abstand gering, wie in Deutschland, werden Verfassungsänderungen hingegen zu einer alltäglichen politischen Option.[406] Das Grundgesetz ist im internationalen Vergleich daher schon häufig geändert worden. Für die Allgemeine Staatslehre ist die Analyse dieser Änderungsverfahren und ihrer Auswirkungen auf die Stabilität einer politischen Ordnung von Interesse. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Rechtfertigung qualifizierter Mehrheiten für das Änderungsverfahren – das ein Vetorecht der Minderheit begründet – bis heute unter einem legitimatorischen Defizit leidet, praktisch in allen Verfassungsordnungen aber zur Anwendung kommt. Wie Diego Pardo-Alvarez gezeigt hat,[407] lässt sich die notwendige Distanz zum gewöhnlichen Gesetzgebungsverfahren auch auf eine Weise herstellen, die diese Defizite vermeidet.[408] Anders als zu erwarten, wird diese Diskussion aber weder in der Verfassungstheorie noch in der Allgemeinen Staatslehre ernsthaft geführt.

|78|3. Untergang von Staaten beziehungsweise „Failed States“

Bei der Darstellung derivativer Staatsentstehung sind Fälle genannt worden, in denen Staaten untergehen.[409] Dort allerdings trat umgehend ein neuer Staat an die Stelle des bisherigen. Davon zu unterscheiden sind die Zeiträume, in denen ein Staat aus sich heraus nicht mehr alle völkerrechtlichen Staatlichkeitsmerkmale erfüllt, allerdings noch kein neuer Staat an dessen Stelle getreten ist. In einer solchen Situation von Untergang zu sprechen erweist sich als unpräzise, da es nicht ausgeschlossen ist, dass die staatsprägenden Merkmale zurückerlangt werden, die Staatlichkeit wieder auflebt. In den überwiegenden Fällen ist es die Staatsgewalt, mithin die territoriale Hoheit über das bisherige Staatsgebiet, die sich für einen gewissen Zeitraum, oftmals infolge eines Bürgerkriegs, auf verschiedene Akteure verteilt oder gänzlich entfällt (sogenannter „failed state“).[410] Die Einordnung entsprechender Fälle und die Frage, wie dort (wieder) entstehende Staaten im Hinblick auf den völkerrechtlichen Kontinuitätsgrundsatz[411] einzuordnen sind, obliegt dem Völkerrecht.[412] Gleiches gilt im Hinblick auf „schlafende Staaten“, als die die baltischen Staaten vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion angesehen wurden.[413] Für die Allgemeine Staatslehre sind die Muster von Interesse, die zu einem solchen Verfall führen und wie es gelingen kann, auf dem Territorium eine erneute stabile politische Ordnung zu errichten. Aktuell stellt sich diese Frage etwa im Südsudan, in Libyen, in Somalia, der Zentralafrikanischen Republik, dem Jemen oder dem Libanon. In Syrien scheint sich das Assad-Regime nach Jahren des Bürgerkriegs wieder stabilisiert zu haben.

 

Fußnoten

307

Ein Beispiel bildet etwa die zu Indien gehörende Insel North Sentinel Island. Die UreinwohnerInnen haben bis heute praktisch keinen Kontakt zur Außenwelt.

308

Ein jüngeres Beispiel ist etwa die Entstehung Saudi-Arabiens aus den tribalen Strukturen der arabischen Halbinsel, vgl. J. Kostiner, Transforming Dualities: Tribe and State Formation in Saudi-Arabia, in: P.S. Khoury/J. Kostiner (Hrsg.), Tribes and State Formation in the Middle East, S. 226ff. Insofern wäre auch die Errichtung eines neuen Staates auf einer Ölplattform („Sea Land“) keine originäre Staatsentstehung in diesem Sinne, sondern allenfalls die Entstehung eines neuen Staates (anders wohl B. Schöbener/M. Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 3, Rn. 93ff.). Das VG Köln (DVBl. 1978, 510) hat den völkerrechtlichen Staatscharakter allerdings ohnehin abgelehnt (fehlendes Staatsgebiet, zudem wohl auch fehlendes Staatsvolk).

309

Dazu T. Terberger/D. Gronenborn (Hrsg.), Vom Jäger und Sammler zum Bauern. Die neolithische Revolution 2014; J. Thomas, The birth of Neolithic Britain: an interpretive account, 2013; L. Liu, The Chinese Neolithic, 2004.

310

Vgl. D. Christian, Origin Story, S. 204ff.; A. Gamper, Staat und Verfassung, S. 28f.; W. Haller/A. Kölz/T. Gächter, Allgemeines Staatsrecht, Rn. 2.

311

Vgl. K. Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, S. 50f.

312

Die Diskussion dieses Prozesses wird seit Mitte des letzten Jahrhunderts vom Neoevolutionismus geprägt, der nicht mehr von einem geradlinigen Prozess ausgeht und vor allem den Eigenwert der einzelnen Kulturen anerkennt. Einflussreich vor allem E.R. Service, Primitive Social Organization, 2. Auflage 1971 mit seiner Unterscheidung von „bands, tribes, chiefdoms, states“ sowie ders., Profiles in Ethnology, 2. Auflage 1971; ders., Origins of the State and Civilization. The Process of Cultural Evolution, 1975. Bedeutend auch die Stufentheorie von M.H. Fried, The Evolution of Political Society, 1967 mit den drei Stufen „egalitarian, ranked und stratified societies“.

313

Als Lineages werden Gruppen einer Abstammungslinie bezeichnet, definiert entweder über die Mutterlinie (Matri-Lineage) oder über die Vaterlinie (Patri-Lineage).

314

K. Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, S. 40ff.

315

Segmentäre Gesellschaften bestehen aus mehreren prinzipiell gleichberechtigten Gruppen, in der Regel Lineages.

316

Vgl. P. Collier, The Future of Capitalism, S. 32ff. Zum kategorialen Unterschied menschlicher und tierischer Kommunikation auch D. Adger, Language Unlimited: The Science Behind Our Most Creative Power, 2019.

317

Das gilt allenfalls insoweit, als man ihnen abspricht politische Institutionen entwickelt zu haben, die denen des modernen Staates entsprechen. Diese Feststellung ist allerdings ebenso zutreffend, wie wenig weiterführend.

318

Vgl. G. Balandier, Politische Anthropologie, S. 34: „Wie falsch allzu statische Deutungen sind, zeigen jetzt neuere Arbeiten in einem Bereich, der lange als geschichtslos galt: bei den schwarzafrikanischen Gesellschaften und Kulturen.“

319

G. Balandier, Politische Anthropologie, S. 51: „So lehrt das Beispiel der ‚primitiven‘ Gesellschaften, die man einmal als egalitär bezeichnet hat, dass die Ungleichheit eine allgemeine Tatsache ist, und es zeigt zugleich ihre mildeste Form.“ Sowie ders., aaO, S. 70: „Die sogenannten segmentären Gesellschaften sind keineswegs egalitär; sie kennen Beziehungen von Privileg und Unterordnung.“ Siehe jetzt auch A. Mittnik et. al., Kinship-based social inequality in Bronze Age Europe, Science 2019, 1ff. zu sozialen Schichtungen im späten neolithischen Zeitalter.

320

G. Balandier, Politische Anthropologie, S. 90. Vgl. auch N. Bolz, Diskurs über die Ungleichheit, S. 20: „Egalitarismus dagegen ist eine Anleitung zum Unglücklichsein.“

321

In diese Richtung aber wohl K. Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, S. 15: „Das bedeutet, die archäologische Rekonstruktion des Übergangs von neolithischen Dorfgemeinschaften zu hochkulturellen politischen Gesellschaften zum Ausgangspunkt einer evolutionistischen Deutung dieses Prozesses zu machen.“

322

M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 29.

323

Etwa von S. Breuer, Der Staat, S. 18f.

324

Zur Reziprozität und ihrer Entwicklung knapp P. Collier, The Future of Capitalism, S. 31ff.

325

K. Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, S. 32f.

326

Eher wird man sagen können, dass europäische Gesellschaften nicht zuletzt den asiatischen bis zur Neuzeit deutlich unterlegen waren.

327

Vgl. K. Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, S. 17ff.

328

Siehe insoweit M. Rice, Egypt’s Making: The Origins of Ancient Egypt 5000–2000 B.C., S. 37f.; T.A.H. Wilkinson, Early Dynastic Egypt, S. 41ff.

329

Dazu knapp H. Haarmann, Vergessene Kulturen der Weltgeschichte, S. 70ff.

330

Siehe dazu M.H. Fried, The Evolution of Political Society. An Essay in Political Anthropology, 1967.

331

Vgl. K. Eder, Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaften, S. 50ff. Siehe auch E. Gellner, Pflug, Schwert und Buch, S. 43ff.

332

Teilweise wird auch von einer „urban revolution“ gesprochen, vgl. G. Childe, The Urban Revolution. Town Planning Review 21 (1950), S. 3ff. Eine gewisse Ausnahme ist Ägypten, was allerdings auch auf die besondere Situation im Niltal zurückgeführt werden kann, wo Überschwemmungen städtische Strukturen regelmäßig zerstört haben könnten. Gleichwohl dürften die Städte wohl nicht viel mehr als administrative Zentren gewesen sein, die gerade im Vergleich zu Mesopotamien kaum als Städte angesehen werden können. Siehe auch T.A.H. Willkinson, Early Dynastic Egypt, S. 323ff.

333

Daher kommt es allenfalls partiell zu originären staatlichen Hochkulturen in Afrika, vgl. J. Iliffe, Africans. The History of a Continent, S. 70.

334

Vgl. dazu C. Renfrew, Introduction, in: C. Renfrew/J. Cherry (Hrsg.), Peer Polity Interaction and Sociopolitical Change, S. 1ff.

335

M.W. Moffett, Was uns zusammenhält. Eine Naturgeschichte der Gesellschaft, 2019. In der Natur finden sich zahlreiche komplexe Integrationsgemeinschaften – man denke an bestimmte Elefantenarten, Bienenstöcke und Ameisen. Siehe auch M. Martin, Why We Fight, 2018.

336

G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 180: „‚Politisch‘ heißt ‚staatlich‘; im Begriff des Politischen hat man bereits den Begriff des Staates gedacht.“

337

M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 514f. Siehe dazu auch A. Anter, Max Webers Theorie des modernen Staates, S. 51ff.

338

Hier kann es nicht um eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Theorien des Politischen gehen, wie etwa dem verfehlten Ansatz von C. Schmitt, Der Begriff des Politischen, 1928 oder dem Gegenentwurf von D. Sternberger, Drei Wurzeln der Politik, 1978.

339

Zur Struktur der Polis auch E.-W. Böckenförde, Geschichte der Rechts- und Staatsphilosophie, S. 14ff.

340

Vgl. auch G. Brunner, Vergleichende Regierungslehre Bd. 1, S. 15f.

341

So wird das Kriterium von S. Breuer, Der charismatische Staat, S. 12f. auch so stark verwässert, dass es seinen Sinn verliert.

342

So vor allem M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft (1922), S. 29. Siehe auch S. Breuer, Der Staat, S. 17f.

343

B. Schöbener/M. Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 3, Rn. 97 nutzen das Bild der „Zellteilung“.

344

Im Jahr 2014 fand ein von London genehmigtes Unabhängigkeitsreferendum in Schottland statt. Bei einer Wahlbeteiligung von rund 85 % sprachen sich aber gut 55 % für den Verbleib im Vereinigten Königreich aus. Im Zusammenhang mit dem Brexit plant Schottland allerdings ein weiteres Referendum. Ob London dem zustimmen wird, ist unklar.

345

Dazu V. Epping, Der Staat als die „Normalperson“ des Völkerrechts, in: K. Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, § 7, Rn. 28ff.

346

Der Umstand, dass das „Volk der Krim“ der Annexion zugestimmt hat, ändert an der Völkerrechtswidrigkeit aus mehreren Gründen nichts: Erstens erfolgte die Abstimmung unter massiver Überwachung durch russische Streitkräfte, war also alles andere als frei. Zweitens existierte nur das einheitliche Ukrainische Volk, drittens war eine entsprechende Abstimmung auch in der ukrainischen Verfassung nicht vorgesehen. Insofern stellte auch die UN-Generalversammlung am 27.3.2014 fest, dass das Referendum keine völkerrechtlich relevanten Folgen nach sich zog, vgl. UN Doc. A/RES/68/262 (2014) v.1.4.2014. Ende 2016 wurde auch die rechtswidrige Okkupation der Krim beanstandet, vgl. UN Doc. A/RES/71/205 (2017) v. 1.7.2017.

 

347

B. Schöbener/M. Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 3, Rn. 103.

348

Zu diesen Fragen V. Epping, Der Staat als die „Normalperson“ des Völkerrechts, in: K. Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, § 7.

349

Vgl. auch S. M. Lipset, Some Social Requisites of Democracy: Economic Developments and Political Legitimacy, American Political Science Review 53 (1959), 69ff.

350

Vgl. auch A. Thiele, Verlustdemokratie, S. 341ff.

351

Vgl. auch G. Balandier, Politische Anthropologie, S. 48f.

352

Zur Frage nach den Voraussetzungen von Legitimität siehe sogleich in Frage III.

353

Zum Begriff der Legitimität siehe unten bei Frage III.

354

Dazu sogleich unter e).

355

Siehe auch W. Haller/A. Kölz/T. Gächter, Allgemeines Staatsrecht, Rn. 393ff.

356

Zur Evolution von „constitutional conventions“ etwa H. Barnett, Constitutional and Administrative Law, S. 43f.

357

Siehe dazu für Deutschland A. Voßkuhle, Der Wandel der Verfassung und seine Grenzen, JuS 2019, 417ff.

358

Zur Verfassungsauslegung auch F. Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 28ff. sowie knapp A. Thiele, Finanzaufsicht, S. 248ff.

359

Dazu die Kritik bei S. Breyer, Making Our Democracy Work, S. 76ff. Siehe auch W. Heun, Original Intent und Wille des historischen Verfassungsgebers als Interpretationsmaximen, in: ders. (Hrsg.), Verfassung und Verfassungsgerichtsbarkeit im Vergleich, S. 213ff.

360

Siehe dazu auch S. Dregger, Die Verfassungsinterpretation am US-Supreme Court, 2019.

361

Siehe insoweit die zutreffende Aussage des US-Verfassungsrichters S. Breyer, Making Our Democracy Work, S. 75: „The Court must consider not just how eighteenth-century Americans used a particular phrase but also how the values underlying the phrase apply today to circumstances perhaps then inconceivable.“

362

Dazu etwa R. Wahl (Hrsg.), Verfassungsänderung, Verfassungswandel, Verfassungsinterpretation, 2008; U. Volkmann, Verfassungsänderung und Verfassungswandel, JZ 2018, 265ff.; A. Voßkuhle, Gibt es und wozu nutzt eine Lehre vom Verfassungswandel, Der Staat 43 (2004), 450ff.

363

Dazu generell F. Reimer, Juristische Methodenlehre, 2016.

364

K.F. Gärditz, „Ehe für Alle“: Verfassungswandel oder zeitgebundene Rechtspolitik, FF 2018, 8ff.; J. Ipsen, Ehe für alle – verfassungswidrig?, NVwZ 2017, 1046ff.; F. Brosius-Gersdorf, Die Ehe für alle durch Änderungen des BGB – zur Verfassungsmäßigkeit der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, NJW 2015, 3557ff.

365

Dazu etwa W. Heun, Die Stellung des Bundespräsidenten im Lichte der Vorgänge um die Auflösung des Bundestages, AöR 109 (1984), 13ff.

366

Dazu erneut S. Breyer, Making Our Democracy Work, S. 165ff.

367

Zu dieser H. Barnett, Constitutional and Administrative Law, 8th Edition 2011, S. 107ff.

368

Siehe auch H.M. Heinig, Prekäre Ordnungen, S. 24 („nie gekannter Reformaktivismus“).

369

Hier bezog er sich auf den geordneten Umlauf der Gestirne. Als Revolution wurden daher in der Politik Unruhen bezeichnet, die am Ende wieder in der alten Ordnung endeten, so dass alles wieder in geordneten Bahnen verlief. Erst später wurde er dann mit zukunftsweisendem politischem Wandel, einer neuen Ordnung, verbunden.

370

Vgl. etwa U. Niggemann, Revolution in der frühen Neuzeit, Zeitschrift für Historische Forschung 46 (2019), 255ff. (es handelt sich um einen kommentierend-analytischen Bericht über Fachliteratur zu dieser Frage).

371

Zu dieser H.-U. Thamer, Die Französische Revolution, 5. Auflage 2019.

372

Dazu im Überblick M. Füssel, Der Siebenjährige Krieg. Ein Weltkrieg im 18. Jahrhundert, 2010.

373

M. Hochgeschwender, Die Amerikanische Revolution, S. 22.

374

Vgl. etwa H. Dippel, Die Amerikanische Revolution, 1985; M. Hochgeschwender, Die Amerikanische Revolution. Geburt einer Nation, 2. Auflage 2017.

375

M. Hochgeschwender, Die Amerikanische Revolution, S. 11.

376

Vgl. H. Dippel, Die Amerikanische Revolution, S. 11ff.

377

C.L. Becker, The History of Political Parties in the Province of New York, 1760–1776, 1960.

378

H. Dippel, Die Amerikanische Revolution, S. 11.

379

F. Ansprenger, Geschichte Afrikas, S. 12ff.

380

R. Steinberg, Die Repräsentation des Volkes, S. 286.

381

Vgl. auch R. Steinberg, Die Repräsentation des Volkes, S. 286, der in Bezug auf die Arabellion von der „Existenz einer revolutionären Lage“ im Vorfeld spricht.

382

Zur Arabellion auch R. Steinberg, Die Repräsentation des Volkes, S. 286.

383

Aktuelle Beispiele: Chile und Venezuela.

384

Zur Situation in Frankreich siehe H.-U. Thamer, Die Französische Revolution, S. 76ff.

385

Vgl. A. Thiele, Der gefräßige Leviathan, S. 97f.

386

Zum Begriff der Verfassung und Verfassungsfunktionen knapp F. Wittreck/G. Sydow, Deutsches und Europäisches Verfassungsrecht I, S. 4ff. Ausführlich zur Verfassungsgebung C. Winterhoff, Verfassung – Verfassunggebung – Verfassungsänderung, S. 123ff.

387

„Pouvoir constituant“ und „pouvoir constitué“, ein Gedanke, der unter anderem auch von Carl Schmitt übernommen wird. Siehe dazu generell auch A. Tschentscher, Die Volkssouveränität als Grund und Grenze der Verfassungsgeltung, in: F. Wittreck (Hrsg.), Grundlagen des Grundgesetzes, S. 75ff.; H. Dreier, Gilt das Grundgesetz ewig?, S. 7ff., 19f.; W. Haller/A. Kölz/T. Gächter, Allgemeines Staatsrecht, Rn. 349.

388

H. Dreier, Gilt das Grundgesetz ewig?, S. 18f.

389

H. Dreier, Gilt das Grundgesetz ewig?, S. 20.

390

M. Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 102.

391

Siehe dazu auch Frage VI. Ungenau insoweit S. Hölscheidt, Wie viel „neues Deutschland“ ist möglich?, DÖV 2020, 69 (73): „Das Volk ist eben der Souverän – was sich bereits aus Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG entnehmen lässt.“ Tatsächlich ist das in Art. 20 Abs. 2 GG genannte Volk aber der „pouvoir constitué“ und deshalb gerade nicht souverän.

392

A. Gamper, Staat und Verfassung, S. 42f.

393

Vgl. auch A. Katz/G. Sander, Staatsrecht, Rn. 93.

394

Siehe auch F. Wittreck/G. Sydow, Deutsches und Europäisches Verfassungsrecht I, S. 37.

395

Vgl. J.-W. Müller, Was ist Populismus?, S. 93. Siehe auch. C. Möllers, Das Grundgesetz, S. 36: „Man wird in der Verfassungsgeschichte wenige Fälle finden, in denen die Entstehung einer demokratischen Verfassung selbst demokratisch vor sich gegangen ist.“

396

Zur diesem „Geburtsmakel“ des Grundgesetzes etwa F. Wittreck/G. Sydow, Deutsches und Europäisches Verfassungsrecht I, S. 36f.

397

Vgl. auch T. Stark/T. Smolka/S. Pickel, Die Legitimität demokratischer Verfassungen – ein Vorschlag zur empirischen Bestimmung, in: M. Hein/F. Petersen/S. v. Steinsdorff (Hrsg.), Die Grenzen der Verfassung, S. 185 (185).

398

F. Wittreck/G. Sydow, Deutsches und Europäisches Verfassungsrecht I, S. 37.

399

Siehe auch F. Meinel, Vertrauensfrage, S. 79. Siehe generell für das Grundgesetz auch C. Möllers, Das Grundgesetz, S. 35ff.

400

Zur Legitimität sogleich bei Frage III.

401

Siehe auch C. Winterhoff, Verfassung – Verfassunggebung – Verfassungsänderung, S. 164: „Als Ergebnis der bisherigen Ausführungen kann festgehalten werden, dass es zu fast allen Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Phänomen Verfassunggebung stellen, keine einheitliche Meinung gibt.“

402

H. Dreier, Gilt das Grundgesetz ewig?, S. 29.

403

T. Jefferson, Letter zu James Madison, in: P.L. Ford (Hrsg.), The Works of Thomas Jefferson, Vol. VI, 1904, S. 9. Siehe auch M. Lukan, Verfassungskontinuität durch Verfassungsänderung, DÖV, 2019, 811 (812).

404

Ausführlich dazu C. Winterhoff, Verfassung – Verfassunggebung – Verfassungsänderung, S. 166ff. sowie R. Albert, Constitutional Amendments, 2019. Siehe auch M. Lukan, Verfassungskontinuität durch Verfassungsänderung, DÖV, 2019, 811ff.

405

Vgl. auch A. Gamper, Staat und Verfassung, S. 60ff. mit der Unterscheidung von beweglichen und starren Verfassungen.

406

Zu möglichen Grenzen der Verfassungsänderung in Deutschland S. Hölscheidt, Wie viel „neues Deutschland“ ist möglich?, DÖV 2020, 69ff.

407

D. Pardo-Alvarez, Das Rechtfertigungsdefizit des qualifizierten Mehrheitserfordernisses, 2020.

408

Etwa durch das Erfordernis eines Referendums, das die mit einfacher Mehrheit beschlossenen Änderungen bestätigen muss (ebenfalls mit einfacher Mehrheit) und das erst nach einer bestimmten Frist im Anschluss an die parlamentarische Entscheidung erfolgen darf.

409

Siehe auch K. Doehring, Allgemeine Staatslehre, Rn. 120ff.

410

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