Tax Compliance

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cc) Befugnisse bei gemeinsamen Prüfungen

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Wenn die Steuerfahndung mit anderen Prüfungsdiensten (Betriebsprüfung, Umsatzsteuer-Sonderprüfung) oder mit anderen Ermittlungsbehörden (z.B. Polizei, Zoll) bei der Ermittlungen eines Falles zusammenarbeitet und dazu eine gemeinsame Ermittlungsgruppe gebildet wird, was insbesondere bei deliktsübergreifenden Großverfahren notwendig werden kann, richten sich die Aufgaben und Befugnisse nach den vorstehend geschilderten Grundsätzen. Die Tätigkeit in der gemeinsamen Ermittlungsgruppe führt nicht zu einer Ausweitung von Befugnissen etwa in Form einer „Kompetenz-Leihe“ vom anderen Dienst oder der anderen Ermittlungsbehörde.

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Eine Zusammenarbeit von Steuerfahndung und Betriebsprüfung kommt insbesondere in Betracht, wenn sich anlässlich einer Betriebsprüfung ein strafrechtlicher Anfangsverdacht ergibt, der nach Lage der Dinge nur im Strafverfahren ermittelt werden kann. Wenn die Betriebsprüfung schon weit fortgeschritten ist, ist die komplette Übernahme des Falles durch die Steuerfahndung oft nicht sinnvoll und von den Betriebsprüfungsstellen auch nicht gewollt, weil dann einerseits die bisher geleistete Prüfungstätigkeit in der Statistik der Betriebsprüfung nicht erfasst wird und andererseits sich der Steuerfahnder nochmal in bereits geprüfte Sachverhalte einarbeiten muss. In diesen Fällen bietet sich eine sog. Kombi–Prüfung an, bei der der steuerliche Bericht gemeinsam vom Betriebsprüfer und vom Steuerfahnder erstellt wird, während der strafrechtliche Bericht alleine vom Steuerfahnder verfasst wird. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der gemeinsame steuerliche Bericht deutlich zwischen den jeweiligen Ermittlungsteilen differenzieren muss, damit der den Bericht auswertende Innendienstsachbearbeiter erkennen kann, welche Besteuerungsgrundlagen sich aufgrund einer Steuerhinterziehung ergeben (→ dann möglicherweise zehnjährige Festsetzungsverjährung gem. § 169 Abs. 2 S. 2 AO) und welches die rein steuerlichen Feststellungen (keine Steuerhinterziehung) sind (→ dann vierjährige Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Entsprechendes gilt für die Feststellung von Steuerordnungswidrigkeiten und die dann geltende fünfjährige Festsetzungsfrist.

dd) Parallelität der Verfahren

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Besteuerungsverfahren und Steuerstrafverfahren laufen parallel nebeneinander her. Trotz Einleitung eines Steuerstrafverfahrens darf eine Betriebsprüfung durchgeführt oder fortgesetzt werden.[18] Die steuerlichen Pflichten des Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren bestehen unverändert fort, können aber nach § 393 Abs. 1 S. 2 AO nicht mehr mit den Zwangsmitteln der AO (§§ 328 ff. AO) durchgesetzt werden.

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Strafrechtlich steht dem Verdächtigen aber das Grundrecht der Selbstbelastungsfreiheit zu. „Nemo tenetur se ipsu accusare“ bedeutet, dass sich niemand selbst wegen einer (Steuer-) Straftat belasten muss. Daraus folgt ein weitgehendes Mitwirkungsverweigerungsrecht, aus dessen Inanspruchnahme keine negativen Schlüsse gezogen werden dürfen. Verweigert der Verdächtige aber im Strafverfahren zulässigerweise, im Besteuerungsverfahren jedoch unzulässig seine Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts, kann diese Mitwirkungsverweigerung steuerlich zu einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO führen. Damit kann die Inanspruchnahme des Grundrechts der Selbstbelastungsfreiheit zu einem steuerlichen Nachteil führen, den aber die Rechtsordnung aus fiskalischen Gründen hinzunehmen scheint. Darüber ist der Verdächtige entsprechend zu belehren. Die doppelte Belehrung (steuerlich wie strafrechtlich) muss dem Beschuldigten bei Bekanntgabe des Strafverfahrens zuteil werden.

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Nach der Rechtsprechung des BFH mindert sich das erforderliche Beweismaß einer steuerlichen Schätzung umso mehr, je größer die Mitwirkungspflichtverletzung des Steuerpflichtigen ist.[19] Die Schätzung hat grundsätzlich das Ziel einer größtmöglichen Wahrscheinlichkeit ihrer Ergebnisse. Infolge der Mitwirkungspflichtverletzung tritt aber eine Beweismaßerleichterung ein und das Finanzamt kann auch Ergebnisse mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit schätzen. Das kann praktisch bedeuten, dass die Umsätze höher geschätzt werden können ohne Ansatz zusätzlichen Wareneinkaufs, wenn die höheren Umsätze auch ohne diesen zusätzlichen Wareneinkauf noch möglich gewesen wären. Das gilt selbst dann, wenn bei Ansatz von zusätzlichem (geschätztem) Wareneinkauf das Schätzungsergebnis (der Gewinn als Besteuerungsgrundlage) wahrscheinlicher wäre, infolge der durch die Mitwirkungspflichtverletzung eintretenden Beweiserleichterung aber die geringere Wahrscheinlichkeit ausreichend ist. Diese Beweismaßerleichterungen sind aber bei einer strafrechtlichen Schätzung unzulässig.

ee) Wechsel des Verfahrens

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Nach der doppelfunktionalen Aufgabenzuweisung kann die Steuerfahndung je nach Aufgabe sowohl strafrechtlich wie steuerlich tätig werden. Dies gilt regelmäßig selbst für denselben Ermittlungsfall. In den strafrechtlichen noch nicht verjährten Jahren hat die Steuerfahndung strafrechtlich zu ermitteln. Ihr stehen dazu die oben skizzierten strafprozessualen Befugnisse zu, solange der Fall strafrechtlich noch nicht verjährt ist. Die strafrechtliche Verjährung beträgt bei der einfachen Steuerhinterziehung fünf Jahre, § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB i.V.m. § 370 Abs. 1 AO.

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Da die steuerliche Festsetzungsverjährung nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO in Fällen der normalen Steuerhinterziehung zehn Jahre beträgt, wird der Steuerfahnder im Regelfall für die früheren Jahre nur steuerlich ermitteln können. Dafür stehen ihm nur die Befugnisse nach der AO zur Seite, nicht jedoch die der Strafprozessordnung.

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Trotz dieser Parallelität der Verfahren, allerdings mit unterschiedlichen Eingriffsbefugnissen, wird ein (willkürlicher) Wechsel der Verfahren regelmäßig nicht zulässig sein.

Teil 1 Tax Compliance und Unternehmen › 8. Kapitel Ermittlungsmethoden und -kompetenzen von Steuerfahndung und Betriebsprüfung und daraus resultierende Risiken › II. Ermittlungsanlässe und -umfang

II. Ermittlungsanlässe und -umfang

1. Prüfungspläne der Betriebsprüfung

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In der Betriebsprüfung entscheiden die Prüfungspläne der BP–Stellen und Außenprüfungsämter (je nach Bundesland) über die zu prüfenden Fälle. Die Prüfungspläne werden halbjährlich oder jährlich von den Betriebsprüfungs – Sachgebietsleitern anhand verschiedener Hilfsmittel erstellt, unter denen die zum Teil langjährige Erfahrung ein wichtiger Faktor ist.

a) Fallmeldungen aus dem Innendienst der Finanzverwaltung

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Ein Teil der zu prüfenden Betriebe wird aufgrund von der Fallmeldungen der Veranlagungsstellen ausgesucht. Diese melden Fälle, bei deren Veranlagung nach Ansicht der Veranlagungs- Sachbearbeiter überprüfungsbedürftige Besonderheiten aufgetaucht sind. Im Interesse einer zeitnahen Veranlagung werden die Fälle dann zwar ohne weitere Überprüfung bearbeitet, die Festsetzung jedoch unter den Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) gestellt und der Betriebsprüfung zu einer anschließenden Prüfung gemeldet. Nicht jeder gemeldete Fall schafft es auf den Prüfungsplan und nicht jeder Fall auf dem Prüfungsplan wird tatsächlich geprüft. Wenn sich andere Prüfungen zeitlich umfangreicher gestalten als geplant, können nicht alle Fälle auf dem Plan abgearbeitet werden. Sie werden dann vorgetragen auf den nächsten Prüfungsplan oder – häufiger – endgültig abgesetzt. Der Fall wird dann überhaupt nicht mehr geprüft. Der Vorbehalt der Nachprüfung fällt mit Eintritt der Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) nach vier Jahren regelmäßig weg und die Veranlagung wird endgültig.

b) Risikokontrollsysteme und Zufallsauswahl

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Ein Teil der Prüfungsfälle wird dem Sachgebietsleiter von automatisierten Risikomanagementsystemen vorgeschlagen. Diese Systeme suchen in den Datenbeständen der Finanzveranlagung nach Faktoren für ein größeres steuerliches Risiko. Nach meiner Überzeugung ist Deutschland im Bereich der Betriebsprüfung[20] noch nicht sehr weit mit der Entwicklung eigener Risikomanagementsysteme, zumindest im Vergleich mit anderen EU-Staaten. Es ist verhältnismäßig leicht, ein mutmaßliches Risiko zu identifizieren. Viel schwerer ist es, die identifizierten Risiken zu bewerten und nur mit den als hoch eingestuften Risiken weiter zu arbeiten. An dieser Schwierigkeit scheitern viele Hinweissysteme, die alle Fälle mit erkanntem Risiko als Prüfhinweis ausgeben, der letztlich dann doch manuell weiterverarbeitet werden muss. Innerhalb der systemgesteuert vorgeschlagenen Prüffälle ist auch ein gewisser (niedriger) Prozentsatz von zufällig ausgewählten Fällen, um bei der Aufstellung der Prüfungspläne nicht berechenbar zu werden.

c) Risikofaktoren

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Ein weiteres Hilfsmittel der Betriebsprüfungs–Sachgebietsleiter bei der Erstellung der Prüfungspläne sind zum einen sog. Risikomerker, die in manchen Bundesländern manuell im Datenbestand der Steuerpflichtigen gesetzt werden können. Grundlage ist die persönliche Beurteilung des Sachbearbeiters, weswegen diese Risikomerker intern auch als „Bauchmerker“ ironisiert werden. Sie sind folglich meist sehr subjektiv.

 

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Zum Teil werden Risikofaktoren aber auch aus objektiven Kriterien gewonnen. Regelmäßig ist nicht nur ein einziges Kriterium entscheidend, sondern meist führt die Zusammenschau verschiedener Umstände zur Entscheidung der Prüfungswürdigkeit. Solche Kriterien können sein (in zufälliger Reihenfolge):


stark schwankende Umsätze und/oder stark schwankende Gewinne in mehreren aufeinander folgenden Jahren bei gleichbleibendem Geschäftsmodell;
Vorliegen von Kontrollmaterial oder von Anzeigen, das oder die nicht ohne weiteres als irrelevant eingestuft werden können;
Verluste über mehrere Jahre;
Steuerfahndungsprüfung in den Vorjahren mit hohen Mehrergebnissen;
Erkenntnisse aus der Prüffeldarbeit einer Steueraufsichtsstelle (vgl. Rn. 34);
Umwandlungen, Verschmelzungen oder Gesellschafterwechsel, auch mit umfangreichen Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern;
größere Entnahmen von Wirtschaftsgütern, insbesondere wenn diese anschließend aus dem Privatvermögen veräußert werden;
Betriebsaufgabe bzw. Veräußerung, auch wenn Teilbetriebe hiervon betroffen sind;
hohe Rückstellungen ohne erkennbaren oder ohne nachvollziehbaren Grund;
hoher Erhaltungsaufwand insbesondere bei Grundstücken;
hohe Teilwertabschreibungen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens;
Darlehen von Angehörigen oder aus schwer nachvollziehbaren Quellen (Ausland);
Fehlerträchtige steuerliche Verhältnisse wie etwa umfangreiche Auslandsbeziehungen zu bestimmten, als grundverdächtig eingestuften Staaten und Territorien (die „üblichen Verdächtigen“ in der Karibik, aber auch in Europa – Andorra, Liechtenstein, San Marino, Gibraltar, Isle of Man, Guernsey, Jersey etc.);
Bilanzpositionen oder Ansätze in der Gewinn- und Verlustrechnung, deren Bedeutung nicht unmittelbar aus sich selbst klar wird;
diese Auflistung soll nur beispielhaft sein und kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

d) Umfang der Betriebsprüfung und Sonderfälle

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Eine Betriebsprüfung wird im Normalfall für drei bereits veranlagte Jahre angeordnet, beginnend mit dem jüngsten Jahr. Es wird die Prüfung der regelmäßig relevanten Steuerarten Einkommensteuer (oder Körperschaftsteuer bei juristischen Personen), Umsatzsteuer und Gewerbesteuer angeordnet. Liegen Anhaltspunkte für steuerlich relevante sonstige Vorgänge vor, kann auch die Prüfung anderer Steuern (z.B. Erbschafts- und Schenkungsteuer) angeordnet werden. Von diesem Grundsystem sind mehrere Abweichungen denkbar und zulässig.

aa) Zeitnahe Betriebsprüfung“

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Als neue Entwicklung ist hier die sog. „Zeitnahe Betriebsprüfung“ (sog. Sofort-BP) nach § 4a BpO[22] zu nennen, bei der ausgewählte Betriebe gegenwartsnah (§ 4a Abs. 1 BpO) für einen oder mehrere Veranlagungszeiträume geprüft werden. Es wird damit die Möglichkeit angestrebt, Betriebe im Ein- oder Zweijahresturnus zu prüfen um dadurch Vorteile für Unternehmen und Verwaltung zu erreichen.

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Unternehmen erreichen durch die Aufnahme in ein „Zeitnahes-Prüfungs-Programm“ viel rascher Planungssicherheit, wenn die steuerliche Würdigung durch die Finanzverwaltung früher als sonst stattfindet. Die Belastung durch die Prüfung selbst vermindert sich, weil sich die zu prüfenden Sachverhalte zeitnah besser nachvollziehen lassen. Im Falle von Mehrergebnissen reduziert sich die Zinsbelastung durch die Vollverzinsung (§ 233a AO) infolge kürzerer Zinsläufe.

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Vor allem soll durch das Instrument der Zeitnahen Betriebsprüfung der Effekt gestoppt werden, dass manche Prüfungen bei Großunternehmen länger dauerten als der dreijährige Prüfungszeitraum. Diese Prüfungen sind dadurch immer mehr in die Vergangenheit gerückt, so dass nicht selten das erste Prüfungsjahr bei Prüfungsbeginn schon mehr als 5 Jahre zurücklag.

bb) Ausdehnung des Prüfungszeitraums

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Eine Ausdehnung des Prüfungszeitraums über den bisherigen Dreijahres – Zeitraum kommt dann in Betracht, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit besteht, § 4 Abs. 2 S. 2 BpO. Im letzteren Fall ist aber zwingend das Steuerstraf- oder Steuerordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten, das dem Verdächtigen zu eröffnen und über die damit verbundenen Folgen er entsprechend zu belehren ist, § 397 Abs. 3 AO. Die Erweiterung des Prüfungszeitraums bedarf bei rein steuerlichen Feststellungen einer neuen Prüfungsanordnung bzw. einer Erweiterungsanordnung. Als eine nicht unerhebliche Änderung der Besteuerungsgrundlage betrachtete der BFH in einer Entscheidung vom 28.4.1988[23] einen Betrag von 1 500 EUR. Dieser Betrag müsste meines Erachtens aktuell mindestens verdreifacht werden. Die Prüfung kann steuerlich bis an die Grenze der Festsetzungsverjährung ausgedehnt werden, so wie sie sich vor der Prüfungsanordnung (ohne Ablaufhemmung) ergeben hat. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO kann nur Wirkung entfalten ab Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung bzw. Erweiterungsanordnung.

cc) Abkürzung der Außenprüfung

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Die Abkürzung der Außenprüfung nach § 4 Abs. 5 BpO ist das Gegenstück zur Ausdehnung der Prüfung. Wenn im Einzelfall (häufig erst nach Prüfungsvorbereitung oder -beginn) die Finanzbehörde eine umfassende Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse nicht für erforderlich hält, kann die Außenprüfung abgekürzt durchgeführt werden (§ 203 AO). Es werden dann nur noch einzelne Besteuerungsgrundlagen eines oder mehrerer Besteuerungszeiträume geprüft.

2. Ermittlungsanlässe der Steuerfahndung

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Bei der Steuerfahndung gibt es keine Prüfungspläne, sondern regelmäßig nur einzelfall- und anlassbezogene Prüfungen. Im steuerstrafrechtlichen Bereich beginnt die eigentliche Tätigkeit der Steuerfahndung erst nach Schöpfung eines Anfangsverdachts. Aber auch im Vorfeld und in rein steuerlichen Tätigkeitsbereichen ist die Tätigkeit der Steuerfahndung üblicherweise nicht systematisch und plangesteuert, sondern hängt von einzelnen Fallmeldungen und Aufgriffen ab.[24]

a) Fallherkunftsfelder

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Ausgangspunkt der Ermittlungen der Steuerfahndung ist der Eingang eines Hinweises auf Steuerhinterziehung. Das können Anzeigen von außen sein, von Privatpersonen wie Ehefrauen und Nachbarn oder von beruflichen Konkurrenten. Es können auch Hinweise anderer Behörden oder Prüfungsersuchen der Staatsanwaltschaft sein. Insgesamt wird der Falleingang für statistische Zwecke in neun Hauptgruppen unterteilt, die jeweils deutlich Unterschiede in Größe und steuerstrafrechtlicher Qualität aufweisen. Der Fallzugang kann stammen von:


den Innendiensten der Veranlagungsfinanzämter, wozu auch die Umsatzsteuerstellen der Finanzämter gehören;
den Bußgeld- und Strafsachenstellen, die über ihre Betreuung des Innendienstes vor Ort einen eigenen Falleingang haben,
Steuerfahndungsstellen, die anlässlich ihrer Verfahren von weiteren Steuerhinterziehungen erfahren haben, die im Zuständigkeitsgebiet anderer Steuerfahndungsstellen begangen worden sind;
den Prüfungsdiensten der Finanzverwaltung wie Betriebsprüfung, Umsatzsteuersonderprüfung oder Lohnsteueraußenprüfung;
anderen Behörden wie Polizei, Zoll, Ordnungsämter etc., die durch § 116 AO gesetzlich verpflichtet sind, Anhaltspunkte für Steuerstraftaten an die Finanzverwaltung zu melden; das gilt auch für die Justiz;
vielen Privatpersonen, die aus den unterschiedlichsten Gründen Anzeigen gegenüber dem Finanzamt erstatten: die Tage nach Weihnachten und anderen Feiertag sind hier besonders ergiebig;
eigenen Aufgriffen aus den Fällen der Steuerfahndung, die zu weiteren Ermittlungsverfahren führen; dazu gehört auch die Steueraufsicht nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO in den Ländern, in denen diese Aufgabe nicht zentral wahrgenommen wird. In den Ländern mit zentraler Steueraufsichtsstelle können deren Ermittlungen und Kontrollmitteilungen einen weiteren Fallzugang bewirken, der jedoch im Mengengerüst nicht dominierend ist.
Amtshilfeersuchen, die jedoch regelmäßig nur zu Verfahren im Interesse der nachsuchenden Behörde führen.

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Die Qualität dieser Eingänge ist sehr unterschiedlich. Während sie bei den Meldungen aus den Prüfungsdiensten regelmäßig hoch ist, weil dort der Sachverhalt bereits professionell durchgeprüft wurde, ist die Qualität der Anzeigen von Privatpersonen meist nicht weiterführend. Das geht von Anzeigen, aus denen der Angezeigte nicht erkennbar ist bis hin zu solchen, bei denen die steuerliche Relevanz verkannt wird („Die Frau meines Nachbarn fährt mit dem Firmenwagen zum Einkaufen“). Das führt zu einer großen Spannbreite zwischen der Anzahl der eingegangen Hinweise und Anzeigen einerseits und dem Prozentsatz der daraus eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Am wenigsten führen die Anzeigen von Privatpersonen zu einem Ermittlungsverfahren und am häufigsten führen die Meldungen aus einem anderen Prüfungsdienst (zumeist Betriebsprüfung) zu einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren, das zudem nicht selten zu überdurchschnittlichen Mehrergebnissen führt. Letztere Anzeigen werden durch die Betriebsprüfungsstellen erst nach Vorprüfung und auch nicht vorschnell erstattet, so dass sie gehaltvoller sind als andere Anzeigen. Negativer Aspekt ist allerdings, dass die Anzeigen von der Betriebsprüfung mengenmäßig erst an sechster Stelle der Eingangsstatistik[25] stehen und damit schlichtweg zu selten vorkommen. Betriebsprüfer sehen mehr als sie melden – erledigen dies aber häufig mit ihren steuerlichen Mitteln. Eine bessere strafrechtliche Schulung der Betriebsprüfer und entsprechende Erleichterungen ihres statistischen Erledigungsdruckes wären in Zukunft zur Verbesserung dieses Zustandes notwendig.