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Welcome to Ghana – zwischen Korruption, Armut und Paradies

Ghanas touristische Attraktionen sind die Strände der Atlantikküste, Naturparks und Wildtierreservate, traditionelle Festivals und die alten Europäer-Forts an der Küste. Ob und wie es Conny und Tommy (www.mantoco.com) gefallen hat, erfahren Sie in ihrem Bericht:

Endlich sind wir mal wieder im englischsprachigen Afrika angekommen. Hier heißen wir auch nicht mehr „Toubab“, sondern „Obronji“, denn der weiße Mann sind wir noch immer ….

Ghana ist ein Spagat, das spüren wir sofort. An der Grenze verhalten sich alle super korrekt und hilfsbereit, schnell sind die notwendigen Stempel in Pass und Carnet. Doch schon bei der ersten Kontrolle geht es los. „What do you have for me?“ ist die Standardfrage eines jeden Polizisten. Ist zwar alles harmlos und wir sind mit einigen freundlichen Sätzen auch immer gleich durch, erfahren jedoch, dass jeder einheimische Fahrer etwas abdrücken muss.

Die Strände um Dixcove sind ein Traum. Busua, Butre und Asemko heißen die kleinen Fischerorte, die sich nach holprigen Pistenanfahrten zwischen hohen Palmen zeigen. Hunderte bunte Pirogen dümpeln vor den ärmlichen Hütten im Wasser, die Ausbeute der täglichen Ausfahrten ist jedoch gering. Die Menschen sind arm, besitzen nur das Nötigste, doch sie sind freundlich, haben immer Zeit für ein Lachen.

Für uns ist es nicht leicht, an die schönen Plätze am Meer zu kommen, es gibt keine befahrbaren Wege, diese enden stets mitten im Dorf. Aber wenn wir endlich einen Zugang finden, dann geht es kaum schöner.

In Takoradi wenden wir an einer T-Kreuzung vor dem Marktplatz mit seinen schmalen Gassen. Wir behindern niemanden, Verbotsschild gibt es auch keines. Trotzdem werden wir plötzlich von einem jungen Polizisten mit strenger Miene aufgefordert, hier und sofort im absoluten Halteverbot gegen die Fahrtrichtung zu parken. Große Belehrung, was wir alles falsch gemacht hätten, er muss uns jetzt eine Strafe aufbrummen, umgerechnet 50 Euro! Aber nicht mit uns! Der Mann in der Wechselstube gegenüber bekommt unseren Disput mit, mischt sich ein und wird böse. Wir gehen zur Wache, zum Chef. Dort beginnt eine weitere, heftige Diskussion mit unserem Helfer, ich verstehe nichts. Jetzt sollen wir 25 Euro zahlen, ein Zeichen seiner Freundlichkeit. Kommt nicht in Frage, wir haben ja nichts falsch gemacht. Ich rede noch einmal mit ihm, ruhig und sachlich. Also gut, 12,50 Euro. Ich merke langsam, da geht es nur um eine Aufbesserung des polizeilichen Taschengeldes, bei so etwas beteiligen wir uns in der Regel jedoch nicht. Wieder zurück bei „Manni“ sehen wir, dass wir inzwischen eine Parkkralle verpasst bekommen haben. Wir erklären dem Parkkrallenanbringer, dass wir auf besonderen Wunsch der Polizei hier zum Parken genötigt wurden. Das interessiert ihn aber nicht, für Parkvergehen seien die nicht zuständig. Dies hier ist sein Job. Es ist eine ungute Situation. Unser Helfer aus der Wechselstube streitet sich inzwischen lauthals mit einem halben Dutzend Polizisten der verschiedensten Abteilungen in einer gefährlichen, fast schon handgreiflichen Stimmung. Wir befürchten, dass sie ihn gleich verhaften werden und ziehen ihn von der Uniformmeute weg. Ich gehe mit Peter, unserem Erstpolizisten in dessen Büro. Dort rekapitulieren wir nochmal in Ruhe die Aktionen der vergangenen beiden Stunden, entschuldigen uns schließlich jeweils beim Anderen und beteuern gegenseitig unter Austausch unserer Adressen unsere Freundschaft. Man löst die Parkkralle, wir dürfen zur Erledigung unserer Einkäufe sogar dort stehenbleiben. Na also, der Korruption erfolgreich getrotzt!

Westlich von Elmina mit seinem historischen portugiesischen Sklavenfort, quartieren wir uns bei Stan in der „Stumble Inn Lodge“ ein. Um den begehrten Standplatz mit Meerblick zu bekommen, müssen drei Wäscheleinen gekappt, ein großer Sandhaufen weggeschippt und ein Baum halbseitig beschnitten werden. „No problem“, sagt Stan, „passt schon“. Der Platz ist urig gemütlich, spottbillig, die Stimmung kitschig schön.

Wir spazieren die wenigen Kilometer hinüber nach Elmina, vorbei an einer Edel-Lodge mit Golfplatz. Direkt dahinter befindet sich das Dorf; die Armut, der Dreck und Gestank sind fast unerträglich. Müllberge finden sich zwischen heruntergekommenen Behausungen, Kleinkinder und Schweine streiten sich um Essensreste. Rauchschwaden hängen schwer in der salzigen Luft, es stinkt nach Fäkalien. Die Gegensätze sind unbeschreiblich.

In Accra sind wir zurück in der modernen Welt. Dreispurige Schnellstraßen, mitteleuropäisches Verkehrsaufkommen, Hektik und Lärm. Porsche neben Handkarren, Krawatte neben amputiertem Bettler. Doch nur wenige Kilometer außerhalb wie in Kokrobite wieder das gewohnte Bild: Gelassenheit, Fischerboote, Rastaman-Stimmung.

Eigentlich nannten die ersten Europäer die Küste vor Ghana ja Goldküste, da hier dieses Edelmetall so reichlich zu finden war, ebenso wie Pfeffer und Elfenbein. Doch sie wurde sehr schnell zur Sklavenküste, denn von hier aus wurden Millionen Menschen in die Amerikas verschifft, was sich für die Beteiligten fast noch einträglicher erweisen sollte als das Gold. Sao Jorge da Mina bei Elmina war 1482 die erste dieser unseligen Festungsanlagen, in deren Kerkern die Sklaven unter unmenschlichen Bedingungen auf ihre Transporte warten mussten. Leider deckt sich das Ambiente um diese geschichtsträchtige Anlage so gar nicht mit der historischen Bedeutung. Der Dreck und Müll stapelt sich teilweise meterhoch, es stinkt nach Fäkalien. Und die Arroganz der Verantwortlichen gipfelt in exorbitant hohen Eintrittspreisen, ausländische Besucher sollen den achtfachen Preis Einheimischer bezahlen! Wir passen …

Noch vor dem Frühstück starten wir die kurvenreiche Straße hinunter an den Kratersee Bosumtwe und hoffen es an einem herrlichen Standplatz am Wasser nachholen zu können.

In Abono zweigt eine sehr schmale, aber gerade noch befahrbare Piste entlang des westlichen Seeufers ab, doch es wird uns sehr schnell klar, dass das mit dem Platz am Seeufer schwierig werden wird, denn es gibt nirgendwo eine Möglichkeit, dorthin zu kommen. Wir halten an der Rainbow Garden Lodge, einer etwas renovierungsbedürftigen Anlage. Hier könnten wir uns durch den abschüssigen Palmengarten bis ans Wasser mogeln, der Preis ist auch in Ordnung, also entscheiden wir uns zu bleiben. Zwei Stromleitungen müssen auf „Mannis“ Durchfahrtshöhe angehoben werden, wir schaffen es gerade so. Dann zwischen zwei Bäumen hindurch, ein betoniertes Wasserreservoir liegt vor uns. Wir fragen Ritschi, den Campmaster, wie die Beschaffenheit sei; kein Problem, ist starker Beton mit Eisenarmierungen; ja, aber wir haben zehn Tonnen; nein, nein passt schon, alles ganz stabil, fahren öfters Autos drüber. Na denn, und schon knallt’s, Beton bröselt, Eisen knirscht, und „Manni“ sackt vorne links tief ab, bis er auf dem Differenzial aufliegt und der Reifen in der Luft hängt. Na prima! Das hatten wir doch schon mal ….

Mit großen Augen steht unser Campmaster vor dem Malheur, meine Wut über mich selber bekommt natürlich erst einmal er ab. Die Lage ist viel prekärer als vor ein paar Tagen, als uns Ähnliches widerfahren ist. „Manni“ steht schräg am Hang, der Reifen hinten rechts berührt gerade noch den Boden, wir können nicht abschätzen, wie stabil das betonierte Reservoir ist, und es ist abgrundtief, mindestens zwei Meter! Eile ist also geboten. Wir entscheiden das Reservoir mit Steinen, die hier glücklicherweise zuhauf herumliegen, aufzufüllen. Unser Campmaster engagiert eine Handvoll Burschen aus dem Dorf und auf unser Drängen hin einen großen, stabilen Highlift, da unser Wagenheber hier nutzlos ist. Mindestens zwei Kubikmeter Steine wandern nun in den grundlos erscheinenden Schlick, bis „Manni“ so langsam wieder Boden unter dem abgesackten Reifen bekommt. Immer wieder heben wir ihn mit dem Highlift Zentimeter um Zentimeter an, um weitere Steine zu platzieren, doch jedes Mal drückt er mit seinem Gewicht alles unter sich tiefer in den Schacht. Und die Betonwände fangen langsam an nachzugeben. Wir arbeiten wie die Berserker und dann ist es endlich so weit – wir riskieren es. Alle Sperren rein, Traktion ist gut und mit einem lauten Aufheulen befreit sich „Manni“ mal wieder selbst aus seiner misslichen Lage. Unsere Helfer brechen in lautes Jubeln aus, alle schlagen sich auf die Schultern, am meisten erleichtert ist wohl unser Campmeister.

Wir schlagen ihm vor, das Geld, das wir für das Campen bezahlen müssten, den hilfsbereiten Jungs aus dem Dorf zu geben; er war ja nicht ganz unschuldig an der Aktion, auch wenn ich mir selbst in den Hintern beißen könnte. Er entschuldigt sich tausendmal und ist natürlich einverstanden. Als wir schließlich direkt am Wasser stehen, schön entspannt unter Palmen, die Fischer in ihren eigenartigen „Booten“, die lediglich aus einem kantigen Stück Holz bestehen, uns zuwinken und uns Esel, Schafe und Hunde freundlich begrüßen, da ist das Ganze schon wieder fast vergessen. Ist ja auch schon langsam so etwas wie Routine …

Unser Fazit zu Ghana: Kommt man aus einem der französisch geprägten Nachbarländer über die Grenze, fällt einem sofort der Unterschied auf. Bessere Hauptstraßen, viel mehr Verkehr, richtige Häuser, bunte Werbeplakate, geschäftiges Treiben. Ghana scheint weiter zu sein als seine Nachbarn, moderner, lebendiger.

Doch nach einigen Tagen im Land erkennen wir, dass vieles nur Fassade ist. Auch hier ist der vorsichtige Wohlstand bei den meisten Menschen noch lange nicht angekommen, jeder Tag ist ein neuerlicher Kampf um die gefüllte Reisschüssel. Und doch spüren wir mehr Aufbruchsstimmung. Die Menschen sind zurückhaltender hier, nicht jeder lächelt und winkt, wie wir das bisher gewohnt waren. Trotzdem sind alle freundlich und hilfsbereit. Die Ordnungsmacht übt hier noch etwas, die Korruption lebt offener, doch uns gegenüber ist meist alles korrekt.

 

Landschaftlich ist Ghana sicher kein Highlight, nur wenige Strandabschnitte sind richtig schön, lediglich die Region östlich des gigantischen Stausees Lac Volta gefällt mit den grünen Bergen, unzähligen Wasserfällen und kleinen, sauberen Dörfern. Leider wird versucht an den wenigen attraktiven Ecken mit überzogenen Eintrittspreisen schnellen Profit zu machen, doch der Schuss wird nach hinten losgehen, denn die Besucher sind zunehmend nicht mehr bereit, dieses Spiel mitzumachen.

Und Ghana war für uns das erste Land in Westafrika, in dem wir mehr Kontakt zu Europäern hatten, als zu den Einheimischen. Hoffen wir mal, dass sich dies wieder ändern wird ….

Senegal: In 48 Stunden nach Dakar?

Die leidenschaftlichen Afrika-Fahrer Heike und Stefan aus der Nähe von Heidelberg haben mit ihrem „Landy“, Land Rover Defender 300 TDI, in 2010/2011 elf Monate lang 24 Länder auf dem Schwarzen Kontinent bereist und dabei 40.000 Kilometer zurückgelegt. Auf ihrer Homepage www.blackcontinent.de berichten sie mit vielen tollen Fotos über diese und vorherige Reisen durch Afrika.

Hier schildern sie ihre spannende Durchquerung des Senegal:

Einen Moment lang denke ich, wir sind schon zu Hause. Auf den Straßen dominiert eine Automarke: Mercedes Benz. Wir sind aber nicht in Deutschland, sondern im Senegal, der Hochburg der Autoschiebereien. Der Wagen kommt in Europa nicht mehr durch den TÜV? Kein Problem, denn für Afrika ist er allemal gut genug. Ein Student überführt das Fahrzeug in den Senegal, verkauft es dort und bezahlt damit die Reise und sein Rückflugticket. Wenn er Glück hat, bleibt sogar noch etwas übrig für das nächste Semester. Es war über Jahrzehnte ein lukratives Geschäft. Praktisch alle Taxis im Senegal sind so ins Land gekommen. Diese Praxis hat mit einer neuen Regelung jedoch jüngst ein jähes Ende gefunden. Alle Wagen, die älter sind als fünf Jahre, brauchen jetzt ein Zolldokument (Carnet de Passage).

Aber selbst mit diesem bekommt man an der Grenze nur einen vorläufigen Passierschein (Laisser Passer) von 48 Stunden, der nur in Dakar verlängert werden kann. Woher dieser Wind weht, darüber wird viel spekuliert im Senegal. Die einen sagen, ein Verwandter des Präsidenten verdient mit Autoimporten per Schiff seine Brötchen und wollte die lästige Konkurrenz loswerden. Es wird aber auch etwas vom Iran gemunkelt, der als Gegenleistung für die Abzahlung von senegalesischen Weltbankkrediten Autofabriken im Land errichten will. Was auch immer der Grund sein mag, für die Senegalesen ist es eine Katastrophe, denn sie können sich keine neuen Wagen leisten und für ihre inzwischen über 30 Jahre alten, im Zerfall begriffenen Autos gibt es kaum noch Ersatzteile. Für die Tourismusindustrie ist es verheerend, denn Individualreisende mit Auto umfahren den Senegal oder rasen an allen schönen Plätzen vorbei direkt nach Dakar.

Für uns ist die Regelung allemal lästig, denn unser Landy ist mit seinen 13 Jahren natürlich von der 48 Stunden Regelung auch betroffen. Unsere neueste Reiseplanung sieht vor, von Mali aus im Süden des Senegal einzureisen, von wo wir uns durch Gambia (das inmitten des Senegal an der Atlantikküste liegt) langsam in den Norden vorarbeiten wollen. Nach Dakar zieht es uns dagegen überhaupt nicht. Da Stefan vorausschauende Planung liebt, statten wir der Botschaft des Senegal in Mali einen Besuch ab, um unser Problem vorzutragen. Sie haben ein offenes Ohr für uns und eine freundliche Dame stellt uns ein Dokument (Laisser Passer Voiture) aus, mit dem wir vier Wochen bleiben könnten und nicht innerhalb von zwei Tagen nach Dakar müssten. Es ist vom Botschafter unterzeichnet und kostet drei Euro. Hier wäre die Geschichte zu Ende.

Selbst uns erscheint das aber zu einfach. Der erste Grenzposten im Südsenegal starrt das Papier mit seinen Briefmarken, Stempeln und Unterschriften dann auch minutenlang an und kommt zu dem Schluss, dass es wertlos ist. Sein Gehalt wird vom Chef des Zolls bezahlt und der sagt, unser Auto muss in 48 Stunden in Dakar sein. Stefan, der gar kein Französisch spricht, schlägt mir eine Taktik vor. „Mach unser Problem zu seinem Problem, das funktioniert in Afrika immer“. Ich diskutiere angeregt, bestimmt aber freundlich und frage mich im Stillen, wo all die französischen Worte in meinem Kopf plötzlich herkommen. Ich bringe den Beamten damit zumindest soweit, dass er seinen Chef anruft, denn die Autorität des Botschafters gänzlich zu ignorieren erscheint ihm offenbar zu riskant. Da sein Chef die Verantwortung für die Entscheidung nicht übernehmen will, telefonieren wir uns durch die Instanzen. Nach wenigen Stunden halten wir eine Aufenthaltsgenehmigung für eine Woche ausschließlich für die südliche Provinz in Händen. Das gibt uns genug Zeit, um unter anderem die Wasserfälle von Dindefelo anzuschauen. Sie stürzen sich 100 Meter über unseren Köpfen in die Tiefe und speisen vor unseren Augen ein natürliches Schwimmbecken. Die Einheimischen sind gespannt auf unsere Reaktion, als wir fröhlich mit unseren Badesachen bekleidet in Richtung Wasser traben. Ich bin fast so schnell wieder draußen wie drinnen, Stefan hält es gerade lange genug für ein Foto aus. Das ist wirklich kalt! Die Jungs, die im Fluss ihre Wäsche gewaschen haben (ein eher seltener Anblick, auch in Afrika), laden uns zum Tee ein, den sie vor Ort mit wenigen glühenden Kohlen aufsetzen. Während wir schwatzen und uns wärmen, werfen wilde Schimpansen vom oberen Rand der Schlucht kreischend Steine den Abhang hinunter. Touristen erschlagen ist hier ein beliebter Zeitvertreib. Wir können nicht fassen, dass wir den Schimpansen tatsächlich so nahe sind. Zu Gesicht bekommen wir sie nicht, dazu sind sie zu geschickt. Das ist Teil ihrer Überlebensstrategie, denn auch hier ist Affenfleisch eine Delikatesse.

Bevor unsere Frist abläuft, werden wir bei der lokalen Zollautorität vorstellig. Der Beamte versteht das Problem überhaupt nicht, die 48 Stunden Regel ist anscheinend nur an den Grenzen bekannt. Er stellt uns trotzdem eine neue Bescheinigung aus, mit der wir gemütlich nach Gambia weiterreisen können.

Bei der Wiedereinreise aus Gambia nach Nordsenegal blickt der senegalesische Zollbeamte irritiert auf unser Schreiben vom Botschafter, beschließt aber dann, dass wir wohl ein Sonderfall sind und stellt uns ein Passavant für zwei Wochen aus. Wir können unser Glück kaum fassen. Wir passieren eine Polizeikontrolle, eine zweite und nach 20 Kilometer einen Kontrollposten des Zolls. Der Beamte steckt neugierig seinen Kopf zum Fenster hinein und fragt: „Vous allez de ou comme ca?“, also, „Wo kommt ihr denn jetzt her, so wie ihr seid?“ Ich finde die Frage lustig, aber Humor ist hier nicht angesagt. Der Herr wird sofort ernst und verlangt unser Passavant zu sehen. Damit rennt er triumphierend zu seinem Boss. Dieser schüttelt vehement den Kopf. „Nein, das ist nicht gültig, das hat keinen Stempel“. Ich entgegne eine Spur zu schnippisch: „Da steht nix von Stempel, nur eine Unterschrift ist nötig. Der Stempel ist im Carnet.“ Gar nicht gut. Der Boss will unser Auto beschlagnahmen und winkt uns an den Straßenrand. Jetzt werde ich wütend. Wieso soll ich dafür bestraft werden, dass der Kollege einen Fehler gemacht hat?

Der Beamte telefoniert, lässt uns noch ein bisschen zappeln und schickt uns dann zur Grenze zurück. Als wir ankommen sind alle schon informiert. Das arme Kerlchen, das unser stempelloses Dokument ausgestellt hat, sieht aus wie ein Häufchen Elend. Und wir? Wir sind wieder am Anfang, also „in 48 Stunden nach Dakar“.

Wir verlangen Zutritt zum Büro des Chefs der Zollbehörde. Die Szene stellt sich uns so dar: Korrekt gekleideter Herr in schickem Ledersessel, vor blütenweißem Laptop, Klimaanlage und Bild mit Ehefrau nebst Kindern und Land Rover (!) auf dem Schreibtisch. Wir dagegen sind verstaubt und mit lädierter Trekkingbekleidung, der die zurückliegenden Monate deutlich anzusehen sind. Ich setze mich in Pose und erläutere die zuvor mit Stefan besprochene Argumentationslinie. „Hätten wir nur fahren wollen, wäre das für uns von Mali direkt nach Mauretanien ein leichtes gewesen. Wir müssen nicht durch den Senegal, aber wir wollen. Wir sind hier um Land und Leute kennenzulernen, nicht um nach Dakar zu brausen. Das ist keine Rally, sondern eine Reise.“ Er überlegt eine Weile, lächelt dann verständnisvoll und wir bekommen, nachdem wir seinen Land Rover ausgiebig bewundert haben, ein Passavant für weitere 14 Tage, mit vielen Stempeln und der Unterschrift des Chefs höchstpersönlich. Er ruft sogar den lästigen Kollegen an der Zollsperre an, damit wir nicht noch einmal aufgehalten werden. Hier kontrollieren sich die Instanzen gegenseitig. Jeder ist auf der Hut und jeder Fehler wird sofort geahndet von einem, der auf den Posten scharf ist. In so einer Atmosphäre könnte ich nicht arbeiten.

So ganz ohne Paris-Dakar geht es dann doch nicht. Der legendäre Zieleinlauf der Rally liegt am Lac Rose, 30 Kilometer nordöstlich von Dakar. Der See hat einen Salzgehalt der zehnmal höher ist als im Meer. Das verleiht ihm eine eigentümliche Farbe, die uns allerdings nicht rosa, sondern orange erscheint. Hier verbringen wir einen wundervollen Nachmittag damit wie Bojen auf dem Wasser zu treiben. Egal was wir anstellen, wir gehen nicht unter. Selbst Schwimmbewegungen sind schwierig, da das Hinterteil und die Füße immer die Tendenz haben über der Wasseroberfläche zu schweben. Ein seltsames Gefühl.

In Saint Louis treffen wir ein französisch-südafrikanisches Paar wieder, das wir in Nigeria kennengelernt haben. Natalie und Dave reisen in einem weißen Landy, mit dem sie sich in Benin überschlagen haben. Die Bilder des Unfalls erinnern uns schmerzvoll an unsere eigenen Erfahrungen in Namibia vor acht Jahren. Nur dass wir damals das Budget hatten den Wagen vernünftig reparieren zu lassen. Dave und Natalie haben ohne Mittel mitten im Busch selbst eine Werkstatt eröffnet und den Wagen wieder so zusammengezimmert, dass sie weiterfahren konnten. Er ist in einem jämmerlichen Zustand. Keine Tür schließt mehr, die Fensterscheiben sind provisorisch zusammengeflickt, überall ziehen Wind und Staub durch. Das Dach ist mit Metallstäben auf die Karosserie abgestützt. Eine abenteuerliche Konstruktion. Dave – immer optimistisch – hofft, dass er einen Käufer für das Auto findet. Ich frage sie, wie sie so in 48 Stunden von Mali aus nach Dakar gekommen sind. Dave lacht schelmisch und meint: „Das mussten wir gar nicht. Ich war aber nach euch der Letzte, der auf der senegalesischen Botschaft in Mali ein Laisser Passer Voiture bekommen hat. Die Dame, die die Dokumente ausstellt, ist verstorben und der Botschafter hat gewechselt.“

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