Unternehmenskauf bei der GmbH

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1. Kapitel Vorbereitung und Ablauf des Unternehmenskaufs bei der GmbH › B. Ablauf und Beteiligte

B. Ablauf und Beteiligte

I. Phasen des Unternehmenskaufs

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Den typischen Unternehmenskauf gibt es in der Praxis nicht. In jeder Transaktion führt eine Vielzahl von Besonderheiten dazu, dass kein Unternehmenskauf dem anderen vollständig gleicht. Gleichwohl haben sich in der Praxis folgende typische Phasen einer Akquisition herausgebildet:

Phase 1 erfasst den Zeitraum vor dem Kontakt zwischen dem potenziellen Erwerber und den Veräußerern des potenziellen Zielunternehmens. Jede Seite bestimmt hier für sich die rechtlichen, wirtschaftlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für die geplante Transaktion. Der Verkäufer legt die Voraussetzungen fest, unter denen er bereit ist, sein Unternehmen zu veräußern, insbesondere natürlich den angestrebten Verkaufserlös. Der Kaufinteressent dagegen sondiert in dieser Phase geeignete Zielunternehmen und prüft die Möglichkeiten ihres Erwerbs. Hat der Veräußerer den Entschluss, das Unternehmen zu verkaufen, endgültig gefasst, wird er sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit erforderlichen Umstrukturierungen befassen. Solche Umstrukturierungen können notwendig sein, um den Verkaufsgegenstand später leichter aus der Unternehmensgruppe des Veräußerers herauslösen zu können oder ihn auch attraktiver für potenzielle Erwerber zu machen.[1]

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Für das weitere Gelingen einer Transaktion ist der erste Kontakt zwischen den Parteien von entscheidender Bedeutung. In vielen Fällen kennen die Akteure das Marktumfeld genau und wissen, wer als Partner für die angestrebte Transaktion in Frage kommt und wer bei diesem Partner angesprochen werden kann. Ist dies nicht der Fall oder soll das eigene Interesse zunächst nicht publik werden, werden Unternehmensmakler, in der Regel Investmentbanken, mit der Suche eines geeigneten Käufers oder Verkäufers beauftragt.[2] Die Marktuntersuchungen der Investmentbanken ermöglichen es in aller Regel, den „richtigen“ Vertragspartner zu fokussieren und sein wirtschaftliches und rechtliches Umfeld bereits im Vorfeld der Transaktion zu beleuchten. Nach dem ersten Kontakt und bei positiver Reaktion wird meist sehr schnell das weitere Verfahren abgestimmt. Außerhalb von Auktionsverfahren (dazu unten unter Rn. 93 ff.), in denen der weitere Zeitplan und die weiteren Schritte vom Veräußerer vorgegeben werden, empfiehlt sich die Erstellung eines von beiden Parteien getragenen Zeitplans. Dies macht insbesondere dann Sinn, wenn schon zu diesem Zeitpunkt feststeht, dass gewisse zeitliche Vorgaben in jedem Fall einzuhalten sind, um die Transaktion durchzuführen. Häufig führen z.B. steuerliche Gründe dazu, dass eine Transaktion noch während eines Kalender- oder Geschäftsjahres abgeschlossen werden muss. In Phase 1 werden schließlich auch die weiteren Berater (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) ausgewählt und die Verhandlungsteams zusammengestellt.

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Phase 2 ist dann das erste vorvertragliche Verhandlungsstadium. Hier bekunden die Parteien nach Erzielung erster Verhandlungsergebnisse in einem Letter of Intent (LoI)[3] oder einem Memorandum of Understanding (MoU)[4] ihre Absicht, die Transaktion weiterzuführen. Selbstverständlich und angesichts des noch jungen Kontakts der Parteien nicht verwunderlich, steht diese Absicht in aller Regel unter einer Reihe von Vorbehalten, wie zum Beispiel


den zufriedenstellenden Ergebnissen einer nachfolgenden Due Diligence,
dem erfolgreichen Abschluss eines für alle Parteien akzeptablen Kaufvertrages, sowie
der Überwindung bestehender rechtlicher Hindernisse (wie z.B. den Zustimmungen von Kartellbehörden, Aufsichtsorganen oder Gesellschaftern).

Nach Abschluss des LoI/MoU erhält der Erwerbsinteressent in aller Regel schnell Gelegenheit zur Überprüfung und Bewertung des Unternehmens im Rahmen einer Due Diligence.

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Phase 3 umfasst die eigentlichen Vertragsverhandlungen. Einigkeit wird dabei zunächst darüber erzielt werden müssen, wer den ersten Entwurf des Kaufvertrages erstellen kann. In der Folge wird der Kaufvertrag von der anderen Partei überarbeitet und als „Mark-up“ zurückgeschickt. Auf Grundlage eines solchen „Mark-up“ bietet sich die erste – physische – Runde der Vertragsverhandlungen an. In der Praxis wird dieses Prozedere in der Folgezeit mehrfach wiederholt, bis es zum erfolgreichen Abschluss des Vertrages kommt, dem Signing.

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Phase 4 erfasst die Übergangszeit zwischen Signing und Closing (in England oft auch „Completion“). In der Regel ist diese Übergangszeit erforderlich, um


öffentlich-rechtliche Genehmigungen (in erster Linie die Genehmigungen der zuständigen Kartellbehörden) einzuholen,
gesellschaftsrechtliche Genehmigungen einzuholen, und
Verträge zu beenden (typischerweise Ergebnisabführungsverträge, Gesellschaftervereinbarungen etc.) oder zu verlängern (oftmals wichtige Kundenverträge, Verträge zwischen den Verkäufern und dem Zielunternehmen, die auch nach Closing weiterlaufen sollen).

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Zum Closing werden beim Asset Deal[5] die Vermögensgegenstände übertragen, beim Share Deal[6] die Beteiligungsrechte, jeweils gegen Zahlung des Kaufpreises. Daneben sind Publizitätserfordernisse, wie z.B. Registeranmeldungen und Bekanntmachungen, zu erfüllen.

Anmerkungen

[1]

Gran NJW 2008, 1409; Schreier/Leicht NZG 2011, 121; Meyer/Rabe NZA 2016, 78; s. hierzu insbesondere auch nachfolgend Rn. 163 ff.

[2]

Vgl. hierzu nachfolgend Rn. 88 ff.

[3]

Vgl. hierzu nachfolgend Rn. 146 ff.

[4]

Vgl. hierzu nachfolgend Rn. 158 ff.

[5]

Zum Asset Deal s. bereits Rn. 49 f.

[6]

Zum Share Deal s. bereits Rn. 51 f.

II. Parteien und weitere Beteiligte

1. Veräußerer und Erwerber

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Käufer ist beim Asset Deal, wer die Gegenstände des unternehmensbezogenen Aktiv- und Passivvermögens erwirbt und/oder in die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus den unternehmensbezogenen Rechtsverhältnissen eintritt.[1] Beim Share Deal ist Käufer, wer die Beteiligungsrechte am Unternehmensträger oder Rechte aus diesen Beteiligungen vom Verkäufer übernimmt.[2]

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Die Veräußerung kann problematisch sein beim Bestehen einer Sicherungsübereignung, von Treuhandverhältnissen, Gebrauchsüberlassungsverträgen und kapitalersetzenden Leistungen. Deshalb müssen Sicherungsnehmer und Treugeber (als „mittelbare Verkäufer“) in die Transaktion einbezogen werden, auch wenn Sicherungsgeber und Treuhänder im Außenverhältnis verfügungsberechtigt sind. Sind einer Gesellschaft Vermögensgegenstände zur Nutzung überlassen, die im Eigentum Dritter stehen (sog. Sonderbetriebsvermögen), sind deren Eigentümer als Verfügungsbefugte einzubeziehen.

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Bei Gebrauchsüberlassungsverträgen (z.B. Lizenzen oder Leasingverträgen) kann das nutzungsberechtigte Unternehmen das Wirtschaftsgut vor der Transaktion erwerben oder die Zustimmung des Berechtigten zur Überleitung des Nutzungsverhältnisses einholen. Kapitalersetzende Darlehensgeber oder Bürgen sind bei einem Share Deal in den Verkäuferkreis einzubeziehen, wenn der Käufer in die Rechte und Pflichten des Veräußerers eintreten soll, die aus diesen Leistungen resultieren.

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Eine Sondersituation besteht auch in dem Fall, in dem das Management (in der Regel die Geschäftsführung) des Zielunternehmens auch auf Verkäuferseite steht. Bei vollständiger Identität zwischen Veräußerern und Management (wie sie in manchen Fällen nach der vorangegangenen Durchführung eines Management-Buy-Out vorzufinden ist) ist die Rolle der Veräußerer im zukünftig gemeinsam geführten Unternehmen möglichst früh zu besprechen. Wesentliche Bedeutung kommt dann auch möglichen Wettbewerbsverboten zu. Bei Teilidentität von Veräußerern und Management (wenn also neben dem Management noch andere Verkäufer, oftmals Finanzinvestoren an dem Zielunternehmen beteiligt sind) kann es zu Interessenkonflikten zwischen den Veräußerern, die dem Unternehmen verbunden bleiben und denjenigen Veräußerern, die das Unternehmen durch den Verkauf „verlassen“, kommen. Dies gilt insbesondere für die vertraglichen Gewährleistungen.

 

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Die Beteiligung Dritter kommt auf Verkäuferseite vor allem dann in Betracht, wenn es um die Gewährleistungsverpflichtungen des Veräußerers geht.[3] Insbesondere beim Asset Deal (bei dem der Unternehmensträger nach Abschluss der Transaktion häufig liquidiert wird) ist es wichtig festzulegen, wer Gewähr leistet. Diese Situation kann auch beim Share Deal entstehen, wenn der Kaufpreis nicht längerfristig beim Veräußerer verbleibt. Oftmals wird der Käufer eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter des Veräußerers fordern.[4] Alternativ gibt der Veräußerer Bürgschaftserklärungen einer Konzernobergesellschaft oder eines Dritten ab. Schließlich kommt die Einbehaltung eines Kaufpreisanteils bei einem Treuhänder in Betracht (Escrow Account). Eine solche Treuhand wird in der Regel nach Ablauf der (wichtigsten) Gewährleistungsfristen enden und ermöglicht bis dahin dem Käufer den Zugriff auf einen Teil der Haftungsmasse.

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Umgekehrt kann der Veräußerer ein Interesse daran haben, dass wesentliche Verpflichtungen des Kaufvertrages nicht nur von den direkten Käufern garantiert werden. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur in den Fällen, in denen der Käufer über ein neu geschaffenes Akquisitionsvehikel kauft. In diesen Fällen steht meist eine Konzernobergesellschaft der Käufergruppe für Verpflichtungen des Akquisitionsvehikels ein (zunächst natürlich für die Kaufpreiszahlung, aber auch für weitergehende Verpflichtungen, die im Kaufvertrag übernommen wurden – z.B. das „Verbot“ eines Weiterverkaufs innerhalb einer gewissen Frist).

2. Gesetzliche und rechtsgeschäftliche Vertreter

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In den außerordentlich seltenen Fällen, in denen Minderjährige oder Betreuungsbedürftige (§ 1896 BGB) Vertragspartner sind, müssen deren gesetzliche Vertreter einbezogen werden.

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In vielen Fällen lassen sich Vertragsbeteiligte durch Bevollmächtigte vertreten. Dann ist deren Vollmacht vom Notar, im Vorfeld des Signings aber auch von den Rechtsanwälten beider Parteien zu prüfen. Zeichnet sich bei einer Transaktion schon früh ab, dass der Kaufvertrag nicht von gesetzlich vertretungsberechtigten Organmitgliedern der Veräußerer und Käufer, sondern von Bevollmächtigten abgeschlossen wird, ist es ratsam, die entsprechenden Vollmachten bereits in einem ausreichend frühen Stadium vorzulegen. So werden Streitigkeiten über die Vertretungsbefugnis vermieden. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen ausländische Unternehmen beteiligt sind. Hier sind regelmäßig Nachweise der Vertretungsberechtigung (Auszüge aus Handelsregistern, Erklärungen von „Company Secretaries“ etc.) erforderlich. Teilweise sind diese Dokumente mit einer Apostille zu versehen. Probleme können sich im Hinblick auf Vollmachten auch durch § 181 BGB ergeben, wenn der Vertreter seinerseits Partei oder von mehreren Beteiligten bevollmächtigt ist. Ein Vertrag, der im Wege des Insichgeschäfts geschlossen wird, ist schwebend unwirksam[5] und muss durch den/die Vertretenen genehmigt werden, um Wirksamkeit zu erlangen.[6] Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs können dem alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer einer Einmann-GmbH Rechtsgeschäfte mit sich selbst nur von vornherein im Gesellschaftsvertrag oder nachträglich durch Änderung der Satzung gestattet werden.[7] Es wird jedoch auch die Ansicht vertreten, dass die Gestattung durch einen einfachen Gesellschafterbeschluss möglich ist, wenn die Satzung dies vorsieht.[8] Für die seltenen Fälle elterlicher oder vormundschaftlicher Vertretungsmacht wird der Regelungsbereich des § 181 BGB durch die §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 BGB erweitert. Hier bedarf es ggf. der Genehmigung eines vom Familiengericht zu bestellenden Pflegers.[9] Eine gesetzliche Begrenzung der Vertretungsbefugnis besteht bei Prokuristen gem. § 49 HGB für Grundstücksgeschäfte und für sogenannte Grundlagengeschäfte, die den Betrieb des (Handels-)Geschäftes als solchen betreffen.[10] Der Prokurist kann daher insbesondere nicht das Unternehmen veräußern[11] oder neue Gesellschafter aufnehmen.[12]

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Testamentsvollstrecker schließlich sind durch die für sie maßgeblichen testamentarischen Anordnungen in ihren Handlungsmöglichkeiten beschränkt, §§ 2203 ff. BGB.[13]

3. Parteienmehrheit

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Besteht auf Erwerber- oder Veräußererseite eine Gesamthandsgemeinschaft, (insbesondere eine GbR, Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft) sind deren Mitglieder in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Vertragspartei. Eine Parteienmehrheit kann auf Verkäuferseite auch dann entstehen, wenn Treugeber, Eigentümer von Sonderbetriebsvermögen oder Gläubiger eines kapitalersetzenden Darlehens in die Transaktion einbezogen werden. Die Verbindung mehrer Einzelverträge zu einem einheitlichen Unternehmenskaufvertrag ist in diesen Fällen immer zu empfehlen, da die Einzelverträge in einem gewollten inneren Zusammenhang stehen.

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Auf Veräußererseite muss die interne Aufteilung des Verkaufserlöses festgelegt werden (entsprechend den Beteiligungsverhältnissen). Der Käufer hat in der Regel kein Problem, den Kaufpreis anteilig an mehrere Verkäufer zu bezahlen, wenn er rechtzeitig darüber informiert wird. Ansonsten bietet sich die Zahlung auf ein Verkäufergemeinschaftskonto an. In diesem Fall ist eine Vereinbarung über die Verfügungsbefugnisse und Auszahlungsmodalitäten zu treffen. Auch müssen etwaige Rückbehalte (z.B. zur Deckung von Abwicklungskosten oder der Erfüllung gewährter Garantien) beachtet werden.

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Die Frage einer möglichen gesamtschuldnerischen Haftung (§ 426 BGB) spielt oftmals eine wichtige Rolle bei den Vertragsverhandlungen. Der Verkäufer hat regelmäßig ein Interesse daran, dass er nur beschränkt auf seinen Anteil für eventuelle Garantieverletzungen haftet. Der Käufer dagegen wird großen Wert darauf legen, dass die Verkäufer gesamtschuldnerisch füreinander haften. In diesen Fällen müssen die Veräußerer die anteilige Haftung im Innenverhältnis verbindlich und für sich festlegen (§ 426 Abs. 1 S. 1, 2. HS BGB). Im Falle einer Käufermehrheit schließlich stellt sich das ähnliche Problem. Grundsätzlich haftet in diesem Fall jeder Käufer auf den Kaufpreis für die von ihm erworbene Beteiligung. Auch hier sind andere Regelungen an der Tagesordnung.

4. Unternehmensmakler und andere Berater

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Oft ist der Unternehmensverkauf oder -kauf für alle Beteiligten ein Ereignis von einiger Tragweite. In fast allen Fällen bedienen sich veräußerungswillige Unternehmer ebenso wie Erwerbsinteressenten daher bei der Suche, Planung und Gestaltung des Vertrages sowie dessen Durchführung der Hilfe von Investmentbanken, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten.[14] Während Großkonzerne die Gestaltung und Verhandlung des Vertrages teilweise den internen Fachabteilungen überlassen und Dritte nur punktuell heranziehen, wird die Due Diligence in den meisten Fällen von externen Beratern durchgeführt.

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Auf Veräußererseite wird für die erste Kontaktaufnahme oftmals eine Investmentbank eingeschaltet. Dies gilt vor allem dann, wenn der Verkäufer zunächst anonym bleiben und verhindern will, dass sein Unternehmen an Wert verliert, weil seine Verkaufsbereitschaft bekannt wird.[15] Für den Veräußerer wird durch Einschaltung einer Investmentbank oder eines sonstigen M&A-Beraters oftmals eine Wettbewerbssituation geschaffen (zu Auktionsverfahren s. Rn. 93 ff.). Auch für den potenziellen Käufer ist zur allerersten Überprüfung eines potenziellen Zielunternehmens (Target) die Einschaltung einer Investmentbank hilfreich.

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Investmentbanken, M&A-Berater und zunehmend auch einige darauf spezialisierte Unternehmen bieten vielfach auch Datenräume (data rooms) an, in denen den Erwerbsinteressenten die für die Prüfung und Bewertung benötigten Daten zur Verfügung gestellt werden. In den meisten Fällen hat der virtuelle Datenraum (virtual data room) den klassischen physischen Datenraum (physical data room) abgelöst. Die Einsichtnahme in Unterlagen wird in der Regel nur unter Aufsicht und nach schriftlicher Anerkennung der vom Verkäufer festgelegten Regeln („rules of data room procedure“) zugelassen.[16] Dies ermöglicht nicht nur eine Kontrolle des Informationsflusses, sondern verhindert gleichzeitig Unruhe im täglichen Betrieb des Zielunternehmens.

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Vor Einschaltung eines „Unternehmensmaklers“ muss geklärt werden, welche Provision von wem zu zahlen ist. Zwar gilt gem. § 653 Abs. 1 BGB ein Maklerlohn als stillschweigend vereinbart, wenn die dem Makler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist. In der Praxis verlassen sich die Parteien allerdings nie auf diese Regelung. Die Tätigkeit des „Unternehmensmaklers“ wird daher auf Basis einer Erfolgsprovision, eines Zeithonorars oder einer Kombination aus beidem vergütet.[17] Oft wird die sog. „Lehman-Scale“ angewandt, die eine an die Transaktionssumme gebundene anteilige Provision vorsieht.[18]

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Sind die im Rahmen einer Due Diligence einzuholenden Informationen sensibel – etwa aufgrund einer Konkurrenzsituation der beteiligten Unternehmen – müssen neutrale und zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Fachleute (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechts- oder Patentanwälte) durch beide Parteien gemeinsam angewiesen werden, einen verkürzten Bericht zu erstellen, der sich auf die Ergebnisse der Auswertung der erhaltenen Informationen beschränkt. Die vom Verkäufer zur Verfügung gestellten Daten werden auf diese Weise gefiltert, sodass dargestellte Informationen und besonderes Know-how dem Interessenten in diesem Stadium noch nicht zugänglich werden.[19] Eine so anonymisierte Due Diligence ist insbesondere für den Käufer in der Regel unbefriedigend. Alternativ bietet es sich daher an, die Due Diligence in zwei Teile aufzuteilen. In einem ersten Schritt werden weniger vertrauliche, in einem zweiten Schritt, der häufig erst kurz vor Signing stattfindet, vertrauliche Unterlagen offen gelegt. In der Praxis spricht man vielfach von „Due Diligence-Phase 2“ oder dem „Red Data Room“. Bei der Offenlegung von Informationen ist auch zu beachten, dass die Weitergabe vertraulicher Informationen an Kaufinteressenten durch einzelne verkaufswillige Gesellschafter aufgrund von Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern unzulässig sein kann.[20] Dies kann sogar dann gelten, wenn die Auskunft unter Weitergabe der Geheimhaltungspflicht erfolgt. In diesen Fällen bietet sich die Weitergabe an einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten an.[21]

Anmerkungen

[1]

Picot Handbuch Mergers & Acquisitions, VII. 3., S. 212; Korch JuS 2018, 521, 522

[2]

Picot Handbuch Mergers & Acquisitions, VII. 3., S. 212; Beisel/Klumpp Rn. 30; Korch JuS 2018, 521, 522.

[3]

Holzapfel/Pöllath Rn. 976.

[4]

Semler/Volhard/Streyl § 12 Rn. 226.

[5]

MünchKomm BGB/Schramm § 181 Rn. 43.

[6]

Staudinger/Schilken § 181 Rn. 45 f.; Palandt/Ellenberger § 181 Rn. 15.

[7]

 

BGHZ 114, 167 ff., 173; 87, 59 ff., 60; 33, 189 ff., 194.

[8]

BayObLG DB 1984, 1517 f.; OLG Hamm GmbHR 1998, 682 ff., 683; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek § 35 Rn. 53; Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider/Hohenstatt § 35 Rn. 162; Bachmann ZIP 1999, 85, 88.

[9]

Palandt/Diederichsen § 1795 Rn. 1 und 14.

[10]

MünchKomm HGB/Krebs § 49 Rn. 23 ff.

[11]

BGH BB 1965, 1373; Baumbach/Hopt/Hopt § 49 Rn. 2.

[12]

BGHZ 49, 117, 120; MünchKomm HGB/Krebs § 49 Rn. 25

[13]

Palandt/Edenhofer Einführung vor § 2197 Rn. 3.

[14]

Ausführlich zu den Aufgaben der Berater nachstehend Rn. 117 ff.

[15]

Rozijn NZG 2001, 494 ff.

[16]

Holzapfel/Pöllath Rn. 734; Picot Handbuch Mergers & Acquisitions, I. 6., S. 32; Voigt DStR 2001, 2027, 2033.

[17]

Semler/Volhard/Gasteyer § 4 Rn. 66; vgl. § 3 des Musters zum Maklervertrag im Anh. 1.

[18]

Semler/Volhard/Gasteyer § 4 Rn. 61.

[19]

Picot Handbuch Mergers & Acquisitions, I. 6., S. 32.

[20]

Vgl hierzu Rn. 131 ff.

[21]

Scholz/Schmidt § 51a Rn. 6.