Unternehmenskauf bei der GmbH

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

10. Gesellschafterliste

36

Nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG muss der Anmeldung einer GmbH zum Handelsregister eine Liste der Gesellschafter beigefügt werden. Sinn und Zweck dieser Gesellschafterliste iSd § 40 Abs. 1 GmbHG ist es, die Gesellschafterentwicklung innerhalb einer GmbH lückenlos und transparent wiederzugeben.

37

Gem. § 16 Abs. 1 GmbHG kann im Verhältnis zur Gesellschaft nur derjenige Gesellschafter seine Gesellschafterrechte geltend machen kann, der als solcher in der im Handelsregister aufgenommen Gesellschafterliste eingetragen ist. Nach § 16 Abs. 3 GmbHG ist ein gutgläubiger Erwerb eines Geschäftsanteils (oder eines Rechtes daran) nur auf Grund der Gesellschafterliste möglich. Ein aufmerksamer Umgang mit der Gesellschafterliste ist deshalb bei der GmbH von essentieller Bedeutung.[9]

38

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie („Transparenzrichtlinie“)[10] sind die Rahmenbedingungen von § 40 GmbHG neu geordnet worden. Die Offenlegungspflichten des § 40 Abs. 1-3 GmbHG wurden erweitert, und in § 40 Abs. 4 GmbHG wurde eine Verordnungsermächtigung bezüglich der Ausgestaltung der Gesellschafterliste aufgenommen.

10.1 Offenlegungspflichten gem. § 40 Abs. 1–3 GmbHG

39

Die Geschäftsführer einer GmbH trifft gem. § 40 Abs. 1 GmbHG die Pflicht, unverzüglich nach dem Wirksamwerden jeder Änderung der Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eine aktualisierte und von ihnen unterschriebene Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen. Diese muss nunmehr nicht nur Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort aller Gesellschafter sowie die Nennbeträge und die laufenden Nummern der von ihnen übernommen Geschäftsanteile, sondern auch die durch den jeweiligen Nennbetrag eines Geschäftsanteils vermittele prozentuale Beteiligung am Stammkapital enthalten. Werden mehrere Geschäftsanteile von einem Gesellschafter gehalten, ist zudem der Gesamtumfang der Beteiligung in Prozent anzugeben.

40

Bei Gesellschaftern, die selbst Gesellschaft sind, müssen gem. § 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG bei eingetragenen Gesellschaften Firma, Satzungssitz, zuständiges Register und Registernummer und bei nicht eingetragenen Gesellschaften Namen, Vornamen, Geburtsdaten und Wohnorte der Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung in die Gesellschafterliste aufgenommen werden. Wirkt ein Notar an der Veränderung der Gesellschafterliste iSd § 40 Abs. 1 GmbHG mit, trifft ihn gem. § 40 Abs. 2 S. 1 die Einreichungspflicht.

41

Geschäftsführer, welche die in § 40 Abs. 1 GmbHG normierten Pflichten verletzen, haften denjenigen, deren Beteiligung sich geändert hat, und den Gläubigern der Gesellschaft für den daraus entstandenen Schaden als Gesamtschuldner (§ 40 Abs. 3 GmbHG).

10.2 Regelungen der GesLV

42

Bei den Registergerichten ergaben sich unterschiedliche Umsetzungen in Bezug auf die Ausgestaltung der Gesellschafterliste; insbesondere die Angabe der prozentualen Beteiligung der Nennbeträge sorgte für Verunsicherung.[11] Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium der Justiz von der in § 40 Abs. 4 GmbHG normierten Verordnungsermächtigung zur Ausgestaltung der Gesellschafterliste Gebrauch gemacht und mit der am 1.7.2018 in Kraft getretenen Gesellschafterlistenverordnung (GesLV) klare Vorgaben festgelegt.

43

§ 1 Abs. 1 S. 1 GesLV normiert, dass die Geschäftsanteile mit Nummern fortlaufend und in eindeutiger Zuordnung zu den Gesellschaftern mit ganzen arabischen Zahlen oder – ggf. in dezimaler Gliederung – zu versehen sind. Dabei steht es im Ermessen der GmbH, ob sie die Liste nach Geschäftsanteilen oder nach Gesellschaftern sortiert, solange und soweit sichergestellt ist, dass die Anteilsnummerierungen gem. § 1 Abs. 2 GesLV insgesamt fortlaufend erfolgen. Werden Geschäftsanteile geschaffen, zusammengelegt oder geteilt, sieht § 1 Abs. 3 S. 1 GesLV die Vergabe einer jeweils neuen Einzelnummer verpflichtend vor, wobei gem. S. 2 die jeweils nächste freie ganze Zahl zu wählen ist. Gem. § 1 Abs. 3 S. 2 GesLV können bei einer Teilung oder Schaffung von Geschäftsanteilen die neu entstehenden Anteile auch durch Abschnittsnummern gekennzeichnet werden. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Geschäftsanteile zweifelsfrei und transparent identifiziert und einem Gesellschafter zugeordnet werden können.[12]

44

Ausnahmen sind nur in von der GesLV bestimmten Fällen zulässig, wobei insbesondere eine vollständige Neunummerierung in Form einer Bereinigungsliste statthaft ist, wenn die Gesellschafterliste aufgrund der bisherigen Nummerierung unübersichtlich geworden ist (§ 1 Abs. 4 GesLV). Zur Erhöhung der Transparenz sollen nach Maßgabe des § 2 GesLV sämtliche Veränderungen i.S.d. § 40 Abs. 1 S. 1 GesLV bezüglich der jeweiligen Geschäftsanteile in eine Veränderungsspalte eingetragen werden, die der Gesellschafterliste beigefügt wird. Abs. 3 normiert eine nicht abschließende Aufzählung von Beispielen, welche Änderungen in die Gesellschafterliste eingefügt werden müssen.

45

Gemäß § 4 GesLV darf der prozentuale Beteiligungsbesitz bis auf eine Dezimalstelle gerundet werden. Eine Abrundung auf 0,0 %, 25,0 % oder 50,0 % ist nicht zulässig. Beträgt der Anteil des Nennbetrags eines einzelnen Geschäftsanteils oder der Gesamtbeteiligung eines Gesellschafters weniger als 1 %, kann statt der genauen oder gerundeten Prozentzahl die Angabe von „< 1 %“ oder „kleiner als 1 %“ verwendet werden (§ 4 Abs. 4 GesLV).[13]

46

Gem. § 5 GesLV finden die Anforderungen an die Gesellschafterliste bei Gesellschaften, die bereits vor dem 1.7.2018 gegründet wurden, erst dann Anwendung, wenn eine Änderung i.S.d. § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG zum Handelsregister einzureichen ist.

47

Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Vorgaben des § 40 Abs. 1 S. 1 und 3 GmbHG und der GesLV sind nicht normiert. Jedoch schützt eine sorgfältige Beachtung dieser Vorschriften von Sanktionen nach dem GwG. Denn der GmbH und ihren Geschäftsführern drohen nach Maßgabe des GwG (Geldwäschegesetz) erhebliche Bußgelder, wenn sie nach § 56 Abs. 1 Nr. 53 GwG ihre Mitteilungspflichten aus § 20 Abs. 1 GwG (Angaben zu den wirtschaftlichen Berechtigten) nicht nachkommen. Jedoch lässt § 20 Abs. 2 GwG diese Meldepflicht entfallen, wenn sich die Angaben bereits aus den in § 22 Abs. 1 GWG normierten Dokumenten ergeben, die elektronisch im Handelsregister abrufbar sind. Hierzu zählt gem. § 22 Abs. 1 Nr. 4 GWG die Gesellschafterliste.[14]

Anmerkungen

[1]

Vgl. 3. Kap. Rn. 69 ff.

[2]

Zu den Ausnahmen: Leitzen GmbHR 2009, 480 f.

[3]

Damit ist jedoch die Bedeutung öffentlich-rechtlicher Genehmigungen im Handelsregisterverfahren nicht ganz beseitigt: Das OLG München hat die Anmeldung zur Eintragung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zwischen einer kommunalen GmbH und einem kommunalen Eigenbetrieb zurückgewiesen, weil eine erforderliche Genehmigung nicht nachgewiesen war, GmbHR 2009, 996.

[4]

Vgl. nachstehend Rn. 62 ff.

[5]

Hierzu ausführlich Veil/Werner GmbHR 2009, 729 ff.

[6]

Vgl. ausführlich Rotthege Rn. B 87 ff.

[7]

BGH GmbHR 2011, 705 ff.

[8]

BGH GmbHR 2011, 705 ff.

[9]

Römermann/Seibt Münchener Anwalts Handbuch GmbH, § 2 Rn. 31.

[10]

Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen v. 23.6.2017 (GWGEG 2017), BGBl I, 1822 (Nr. 39), welches mit Wirkung zum 26.6.2017 in Kraft getreten ist.

[11]

Szalai GWR 2018, 250, 251.

[12]

BR-Drucks. 105/18, S. 7.

[13]

Vgl. BR-Drucks 105/18, 13; näher dazu: Engel NZG 2018, 175, 175 f.

[14]

Birkefeld/Schäfer BB 2017, 2755, 2761.

V. Erscheinungsformen des Unternehmenskaufs

48

 

Der Kauf eines Unternehmens ist weder reiner Rechts- noch Sachkauf,[1] erfolgt jedoch gem. § 453 Abs. 1 BGB nach den Regeln der §§ 433 ff. BGB.[2]

1. Asset Deal

49

Beim Asset Deal übernimmt der Käufer im Wege der Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession) die zum Unternehmen gehörenden Vermögenswerte und Wirtschaftsgüter. Diese Erwerbsform findet sich häufig bei der Veräußerung von einzelkaufmännischen Unternehmen, Arztpraxen oder anderen freiberuflich geführten Unternehmen[3] oder wenn ein Unternehmen nur bestimmte Teile seiner betrieblichen Aktivitäten abgeben will. Umgekehrt kann auch der Käufer an dem Erwerb bestimmter Assets interessiert sein. Schließlich kommt ein Asset Deal in Betracht, wenn der Unternehmensträger als Kaufobjekt nicht zur Verfügung steht, weil seine Gesellschafter – aus welchen Gründen auch immer – ihre Geschäftsanteile nicht verkaufen wollen.

50

Bei der Einzelrechtsnachfolge verpflichtet sich der Verkäufer, die zum Unternehmen gehörenden Sachen, Rechte und Vertragsverhältnisse auf den Käufer zu übertragen. Hierfür müssen die Kauf-Wirtschaftsgüter klar definiert und die Modalitäten bestimmt werden, unter denen diese nach den für sie jeweils geltenden dinglichen Rechtsvorschriften übertragen werden.

2. Share Deal

51

Beim Share Deal bilden die Geschäftsanteile des Verkäufers an der Ziel-GmbH den Kauf-Gegenstand (Universalsukzession). Alle aktiven und passiven Vermögenswerte bleiben unverändert bei der Ziel-GmbH; lediglich der Inhaber der Geschäftsanteile wechselt.

52

Der Share Deal ist Rechtskauf i.S.d. §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 BGB.[4] Seine dingliche Abwicklung ist im Vergleich zur Singularsukzession häufig einfacher, da nur die Geschäftsanteile übertragen werden müssen, nicht jedoch einzelne Wirtschaftsgüter. Bei der GmbH ist hierfür ein notariell beurkundeter Kauf- und Übertragungsvertrag unerlässlich.

3. Abgrenzung

53

Von einem Unternehmenskauf sprechen wir, wenn ein Unternehmen oder Teilbetrieb als Ganzes (im Sinne eines Inbegriffs von Sachen, Rechten und sonstigen Vermögenswerten) oder mit seinen wesentlichen Bestandteilen veräußert und der Erwerber dadurch in die Lage versetzt wird, das Unternehmen weiterzuführen.[5] Die Grenzen sind jedoch fließend. Die Rechtsprechung nimmt dies schon bei Erwerb einer bestimmten Beteiligungsquote am Unternehmensträger an: Soweit 100 % der Vermögenswerte oder Anteile am Unternehmensträger übertragen werden bzw. nur ein geringer Anteilsrest ausgespart bleibt, liegt ein Unternehmenskauf vor.[6] Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, hält es der BGH für erforderlich, dass der Wille der Vertragsschließenden auf den Erwerb des Unternehmens insgesamt gerichtet ist, der Kaufpreis sich nicht an den Anteilen, sondern am Unternehmen insgesamt orientiert und der Erwerber nach Vertragsdurchführung die Stellung eines Trägers des Unternehmens erlangt.[7]

54

Die Vor- und Nachteile einer Transaktionsform lassen sich nicht verallgemeinern. Sie hängen stark vom Einzelfall und der Interessenlage der Beteiligten ab und müssen deshalb sorgfältig abgewogen werden.

55

Aus Sicht des Käufers können für die Entscheidung zwischen Asset und Share Deal folgende Erwägungen bedeutsam sein:

3.1 Worauf ist das Erwerbsinteresse gerichtet?

56

Ist das Käuferinteresse auf eine Beteiligung am Unternehmensträger gerichtet, so liegt ein Share Deal nahe. Will der Käufer demgegenüber nur einzelne Teilbetriebe oder Technologien erwerben, kommt ein Asset Deal in Betracht.

3.2 Welche Erwerbsmöglichkeiten stehen zur Verfügung?

57

Die Wahl der Transaktionsform hängt häufig von der Ziel-GmbH ab. Bedeutend sind insbesondere ihre Struktur (z.B. gewachsenes Familienunternehmen, Konzern, Existenz von Teilbetrieben) sowie die Sonderrechtsfähigkeit einzelner Wirtschaftsgüter (z.B. Patente/Marken/Lizenzen).

58

Häufig muss mit Hilfe von Umstrukturierungsmaßnahmen der Weg für eine Transaktion erst noch geebnet werden (z.B. Wechsel der Rechtsform, Abspaltung von Teilbetrieben). Betreibt die GmbH mehrere Unternehmen, erfolgt der Erwerb eines einzelnen im Wege des Asset Deal, wenn dieses nicht zuvor ausgegliedert und rechtlich verselbstständigt wurde.

3.3 Welche Konsequenzen ergeben sich für Käufer und Verkäufer?

59

Ein Vorteil des Asset Deals kann darin liegen, dass eine Selektion der zu übernehmenden Wirtschaftsgüter möglich ist. Risiken aus unübersichtlichen Unternehmensstrukturen können so begrenzt werden.

60

Beim Asset Deal kann die Übertragung einzelner Vermögensgegenstände wegen des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes zeitaufwendig sein und zusätzliche Kosten (z.B. Notar- und Grundbuchkosten) und Steuern (z.B. Grunderwerbsteuer) verursachen. Letztere können allerdings auch beim Share Deal anfallen.[8]

61

Sind beide Transaktionsformen möglich, geben steuerrechtliche Aspekte häufig den Ausschlag. Ein Vorteil des Asset Deals liegt in der Möglichkeit zur steuerlichen Abschreibung des Kaufpreises. Dem Verkäufer von GmbH-Geschäftsanteilen, der selbst eine Kapitalgesellschaft ist, können steuerliche Vorteile in Form des weitgehend steuerfreien Verkaufs zugutekommen.[9]

4. Vorratsgründung und Mantelkauf

4.1 Vorratsgründung

62

Eine Vorratsgründung liegt vor, wenn sich aus dem Unternehmensgegenstand schließen lässt, dass die GmbH nur gegründet wurde, um sie später mit einem dann zu bestimmenden anderen Unternehmensgegenstand zu verwenden.[10]

63

Bei der offenen und damit zulässigen[11] Vorratsgründung ist Gegenstand der GmbH die Verwaltung eigenen Vermögens. Wird diese Vorrats-GmbH später verwendet, wird der Unternehmensgegenstand im Wege einer Satzungsänderung neu definiert. Gleichzeitig sind die der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbHG anzuwenden, weil die spätere Verwendung einer Vorratsgründung wirtschaftlich eine Neugründung darstellt.[12] Die gem. § 54 GmbHG eintragungspflichtigen Änderungen des Unternehmensgegenstandes, der Firma, des Gesellschaftssitzes sowie die Neubesetzung der Organe sind Indizien für das Registergericht, dass es sich um eine wirtschaftliche Neugründung handelt.[13]

64

Zudem ermöglicht es die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft,[14] Gesellschaften mit einem Stammkapital von nur einem EUR zu gründen, vorzuhalten und auf das gesetzliche Mindeststammkapital von 25 000 EUR zu erhöhen, sobald die Gesellschaft eine wirtschaftliche Verwendung findet.

4.2 Mantelkauf

65

Bei einem Mantelkauf werden sämtliche Geschäftsanteile einer GmbH, die ihren Geschäftsbetrieb noch nicht aufgenommen („Vorratsgesellschaft“) oder eingestellt hat, erworben. Die Gesellschaft verfügt in der Regel über kein nennenswertes Vermögen.[15]

66

Für die Trennung der Mantelverwendung von der „bloßen“ Umorganisation bzw. Sanierung einer (noch) aktiven GmbH ist entscheidend, ob die Gesellschaft noch ein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs in irgendeiner wirtschaftlichen Weise anknüpft (Umorganisation). Handelt es sich tatsächlich um einen leer gewordenen Gesellschaftsmantel ohne Geschäftsbetrieb, der nur dazu dient, ohne rechtliche Neugründung einer Kapitalgesellschaft eine neue Geschäftstätigkeit aufzunehmen, liegt eine Mantelverwendung vor.[16]

67

Der rechtlich zulässige[17] Mantelkauf kann zu einer Umgehung der Gründungsvorschriften führen, wenn die übernommene GmbH nicht mehr über ausreichendes Haftkapital verfügt und ihre neuen Gesellschafter kein frisches Kapital zufügen. Die Gläubiger sind dann stärker gefährdet und daher schutzbedürftiger als bei der Verwendung einer Vorrats-GmbH. Deshalb sind auch bei der Verwendung eines Mantels die Gründungsvorschriften einschließlich der registerlichen Kontrolle anzuwenden.[18]

68

Der neue Geschäftsführer hat entsprechend § 8 Abs. 2 GmbHG bei der Anmeldung der Veränderungen zum Handelsregister zu versichern, dass die in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG bezeichneten Leistungen auf die Geschäftsanteile bewirkt sind und sich weiterhin in seiner freien Verfügung befinden. Bei erheblichen Zweifeln hieran kann der Registerrichter Nachweise verlangen (§ 8 Abs. 2 S. 2 GmbHG), z.B. dass die Hälfte des Mindeststammkapitals (§ 7 Abs. 2 S. 2 GmbHG) noch vorhanden ist.[19]

4.3 Rechtsfolgen der wirtschaftlichen Neugründung

69

Wird ein GmbH-Mantel verwendet oder eine Vorratsgesellschaft aktiviert ohne Beachtung des Gründungsrechts, bestehen nach der Rechtsprechung des BGH folgende Haftungsrisiken:[20]


Die reale Kapitalaufbringung muss gesichert sein durch Anwendung der Unterbilanzhaftung. Stichtag ist der Tag der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung gegenüber dem Handelsregister.
Wenn die Geschäfte vor der Offenlegung aufgenommen werden, ohne dass alle Gesellschafter zugestimmt haben, greift die Handelndenhaftung analog § 11 Abs. 2 GmbHG. Diese endet erst, wenn sämtliche die Umgründung ausmachenden eintragungspflichtigen Tatsachen (Änderung des Unternehmensgegenstandes und der Firma, Verlegung des Gesellschaftssitzes und Neubestimmung der Organmitglieder) in das Handelsregister eingetragen sind. Wegen dieser Haftungsrisiken sollte folgendes beachtet werden: – Der Vermögensstatus der GmbH sollte vor Anmeldung der Satzungsänderung zum Handelsregister ermittelt werden. Fehlendes Kapital muss neu eingezahlt werden. – In der Anmeldung zum Handelsregister ist auf die Übernahme von Vorratsgesellschaft bzw. Mantel hinzuweisen. Gleichzeitig ist die Versicherung abzugeben, dass im Zeitpunkt der Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung ein Viertel des statutarischen Stammkapitals und zugleich die Hälfte des Mindeststammkapitals unversehrt vorhanden ist (§ 8 Abs. 2 GmbHG).

Anmerkungen

[1]

RGZ 63, 57 (62); 67, 86 (88); Römermann/Picot Münchener Anwaltshandbuch GmbH, § 21 Rn. 35-38.

[2]

Vgl. die Begründung zum Gesetzesentwurf BT-Drucks. 14/6040, 242: Unternehmenskauf = „sonstiger Gegenstand“; Römermann/Picot Münchener Anwaltshandbuch GmbH, § 21 Rn. 35-38.

[3]

Ist hingegen eine Gesellschaft Erwerberin des Unternehmens, bieten die §§ 2 ff. UmwG eine Vereinfachung gegenüber der Singularsukzession.

[4]

Hiddemann ZGR 1982, 435, 438; MünchKomm BGB/Westermann § 433 Rn. 14.

[5]

Zur Definition des Unternehmenskaufs zuletzt BGH NJW 2002, 1042, 1043.

[6]

So schon RGZ 129, 283; BGH WM 1969, 67 und WM 1970, 819.

[7]

Im Fall eines 60 %igen Beteiligungserwerbs hat der BGH mangels satzungsändernder Mehrheit einen reinen Rechtskauf angenommen, BGH NJW 2019, 145; vgl. auch die Ausführungen im 9. Kap. Rn. 53 ff.

 

[8]

Vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG (Anteilsvereinigung).

[9]

Zu den Steuern beim Unternehmenskauf vgl. 8. Kap.

[10]

Scholz/Cziupka § 3 Rn. 21.

[11]

Grundlegend BGHZ 117, 323, 331 = ZIP 1992, 689; BGH GmbHR 2003, 226; vgl. die Entscheidung zur Vorrats-AG BGHZ 117, 323 ff. = NJW 1992, 1824.

[12]

BGH BB 2003, 324 = ZIP 2003, 251 = GmbHR 2003, 227 und auch OLG Schleswig-Holstein GmbHR 2002, 1135. Das befreit allerdings die Vorratsgesellschaft selbst bei deren Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister nicht von der Einhaltung der Kapitalaufbringungsvorschriften: OLG Schleswig GmbHR 2003, 1058.

[13]

BGH ZIP 2011, 1761 Rn. 7; BGH GmbHR 2003, 1125, 1127.

[14]

Vgl. oben Rn. 25 ff.

[15]

Maier Beck‘sches Steuer und Bilanzrechtslexikon, Rn. 1.

[16]

BGH GmbHR 2003, 1125, 1127.

[17]

BGHZ 155, 318 = NZG 2003, 972; OLG Karlsruhe DB 1978, 1219 (1220); OLG Frankfurt GmbHR 1992, 456.

[18]

BGH GmbHR 2003, 1125 = ZIP 2003, 1698 = DB 2003, 2055.

[19]

BGH GmbHR 2003, 1125, 1127, Stichtag ist dann der Tag der Offenlegung gegenüber dem Handelsregister.

[20]

BGH GmbHR 2003, 1125, 1127 und 1128; dazu Heyer/Reichert-Clauß NZG 2005, 193 f.