Unternehmenskauf bei der GmbH

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II. Aufklärungspflichten

11

Kauf und Verkauf eines Unternehmens stellen besondere Anforderungen an die Redlichkeit der Vertragspartner. Jeder von ihnen muss sich auf den anderen in gewissem Umfang verlassen können und Aufklärung zu Themen erhalten, die für den Vertragsschluss wesentlich sind.

12

Gem. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB begründet bereits die Aufnahme von Vertragsverhandlungen ein gesetzliches Schuldverhältnis. Die Vertragsparteien sind hierdurch u.a. zur Loyalität und Aufklärung verpflichtet (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB).[1] Der gesteigerte rechtsgeschäftliche Kontakt und das in Anspruch genommene Vertrauen zwingen sie zu Redlichkeit und Rücksichtnahme. Unredlich ist es z.B., Vertragsverhandlungen zu führen, obwohl keine ernsthafte Abschlussabsicht besteht.[2] Diese Pflichten bestehen nach näherer Maßgabe des § 311 Abs. 3 BGB auch für solche Personen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Sie richten sich nach den Umständen des Einzelfalls und sind nicht gesetzlich geregelt. Vielmehr ist dies der Rechtsprechung überlassen worden.[3]

Besondere Bedeutung haben Aufklärungspflichten. Der Käufer ist daran interessiert, umfassende und wahrheitsgemäße Informationen zu erhalten, um Chancen und Risiken der Transaktion abwägen zu können. Der Verkäufer will mehr über die Kaufabsichten und deren Hintergrund sowie die Bonität des Käufers erfahren. Eine allgemeine Pflicht zur Aufklärung über sämtliche (auch negative) für die Beurteilung des Geschäfts relevanten Umstände besteht jedoch nicht.[4] Grundsätzlich muss jeder Vertragspartner selbst prüfen, ob das Geschäft für ihn vorteilhaft ist.[5] Keine Aufklärungspflicht besteht insbesondere hinsichtlich solcher Umstände, über die sich eine Partei ohne Weiteres selbst informieren kann.[6] Eine Offenbarungspflicht besteht aber nach der Rechtsprechung dann, wenn das Verschweigen bestimmter Tatsachen gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Dies ist insbesondere bei solchen Umständen der Fall, die für die Kaufentscheidung erkennbar bedeutend sind, etwa weil sie den Vertragszweck gefährden.[7] Z.B. hat der Verkäufer ungefragt sämtliche Verbindlichkeiten des Unternehmens zu offenbaren, insbesondere wenn diese zu Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung führen können.[8] Auch auf das Fehlen einer behördlichen Genehmigung für einen Betrieb muss aufmerksam gemacht werden.[9] Schließlich ist ein erkennbarer Irrtum der anderen Partei über wesentliche Umstände aufzuklären.

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Der Käufer von GmbH-Geschäftsanteilen muss sich – für den Verkäufer erkennbar – ein zutreffendes Bild von den wertbildenden Faktoren in erster Linie anhand von Bilanzen, betriebswirtschaftlichen Auswertungen und ergänzenden Auskünften machen. Diese Abhängigkeit von der Vollständigkeit und Richtigkeit der ihm erteilten Informationen zur Finanz- und Ertragslage sowie die weit reichenden Folgen der Kaufentscheidung rechtfertigen es, dem Verkäufer eine gesteigerte Aufklärungspflicht aufzuerlegen und an die hierbei anzuwendende Sorgfalt einen strengen Maßstab anzulegen.[10]

14

Bestand und Ausmaß der Aufklärungspflicht hängen von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei die Intensität der Verhandlungen und die Sachkunde der Parteien eine Rolle spielen. Ein Käufer, der eine umfassende Due-Diligence-Prüfung durchführt, wird sich nur selten auf eine Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten berufen können, es sei denn, er ist bei seiner Prüfung behindert oder in die Irre geführt worden.

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Der Verkäufer genügt jedenfalls dann seinen Aufklärungspflichten, wenn er in allgemeiner Form auf Risiken hinweist, Unterlagen für eine Due Diligence zur Verfügung stellt und qualifizierte Auskunftspersonen für Fragen bereitstellt. Dabei muss der Verkäufer auf die Vollständigkeit und Ordnung der Informationen im Datenraum achten (fair disclosure).[11]

16

Mit der Pflicht zur Aufklärung kollidieren Geheimhaltungspflichten. Der Käufer erhält interne Informationen über das Zielunternehmen, die nach dem Willen des Verkäufers nicht an Wettbewerber gelangen dürfen. Oftmals wird der Verkäufer sogar die Tatsache von Verkaufsverhandlungen geheim halten wollen, um nicht Gefahr zu laufen, dass seine Lieferanten, Kunden oder andere Marktteilnehmer hieraus ungünstige Konsequenzen für sein Unternehmen ziehen.

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Bereits das vorvertragliche Schuldverhältnis verpflichtet die Parteien, die Kaufverhandlungen vertraulich zu behandeln und gewonnene Erkenntnisse Dritten nicht ohne im Interesse der Transaktion gerechtfertigten Grund zugänglich zu machen. Die Reichweite dieser Geheimhaltungspflicht ist jedoch vielfach unklar. Daher ist eine eindeutige vertragliche Regelung zu empfehlen,[12] die in der Praxis auch regelmäßig in Form eines Non Disclosure Agreement (NDA) getroffen wird.

Anmerkungen

[1]

Vgl. Begründung des Entwurfs BT-Drucks. 14/6040, 163.

[2]

BGH WM 1979, 485.

[3]

Vgl. Begründung des Entwurfs BT-Drucks. 14/6040, 163; MünchKomm BGB/Emmerich § 311 Rn. 187 f.

[4]

Vgl. Fleischer/Körber BB 2001, 841, 843; Bergjan ZIP 2004, 395, 399 m.w.N.

[5]

BGH NJW 1989, 763, 764.

[6]

OLG München DB 1998, 1321, 1322; BGH NJW 2002, 1042, 1043, ZIP 2002, 440, 442; Geldsetzer M&A-Review 2005, 475, 479; Schüppen/Lennerz M&A Review 2003, 476.

[7]

BGH BeckRS 2005, 12786; BGH NJW 1980, 180; DB 1991, 1322, 1323; WM 2001, 1118, NJW 2001, 483; NJW 2001, 2163, 2164; ZIP 2002, 440, 441, NJW 2002, 1042, 1043: Die durch wirtschaftliche Tragweite des Geschäfts und erschwerte Bewertung des Kaufobjekts grundsätzlich gesteigerte Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht des Verkäufers kann sich wiederum reduzieren, wenn der Käufer keine Schulden übernimmt und das Unternehmen in seinen eigenen branchengleichen Betrieb eingliedern will. Vgl. dazu Wagner DStR 2002, 958, 965; Schuppen/Lennertz M&A Review 2003, 476; Geldsetzer M&A Review 2005, 475, 476 f.

[8]

BGH DStR 2002, 1098.

[9]

BGH NJW 1990, 1661.

[10]

BGH NJW 2001, 2163, 2164.

[11]

BGH NJW 2002, 1042, 1043; Geldsetzer M&A-Review 2005, 475, 479.

[12]

S. zu den Geheimhaltungsvereinbarungen 1. Kap. Rn. 143 f.

III. Pflichten im Rahmen der Due Diligence

18

Die Prüfung des Zielunternehmens in rechtlicher, finanzieller, steuerlicher sowie weiterer Hinsicht (Due Diligence) ist für den Unternehmenskauf von großer Bedeutung. Sie ist auch für die Kaufpreisfindung und die Gewährleistung sowie eine etwaige Versicherung von Risiken (Warranty & Indemnity Insurance)[1] erforderlich. Hierbei sind Rechte und Pflichten der GmbH und ihrer Geschäftsführer tangiert. Ist die Geschäftsführung verpflichtet, eine Due Diligence beim Zielunternehmen durchzuführen? In welchem Umfang ist die Geschäftsführung der Ziel-GmbH berechtigt, dem Informations- und Prüfungsverlangen des Käufers zu entsprechen? Diese Fragen stellen sich beim Asset Deal wie beim Share Deal.

1. Verpflichtung zur Durchführung einer Due Diligence

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GmbH-Geschäftsführer müssen aufgrund ihrer Sorgfaltspflicht sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Informationen ausschöpfen und sich entscheidungsrelevante Daten beschaffen.[2] Eine Pflichtverletzung liegt dann nicht vor, wenn der Geschäftsführer bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Sein Handlungsermessen bei unternehmerischen Entscheidungen ist i.d.R. dann überschritten, wenn die Grundlagen, Chancen und Risiken einer Investition nicht ausreichend aufgeklärt wurden.[3] Der Geschäftsführer des Käufers sollte, und wird in der Praxis regelmäßig auf der Durchführung einer Due Diligence bestehen, um eine hinreichende Entscheidungsgrundlage zu gewährleisten.

20

Entscheidet sich der Käufer, auf eine Due Diligence zu verzichten, so führt dies nicht zum generellen Ausschluss von Gewährleistungsrechten. Eine unterlassene Prüfung gilt nicht stets als „grobe Fahrlässigkeit“ i.S.d. § 442 Abs. 1 S. 2 BGB.[4] Ergeben sich jedoch im Rahmen der Due Diligence Anhaltspunkte für eine Wertminderung der Zielgesellschaft, kann der Käufer mit Gewährleistungsrechten gem. § 442 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen sein; die Beweislast hierfür obliegt dem Verkäufer.[5]

 

2. Berechtigung zur Herausgabe von Informationen

21

Mit der Verpflichtung zur Durchführung der Due Diligence korrespondiert die Frage, ob der Geschäftsführer der Ziel-GmbH dem Erwerbsinteressenten diese gestatten darf.[6]

2.1 Geschäftsführer

22

Der Geschäftsführer des Ziel-Unternehmens verfügt über Zugang zu allen den Käufer interessierenden Informationen. Er steht also im Mittelpunkt des Auskunftsbegehrens des Käufers.

23

§ 85 GmbHG statuiert eine strafbewehrte Verschwiegenheitspflicht des Geschäftsführers, der darüber hinaus auch aus seiner organschaftlichen Treuepflicht gehalten ist, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Hierzu verpflichtet ihn auch sein Geschäftsführer-Anstellungsvertrag. Bei der Due Diligence handelt es sich zudem um eine über den regulären Geschäftsbetrieb hinausgehende Maßnahme.[7] Deshalb muss der Geschäftsführer einen Gesellschafterbeschluss gem. § 49 Abs. 2 GmbHG herbeiführen. Hier ist mit einer verbreiteten Meinung in der Literatur davon auszugehen, dass derartige Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden können.[8]

24

Sieht die Satzung der Ziel-GmbH die Vinkulierung von Geschäftsanteilen vor, so bedarf es in jedem Falle vor Durchführung der Due Diligence eines zustimmenden Beschlusses der Gesellschafter der Ziel-GmbH.[9] Der veräußerungswillige Gesellschafter hat kein Stimmrecht bei der Beschlussfassung, wenn nicht § 47 Abs. 4 GmbHG durch die Satzung ausgeschlossen ist.[10]

25

Eines solchen Beschlusses bedarf der Geschäftsführer auch beim Asset Deal, wenn die GmbH wesentliche Unternehmensteile zu veräußern beabsichtigt; hier kommt es im Einzelfall jedoch darauf an, welche Freiheiten die Gesellschafter ihrem Geschäftsführer eingeräumt und welche Geschäfte sie sich zur Entscheidung vorbehalten haben.

2.2 Gesellschafter

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Auch über den veräußerungswilligen Gesellschafter kann der Käufer an relevante Informationen über die Ziel-GmbH gelangen: Gem. § 51a Abs. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. Gem. § 51a Abs. 2 GmbHG darf der Geschäftsführer Auskünfte nur verweigern, wenn zu besorgen ist, dass der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwendet und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügt.[11] Werden die Geschäftsführer durch Gesellschafterbeschluss angewiesen, bestimmte Vereinbarungen dem Kaufinteressenten offen zu legen, müssen sie dem in der Regel nachkommen.[12] Ob die Absicht des Gesellschafters, die Informationen an einen potenziellen Erwerber zur Durchführung einer Due Diligence weiterzuleiten, als gesellschaftsfremd einzuordnen ist, wird nicht einheitlich beurteilt. Ein Teil der Literatur qualifiziert die Weitergabe von Informationen an Dritte per se als gesellschaftsfremd und infolge Verstoßes gegen die Treuepflicht als unzulässig.[13] Nach anderer, wohl herrschender Ansicht soll die Veräußerung von Geschäftsanteilen zu den Wesensmerkmalen der GmbH gehören (§§ 15 Abs. 1, 16 GmbHG) und die Weitergabe von Informationen der Verwirklichung der aus der Gesellschafterstellung fließenden Befugnis zur Veräußerung von Geschäftsanteilen dienen. Anderenfalls bestünde eine faktische Vinkulierung des Geschäftsanteils.[14] Jedoch wird der „nicht nur unerhebliche Nachteil“ i.S.d. § 51a Abs. 2 GmbHG weit ausgelegt. Der Nachteil muss insbesondere kein Vermögensnachteil sein – Ansehensverlust bzw. Verlust an Eintracht mit dem Vertragspartner kann bereits ausreichen.[15]

27

Handelt es sich bei dem potenziellen Käufer um einen Konkurrenten, kollidiert das Verkaufsinteresse des Gesellschafters mit dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft.[16] Eine Informationsweitergabe verstößt dann gegen die Treuepflicht,[17] wenn sie keinem legitimen Informationszweck dient oder zur Befriedigung des Informationsbedürfnisses ungeeignet, nicht erforderlich oder unzumutbar ist.[18] Dies bedeutet aber nicht, dass jegliche Informationsweitergabe unzulässig wäre; lediglich wettbewerbsrelevante Daten dürfen nicht in einer Weise, die der Gesellschaft zum Nachteil weitergegeben werden.[19]

28

In jedem Fall sollten über die Weitergabe von Informationen die Gesellschafter entscheiden. Ihrem Beschluss sollte ein Letter of Intent[20] des Erwerbers vorausgehen, der die Ernsthaftigkeit seiner Erwerbsabsicht unterstreicht. Erforderlich ist in jedem Fall der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen der Zielgesellschaft und dem Informationsempfänger. Sind die Daten sensibel oder droht Schaden bei deren unzulässiger Verwendung, kann eine Vertragsstrafe in angemessener Höhe für den Fall eines Verstoßes vereinbart werden.

29

Schließlich sollten die Informationen in mehreren Schritten zur Verfügung gestellt werden. Hierzu sollte der Kaufinteressent eine Prioritätenliste derjenigen Informationen vorlegen, die für ihn von besonderer Wichtigkeit sind. Diese Liste kann dann nach und nach abgearbeitet werden, wobei der Verkäufer die Reihenfolge – je nach Sensibilität der gewünschten Informationen – beeinflussen kann. Zwischen einzelnen Schritten sollte der Käufer sein fortbestehendes Interesse bestätigen. So kann verhindert werden, dass der Käufer mit Daten versorgt wird, die für seine Entscheidung nicht oder nicht mehr relevant sind.

30

Die Unterlagen sollten nur in Data Rooms[21] eingesehen werden können. Informationen können zudem neutralisiert weitergegeben werden, etwa in anonymisierten Excel-Tabellen oder mit geschwärzten Vertragsklauseln. Extrem sensible Daten können erst kurz vor Vertragsabschluss offengelegt werden. Bewährt hat sich auch die Übergabe sensibler Daten an einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Treuhänder (z.B. Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer), der diese dem Käufer nur im Rahmen zuvor festgelegter Grenzen zur Verfügung stellt. Die Weitergabe dieser Daten geschieht oftmals im Rahmen eines Red Data Room, dessen Nutzung besonderen Regeln unterliegt und der nur zur Verschwiegenheit verpflichteten Personen zugänglich gemacht wird.

Anmerkungen

[1]

Ausführlich hierzu 9. Kap. C. Warranty & Indemnity-Versicherungen.

[2]

Vgl. oben Rn. 4 und die Ausführungen zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG analog.

[3]

OLG Oldenburg GmbHR 2006, 1263, 1265.

[4]

Beisel/Klumpp § 2 Rn. 10; Berens/Brauner/Strauch/Brauner/Fritzsche S. 350 f.; Klein-Blenkers NZG 2006, 245, 252 m.w.N.; zur Fragestellung der groben Fahrlässigkeit im Falle unterlassener Due Diligence: Storck FB 2004, 363, 367; Müller NJW 2004, 2196, 2197; Krömker M&A Review 2008, 201, 202; tendenziell bejahend: Holzapfel/Pöllath Rn. 728.

[5]

Rittmeister S. 118; Fleischer/Körber BB 2001, 841, 847; Holzapfel/Pöllath Rn. 728; Beisel/Klumpp § 2 Rn. 12. Das ist z.B. der Fall, wenn die im Rahmen einer Due Diligence überlassenen Unterlagen, aus denen der Mangel ersichtlich war, aus Zeitnot nicht vollständig kontrolliert wurden, vgl. die Nachweise hierzu im 9. Kap. Rn. 100 ff. Wenn der Käufer darüber hinaus erkennt bzw. fahrlässig nicht erkennt, dass die Wertminderung im eigenen Verantwortungsbereich und gerade nicht in einem Mangel der Sache liegt, ist er nicht berechtigt, Mängelgewährleistungsrechte auszuüben. Eine unberechtigte Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen stellt vielmehr eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung des Käufers dar: BGH NJW 2008, 1147, 1148; Das Unterlassen der Due Diligence bedeutet selbst dann keine grobe Fahrlässigkeit des Käufers gem. § 442 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn der Verkäufer einen Datenraum eingerichtet hat, Goldschmidt ZIP 2005, 1305, 1310; vgl. auch die Ausführungen im 9. Kap. Rn. 103 f.

[6]

Ein solcher Anspruch besteht allenfalls gegen den alleinigen oder mehrheitlichen Inhaber oder Anteilseigner des Zielunternehmens: Westermann ZHR 2005, 248, 252.

[7]

Götze ZGR 1999, 202, 206; Bremer GmbHR 2000, 176, 176; Ziegler DStR 2000, 249, 251.

[8]

Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack § 35 Rn. 40; Roth/Altmeppen § 43 Rn. 25; Scholz/Schneider § 43 Rn. 148; Geidel/Lange GmbHR 2015, 852, 856; LG Köln GmbHR 2009, 261, 262 mit kritischer Anm. von Engelhardt GmbHR 2009, 237 f. Andere lassen die einfache Mehrheit genügen (Mielke/Molz DB 2008, 1955, 1956; Körber NZG 2002, 263, 268.) oder verlangen eine qualifizierte Mehrheit (Oppenländer GmbHR 2000, 535, 540). Wieder andere differenzieren danach, ob die Gesellschaft selbst an der Transaktion beteiligt ist (dann entscheidet der Geschäftsführer selbst, gegebenenfalls ist Weisung der Gesellschafter einzuholen) oder Objekt der Transaktion ist, also der Gesellschafter Informationen begehrt, um den Verkauf seines Geschäftsanteils durchzuführen (dann einstimmiger Gesellschafterbeschluss erforderlich), (Baumbach/Hueck/Haas § 85 Rn. 11; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek § 43 Rn. 21; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 51a Rn. 32.)

[9]

Mielke/Molz DB 2008, 1955, 1960.

[10]

LG Köln GmbHR 2009, 261, 263; Mielke/Molz DB 2008, 1955, 1956; vgl. mit der damit zusammenhängenden Kompetenz über die Weitergabe von Informationen: Rn. 26.

[11]

Scholz/Schmidt § 51a Rn. 39; zum Informationsverweigerungsrecht des Geschäftsführers allgemein, Rotthege Rn. D 35 f.

[12]

Liese DB 2010, 1806, 1810; es ist daher zu empfehlen, dass der Gesellschafterbeschluss über die Durchführung einer Due Diligence die offen zu legenden Verträge konkret bezeichnet.

[13]

Lutter ZIP 1997, 613, 615; Grunwald ZHR 146 (1982) 211, 227; in diese Richtung tendierend Geidel/Lange GmbHR 2015, 852, 853 f.

[14]

Die Informationserteilung an einen Gesellschafter zum Zweck, einen potentiellen Anteilserwerber zu informieren, ist also nicht per se gesellschaftsfremd: Scholz/Schmidt § 51a Rn. 19; Picot/Mentz/Seydel/Becker Teil II Rn. 21; Götze ZGR 1999, 202, 210; Bremer GmbHR 2000, 176, 178; Ziegler DStR 2000, 249, 250.

[15]

OLG München GmbHR 2008, 819, 821, sowie die weiteren Nachweise bei Liese DB 2010, 1806, 1809, der auch der Frage nachgeht, ob das Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters nach § 51a GmbHG auf den Kaufinteressenten übertragbar ist.

 

[16]

Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass jede Informationsweitergabe an Erwerbsinteressenten gegen die Treuepflicht verstößt; vgl. Lutter ZIP 1997, 613, 615.

[17]

Vgl. zur Treuepflicht ausführlich MünchKomm GmbHG/Fleischer § 43 Rn. 152 ff.

[18]

Götze ZGR 1999, 202, 213; Bremer GmbHR 2000, 176, 178; Ziegler DStR 2000, 249, 250.

[19]

Vgl. Götze ZGR 1999, 202, 212 f.

[20]

Vgl. ausführlich hierzu 1. Kap. Rn. 146 ff. und das Muster im Anh. 5.

[21]

Vgl. hierzu auch die Ausführungen im 1. Kap. Rn. 90 f.

IV. Zivilrechtliche Haftung

1. Haftung aus culpa in contrahendo

31

Gerade beim Unternehmenskauf kann die Verletzung vorvertraglicher Pflichten eine Haftung aus §§ 311 Abs. 2 und 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB auslösen.[1]

32

Schadensersatz ist zu leisten, wenn dem anderen Teil durch die Verletzung vorvertraglicher Pflichten bei Vertragsverhandlungen ein Schaden entstanden ist und der Schuldner dies zu vertreten hat.[2] Der geschädigte Vertragspartner ist gem. § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung stünde. Der Anspruch geht in der Regel auf Ersatz des negativen Interesses (Vertrauensschadens).

33

Die Pflichtverletzung kann auch im Abbruch der Kaufverhandlungen liegen. Allerdings muss grundsätzlich jede Partei mit dem Risiko des Scheiterns rechnen und als Folge dessen ihre Kosten tragen.[3] Nur in seltenen Ausnahmefällen kann im Abbruch von Verhandlungen eine Pflichtverletzung liegen, z.B. wenn ein Verhandlungspartner zurechenbar Vertrauen erweckt hat, der Vertrag werde mit Sicherheit zustande kommen, und dann die Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund abbricht; er verletzt dadurch die Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB). Die andere Partei kann dann Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen, die sie im Vertrauen auf den Vertragsschluss getätigt hat.[4] Sie kann jedoch nicht verlangen, so gestellt zu werden, wie sie bei Zustandekommen des Vertrages stünde, da dies auf einen Kontrahierungszwang hinausliefe.[5]

34

Die Haftung für grundlosen Abbruch von Verhandlungen findet i.d.R. keine Anwendung, wenn das Rechtsgeschäft der notariellen Beurkundung bedarf, wie dies bei Kauf oder Abtretung von Geschäftsanteilen der GmbH der Fall ist (§ 15 Abs. 1 GmbHG).[6] Denn dann kommt eine rechtswirksame Vereinbarung erst mit Abschluss des formgültigen Vertrages zustande und eine Haftung aus c.i.c. nur dann in Betracht, wenn das Verhalten nach den gesamten Umständen mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist und eine besonders schwere Treuepflichtverletzung vorliegt.[7] Das Vorspiegeln tatsächlich nicht vorhandener Abschlussbereitschaft kann eine solche vorsätzliche Treuepflichtverletzung darstellen.[8]

35

Neben dem grundlosen Abbruch von Vertragsverhandlungen kommen weitere Fälle der Haftung aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB in Betracht, z.B. die schuldhafte Verhinderung des Zustandekommens eines Vertrages oder die Verletzung von Aufklärungspflichten, die sich auf Wirksamkeitsvoraussetzungen beziehen.[9] Wer Vertrauen auf das Zustandekommen eines Vertrages erweckt, obwohl dem Vertragsschluss ein dem anderen Teil unbekanntes Hindernis entgegensteht, hat den Vertrauensschaden zu ersetzen.[10]

36

Bei Auktionsverfahren[11] ist das Vertrauen in einen erfolgreichen Abschluss der Transaktion von vornherein eingeschränkt, da alle Bieter wissen, dass nur einer von ihnen den Zuschlag erhalten kann.

37

Enttäuschte Bieter, die aus dem Auktionsverfahren ausscheiden, können ihre Beraterkosten und sonstigen Aufwendungen aus c.i.c. unter bestimmten Voraussetzungen geltend machen: Für fahrlässig oder vorsätzlich falsche Angaben über das Kaufobjekt im Informationsmemorandum haftet der Veräußerer gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB; Verschulden der Investmentbank bzw. M&A-Berater muss er sich gem. § 278 S. 1 BGB zurechnen lassen.[12] Gibt der Veräußerer bewusst eine falsche Auskunft über die Zahl der am Verfahren teilnehmenden Konkurrenten, handelt er arglistig und haftet ebenfalls.[13]

38

Eine Prospekthaftung des Verkäufers für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben ist hingegen abzulehnen.[14] Denn das Informationsmemorandum beinhaltet lediglich erste Angaben über die Zielgesellschaft, die den Bieter erst dazu veranlassen, genauere Informationen über das Unternehmen – etwa im Rahmen einer Due Diligence – einzuholen.

39

Die Beweislast für das direkte Vertretenmüssen liegt gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB beim Schuldner; Pflichtverletzung und Schaden muss der Gläubiger beweisen.[15] Diese Darlegungslast trifft jedoch gem. § 138 Abs. 2 ZPO auch den anderen Teil, wenn sich die maßgebenden Tatsachen in dessen ausschließlicher Einflusssphäre abgespielt haben.[16] Diese „sekundäre Beweislast“ nimmt der BGH an, wenn sich die maßgeblichen Vorgänge im Wahrnehmungsbereich des Prozessgegners abgespielt haben und es diesem zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen.[17]

40

Für den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden trägt grundsätzlich der Gläubiger die Beweislast. Eines besonderen Kausalitätsbeweises bedarf es aber nicht, wenn sich die Pflichtverletzung daraus ergibt, dass der Gläubiger bei Abwicklung des Vertrages einen Schaden erlitten hat.[18]

41

Im Vertrauen auf den Abschluss des Vertrages veranlasste Aufwendungen sind als Vertrauensschaden grundsätzlich ersatzfähig.[19] Dies sind beispielsweise die Beraterkosten sowie die Kosten einer Due Diligence oder einer kartellrechtlichen Vorprüfung.

42

Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung kann nur ausnahmsweise bestehen, wenn Erklärungen als Vorvertrag auszulegen sind und das Rechtsgeschäft keiner notariellen Form bedarf. Dann kann ein Anspruch auf Abschluss des Unternehmenskaufvertrages bestehen, der sich bei Nichterfüllung in einen Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses umwandelt.