Das E-Commerce Buch

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Und am Ende kommen die Klassiker

Zum Schluss des Prozesses kommen die klassischen Werkzeuge der Sortimentsanalyse: Durchverkaufsanalyse, ABC-Analyse und Anbieteranalyse. Die Durchverkaufsanalyse – die Frage, ob Verkäufe nach Plan laufen – ist unabhängig vom Online-Business-Modell aktuell. Durchgeführt wird sie jetzt in den kürzeren Zeiträumen des E-Commerce, aber überlebt hat sie sich keineswegs. Wöchentlich wird nachgefragt: Haben wir den Bestand verkauft? Wenn nicht, müssen wir nachbestellen oder – im Fall von einem Direktverkauf-Geschäftsmodell – mehr produzieren?

Die ABC-Analyse, bei der verschiedene Größen aufgeführt und kombiniert werden, gehört nach wie vor zur Schlüsselfunktion im Einzelhandel. Denn auch online – sogar vor allem online – wird ein Preiskampf geführt und entsprechend stark rabattiert. Nicht nur die Höhe der Absatzzahlen, sondern auch die Marge und der Return-on-Investment sind hier interessant. Wurde etwa im Rahmen einer Renner-/Penner-Analyse ein Hype-Produkt entdeckt und mittels Rabatt in die Kategorie Renner geführt, muss die ABC-Analyse hinterher feststellen, wie sich die Aktion auf die Marge ausgewirkt hat und darlegen, welche Folgen das für die Sortimentsplanung haben soll.

Gleichermaßen wichtig bleibt für Händler auch eine Anbieteranalyse, um festzustellen, ob sich Artikel von bestimmten Herstellern und Marken im Webshop gut verkauft haben und zu welchen Bedingungen: Konnten sie mit voller Marge abgesetzt werden? Waren sie stark nachgefragt? Diese Erkenntnisse sind besonders wichtig für Generalisten und Category-Killer, weniger aber für Spezialisten, Herstellershops oder Markenshops, die ohnehin an einen Anbieter gebunden sind.

In den genannten analytischen Punkten bleibt die Arbeit der Beschaffung vorwiegend die des stationären Einzelhandels, nur verschieben sich die Messgrößen.

Zum Beispiel durch den Longtail: Vielleicht kann bei einigen Produkten eine geringere Marge über einen längeren Verkaufszeitraum hingenommen werden, als es in einem stationären Geschäft der Fall wäre? Produkte können „ins Archiv“ wandern, auch wenn sie nicht die Aufmacher auf der Shop-Website sind. Natürlich richten sich solche Entscheidungen auch an der Produktkategorie aus: Modeartikel sind irgendwann nicht mehr gefragt, sodass hier ein schneller Absatz auch online essenziell ist – und sei es mit weitgehendem Abschlag. Bei teuren Möbeln in Handarbeit sehen die Berechnungen und die Zeiträume wieder anders aus.

Und noch einmal anders verhält es sich bei Online-Handelsmodellen wie Mass Customization: Mymuesli.com oder Spreadshirt brauchen eine bestimmte Menge an „Rohmaterial“ – Haferflocken beziehungsweise T-Shirts – ähnlich einem Supermarkt beziehungsweise einem klassischen Geschäft im Kleidungssegment. Allerdings müssen die einzelnen zur Personalisierung verfügbaren Elemente immer wieder auf ihre Rentabilität geprüft werden. Ob etwa eine bestimmte teure Tintenfarbe oder eine begrenzt haltbare Müslizutat vorrätig gehalten werden kann, muss auf Basis von Absatz und Ertrag errechnet werden. Natürlich unter Einbeziehung des Anlock-Effekts: Was muss ein Sortiment in einem bestimmten Segment enthalten, um als attraktiv zu gelten?

Schlussfolgerung

Selbst in den Vollblut-Online-Konzepten bleibt also manche Fragestellung der Beschaffung dieselbe wie eh und je. Nur mit dem Unterschied, dass der Kunde sich jetzt daran gewöhnt hat, online immer alles überall zu bekommen. Unabhängig vom Konzept sind Verfügbarkeit und Sortimentsbreite (und wahlweise -tiefe) erstes Gebot geworden: Breite, wenn es darum geht, Category-Killer (Zalando) oder Multi-Category-Killer (Amazon) zu werden. Tiefe, wenn es darum geht, alle Artikel einer bestimmten Marke erwerben zu können. Die Verfügbarkeit muss einfach stimmen, denn in der digitalen Einkaufsstraße ist jeder Konkurrent nur ein Haus weiter.

Je nach Geschäftsmodell müssen sich Beschaffer Gedanken machen, wie sie online der Aufforderung nach „immer alles“ nachkommen. Und sie haben eine ganze Reihe an neuen digitalen Methoden an die Hand bekommen, dies umsetzen zu können. Das „Überall“ ist dagegen eine Frage für den Vertrieb (siehe 2.4 Vertrieb) sowie die Logistik (siehe 2.6 Logistik).

2.2Produktpräsentation
Einführung

So unterschiedlich die Geschäftsmodelle im E-Commerce sind, so ähnlich sind sich Online-Shops hinsichtlich ihrer Funktionalität – vor allem im sogenannten „Frontend-Bereich“. Dieser beginnt mit der Homepage, die beim Abrufen der Webadresse erscheint und von der aus der User navigiert. Hier sind gewisse Kernfunktionalitäten Pflicht, und die meisten Seiten weisen deshalb einen relativ standardisierten Aufbau auf.

Das ist wie in jeder Einkaufsstraße: Die Läden haben Schaufenster und Eingangstüren, Regale oder sonstige Produktauslagen und einen Verkäufer. Wie viel Ware im Lager aufbewahrt wird, von wem sie kommt oder ob sie sogar im Hinterzimmer direkt vor Verkauf angefertigt wird, ist zweitrangig. Von der Bäckerei unten im Haus, bei der noch handgedrehte Brötchen in der Stube gebacken werden, bis zum mehrstöckigen Elektrofachmarkt, dessen Fernseher und Lautsprecher in Korea hergestellt werden, folgen die meisten Läden einem bewährten Konzept.

Abbildung 2.7: Typische Bestandteile und Features eines Online-Shop-Frontends

Quelle: www.otto.de (abgerufen August 2019)

Eine Verkaufsfläche ohne Fenster und ohne Mitarbeiter? Eigentlich undenkbar. Regale oder Vitrinen zur Zurschaustellung der Produkte? Aus dem klassischen Einzelhandel nicht wegzudenken.

Im E-Commerce läuft es nicht anders. Ob Zalando mit reihenweise T-Shirts direkt aus asiatischer Massenproduktion oder Spreadshirt, bei dem theoretisch jedes Stück in Deutschland personalisiert werden kann: Die Frontend-Bereiche weisen dieselben Merkmale und ähnliche Funktionen auf. Die Fertigungstiefe und die Größe des Unternehmens mögen weit auseinanderklaffen – von Konzernen wie Amazon mit Milliardenumsätzen bis hin zu Zwergen unterhalb der Millionenmarke, von herstellereigenen Online-Shops bis hin zu Gemischtmarktplätzen für allerlei Gebrauchtes wie Ebay –, der Aufbau der E-Commerce-Webseiten ist ähnlich, ob im Browser an einem PC oder auf dem Smartphone. Bei allen Darstellungsunterschieden zu Browser-Varianten folgen auch Mobile-Shops in der Regel einheitlichen Nutzungsstandards – wobei hier natürlich die andere Interaktion durch Multi-Touch-Gesten und kleinere Displays besonderer Beachtung bedarf.

Die Bausteine

Neben der eigentlichen Produktpräsentation bilden folgende fünf Funktionalitäten die Grundausstattung eines jeglichen Frontends:

Produktkatalog/-kategorien,

Suchfunktion,

Benutzer- beziehungsweise Kundenkonto,

Warenkorb,

Empfehlungen/Bannerwerbung/Teaser.

Alle fünf Elemente tragen zu einer kompletten Aufmachung des Shops bei. Ein Online-Shop, dem auf der Startseite ein Link zur Warenkorb-Funktion fehlt – meist mit entsprechendem Warenkorb-Icon –, wäre wie ein Supermarkt ohne Einkaufswagen oder Warenkörbe neben dem Eingang.

Die Elemente können einerseits mithilfe eines „All-in-one“-Shopsystems erstellt werden, andererseits sind auch modular zusammengestellte Systeme weit verbreitet. Bei modularen E-Commerce-Plattformen werden die Elemente von verschiedenen Providern zur Verfügung gestellt und über Schnittstellen zusammengeführt, um die komplette Funktionalität des Frontends anzubieten. Beispielsweise kann eine externe Suchtechnologie auf der Seite eingebaut werden, während Werbung und Empfehlungen über eine externe Recommendation-Engine angeboten werden, die auf Basis von gesammelten Kundendaten oder Daten eines Dritten arbeitet. Für die Kunden bilden solche Elemente allerdings integrale Bestandteile einer nahtlosen Shop-Erfahrung – im Idealfall unabhängig davon, ob der Shop über einen PC-Browser, einen Tablet-Browser oder eine Smartphone-App angesteuert wird.

In diesem Kapitel geht es darum, wie Kunden durch die Elemente Produktkatalog/-kategorien, Suche und Werbung/Empfehlungen zu Produkten geführt werden – und wie die Produktseiten dann aufgebaut sind.

2.2.1On-Site-Nutzerführung

Der User beginnt seinen Besuch entweder auf der Homepage des Shops oder springt zum Beispiel nach einer Google-Suche direkt auf eine spezielle Landingpage oder Artikeldetailseite. Danach verläuft der Besuch dann meistens nicht quer durch die Website, sondern hierarchisch: Auf Homepage und Landingpage sind die Produktsuche sowie die Produktkategorien sichtbar. Dabei hat sich generell etabliert, dass Listen und Kategorisierungen links und Suchfelder eher oben zu verorten sind. Auch Nutzer, die neu im Shop sind, kennen sich daher intuitiv aus und neigen dazu, mit dem gewohnten Navigationsverhalten weiterzumachen.

 

Der Betreiber eines Online-Shops kann also davon ausgehen, dass einem User fast immer am Anfang des Besuches dasselbe Instrumentarium an Frontend-Werkzeugen angezeigt wird. Dabei gibt es grundsätzlich vier Navigationspfade, die von der jeweiligen Einstiegsseite zu den einzelnen Produkten führen:

Produktkategorien und -kataloge,

Filter,

On-Site-Suche,

Links, Bannerwerbung oder Empfehlungen.

Am aufwendigsten ist für Nutzer die Navigation anhand von Produktkategorien und -katalogen: Hier vergehen einige Klicks und verhältnismäßig viel Zeit im Shop, bis eine spezifische Produktseite aufgerufen wird. Am schnellsten hingegen ist der Zugang über Werbung oder Empfehlungen, da diese den User meist mit nur einem Klick von der Einstiegsseite zu einer Produktseite befördern. Wir beleuchten nun diese vier Möglichkeiten hinsichtlich ihrer Häufigkeit, des erforderlichen technischen Aufwands und ihrer Aussagekraft über Kundenwünsche und -ziele.

Produktkategorien und -kataloge

Die Datenstruktur, nach der die im Shop verfügbaren Produkte organisiert werden, ist häufig aufwendig konzipiert. Die Klassifizierung von Artikeln ist eine komplizierte Angelegenheit: Welche Produktklassen werden gebraucht? Wie viele Ebenen von Unterklassen soll es geben? Was tun mit Produkten, die zwei oder drei Klassen zugeordnet werden könnten?

Einzelne Produktklassifikationssysteme unterscheiden sich zwar in Bezug auf ihre Anwendbarkeit für verschiedene Branchen. Ein einheitliches Merkmalsystem zur Beschreibung der Artikel ist aber Pflicht, ob es sich nun um MP3-Downloads oder Rasenmäher handelt. Dabei werden Produkte anhand kaufmännischer Stammdaten oder technischer Basismerkmale eindeutig einer definierten Produktklasse zugeordnet. Diese Struktur ist baumartig, mit den einzelnen Klassen und den jeweiligen Mitgliedsprodukten am Ende des Astes.

Bei einem MP3-Lied wird beispielsweise zunächst eine Gattung definiert, danach der Interpret und dann das Album, aus dem es stammt. Wird das Lied nicht über ein auf Musik spezialisiertes Portal wie Itunes, sondern über einen Allesverkäufer wie Amazon angeboten, muss die Klassifizierung nach unten zur Wurzel hin ausgebaut werden: Vor „Gattung“ kommt dann noch „MP3-Lied“ und davor noch die Produktgruppe „Musik“.

Bei einem Rasenmäher, der über den Online-Shop eines Gartengeräteherstellers verkauft wird, würde die übergreifende Klasse „Gartengeräte“ wegfallen. Anfangen würde die Klassifizierung bei „Rasenmäher“. Danach wäre der Klassifizierungsweg über den Motor denkbar – also Verbrennungsmotor oder elektrisch. Dann könnte in den zwei Klassen weiter unterschieden werden über Drehzahl beziehungsweise Watt. Anschließend könnte die Klassifizierung über die Größe, über das Gewicht des Geräts oder über die Schnittbreite der Klingen weitergehen.

Dieser strikten Produktklassifikation im Sinne der Datenstrukturierung steht eine lockerere Produktkategorisierung gegenüber. Letztere ist für die Navigationsstruktur wichtig, denn ein Produkt kann zu mehreren Kategorien gehören und logischerweise von Kunden dort gesucht werden. Für den Kunden ist es unwesentlich, welcher Klasse die von ihm gesuchte Ware bei dem jeweiligen Händler angehört: Er möchte sie dort vorfinden, wo er sie vermuten würde.

Das Problem wird am Beispiel eines Männerstiefels aus braunem Leder deutlich. Für Modeartikel gibt es besonders viele Möglichkeiten der Klassifizierung: Die eine denkbare Baumstruktur würde beispielsweise mit der Unterscheidung Herren- und Damenmode ansetzen und sich sofort in zwei Äste aufgabeln. Auf der Herrenseite würden sich dann Klassifizierungen wie Hosen, Hemden und Schuhe ergeben, auf der Damenseite käme noch die Klasse Röcke dazu. Der Baum könnte aber ebenfalls völlig anders ansetzen: mit Produktklassen wie Hosen, Hemden, Röcken und Schuhen, bei denen erst später die Unterscheidung Herren- und Damenmode eintritt (oder bei manchen Unisex-Produkten gänzlich entfällt).

Durch Produktkategorisierungen gelingt die Quadratur dieses Kreises: Da ein Produkt nur einer Klasse, dafür aber mehreren Kategorien angehören kann, kann es über unterschiedliche Zugangswege gefunden werden. Daher basieren gute Navigationsstrukturen auf Kategorien und nicht auf Klassifizierungen. So ergeben sich Klickpfade über Herrenmode sowie über Schuhe zu unseren braunen Lederstiefeln für Männer.

Hinzu kommt, dass Kategorien – im Gegensatz zu Klassifizierungen – zeitlich befristet sein können. Im Herbst könnte ein Modehändler etwa kurzzeitig die Kategorie „Fit für den Winter“ als Sonderrubrik einführen, in der neben Mänteln und Handschuhen ebenfalls Lederstiefel zu finden sind. Im Sommer hingegen könnten Stiefel in der Rubrik „Sale“ aufgenommen werden, da sie sonst wenig nachgefragt werden. Insofern ist es denkbar, dass unsere Stiefel in der Navigation des Online-Shops in der Ergebnismenge dreimal erscheinen könnten, sowohl unter dem Pfad „Herren – Schuhe – Stiefel“ als auch unter dem Pfad „Schuhe – Herren – Stiefel“ sowie in der Kategorie „Sale“.

Es wird hier sofort sichtbar, wie viele Kategorien sich quer über den Klassifizierungsbaum hinwegziehen: Bademode kann beispielsweise eine eigene Kategorie sein sowie eine Unterkategorie von Damen- und Herrenmode. Ebenfalls könnten einzelne Bademodeartikel entweder in der Kategorie „Neuheiten“ oder gegen Ende des Verkaufszyklus als Rabattartikel bei „Sale“ angepriesen werden.

Diese mehrfache Zuordnung von Produkten in der Sortimentsnavigation kann manuell oder automatisch erfolgen. In der manuellen Variante bindet der Shopmanager des Online-Auftritts einzelne Produkte oder Produktkategorien in verschiedenen Rubriken ein. Bei Ebay ist dieser Schritt sogar jedem Verkäufer zu raten: Beim Einstellen eines Artikels wird dem Verkäufer eine Produktklasse aufgezwängt und es liegt an ihm, den Artikel auch in anderen Kategorien hinzuzufügen.

Bei größeren Online-Shops muss die mehrfache Zuordnung automatisch erfolgen. In diesem Fall basiert sie üblicherweise auf Attributen der Produktdaten. Bei unserem Herrenstiefel in einer Klassifizierung nach Herren- und Damenmode würde die Kategorisierungsregel lauten, dass alle mit dem Wort „Schuhwerk“ verschlagworteten Produkte ebenfalls der Kategorie „Schuhe“ zuzuordnen sind. Anders herum lautet die Regel, wenn der Klassifizierungsbaum mit Klassen wie Hemden, Jacken, und Schuhe aufgebaut wäre: Hier wären mit „Herrenmode“ verschlagwortete Produkte ebenfalls der Kategorie „Herren“ zuzuordnen. Wiederum würde eine Regel für die Kategorie „Fit für den Winter“ lauten, dass alle mit dem Attribut „Stiefel“ gekennzeichneten Produkte aufgenommen werden – aber nicht solche, die nur als „Schuhe“ oder „Sneakers“ bezeichnet sind.

Daher ist es wichtig, mit einer gut gepflegten Produktdatenbank zu arbeiten: Nur auf einer gesunden Datenbasis lassen sich so verschiedene Kategorien ausprobieren und ändern.

Alle Produktdaten – auch Seriennummern und sonstige Identifikatoren – müssen in die Datenbank eingepflegt werden. Denn wenn etwa der Hersteller einen Abschlag im Rahmen einer Sonderaktion ankündigt, würde eine neue zeitlich befristete Kategorie für dessen Ware entstehen: Regeln für die Kategorie müssten auf dem Herstellernamen oder seinen Produktkennzeichnungen basieren. Ebenfalls denkbar für Kategorisierungen sind Business-Rules: Sobald ein Produkt rabattiert wird, müsste es etwa auch in der Kategorie „Sale“ auftauchen. Daher müssen Produktdatenbanken und sonstige Informationen stets auf dem aktuellsten Stand sein.

Filter

Eine taugliche Verschlagwortung inklusive Attributen ist auch die Grundlage für einen gelungenen Filter. Das Vorgehen mit Filtern stellt bei vielen E-Commerce-Plattformen eine beliebte Variante der Navigation dar. Nachdem ein User sich bis zu einer gewissen Produktkategorie oder -klasse durchgeklickt oder eine Suche im Shop durchgeführt hat, kann er einen Filter einsetzen, um die Ergebnisse auf seine genauen Bedürfnisse anzupassen. Bei Herrenstiefeln wäre die erste interessante Filtermöglichkeit vermutlich die Schuhgröße. Indem er „Größe 45“ anklickt, würde der User dann nur noch die Artikel angezeigt bekommen, die in dieser Größe verfügbar sind. Ebay oder Otto zeigen, wie intuitiv und visuell ansprechend Filternavigation sein kann. Die Farben von Kleidung und Schuhwerk werden dort beispielsweise mit entsprechend kolorierten Kacheln angeboten.

Mit solchen Kniffen spielt E-Commerce seine Vorteile aus. Eigentlich ist das Stöbern und Wühlen gefühlt eine recht analoge Sache, bei der sich das Auge einen schnellen, aber umfassenden Überblick über das Sortiment im Geschäft verschafft und Artikel in die Hand genommen werden können. Doch die Möglichkeit, sofort per Filter Unwesentliches wie nicht in der richtigen Größe verfügbare Schuhe auszusortieren, gibt es in einem klassischen Laden nicht – sie ist ein wesentliches Merkmal eines erfolgreichen Longtail-Ansatzes (siehe 2.1 Beschaffung). Dies befiehlt Folgendes:


Abbildung 2.8: Beispiele von Filtern

Quelle: www.otto.de (abgerufen August 2019)

1.Make everything available.

2.Help me find it.

Wenn also das erste Prinzip dieser im E-Commerce entscheidenden Strategie „Alles zur Verfügung stellen“ heißt, lautet das unausweichliche zweite Prinzip: „Hilf mir dabei, es zu finden.“ Bei der Menge an verschiedenen Artikeln und Varianten, die Longtail-Beschaffung mit sich bringt, helfen Filter dem einzelnen Kunden, das jeweils für ihn selbst passende Produkt zu finden.

Nicht nur deswegen wird in Online-Shops also tatsächlich viel gestöbert. Einige Nutzer klicken sich über Produktkategorien und Filter durch die Seite, weil sie sich einen Überblick des Shops verschaffen wollen – ebenso wie viele Kunden das in einer herkömmlichen Einzelhandelsfläche auch tun.

Abbildung 2.9: Beispiel für ein dynamisch skaliertes Suchfeld

Quelle: www.amazon.de (abgerufen August 2019)

Suche

Beliebter ist bei den meisten Shops allerdings die Suche, die durchschnittlich von jedem zweiten Besucher als primäres Navigationsinstrument genutzt wird. Die Nutzung der Suche entspricht offline dem Ansprechen von Verkäufern und ist Ausdruck eines zielgerichteten Einkaufsverhaltens. Der Online-Handel kann diesem Verhalten viel besser entgegenkommen als der stationäre Handel, ist doch das Suchfeld im Gegensatz zu Verkäufern ständig für alle ansprechbar. Für viele Konsumenten im E-Commerce übernimmt die On-Site-Suche sogar die Rolle einer Suchmaschine. Nach neuen Stiefeln wird also nicht immer über Google gesucht, sondern direkt bei Amazon, Zalando und Co. Die hohe Bedeutung der Suche wird auch durch deren prominente Platzierung im Shop deutlich: Bei Amazon wächst das Suchfeld beispielsweise mit steigender Breite des Browserfensters mit.

Ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Besuchern, die die Suchfunktion in einem Online-Shop nutzen, lässt auf Kunden schließen, die sehr fokussiert sind und genau wissen, was sie einkaufen wollen. Diesen gilt es mit einer leistungsfähigen Suche entgegenzukommen, die sie direkt zu den Produkten führt, die sie interessieren. Dennoch wird in vielen Online-Shops die Suche etwas stiefmütterlich behandelt.

Dabei sollte die Suche einen integralen Teil des Shopsystems darstellen – nicht zuletzt deswegen, weil die abgegebenen Suchanfragen eine sehr hohe Bedeutung für die Sortimentsgestaltung haben könnten (siehe 2.1 Beschaffung). Wichtig bei einer Shop-Suchmaschine ist nicht nur, dass sie binnen weniger Nanosekunden das gesamte Produktsortiment durchforsten kann, sondern auch, dass sie den Kunden direkt zum gewünschten Ergebnis innerhalb des Shops führt.

 

Dazu tragen Funktionen wie eine Kategorieauswahl bei: Gibt der Kunde bei Amazon etwa einen Musiker ein, werden ihm Produktkategorien wie „MP3“ oder „CD“gezeigt. Hat der Musiker auch Konzertfilme herausgebracht, wird auch „DVD“ als Kategorie angezeigt. So kann der Kunde direkt auf die passende Kategorie klicken und sich einige Wörter und weitere Suchanfragen sparen.

Hier helfen auch Vervollständigungsvorschläge: Tippen Sie bei Zalando „jeans“ ins Suchfeld, werden sofort „jeans hose“, „jeanshose“, „jeans slim fit“ und „jeansleggings“ angezeigt. Eine solche Suggest-Suche, wie jeder das auch von Google kennt, kommt Kunden entgegen, die auf der Suche nach Artikeln mit langen Bezeichnungen sind, sowie solchen Nutzern, die unregelmäßig eine Computertastatur bedienen oder auf kleinen mobilen Geräten unterwegs sind. Auch hilft es bei Rechtschreibunsicherheiten: Wer zum Beispiel nicht weiß, ob es korrekt „Jeanshose“ oder „Jeans-Hose“ heißt, freut sich, mittels der Vorschläge zu erfahren, dass dies für die Suche unbedeutend ist.

Das geht auf Fehlertoleranz zurück. Eine gute Suche im E-Commerce passt sich den häufig vorkommenden Eingabefehlern der Kundschaft an, statt sich als Deutschlehrer aufzuspielen. Bei Eingaben im Netz nehmen es viele Kunden mit der Großschreibung nicht so genau, vertauschen Buchstaben beim Tippen oder nehmen sich einfach nicht die Zeit, über die korrekte Rechtschreibung nachzudenken. Auch klassische Falschschreibungen wie „Fahrad“ oder „Komputer“ (und noch viel Haarsträubenderes) gilt es zu berücksichtigen. Die Suchmaschine sollte eine korrekte Version entweder bei oder kurz nach der Eingabe vorschlagen.

Auch muss die Suche damit umgehen können, dass die deutsche Sprache sehr wortreich ist und viele Begriffe oftmals nicht klar voneinander abgegrenzt werden können: Des einen Jackett ist des anderen Sakko. Einige suchen Unterwäsche, die anderen Unterhosen, und wieder andere sind auf der Suche nach Slips. Eine Suchmaschine, die bei der Suchanfrage „Sakko“ nur entsprechend verschlagwortete Produkte anzeigt – und keine „Jacketts“ –, schränkt die Auswahl unnötig ein und stellt dem Kunden nicht alles vor, was für ihn interessant sein könnte.

Daher sind möglichst vollständige Synonymlisten unverzichtbar, die kontinuierlich auf Basis der Nutzerinteraktionen verbessert werden.

Eine gute Suche führt in wenigen Klicks entweder direkt zu einem interessanten Artikel oder zu einer Auswahl an Produkten. Dann können diese mit einem vorhandenen Filter (siehe oben) weiter eingegrenzt oder die Suche anderweitig präzisiert werden. Die Annahme liegt nahe, dass Kunden, die keinen schnellen Sucherfolg erleben, die Seite eher verlassen, als zum Navigationsmodus „Produktkategorien“ zu wechseln, schließlich sind sie doch zielgerichtet auf einen zügigen Erfolg aus. Deshalb sollte – selbst wenn die Suche keinen genauen Treffer im Shop für eine Eingabe findet – tunlichst vermieden werden, dem Kunden dies unverblümt mitzuteilen. Besser als „Keine Treffer gefunden“ ist der Hinweis: „Es konnten leider keine genauen Übereinstimmungen zu Ihrer Suchanfrage gefunden werden, aber vielleicht gefallen Ihnen die nachfolgenden Vorschläge …“ Die dann dargestellten Vorschläge können beispielsweise aus der Recommendation-Engine stammen (siehe unten) und ähnliche Produkte zeigen. Vielleicht ist das gesuchte Produkt ja dann doch darunter, oder ein anderes Produkt passt sogar besser? Oder der User wird verleitet, noch eine andere Suche zu probieren. Wie so viele Studenten wissen: Wer eine Prüfungsfrage gar nicht beantwortet, bekommt garantiert Null Punkte. Bei dem Versuch, auf der Basis verfügbaren Wissens eine Antwort – auch eine ungefähre – zu finden, erhöhen sich quasi automatisch die Chancen auf mindestens ein paar Punkte.

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