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Tausend und Ein Gespenst

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Inzwischen kam ich dem Neger kaum näher, und ich weiß nicht einmal, ob ich ihn trotz der Art von Wuth, welche ich darauf verwandte, ihn zu verfolgen, jemals eingeholt haben würde, wenn nicht die unglückliche Frau, die er forttrug, indem sie an einem Zweige vorüberkam, sich mit einer solchen Kraft an denselben geklammert hätte, daß ihr Entführer plötzlich stehen blieb, sie umschlang und sich alle Mühe gab, ihr den Zweig zu entwinden, während sie fortfuhr zu rufen: – Zu Hilfe! zu Hilfe! im Namen des Himmels, verlassen Sie mich nicht!

Ich war nur noch fünf und zwanzig bis dreißig Schritte von ihr, als plötzlich der Neger, welcher sah, daß er angegriffen werden würde, beschloß, zuerst anzugreifen, und indem er die Frau losließ, mit erhobenem Stocke auf mich zu kam.

In drei Sprüngen befand er sich mir gegenüber. Ich stieß einen Ausruf des Erstaunens aus; das, was ich für einen Neger gehalten hatte, war ein Affe.

Glücklicher Weise hatte auch ich einen Stock, und da ich ihn ziemlich geschickt anzuwenden verstand, so setzte ich mich bald in Vertheidigungsstand, denn von dem Angreifenden war ich der Angegriffene geworden.

Was die Frau anbelangt, so hatte sie, so bald sie sich frei gefühlt, einen Kreis beschrieben und eine Zuflucht hinter mir gesucht, indem sie dabei ausrief: – Muth! Muth! mein Herr! befreien Sie mich von diesem Ungeheuer! verlassen Sie mich nicht!

Indem ich immerhin das Rad schlug, um zu pariren, und indem ich ihm Stöße auf die Brust versetzte, die ihn stöhnen, aber nicht die Lust verlieren ließen, betrachtete ich meinen Gegner genau. Er war ein großer, ganz behaarter Affe, der beinahe sechs Fuß groß war, einen grauen Bart hatte, und der den Stock mit einer Geschicklichkeit und einer Thätigkeit handhabte, welche ihm beinahe den Vortheil gegeben hätte. Glücklicher Weise für die Ehre der Wissenschaft geschah dem nicht so. Nach Verlauf von zehn Minuten des Kampfes begann er mit zerschmetterten Fingern, eingestoßenem Magen und blutender Schnauze sich zurückzuziehen; aber dieser. Rückzug hatte nur zum Zwecke, einen Baum zu erreichen, auf den er rasch kletterte, nicht um sich auf demselben fest zu sitzen, sondern um von seiner Höhe aus auf mich herabzustürzen. Glücklicher Weise sah ich die Bewegung, errieth den Plan, zog meinen Hirschfänger, und streckte ihn mit der ganzen Länge meines Armes über meinem Kopfe aus. Die beiden Bewegungen des Angriffes von Seiten des Affen und der Vertheidigung von der meinigen waren gleichzeitig. Ich fühlte auf meinen Kopf eine Last fallen, die ich nicht zu ertragen vermogte, mein Gegner und ich rollten beide auf den Boden. Nur stand ich allein wieder auf, der Hirschfänger hatte ihm das Herz durchbohrt.

Das Thier stieß einen Schrei aus, biß mit seinen Zähnen in das Gras, wühlte mit seinen Nägeln den Boden auf, machte zwei bis drei krampfhafte Bewegungen, und verschied.

O! was die Jagd für eine schöne Sache ist! rief ich aus, wenn man mich jemals wieder dazu bringt, so soll mich der Teufel holen.

– Bedauern Sie denn, auf die Jagd gekommen zu sein? sagte hinter mir eine liebliche Stimme.

– O! mein Gott, nein, sagte ich, indem ich mich umwandte, da ich Ihnen habe nützlich sein können, mein schönes Kind. Aber wie der Teufel befinden Sie Sich in dem Walde? welches Vergnügen finden Sie daran, mit einem Affen zu leben? und woher kömmt es, daß Sie Französisch sprechen?

– Ich bin in dem Walde, weil ich dahin getragen worden bin, ich fand kein Vergnügen daran, mit einem Affen zu leben, da ich Sie zu Hilfe gerufen habe, um mich von ihm zu befreien, und ich spreche Französisch, weil ich Kammerjungfer bei Frau de la Gèronniére war.

– Dann, rief ich aus, heißen Sie Schimindra?

– Ja.

– Sie sind dieses junge Mädchen, das vor jetzt bald zwei Monaten verschwunden ist?

– Ja, aber wie wissen Sie meinen Namen, wie wissen Sie mein Abenteuer?

– Bei Gott, weil Herr de la Gèronniére mir Ihr Abenteuer erzählt und mir Ihren Namen gesagt hat.

– Sie kennen Herrn de la Gèronniére?

– Ich jage mit ihm. Er befindet sich in dem Walde; aber in welchem Theile des Waldes? ich weiß es nicht, denn ich muß Ihnen gestehen, daß ich mich vollkommen verirrt habe.

– O! das darf Sie nicht beunruhigen, ich kenne meinen Weg.

– Warum sind Sie dann, da Sie Ihren Weg kennen, nicht nach der Wohnung zurückgekehrt?

– Weil dieses abscheuliche Thier mich weder bei Tage noch bei Nacht aus dem Gesicht verlor. Ich habe zwanzig vergebliche Versuche gemacht, um zu entfliehen, und wenn die Vorsehung Sie nicht an diesen Bach geführt hätte, so ist es wahrscheinlich, daß ich die Häuser der Menschen niemals wiedergesehen hätte.

– Nun denn! sagte ich zu ihr, wenn Sie mir folgen wollen, so lassen Sie uns so schnell als möglich die Häuser der Menschen wieder erreichen, da ich Ihnen gestehen muß, daß ich mich dort mehr in Sicherheit halte, als hier.

– Es sei, und ich bin bereit, Ihnen zu folgen, aber zuvor lassen Sie mich Ihnen ein Geheimniß sagen, in welchem Sie die Belohnung für die gute That finden werden, die Sie so eben vollbracht haben.

– Ah! Bah!

– Dieser abscheuliche Orang-Outang, von dem sie mich so eben befreit haben, gehört gerade diesem Affengeschlechte an, von dem Sie vielleicht haben sprechen hören, und aus dem man den reinsten Bezoar gewinnt.

– Wahrhaftig!

– Sie können sich davon überzeugen, während ich mit Hilfe einiger Cokosblälter die Verwirrung meiner Toilette herstellen werde.

Ich betrachtete die schöne Schimindra, deren sehr in Unordnung gerathene Toilette in der That nöthig hatte, wieder hergestellt zu werden, und ich gestehe, daß es nichts Geringeres bedurfte, als des Gedankens, daß diese Unordnung von einem Affen herrührte, um mir die Lust zu benehmen, sie noch zu vermehren.

Ich gab daher der schönen Schimindra einen Wink,.daß sie sich der Ausbesserung hingeben könnte, welche sie wünschte, und begann voller Neugierde, Furcht und Hoffnung mit Hilfe des Jagdmessers, das mir an diesem Tage so wichtige Dienste erwiesen hatte, zu der Zergliederung meines Feindes zu schreiten.

Schimindra hatte mich nicht betrogen; ich fand in den Eingeweiden des Thieres einen schönen blauen Stein mit goldenen Adern von der Größe eines Taubeneies.

Das war einer der schönsten Bezoare, die man sehen konnte.

– Wenn ich Ihnen jetzt einen Rath zu geben habe, sagte Schimindra, so ist es der, sich gegen Niemand zu rühmen, daß Sie einen solchen Schatz besitzen, da Sie ihn nicht lange besitzen würden, müßte man Sie auch ermorden, um Ihnen denselben zu nehmen.

Ich dankte Schimindra für den Rath, und da die Kokette sich eine hübsche Schürze von Cokosblättern gemacht hatte, da Nichts uns, weder den einen, noch die andere im Walde zurück hielt, da ich im Gegentheile das heißeste Verlangen empfand, ihn zu verlassen, so forderte ich, Schimindra auf, mir zum Führer zu dienen, und den kürzesten Weg einzuschlagen, um nach den Pflanzung zurückzukehren.

Zwei Stunden nachher kamen wir in Hala-Hala zum großen Erstaunen, und besonders zur großen Freude aller Bewohner der Pflanzung an, welche mich wie Schimindra für verloren hielten, und die mich mit ihr zurückkehren sahen.

Ich erzählte meine Abenteuer, Schimindra erzählte die ihrigen, aber weder der eine noch die andere von uns sagte ein Wort von dem Bezoar.

XI.
Vanly-Tching

Acht Tage nachher war ich in Bidondo eingerichtet, und da ich durchaus einer Art von Haushälterin bedurfte, um sie an die Spitze meines Haushaltes zu stellen, so hatte ich die schöne Schimindra von Herrn de la Gèronniére verlangt, der sie mir artiger Weise bewilligt hatte.

Meine Wahl war getroffen. Der Handelszweig, den ich zu treiben beschlossen hatte, war die Cigarre von Manila.

In der That, die Cigarre von Manila macht selbst in Europa der Havannacigarre ernste Concurrenz und in den indischen Meeren wird sie ihr vorgezogen.

Was mir besonders diesen Gedanken eingegeben hatte, war, daß bei Herrn de la Gèronniére die schöne Schimindra mit dem Fache der Cigarren beauftragt war. Ich beschloß daher, damit der Nutzen weit wirklicher wäre, statt ganz fertige Waare zu kaufen, sie selbst anfertigen zu lassen, und Schimindra an die Spitze des Geschäftes zu stellen.

Nichts war leichter. Man baute eine Art von Schoppen in dem Garten; Schimindra nahm zehn junge Tagalesen an, von denen einige aus der königlichen Fabrik von Manila kamen, und von dem folgenden Tage an hatte ich das Vergnügen, mein Unternehmen in voller Thätigkeit zu sehen.

Dank der thätigen Aufsicht Schimindras, Dank ihrer Kenntniß des Geschäfts, hatte ich Nichts mehr zu thun, als spazieren zu gehen, das war es, was mich ins Verderben stürzte.

Es ist unglaublich, wie sehr ein hingeworfenes Wort, hätte es auch keinen gesunden Verstand, sich zuweilen in dem Kopfe festsetzt und darin Wurzel schlägt. Man wird sich jener Paar Worte erinnern, welche mein Correspondent bei dem Abendessen des Herrn de la Gèronniére über die Chinesinnen und über diese fünfte, von ihm projektirte Heirath gesagt hatte, nun denn! es gab keinen Tag und besonders keine Nacht, wo ich nicht daran dachte. Kaum lag ich zu Bett, kaum hatte ich die Augen geschlossen, kaum war ich eingeschlafen, als eine wahre Prozession von Chinesinnen vor meinem Bette vorüberzog, indem sie mir Füße zeigten. . . Aber Füße, denen der Pantoffel Aschenbrödels zum Schlappen hätte dienen können, und Was das Merkwürdigste dabei ist, daß ich Schimindra bei mir hatte, welche das war, was man eine wahre Schönheit nennen konnte, daß ich in meiner Cigarrenfabrik zehn kleine Schelminnen hatte, von denen die häßlichste mit ihren großen schwarzen Augen, mit ihren langen sammetnen Augenwimpern, mit. . . kurz, mit alle dem, was sie hatten, einem Pariser den Kopf verdreht hätten, und indem sie alles das halten, träumte ich doch nur von Chinesinnen.

 

Daraus ging hervor, daß, sobald ich aufgestanden, ich in das chinesische Quartier ging, indem ich in alle Läden eintrat, Fächer, Porzellane, Schirme erhandelte, hier ein Paar Worte Chinesisch, dort ein Paar Worte Cochinchinesisch lernte, alle Arten von Komplimente den kleinen Füßen kauderwälschte, welche mir in den langen Kleidern verborgen blieben, und des Abends weit entschlossener als jemals zurückkehrte, mir meine chinesische Laune zu gewähren.

Bei alle diesem hatte ich eine liebenswürdige kleine Theehändlerin angetroffen, welche einen der hübschesten Läden von Bidondo besaß, die mich besonders durch die Art und Weise angezogen hatte, mit welcher sie ihren Reis mit Hilfe jener kleinen Stricknadeln aß, die den chinesischen Damen zu Löffeln und Gabeln dienen; es war keine Geschicklichkeit mehr, es war Gaukelei, und ich glaube in Wahrheit, daß die schöne Vanly-Tching aus Koketterie Pilau bringen ließ, wenn Fremde da waren.

Beiläufig werden Sie bemerken, daß die beiden Worte: Vanly-Tching, zehn Tausend Lilien sagen wollen; Sie sehen, daß die Pathen meiner Chinesin Gerechtigkeit widerfahren, und ihr einen Namen gegeben hatten, der in Uebereinstimmung mit ihrer Schönheit stand.

Ich zog bei meinem Korrespondenten Erkundigungen über die schöne Chinesin ein; bei dem ersten Worte, das ich aussprach, erhob mein Correspondent seinen Finger zu der Höhe meines Auges, und rief aus:

– Ah! Schelm!

Was so viel sagen wollte, als: – Schön, schön, Sie haben keine unglückliche Hand, auf den ersten Blick den Finger auf diese gelegt zu haben; gut!

Ich verstand Alles das, und drang deshalb nur um so mehr in ihn; nun erfuhr ich, daß die schöne Vanly-Tching eine kleine chinesische Waise wäre, welche von einem berühmten Arzte aufgenommen worden sei, der verliebt in sie geworden, als sie noch nicht zwölf Jahre alt war, und sie geheirathet hatte, obgleich er fünfundsechzig alt war. Die Vorsehung hatte daher auch nicht gewollt, daß eine so unverhältnißmäßige Ehe lange dauerte. Nach Verlauf von drei Monaten war der gute Arzt an einer Krankheit gestorben, in welcher er selbst nicht klar gesehen hatte, aber er war sehr glücklich gestorben, denn nicht ein Mann konnte sich rühmen, in seiner Krankheit so verpflegt worden zu sein, wie er von seiner jungen und würdigen Frau verpflegt worden war; er hatte ihr daher auch Alles vermacht, was er besaß, was sich auf zwei bis drei Tausend Rupien belief. Das war eine sehr armselige Belohnung für die Aufopferung, welche die Wittwe während der Krankheit entfaltet hatte, und besonders für den Schmerz, den sie nach dem Tode hatte ausbrechen lassen.

Nur hat die junge Wittwe mit diesen drei Tausend Rupien, die sie geerbt hatte, in dem am wenigsten scheinbaren Quartiere der Stadt einen kleinen Hantel mit Fächern gegründet, der durch ihre Sparsamkeit und ihre Umsicht auf eine wunderbare Weise zu gedeihen begann.

Was aber besonders merkwürdig bei der vorzeitigen Wittwenschaft der schönen Vanly-Tching war, ist, daß sie, statt auf alle die Anträge der Eleganten von Bidondo zu hören, statt durch irgend eine Unvorsichtigkeit den Ruf von Sittsamkeit zu verlieren, den sie sich erworben hatte, niemals andere Aufmerksamkeiten, als die eines alten Mandarinen, eines Freundes ihres Gatten, annehmen wollte, welcher alle Tage kam, um mit ihr den Verlust zu beweinen, den sie erlitten hatte. Aus diesen täglichen Besuchen ging hervor, daß die Wittwe und der Mandarin die Gewohnheit annahmen mit einander zu weinen; die eine über ihren Gatten, der andere über seinen Freund, so daß man eines Morgens erfuhr, daß die beiden Untröstlichen sich Verheirathen würden, um den Seligen mehr nach ihrer Bequemlichkeit zu beweinen.

Ein Jahr nach dem Tode ihres ersten Gatten hatte die schöne Vanly-Tching also den Mandarin geheirathet; aber sobald sie einmal vereinigt, sobald sie sich einmal vom Morgen bis zum Abend einander gegenüber befunden, scheint es, daß die beiden Neuverehelichten so viel weinten, so viel weinten, daß der Mandarin, der fünfzig Jahr alt war, diesem Strome von Thränen nicht zu widerstehen vermogte, und daß er nach Verlauf von zwei Monaten starb.

Die schöne Vanly-Tching, welche erst fünfzehn Jahre alt war, ertrug natürlicher Weise den Schmerz besser, so daß sie, obschon sie zugleich ihren ersten und ihren zweiten Gatten zu beweinen hatte, bald durch ihre Thränen weit schöner und weit strahlender als jemals wieder erschien.

Sie hatte von ihrem Mandarin fünf bis sechs Hundert Pagoden geerbt, so daß sie mit diesem Zuwachse von Vermögen in ein weit anständigeres Quartier ziehen, und einen weit ausgedehnteren Handel treiben konnte. Sie ging daher von dem Fächer zu dem Porzellan über, und der Ruf der schönen Handelsfrau begann sich in Bidondo zu verbreiten.

Dieser Ruf verbreitete sich dermaßen, daß der Civildichter von Bidondo, der den ersten und den zweiten Gatten der schönen Vanly-Tching gut gekannt hatte, und der dem zu Folge hatte würdigen können, wie sehr der Doctor während der drei Monate, und der Mandarin während der zwei Monate, welche sie mit ihr gelebt hatten, glücklich gewesen waren, sich unter ihre Bewerber reihte, um sie zu trösten. Vanly-Tching erklärte, daß sie so schmerzlich betroffen wäre, daß sie die Sache für unmöglich hielte; aber der Civilrichter beharrte, und sie antwortete am Ende, daß sie es wohl versuchen wollte

Die Verheiratung fand nach Verlauf von einem Jahr statt; denn, obgleich diese Frist nicht durchaus nothwendig ist, so war Vanly-Tching doch eine so treue Beobachterin der Schicklichkeit, daß sie um Nichts auf der Welt hätte versuchen mögen, sich vor dem Ziele zu trösten. Aber der Civilrichter hatte nicht die Freude, zu einer vollständigen Tröstung zu gelangen, da er ohngefähr einen Monat nach seiner Verheirathung, am Morgen nach dem Tage, wo er eine ziemlich beträchtliche Summe von einem entfernten Verwandten geerbt, den er in Macao hatte, und wo er einigen Freunden ein Mittagessen gegeben, um dieses glückliche Ereigniß zu feiern, an einer Unverdaulichkeit an Schwalbennestern starb.

Bevor er aber starb, erklärte er, daß der letzte Monat der glücklichste seines Lebens gewesen wäre. Da er gerade die Summe eingenommen hatte, als er erfuhr, daß die Summe ihm vermacht worden wäre, so konnte die schöne Wittwe, Dank dieser Einnahme, ihren Handel ausdehnen, und in der Hauptstraße von Bidondo den Prachtvollen Theeladen gründen, in welchem ich sie hatte den Kopf bewegen und Reis essen sehen.

Wie Sie wohl begreifen werden, verdrehten alle diese Auskünfte mir vollends den Kopf. Die schöne Vanly-Tching war sehr oft Wittwe, aber sie war so wenig verheirathet gewesen, daß sie nothwendiger Weise die Huri sein mußte, von der ich so angenehm geträumt hatte. Ich eröffnete daher meinem Correspondenten das sehr lebhafte Verlangen, das ich empfand, ihr vierter Gatte zu werden, und sie zu meiner fünften Frau zu nehmen.

Man sagt den Frauen nie etwas Neues, wenn man ihnen sagt, daß man sie liebt, weil sie unsere Liebe immer vor uns bemerkt haben. Die schöne Vanly-Tching zeigte daher auch kein Erstaunen bei meiner Bewerbung, sondern antwortete, daß sie es erwartet hätte.

Diese Geistesstimming in welcher sie sich befand, erlaubte ihr sogar, mich nicht auf ihre Entscheidung warten zu lassen. – Ihre Entscheidung war günstig, ich mißfiel ihr nicht, da sie aber immer die Eigenliebe gehabt hatte, wegen ihrer selbst geliebt zu sein, so hielt sie darauf, daß ich ihr eine kleine Berechnung meines, Vermögens aufstellte. Wenn mein Vermögen dem ihrigen gleich käme oder es überstiege, so würde sie an meine Liebe glauben; wenn aber mein Vermögen geringer wäre, so würde sie glauben, daß eine niedrige Habgierde, und nicht die Liebe mich handeln ließen.

Das schien mir vernünftig geurtheilt. Ich ließ sie fragen, ob sie wünsche, daß ich meine Rechnung in Franken, in Rupien oder in Pagoden aufstellte; sie antwortete mir, daß ihr das gleich wäre, da sie mit der Rechnungsweise aller Länder vertraut sei. Da ich im Rechnen weniger stark war, als sie, so zog ich die Franken vor, und sandte ihr am folgenden Tage folgende Berechnung:

Genaue Aufstellung von dem, was Hieronymus Franz Olifus in Indien gewonnen hat und von dem, was er besitzt.


Sie sehen, daß das eine ziemlich hübsche Summe war, und daß ich seit den vier Jahren, seit welchen ich Monikendamm verlassen, meine Zeit nicht verloren hatte.

Sie machte gleichfalls ihre Berechnung und sandte sie mir.

Hier ist sie:

Aufstellung dessen, was Vanly-Tching, die Theehändlerin von Bidondo, in den verschiedenen von ihr ausgeübten Handelszweigen erworben hat.



Man sieht, daß bis auf 363 Franken unser Vermögen gleich war; ich hatte sogar den Vortheil, da ich nahe an zwei Mal Hundert Tausend Cigarren zum Liefern bereit auf dem Lager hatte.

Aber, ich gestehe, statt stolz auf diesen Vorzug zu sein, war ich glücklich, einige Geldüberlegenheit über die schöne Vanly-Tching zu besitzen, um alle die physischen Ueberlegenheiten auszugleichen, welche sie über mich hatte.

Als diese Ueberlegenheit aufgestellt und es deutlich dargethan war, daß ich Vanly-Tching wegen ihrer schönen Augen und nicht wegen der schönen Augen ihrer Kasse heirathe, wurde die Hochzeit in drei Monaten und sieben Tagen festgesetzt, was Stunde vor Stunde der Ablauf der Trauerzeit für den dritten Gatten der schönen Vanly-Tching war.

Sie hatte das Zartgefühl gehabt, indem sie dabei dem Gedächtnisse des Civilrichters getreu blieb, mich keine Minute warten zu lassen.

XII.
Die Cholera

Das Gerücht von meiner bevorstehenden Verheirathung mit Vanly-Tching war bald in Bidondo verbreitet, und machte natürlicher Weise einen verschiedenen Eindruck auf die Bewohner dieser Stadt, die seit zwei bis drei Jahren daran gewohnt waren, sich um das geringste Treiben der schönen Chinesin zu bekümmern. Die Einen tadelten sie, die Andern billigten sie; endlich schüttelten Viele den Kopf, indem sie sagten, daß der erste Gatte nach Verlauf von drei Monaten, der zweite nach Verlauf von zwei Monaten, der dritte nach Verlauf von einem Monate gestorben wäre, und daß ich, um die nekrologische Berechnung nicht Lügen zu strafen, wahrscheinlicher Weise in der ersten Nacht meiner Hochzeit sterben würde.

Aber die Person, welche die Sache am schmerzlichsten traf, war die arme Schimindra. Die Güte, welche ich für sie gehabt, hatte sie während einiger Zeit die Hoffnung fassen lassen, meine Frau zu werden. In einem Augenblicke der Verzweiflung gestand sie mir, bis wie weit ihr Ehrgeiz gegangen wäre, aber ich machte ihr bald und leicht begreiflich, welchen Vorzug die schöne Vanly-Tching, Wittwe eines Doctors, Wittwe eines Mandarinen, Wittwe eines Civilrichters, vor ihr hätte, die nur die Wittwe eines Affen wäre.

Es ging daraus hervor, daß Schimindra in ihre Demuth zurückkehrte, offen gestand, daß sie niemals daraus hätte hervorgehen sollen, und da sie wußte, daß ihre Nebenbuhlerin eine Aufstellung meines Vermögens von mir verlangt hatte, sich darauf beschränkte, mich flehentlich zu bitten, den in Rede stehenden Bezoar nicht in meinem Aktivstande aufzuführen.

Da mein Vermögen ohne den Bezoar dem meiner schönen Zukünftigen gleichkam und dasselbe sogar überstieg, so hatte ich keine Mühe, das zu versprechen, was Schimindra von mir verlangte, und der in einem kleinen ledernen Beutel an meinem Halse hängende Bezoar blieb fortwährend ein Geheimniß zwischen Schimindra und mir.

Ich war alle Abende zugelassen, meiner Zukünftigen den Hof zu machen, so daß die Zeit rasch verfloß; da ich wenig Chinesisch, und sie sehr wenig Hindostanisch, durchaus nicht Holländisch und durchaus nicht Französisch sprach, so fanden unsere Unterhaltungen besonders durch Geberden statt, was mir zuweilen eine Kühnheit des Ausdruckes verlieh, welche ich nicht mit der Sprache gehabt hätte, aber ich muß zur Ehre der schönen Vanly-Tching sagen, daß sie den tugendhaften Ruf, den sie sich erworben hatte, unangetastet erhielt, und indem sie mir immerhin gewisse Kleinigkeiten ohne Wichtigkeit bewilligte, ließ sie mich niemals eine ernste Abschlagszahlung auf die Ehe nehmen.

Endlich kam der Tag herbei.

Zwei Tage zuvor halte ich eine große Furcht empfunden, mehrere Cholerafälle waren in Cavite und einer oder zwei in Bidondo angezeigt worden, so daß ich fürchtete, daß die Gegenwart der Seuche Vanly-Tching bestimmen mögte, unsere Verheirathung aufzuschieben; aber die schöne Chinesin war ein Freigeist, und dieses Ereigniß hatte keinen Einfluß auf sie.

Der 27. Oktober war der wichtige Tag. Der 27. Oktober war ein Fest für die ganze Stadt Bidondo. Von dem Morgen an fand ein Gedränge vor der Thür von Vanly-Tching statt. Das war das vierte Mal, daß man die schöne Chinesin im Brautkostüme durch die Stadt ziehen sah, und man wurde es nicht müde, sie zu sitzen.

 

Der Gebrauch ist, daß die chinesische Braut mit einem Gefolge von Musik und Gesang durch die Stadt zieht, das gleicht ziemlich, wie mir ein gelehrter Holländer gesagt hat, der Manila bewohnte, den alten griechischen Zügen; nur trägt die Braut bei ihrer ersten Verheirathung einen dichten Schleier zum Zeichen der Jungfräulichkeit über das Gesicht. Wenn sie zu einer zweiten, drillen oder vierten Ehe schreitet, so wird die chinesische Gattin mit entblößtem Gesichte herumgeführt.

Man führte daher meine Braut mit entblößtem Gesichte, und das zu meiner großen Zufriedenheit, denn ich hörte überall um mich herum sagen: Glücklicher Olifus, geh! Schelm von Olifus, geh! Spitzbube von Olifus!

Das Uebrige der Feierlichkeit gleicht sehr dem, wie es in Siam der Gebrauch ist. Wenn die Verlobten einig sind, so überreichen die Eltern des jungen Mannes den Eltern des jungen Mädchens sieben Schachteln Betel, acht Tage nachher kömmt der Verlobte selbst, und überbringt deren vierzehn; dann wohnt er in dem Hause des Schwiegervaters einen Monat lang, um seine Zukünftige zu sehen, und sich an sie zu gewöhnen, worauf an dem Tage, an welchem die Schließung der Ehe stattfinden soll, die Verwandten sich mit den ältesten Freunden versammeln, und in einen Beutel, der Eine Armbänder, der Andere einen Ring, der Andere Geld thun; einer von ihnen hält eine angezündete Kerze, trägt sie sieben Male um die Anwesenden herum, während alle Anderen lautes Freudengeschrei ausstoßen, indem sie den Verlobten ein langes Leben und eine vollkommene Gesundheit wünschen.

Hierauf kommt ein großes Festmahl, dem ein kleines Mahl unter vier Augen folgt, dem selbst die wirkliche Vollziehung der Ehe folgt.

Was Vanly und was mich anbetrifft, so hatten wir uns alle dieses Ceremoniels entbunden. Sie hatte mir die Kasse gezeigt, in welcher ihr kleines Vermögen enthalten war. Ich halte ihr meine von dem Correspondenten meines chinesischen Kapitäns unterzeichneten Handelspapiere gezeigt, die nach Sicht und an den Ueberbringer zahlbar waren; wir vermachten uns jeder auf den letzten Ueberlebenden vierzig Tausend Franken, das war wohl eben so viel werth, als sieben Schachteln Betel und selbst vierzehn.

Was die Verwandten anbetrifft, so hatten wir deren weder der Eine noch die Andere. Die Ceremonie des Betels und der Armbänder, die der angezündeten und sieben Male um die Anwesenden herumgetragenen Kerze, die des Freudengeschreis, das uns ein langes Leben und eine vollkommene Gesundheit wünschte, wurde daher weggelassen.

Wir blieben bei einem großen Festessen und bei dem kleinen vertrauten Mahle stehen.

Das Festessen war prachtvoll, Vanly hatte es befolgt; es bestand aus den ausgewähltesten Gerichten, es gab dabei Mäuse mit Honig, Haifisch mit Kraftbrühe von Kellerwürmern, Würmer in Oel des Wunderbaumes, Schwalbennester mit gestoßenen Seekrebsen, Bambussalat, das Ganze mit Canchou benetzt, den mit ungeheuren silbernen Kaffeekannen beladene Diener uns jeden Augenblick einschenkten; man trank auf die Gesundheit des Kaisers von China, des Königs von Holland, der englischen Compagnie, auf unsere glückliche Verbindung, das alles, indem man die Tassen mit beiden Händen ergriff, und Tchin Tchin machte, das heißt, indem Man den Kopf von der Rechten zur Linken und von der Linken zur Rechten, wie die Magots, bewegte, dann zeigte jeder den Boden der Tasse, um zu beweisen, daß sie leer wäre.

Während des Mittagessens schien die schöne Vanly mich, voll Besorgniß anzublicken, und sprach leise mit ihren Nachbarn. Zwei bis drei Male redete sie mich an, um mich mit der sanftesten Stimme von der Welt zu fragen:

– Wie befinden Sie Sich, mein Freund?

– Sehr gut! antwortete ich ihr, sehr gut!

Aber trotz dieser Versicherung schüttelte sie den Kopf und stieß solche Seufzer aus, daß ich anfing über mich selbst besorgt zu werden, und daß ich beim Aufstehen vom Tische mich in einem Spiegel betrachtete.

Die Untersuchung beruhigte mich, ich strahlte vor Freude und Gesundheit.

Es scheint indessen, daß ich der Gesellschaft nicht so gesund schien, denn zwei oder drei Gäste kamen, bevor sie mich verließen, zu mir, um mich zu fragen:

– Leiden Sie etwa? Und trotz meiner verneinenden Antwort entfernten sie sich, indem sie mir auf eine betrübte Weise die Hand drückten.

Ich glaubte sogar mit leiser Stimme das Wort Cholera aussprechen zu hören, als ich aber fragte, ob irgend Jemand unserer Bekannten von der Cholera befallen worden wäre, antwortete man mir mit nein, und ich glaubte falsch verstanden zu haben.

Unter alle dem suchte ich meine schöne Braut, welche mit der Besorgniß in den Augen zu mir kam. Ich wollte sie über den Gegenstand dieser Besorgniß befragen; aber sie begnügte sich, mich anzublicken, sich abzuwenden, indem sie eine Thräne abtrocknete und indem sie flüsterte: – Armer Freund!

Ich nahm Abschied von den Gästen, die es mich drängte verschwinden zu sehen, indem ich meine Nase an der ihrigen rieb, wie es der Gebrauch ist. Mein Correspondent war der letzte. Ich rieb ihm die Nase mit einem doppelten Eifer, weil, wie man sich erinnern wird, er es war, welcher der Vermittler meiner Verheirathung gewesen war, und da ich ihm mit einem schlauen Lächeln die schöne Vanly zeigte, welche ganz langsam nach dem Schlafzimmer ging, wohin ich ihr durch einen Wink andeutete, daß ich ihr folgen würde, sagte er zu mir:

– Sie würden besser thun, den Arzt holen zu lassen. Und indem er die Augen gen Himmel erhob, entfernte er sich gleichfalls.

Ich wußte nicht mehr, was ich davon denken sollte.

Es fiel mir indessen nicht ein, mich darum zu bekümmern, was alles das sagen wollte. Ich verschloß die Thür, und trat rasch in das Schlafzimmer ein.

Die schöne Vanly befand sich bereits an dem Tische, auf welchem ein reizendes, mit Blumen und Früchten untermischtes Mahl angerichtet war, indem sie sich damit beschäftigte, eine rosige Flüssigkeit aus einer Flasche in eine untere zu gießen.

Ich hatte nichts Einladenderes gesehen, als diese rosafarbige Flüssigkeit; man hätte sie für abgezogenen Rubin halten können.

– Ah! theure Freundin, sagte ich im Eintreten zu ihr können Sie mir erklären, in was meine Lage, die mir durchaus Nichts zu wünschen übrig läßt, Jedermann Mitleiden zu erregen scheint? Man frägt mich, wie ich mich befände, man frägt mich, ob ich mich nicht besser fühle; man gibt mir den Rath, den Arzt holen zu lassen, so daß ich auf Ehre jener Person eines französischen Lustspieles gleiche, das ich in Amsterdam habe spielen sehen, die alle Welt überreden will, daß sie das Fieber hat, und der man es so lange und so oft wiederholt, daß sie es am Ende glaubt, und nachdem sie Jedermann gute Nacht gewünscht, sich zu Bett legt.

– Ach! flüsterte Vanly, wenn Sie nur das Fieber hätten, so würde man Sie mit Chinarinde davon befreien.

– Wie! wenn ich nur das Fieber hätte! Aber ich habe kein Fieber, ich bitte Sie, es zu glauben.

– Mein lieber Olifus, sagte Vanly, jetzt, wo wir beide mit einander allein sind, jetzt, wo Sie nicht mehr nöthig haben, sich Zwang anzuthun, sagen Sie mir offenherzig, was Sie empfinden.

– Was ich empfinde? Ich empfinde das glühendste Verlangen Ihnen zu sagen, daß ich Sie liebe, und besonders es Ihnen zu. . .

– Und nicht den mindesten Magenkrampf? fragt, Vanly.

– Nickt den mindesten.

– Nicht die mindeste Erkältung?

– Im Gegentheile.

– Nicht die mindeste Kolik?

– Gehen Sie doch! liebe Freundin, wenn ich die Cholera hätte, so würden Sie keine anderen Fragen an mich richten.

– Wohlan! gerade, weil Sie das Wort ausgesprochen haben. . .

– Weiter?

– Man hat während dem Abendessen zu bemerken geglaubt. . .

– Was?

– Daß Sie die Farbe wechselten, daß Sie mehrere Male die Hand auf Ihren Magen legten, und daß späterhin. . .