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Tausend und Ein Gespenst

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Nur unser Freund wird Dir fehlen, aber auch ihn wirst Du dort, auf diesem reizenden Friedhofe wiederfinden, wo wir ihn nahe am Wege wie einen müden Wanderer niedergelegt haben, der sich ausruhet und der erwartet.

Gott gebe Dir Frieden in dem Leben! – Gott habe Erbarmen mit ihm im Tode.

Vierte Heirath des Vater Olifus

VI.
Eine Sutti. 3

Der Mensch denkt, und Gott lenkt. Dieses Sprichwort, das wahrste von allen Sprichwörtern, scheint recht eigentlich für den Seefahrer gemacht worden zu sein.

Wir segelten in den ersten Tagen des Juni von Goa ab, der Zeit, in welcher der Winter beginnt; wer nun aber die Stürme der Küste von Malabar nicht gesehen hat, hat Nichts gesehen.

Einer dieser Stürme verschlug uns nach Calicut, und gern oder ungern mußten wir wohl dort bleiben.

Indessen ist es das Gemächliche bei den Wintern in Indien, daß sie nicht im Mindesten von Kälte begleitet sind, sondern nur von Winden, von Wolken und von Blitzen, was macht, daß die Früchte zum Reifen eben so gut den Winter, als den Herbst benutzen.

Uebrigens haben die, welche des Winters müde sind, keine große Strecke zurückzulegen, um eine andere Jahreszeit zu suchen. Sie haben nur über die Gebirge von Gate zu gehen, welche sich von Norden nach Süden ziehen. In zwei Tagen befinden sie sich, statt auf der Küste von Malabar zu sein, auf der Küste von Coromandel, und statt von dem Winter des persischen Meerbusens durchnäßt zu werden, werden sie durch die Sommerhitze des bengalischen Meerbusens gebraten.

Uebrigens muß ich Ihnen sagen, daß es nichts Schöneres gibt, als diese ganz mit immer grünen, immer belaubten Palmen und Kokosnußbäumen bedeckte Küste, welche sich bei großem Winde wie die Bogen einer Brücke beugen. Nichts Schöneres, als diese Ebenen, als diese Wiesen, als diese Flüsse, als diese Seen, in denen sich um die Wette Städte, Dörfer und Landhäuser spiegeln, und die sich von dem Gebirge Comorin bis nach Mangalore erstrecken.

Als ich sah, daß wir uns an der Küste befänden, und der Kapitän mir sagte, daß vor drei bis vier Monaten es keine Möglichkeit wäre, wieder in die See zu gehen, so ergab ich mich darein, und da ich bereits drei Viertel Hindu war, so entschloß ich mich, eine Niederlassung in Calicut zu bilden, und das mit um so mehr Ruhe, als ich in Calicut, das in der Gewalt der Engländer stand, Welche Protestanten sind, Nichts von meinem verteufelten Inquisitor von Goa zu fürchten hatte. Außerdem hatte ich zehn Stunden weit von Calicut, Mahe, das eine französische Faktorei ist, von der ich mich zurückfordern lassen konnte.

Was mich zuerst überraschte, war die Länge der Ohren, welche ich antraf. Ich hatte bis dahin geglaubt, daß ich Ohren von ziemlich artigem Umfange hätte, und ich verdankte diese Zierde der Freigebigkeit, welche mein Vater und meine Mutter immer darauf verwandt hatten, mich in meiner Jugend an ihnen zu ziehen, aber ich bemerkte, daß meine Ohren nicht den vierten Theil des Umfanges erlangt hatten, den menschliche Ohren erlangen können. Das kömmt daher, weil man den Kindern von Calicut sie in dem Augenblicke durchsticht, wo sie auf die Welt kommen, und die erfinderischen Eltern von dieser Stunde an in die Oeffnung ein getrocknetes und zusammengerolltes Palmenblatt stecken, das, indem es sich beständig zu entrollen trachtet, das Loch außerordentlich erweitert, so daß es einige dieser Ohren gibt, durch welche man die Faust stecken kann. Sie werden begreifen, wie stolz die sind, welche diese Art von Schönheit genießen, sie sind die Stutzer des Landes.

Als ich den Fuß auf das Land setzte, war meine erste Sorge, einen Naïr zu nehmen, daß heißt, eine Art von Janitscharen, um die Stadt und die Umgegend zu besuchen, und um mir bei den Miethungen und bei den Anläufen zu helfen, welche ich zu machen hatte.

Wir gingen also nach Calicut. Aber unterwegs wurden wir von einem solchen Ungewitter überfallen, daß ich mich genöthigt sah, mich in eine malabarische Pagode zu flüchten. Es war gerade die, welche vier Hundert Jahre vor mir Vasco de Gama betreten hatte.

Da das Innere des Tempels mit Bildern ausgeschmückt war, so hielten sie Vasco und seine Gefährten für eine christliche Kirche, und da in weiße Baumwolle gekleidete Männer, das heißt Männer, welche Priestern im halben Feiergewande glichen, ihnen Wasser und Asche auf den Kopf schütteten, so bestätigte sie das um so mehr in diesem Glauben.

Einer der Gefährten Vasco de Gamas, der durch den Anblick aller dieser Götzen mit seltsamen Gesichtern beunruhigt war, und der seine Seligkeit nicht gefährden wollte, begleitete indessen sein Gebet mit folgendem Vorbehalte:

– Möge ich nun in dem Hause des Teufels sein oder nicht, es ist Gott, an den ich mein Gebet richte.

Da ich nun ein wenig ein Heide bin, so richtete ich weder an Gott, noch an den Teufel ein Gebet. Ich wartete ab, daß der Regen vorüber wäre, und das war Alles.

Ich hatte immer von einem in Calicut sehr gebräuchlichen Handelsumstande sprechen hören, welcher in dem Augenblicke, wo ich im Begriffe stand, dort irgend ein Geschäft zu gründen, nicht unterließ, mich sehr zu beschäftigen. Ein Gläubiger, der seinem Schuldner begegnet, hatte, wie man mir gesagt, nur einen Kreis um ihn herum zu beschreiben, und man hatte mir versichert, daß dieser ihn bei Todesstrafe nicht verlassen konnte, bevor er die Schuld bezahlt, für welche er eingesperrt worden war. Noch mehr. Einmal, immer wie man mir versichert hatte, war der König selbst einem Kaufmanne begegnet, den er seit drei Monaten von einem Tage zum andern vertröstete; dieser zog einen Kreis um das Pferd des Königs; der Monarch blieb regungslos wie eine Reiterstatue, bis man ihm aus dem Palaste die Summe überbracht hatte, deren er bedurfte, um sich auszulösen.

Das Abenteuer war wahr, aber es hatte vor grauen Zeiten stattgefunden, und das Gesetz, welches wir angeführt haben, war so ziemlich außer Gebrauch gekommen.

Aber ein Gesetz, welches immer noch bestand, obgleich die Engländer erklärt hatten, daß die Frauen der Hindus nicht mehr gezwungen wären, sich ihm zu unterwerfen, war das, welches den Frauen befiehlt, sich auf der Leiche ihrer Gatten zu verbrennen. Nun aber, wie als ob ich bestimmt wäre, den verschiedenen Arten von Auto-da-Fes beizuwohnen, welche an der westlichen Küste von Indien gefeiert werden, hatte ich mich kaum in Calicut eingerichtet, als man meldete, daß ein Bramine gestorben wäre, und daß sein Frau entschlossen sei, sich auf seinem Grabe zu verbrennen.

Ich kam daher ganz zur rechten Zeit, um einem Sutti beizuwohnen.

Das war für einen Europäer ein Schauspiel, das merkwürdig genug war, um diesen Europäer nicht dabei fehlen zu lassen, besonders wenn er eine Frau hatte, welche, statt sich auf seinem Grabe zu verbrennen, zuverlässig an dem Todestage ihres Gatten ein Freudenfeuer angezündet hätte.

Ich nahm daher meinen Naïr für einen Monat.

Er war ein verständiger Mensch, der für einen halben Faron, das heißt, für fünf oder sechs Sous täglich, mit mir einig wurde, und der es übernahm, mir an dem Tage des Schauspieles Platz machen zu lassen.

Der Tag des Schauspieles fiel auf den folgenden Sonntag, und die Feierlichkeit ging auf einer Ebene, eine Viertelstunde weit von der Stadt, vor sich. Der aus den am meisten brennbaren Stoffen und den am leichtesten zu entzündenden Holze gebildete Scheiterhaufen war, ich sage nicht aufgerichtet, sondern in einem Graben eingerichtet, so daß der Feuerheerd ein Loch gleich dem eines Kraters bot.

Auf dem Scheiterhaufen lag die Leiche des Gatten auf eine Weise einbalsamirt, um die Frau zu erwarten, ohne einstweilen zu sehr in Verwesung überzugehen.

Zu der bestimmten Stunde, das heißt, gegen zehn Uhr Morgens, verließ die Wittwe des Braminen mir bloßen Füßen, mit bloßem Kopfe und den Körper in ein langes, weißes Gewand gehüllt, das eheliche Haus unter dem Klange von Flöten, Trommeln und Tam Tams und wurde unter großem Gepränge nach dem Scheiterhaufen ihres Gatten geführt. Sobald sie die Stadt verlassen, fand sie auf dem Wege einen englischen Officier mit ohngefähr zwölf Mann, welche von dem Gouverneur von Calicut dort aufgestellt waren.

Der Officier näherte sich ihr, und sagte in Hinduistischer Sprache zu ihr, welche ich vollkommen verstand:

– Sterben Sie freiwillig?

– Ja, antwortete sie, ich sterbe freiwillig.

– Für den Fall, wo Ihre Verwandten Sie zwingen sollten, bin ich da, um Ihnen Beistand zu leisten, fordern Sie meinen Beistand, und ich führe Sie im Namen meiner Regierung mit mir fort.

– Niemand zwingt mich, ich verbrenne mich aus freiem Willen. Lassen Sie mich daher vorüber.

Wie ich gesagt habe, war ich denen nahe genug, welche mit einander sprachen, um ihr Gespräch zu hören, und ich gestehe, daß ich bei dem Anblicke einer solchen Entschlossenheit von Bewunderung ergriffen wurde. Freilich sprach die Wittwe zu einem Christen, vor welchem es ihr sehr angenehm war, mit ihrer Religion zu prahlen, und alle diese Dämonen von Braminen betäubten sie, indem sie ihr ihre Litaneyen in die Ohren sangen.

Sie setzte daher ihren Weg nach dem Scheiterhaufen ziemlich standhafter Weise fort; an dem Rande des Grabens angelangt, der zu flammen begann, wurde sie von den Braminen umringt, welche sie ein Getränk trinken ließen, das ihr Kräfte zu verleihen schien. Mein Naïr sagte mir, daß der, welcher ihr dieses Getränk trinken ließ, und der sie am meisten aufmunterte, ihr Onkel wäre. Wie dem auch sein mogte, die Braminen traten zur Seite, und die arme Frau, nachdem sie von den Anwesenden Abschied genommen, nachdem sie ihren Schmuck unter ihre Freunde vertheilt, wich um vier Schritte zurück um ihren Anlauf zu nehmen, und sprang unter den ermuthigenden Zurufen der Priester, bei dem Klange einer höllischen Musik in die Gluth.

 

Aber kaum befand sie sich darin, als sie, wie es scheint, die Atmosphäre ein wenig zu heiß fand, und sie, trotz des Opiums, das sie getrunken hatte, trotz der Gesänge der Priester, trotz der Tam Tams der Musikanten, lautes Geschrei ausstieß, und das Feuer weit schneller wieder verließ, als sie in dasselbe gesprungen war.

Da bewunderte ich die Vorsicht meiner guten Inquisitoren von Goa, welche in Mitte des Scheiterhaufens einen Pfahl errichten, und an diesen Pfahl einen eisernen Ring befestigen, um den Verurtheilten fest zu halten.

Man muß übrigens den Anwesenden Gerechtigkeit wiederfahren lassen, bei dem Anblicke dieser Wittwe, welch, so gegen alle ihre Pflichten fehlte, stießen sie einen Schrei des Unwillens aus, und jeder stürzte der Flüchtigen entgegen, um sie in die Flammen zurückzutreiben.

Ich hatte besonders eine liebenswürdige kleine Calicuterin von zehn bis zwölf Jahren vor mir, welche wüthend war, und die erklärte, daß, wenn an sie die Reihe käme, sich zu verbrennen, sie keine solchen Umstand, machen würde, sie rief daher auch aus allen ihren Kräften:

– Ins Feuer mit der Renegatin! Ins Feuer! 'ins Feuer! ins Feuer!

Da jeder, mit Ausnahme von nur, dasselbe Geschrei ausstieß, der englische Officier und seine zwölf Mann, die Alles thaten, was sie vermogten, um bis zu der armen Verdammten zu gelangen, aber, wie man wohl begreifen wird, leicht von alle diesem rasenden Pöbel zurückgedrängt wurden, so wurde die Renegatin, wie sie meine hübsche kleine Calicuterin nannte, ergriffen, aufgehoben, an den Graben zurückgeführt, und mitten in die Flammen geworfen, hierauf warf man sogleich alles, was man von Wellen, Holz, Reisern und dürrem Grase finden konnte, auf sie, was sie nicht verhinderte, dieses ganze Flammengrüst von sich zu werfen, ein zweites Mal die Gluth zu verlassen, und, eine lebendige Feuersbrunst, mit der Kraft der Verzweiflung, indem sie Jedermann zurückstieß, sich in den kleinen Bach zu werfen, der fünfzig Schritte weit von dem Scheiterhaufen floß.

Sie werden das Aergerniß begreifen; zum Mindesten nach dem, was die Anwesenden sagten, hatte man so Etwas niemals gesehen. Zum mindesten vermogte meine kleine Calicuterin sich von ihrem Erstaunen darüber nicht zu erholen, daß eine Frau in diesem Grade ihre Pflichten gegen ihren Gatten vergessen könnte.

Es ging so weit, daß sie nur die Worte auszustoßen vermogte:

– O! ich!. . . o! ich!. . . Wenn ich es wäre!

Sie lief daher auch mit aller Welt nach dem Bache, in den sich die halbverbrannte Schuldige geflüchtet hatte. Ich folgte ihr, denn ich fühlte bereits eine große Bewunderung für sie.

Als wir an das Ufer des Baches gelangten, rief das arme Geschöpf:

– Meine Herren Engländer, zu Hilfe! zu Hilfe! zu Hilfe! Dann, da die von allen Seiten zurückgedrängten Engländer ihr keinen Beistand zu leisten vermogtes, erblickte sie ihren Onkel, denselben, der sie so sehr antrieb, sich zu verbrennen:

– Mein Onkel, rief sie aus, zu Hilfe! haben Sie Erbarmen mit mir! Ich werde meine Familie verlassen, ich werde als eine Verfluchte leben, ich werde betteln.

– Wohlan! es sei, antwortete ihr der Onkel mit einer schmeichelnden Miene. Laß mich Dich in dieses feuchte Tuch hüllen, und ich werde Dich nach Hause zurücktragen.

Und indem er das sagte, blinzelte der Onkel mit den Augen, wie um den Braminen zu sagen:

– Lassen Sie mich handeln, sobald sie in dem Tuche ist, so wird es mit ihr aus sein.

Ohne Zweifel sah auch sie den Blick und verstand ihn, denn statt ihrem Onkel zu trauen, rief sie aus:

– Nein! nein! ich will nicht! entfernen Sie Sich! Ich werde allein gehen! lassen Sie mich! lassen Sie mich!

Aber der Onkel wollte nicht mit Schande bestehen; er hatte ohne Zweifel für seine Nichte gebürgt, und er hielt darauf, daß sie sein Wort auslöse.

Er schwur daher seiner Nichte bei dem Wasser des Ganges, daß er sie nach Haus zurückführen würde.

Der Schwur ist so heilig, daß die arme Frau daran glaubte. Sie legte sich auf das feuchte Tuch, in welches sie ihr Onkel wie eine Mumie wickelte. Dann, als die Arme und die Beine eingewickelt waren, lud er sie auf seine Schultee, indem er ausrief: – Nach dem Scheiterhaufen! nach dem Scheiterhaufen!

In der That, er begann nach dem Graben zu laufen, indem ihm die ganze Bevölkerung mit dem Ausrufe folgte:

– Nach dem Scheiterhaufen! nach dem Scheiterhaufen!

Meine kleine Calicuterin war auf den Gipfel der Bewunderung. Als der Bramine den geheiligten Schwur ausgesprochen hatte, stand sie auf dem Punkte, ihn mit dem Namen Paria zu schimpfen; als sie aber sah, daß der Schwur keinen andern Zweck hatte, als seine Nichte zu täuschen, und daß der Bramine seinen Schwur brach, rief sie in die Hände klatschend aus:

– O! der rechtschaffene Mann! der würdige Mann! der heilige Mann!

Ich begriff nicht recht, wie man ein wackerer Mann, ein heiliger Mann, ein würdiger Mann wäre, wenn man seinen Schwur bräche; aber meine kleine Hindu sagte das mit einer so überzeugten Miene, es lag so viel Anmuth und so viel Treuherzigkeit in ihrer ganzen Person, daß ich am Ende mir selbst von dem männlichen Stolze unten stützt sagte, daß diese arme Wittwe wirklich sehr strafbar wäre, so zu zögern, sich auf der Leiche ihres Gatten zu verbrennen.

Ich vereinigte daher meinen Beifall mit dem allgemeinen Beifall der Menge, als ich diesen rechtschaffenen Onkel, diesen heiligen Onkel, diesen würdigen Onkel seine elende Nichte wieder in die Gluth werfen sah, welche dieses Mal so eingewickelt war, daß die Flamme, welche Mühe sie sich auch gab, in fünf bis sechs Minuten mit ihr fertig war.

Meine kleine Calicuterin war voll Entzücken. Diese eheliche, in dem Herzen eines jungen Mädchens vorher bestehende Treue rührte mich in dem Grade, daß ich sie frug, wie sie hieße, und wer sie wäre.

Sie hieß Amarou, was, wie Sie sehen ein sehr hübscher Name ist, und ihr Vater gehörte der Kaste der Veissiahs an, das heißt, der der Direktoren des Ackerbaues und des Handels.

Amorous Vater gehörte daher der dritten Kaste an, indem er nur die Kasten der Rajahs und die der Braminen über sich, und unter sich die der Sudras hatte.

Der Posten, den er in Calicut einnahm, war gleich dem eines Hafenverwalters.

Er war ein Mann, der mir sehr nützlich sein konnte, und da mein Naïr ihn kannte, so wurde verabredet, daß er mich ihm am folgenden Tage vorstellen sollte.

VII.
Die Pantoffeln des Braminen

Das Resultat meines Besuches bei dem Vater der schönen Amarou war, daß ich mich entschloß, mich in Calicut niederzulassen, und daselbst einen Gewürzhandel zu gründen.

Meine erste Sorge war ein Haus zu kaufen. Die Häuser sind in Calicut noch weniger theuer, als in Goa. Freilich ist das solideste Haus in Calicut von getrocknetem Lehm, und das höchste ist acht Fuß hoch.

Für zwölf Thaler war ich daher auch der Eigenthümer eines Hauses, das mir von dem Verkäufer mit drei, zu dem Eigenthume gehörenden Schlangen abgetreten wurde.

Ich sagte ihm, daß ich wenig auf seine Schlangen hielte, und daß es meine erste Sorge sein würde, ihnen den Hals umzudrehen, aber er forderte mich auf, mich wohl vor einer solchen Unvorsichtigkeit zu hüten. Die Schlangen versehen in Calicut den Dienst, den die Katzen in Europa versehen, indem sie die Ratten und die Mäuse vertilgen, von denen ohne sie die Häuser belästigt wären.

Ich verlangte, daß die Schlangen, deren Käufer ich wurde, mir vorgestellt würden, damit ich Bekanntschaft mit ihnen machte.

Es war in der That für mich und für sie wichtig, uns gut zu verständigen, damit keine nicht in das Haus gehörigen sich einschlichen.

Mein Verkäufer pfiff ihnen, und sie eilten wie Hunde herbei.

Durch zwei bis drei Näpfe Milch, mit denen ich ihnen freigebiger Weise ein Geschenk gemacht hatte, waren wir nach Verlauf von drei Tagen die besten Freunde von der Welt,

Indessen gestehe ich, daß die ersten Male, wo ich die eine oder die andere beim Schlafengehen oder beim Erwachen in meinem Bette fand, diese Vertraulichkeit mir einigen Widerwillen einflößte; aber allmählig wurde ich es gewohnt und bald dachte ich nickt mehr daran.

Der Handel, dem ich mich besonders gewidmet halte, war der mit Cardamome, eine Art von Pfeffer, der sich bei uns nur bei den Apothekern findet, auf den aber die Bewohner der indischen Inseln höchst lecker sind. Während meines Aufenthaltes in Ceylon hatte ich den Werth dieser Waare kennen gelernt, und ich beschloß, aus ihm den Hauptzweig meiner Speculation zu machen.

Ich war gerade in der Regenzeit angekommen, welche die gute Zeit ist, um den Boden urbar zu machen, auf dem man Cardamome pflanzen will. Das Urbarmachen ist übrigens leicht; während des Winters wächst auf dem Boden der Umgegend von Calicut ein wahrer Wald von Kräutern, welche der Erde zum Dung dienen, in den man Pflanzen oder säen kann; man pflanzt oder man säet, und vier Monate nachher erntet man.

Ich pachtete daher eine große Strecke Land in der Umgegend von Calicut, und begann meine Urbarmachung, nicht wie man sie in diesem Lande macht, indem man sich auf einige zwanzig Sudras verläßt, welche fern von dem Auge des Herrn ihn um die Wette in der Verwendung ihres Tages betrügen, sondern indem ich sie alle selbst beaufsichtigte, und damit diese Aufsicht um so thätiger wäre, so begann ich damit, mir an den vier Ecken meines Gutes vier Hütten zu bauen, was mir etwas Leichtes und wenig Kostspieliges war, da ich eine große Anzahl von Cokosnußbäumen auf meinem Bezirke hatte, und dieser Baum, wie Jedermann weiß, eine Gabe des Himmels für jene Gegenden ist, da man mit seinem Holze die Häuser baut, mit seinem Laube sie bedeckt, aus seiner Rinde Matten flechtet, mit seinem Marke sich ernährt, aus seinen Knospen, Wein, aus seiner Nuß, Oel, und aus seinem Safte Zucker macht.

Indem ich nun diesen Wein auf der Blase abzog, machte ich daraus eine Art von Branntwein, mit Hilfe dessen ich meine Sudras Alles thun ließ, was ich wollte.

Meine Einte empfand daher auch meine Vertheilungen von Tari. Man hatte in Calicut niemals etwas Aehnliches gesehen; meine Ernte von meinen zehn bis zwölf Morgen Cardamome war nicht allein reichlich, sondern auch noch von erster Qualität, und als ich das Resultat sah, beschloß ich, diesem Betriebe fünf bis sechs Jahre zu widmen, nach Verlauf von fünf bis sechs Jahren war mein Glück gemacht, besonders wenn ich selbst in Ceylon das verkaufte, was ich selbst in Calicut geerntet hatte. Dazu handelte es sich einfach und allein darum, ein kleines Schiff zu miethen, und gegen das Ende des Sommers nach Ceylon zu gehen, sobald ich eine hinlängliche Ladung hätte. Nun aber mußten mir zwei Ernten genügen, um ein Schiff zu beladen, und in Calicut macht man jährlich zwei Ernten.

Während dieser Zeit fuhr ich fort, meinen alten Freund Nachor, und meine junge Freundin, die schöne Amarou, zu besuchen. Ich hatte nicht vergessen, daß der Vater mir bei meinem Patente, bei meinen Steuern der Douane, u. s. w., sehr nützlich sein könnte, und ich gestehe, daß die große Treue in Bezug auf ihre ehelichen Pflichten, welche die Tochter an dem denkwürdigen Tage der Sutti entfaltete, mich tief im Heizen gerührt hatte. Nun aber war der Papa Nachor kein Dummkopf; er hatte mich das Alles baar bezahlen sehen, was ich gekauft oder gepachtet hatte. Nach der Weise, wie ich mein Geschäft betrieb, zweifelte er nicht, daß ich auf dem Wege wäre, mir Vermögen zu erwerben, so daß er mich wie einen Mann empfing, welcher wünscht, daß derjenige, den er empfingt, das Haus gut findet, damit er so oft als möglich in das Haus zurückkehrt.

Ich kehrte so oft dahin zurück, daß nach Verlauf von acht bis zehn Monaten, vorbehaltlich der Einwilligung der schönen Amarou, welche ich indessen mehr als ein Mal in ihren Augen zu lesen geglaubt hatte, Alles so ziemlich zwischen mir und dem Vater Nachor beschlossen war.

Ein Ereigniß, das die bedauernswerthesten Folgen haben konnte, führte im Gegentheile eine weit schnellere Beendigung der Dinge herbei, welche wir vielleicht Alle wünschten, die aber die Züchtigkeit der schönen Amarou durchblicken zu lassen verhinderte. Eines Tages, als ich den Vater und die Tochter eingeladen hatte, meine Pflanzungen zu besuchen, und als ich, indem ich den ganzen lag in der Ebene zuzubringen gedachte, artiger Weise vier Mahlzeiten in meinen vier Hütten hatte anrichten lassen, stieß die schöne Amarou, welche unmittelbar dem Sclaven folgte, der die beiden Seiten des Fußpfades mit einem Stocke schlug, um die giftigen Schlangen von ihm zu entfernen, einen lauten Schrei aus. Eine kleine grüne Schlange von der schrecklichsten Art, deren Biß immer tödtlich ist, war aus dem Grase hervorgesprungen, und hatte sich an ihren Shawl geklammert. Ich hatte die Schlange herausspringen sehen, ich hatte den Schrei gehört, und mit einem Schlage des Stöckchens, das ich in der Hand hielt, hatte ich sie so glücklich getroffen, daß sie losließ, dann hatte ich ihr, da ich Stiefel trug, den Kopf mit einem Stoße des Absatzes zerschmettert.

 

Aber, obgleich sie der Gefahr entgangen war, befand sich die schöne Amarou deshalb in keinem besseren Zustande. Statt an einem Gifte zu sterben, schien sie im Begriffe vor Schrecken zu sterben. Wie eine schöne Lilie des Ufers auf einem meiner Arme zurückgeworfen, war sie bleich und bebend wie diese. Ich hob sie auf, und indem ich sie an meine Brust drückte, trug ich sie bis nach der Hütte, in welcher uns das Frühstück erwartete. Uebrigens lastete das liebenswürdige Kind, das kaum zwölf Jahr alt war, auf meinen Armen eben nicht mehr, als ein Traum oder ein Dunst, ihr Herz allein bestätigte die Wirklichkeit, im dem es an dem meinigen schlug.

Sobald sie in die Hütte eingetreten war, sobald man auf allen Seiten nachgesehen, begann die schöne Amarou sich ein Wenig zu beruhigen und willigte ein, einige Körner Reis zu essen; als man sich aber wieder auf den Weg begeben mußte, bemächtigte sich derselbe Schrecken ihrer, und sie erklärte, daß sie entschlossen wäre, nicht mehr zu Fuß zu gehen.

Nichts konnte mir angenehmer sein, als eine solche Erklärung. Ich bot ihr dasselbe Beförderungsmittel an, das sie dahin geführt hatte, wo sie sich befand. Sie blickte ihren Vater an, der ihr einen Wink gab, daß sie es annehmen könnte. Ich nahm Amarou wieder in meine Arme, und wir begaben uns auf den Weg.

Da sie fürchtete, zu schwer zu sein, so hatte sie dieses Mal ihren Arm um meinen Hals geschlungen, was ihr Gesicht dem meinige, ihre Haare den meinigen, ihren Athem dem meinigen näherte, alles Dinge, denen es, wie es scheint, nicht unlieb war, genähert zu sein, da sie sich immer mehr mit einander vereinigten, und daß sie, je mehr sie sich vereinigten, desto mehr sich einander näherten. Bei der ersten Hütte hoffte ich geliebt zu sein; bei der zweiten war ich sicher, es zu sein, bei der dritten halte Amarou mir ihre Liebe gestanden, endlich bei der vierten war unsere Verheiratung verabredet, und es blieb nur noch übrig, die Zeit zu bestimmen.

Diese Zeit bestimmte Nachor.

Nachor war ein vorsichtiger Mann, er hatte die Ernte wohl auf dem Stengel gesehen, aber er wollte sie in der Scheuer sehen. Er bestimmte daher die Verheirathung für den Monat Juli.

Düse Zeit behagte mir ziemlich, es war die, wo ich mein kleines Schiff nach Ceylon zu senden, oder vielmehr es selbst dorthin zu führen gedachte, und es war mir nicht unlieb, Jemand zurückzulassen, der die Arbeit und die Pflanzung meines Feldes beaufsichtigte. Mit ihrer Furcht vor den grünen Schlangen war Amarou nicht im Stande, den Dienst eines Aufsehers zu versehen, aber Nachor hatte mir bewiesen, daß er sich darauf verstände, und wenn es sich darum handelte, für die Interessen seiner einzigen Tochter zu sorgen, so war kein Zweifel vorhanden, daß diese Interessen, welche ganz natürlicher Weise die meinigen waren, vollkommen gewahrt wären.

Nun aber befanden wir uns am Ende des Monats Mai, ich war daher zu keinem langen Warten verdammt.

Nachor und Amarou gehörten der Religion der Hindu an. Es wurde verabredet, daß wir uns nach dem Ritus der Braminen verheirathen sollten.

Dem zu Folge, obgleich Alles unter uns beschlossen war, suchte ich einen Braminen, um bei Nachor in meinem Namen um die Hand Amarous anzuhalten. Das war der Gebrauch, und ich sah nichts Unpassendes darin, mich dem Gebrauche zu fügen.

Ich hatte keine Bekanntschaft unter den Braminen; Amarou deutete mir einen großen Schelm an, der seine Nichte in ein Tuch gewickelt, nachdem er bei dem Wasser des Ganges einen falschen Schwur geleistet, und der sie trotz ihres Geschreis und ihres Flehens in die Gluth geworfen hatte. Ich hatte Nichts gegen ihn, als daß ich fand, daß er ein ziemlich schlechter Verwandter wäre. Aber da der Auftrag, den er für mich bei Nachor ausführte, ihn nicht zu meinem Onkel machte, so kümmerte mich das wenig.

An dem Verabredeten Tage ging er daher von mir weg, um zu Amarou zu gehen, kehrte zwei Male in verschiedenen Zwischenräumen unter dem Vorwande zurück, daß er immer auf dem Wege schlimme Vorbedeutungen gefunden hätte. Aber da das dritte Mal die schlimmen Vorbedeutungen verschwunden waren, um im Gegentheile glücklichen Vorbedeutungen Platz zu machen, so handelte es sich nur noch darum, einen Tag zu wählen, der Brama angenehm wäre, und er kehrte zurück mir zu sagen, daß Amarous Hand mir bewilligt sei.

Ich antwortete, daß mir alle Tage recht wären, und daß dem zu Folge der Tag Bramas der meinige sein würde. Der Bramine wählte den Freitag.

Ich hatte Lust einen Augenblick lang Schwierigkeiten zu nahen; Sie wissen, daß bei uns Vorurtheile über den Freitag herrschen; aber ich hatte geprahlt, ich hatte geprahlt, daß mir alle Tage recht wären, ich wollte mein Wort nicht zurücknehmen, und ich antwortete: Es sei für den Freitag, vorausgesetzt, daß es der nächste ist.

Dieser glückselige Freitag kam herbei, die Verheirathung ging bei Nachor vor sich. Gegen fünf Uhr Abends begab ich mich dorthin. Wir überreichten uns gegenseitig Betel. Wir zündeten das Feuer Homan mit dem Holze Novasitou an. Der große Schuft von Bramme, immer der Onkel der Verbrannten, nahm drei Hände voll Reis und warf sie Amarou auf den Kopf. Er nahm davon drei andere, welche er auf den meinigen warf, worauf Nachor Wasser in ein große hölzerne Mulde goß, mir die Füße wusch, und hierauf seiner Tochter die Hand reichte. Amarou legte ihre Hand in die ihres Vaters, Nachor goß einige Tropfen Wasser darauf, legte drei bis vier Geldstücke hinein und stellte mir Amarou vor, indem er zu ihr sagte:

– Ich habe Nichts mehr mit Dir zu thun, ich übergebe Dich der Gewalt eines andern.

Nun nahm der Bramme aus einem Beutel das wahre Band der Verheirathung hervor, das heißt den Tali, eine Art von Band, an welchem ein goldener Kopf hängt, er zeigte ihn der Gesellschaft, und gab ihn mir nachher zurück, damit ich ihn um den Hals meiner Frau knüpfe.

Als das Band geknüpft, waren wir verheirathet.

Aber der Gebrauch ist, daß die Feste fünf Tage lauern, während welcher der Gatte kein Recht auf seine Frau hat. Während der vier ersten Tage wurde ich daher auch von den jungen Leuten und von den Mädchen so scharf beaufsichtigt, daß ich kaum den kleinen Finger der schönen Amarou küssen konnte. Ich versuchte ihr durch meine Blicke auszudrücken, wie lang mir die Zeit schiene; sie machte ihrer Seits Augen, welche zu sagen schienen: Es ist wahr sie ist nicht kurz, aber Geduld! Geduld!

Und auf dieses Versprechen hin faßte ich Geduld.

Endlich brach der fünfte Tag an, verfloß, endigte; die Nacht kam herbei, und man führte uns bis nach meinem Hause. In dem ersten Zimmer war ein Mahl angerichtet; ich bewirthete damit unsere Freunde, während man meine Frau entkleidete und zu Bette legte. Dann, nach Verlauf eines Augenblickes, als ich glaubte, daß Niemand auf mich achtete, schlich ich mich nach der Thür des Schlafzimmers, indem ich mit Vergnügen den übrigen Theil des Hauses meinen Gästen überließ, vorausgesetzt, daß sie mir das kleine Zimmer überließen, in welchem mich die schöne Amarou erwartete.

Aber an der Thür war ich sehr erstaunt an etwas zu straucheln, ich legte die Hand an den Gegenstand, der mich hatte straucheln lassen, und fand ein Paar Pantoffeln.

Ein Paar Pantoffeln vor der Thür Amarous, was sollte das bedeuten?

Das beschäftigte mich einen Augenblick lang, aber ich warf bald die Pantoffeln zur Seite und wollte die Thür aufmachen.

Die Thür war verschlossen.

Ich rief mit meiner sanftesten Stimme, Amarou, Amarou, Amarou, indem ich immer glaubte, daß sie mir aufmachen würde; aber obgleich ich sehr gut hörte, daß sich Jemand, oder vielmehr sogar zwei Personen in dem Zimmer befänden, so antwortete man mir doch nicht.

3Der Gebrauch der Hindus, daß sich die Weiber nach dem Tode ihrer Männer verbrennen.