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Tausend und Ein Gespenst

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– Ah so! Vater Olifus, ist das etwa eine Probe von dieser schönen Familie, von der man mir gesprochen hat?

– Im Haag, nicht wahr, auf dem Museum? Ich müßte diesem alten Schelm da ein Trinkgeld aussetzen. Ja, es sind meine fünf Söhne.

– Dann haben Sie fünf Söhne und eine Tochter?

– Eine Tochter und fünf Söhne, gerade so viel, von denen zwei Zwillinge sind, Simon und Judas; der älteste ist fünf und zwanzig Jahre all.

– Und alle von derselben Mutter? fragte ich mit einem gewissen Zögern.

Olifus blickte mich an.

– Von derselben Mutter, ja, von dieser Seite ist es sicher. Ich mögte nicht eben so viel von Seiten. . . Aber, still! da sind die Kinder; kein Wort in ihrer Gegenwart.

Die Söhne gingen vor mir vorüber, indem sie mich grüßten und ihren Vater mißtrauisch anblickten; es hatte ihnen ohne Zweifel geschienen, daß der gute Alte bereits geplaudert hätte.

– Geschwind, geschwind, Jungens, in die Barke, sagte der Vater Olifus, und zeigen wir den Herren, daß wir auf einem Schiffe von achtzig Kanonen nicht am unrechten Platze wären.

Drei der jungen Leute stiegen ziemlich rasch in die Barke, während die beiden andern die Kette anzogen, um sie dem Ufer zu nähern.

Wir sprangen auf das Hintertheil, auf welches der Vater Olifus noch ziemlich flink hinabstieg. Dann endlich folgten uns die beiden letzten Söhne, Simon und Judas, und Mannschaft und Passagiere befanden sich vollständig. Es schien mir, als ob Simon und Judas sich niemals verließen, denn sie beschäftigten sich damit, den kleinen Mast aufzurichten, der auf dem Boden der Barke lag, während der Vater sich an das Steuer setzte, Joachim die Kette losmachte, und Johann und Thomas, jeder mit einem Ruder versehen, in Mitte der Tausende von Barken und von Schiffen manövrirten, welche den Hafen überfüllten. .

Sobald wir der Hindernisse entledigt waren, konnten wir das Segel aufspannen. Der Wind war günstig; wir fuhren rasch. Nach Verlauf von zehn Minuten hatten wir das kleine Vorgebirge umfahren, welches uns die Aussicht unterbrach, und wir segelten auf dem offenen Zuydersee.

Nach Verlauf einer halben Stunde kamen wir zwischen Tidam und der Insel Marken vorüber.

Olifus berührte mich mit der Fingerspitze.

– Betrachten Sie genau dieses hohe Schiff dort, sagte er.

– An dem Ufer der Insel? fragte ich.

– Ja.

– Nun denn! ich betrachte es.

– Dort ist es, wo ich sie gefunden habe.

– Wen?

– Still!

In der That, Joachim hatte die Bewegung gesehen, hatte sich nach unserer Seite umgewandt, und, indem er ziemlich unehrerbietig die Achseln zuckte, seinem Vater einen Blick des Vorwurfes zugeschleudert.

– Nun denn! was gibt es, Jungens? sagte dieser. . . Nichts.

Alles wurde wieder still.

Nach Verlauf von fünf Minuten befanden wir uns in dem kleinen Meerbusen, und wir fingen an das Dorf zu erblicken, das sich zu unserer Linken erhob.

Die jungen Leute hatten mehrere Male die Augen nach dem Süden geworfen, und obgleich ihre Blicke nicht besorgt waren, so waren sie doch beschäftigt,

– Was haben denn Ihre Söhne? fragte ich; sie haben das Ansehen, irgend Etwas zu erwarten.

– Ja, sie erwarten Etwas, das sie eben so gern nicht kommen sehen mögten.

– Und was erwarten sie?

– Den Wind. . .

– Den Wind?

– Ja, den Wind, den Südwind, und heute Abend werden sie wahrscheinlicher Weise auf den Dämmen wachen müssen. Um so besser für uns. . .

– Warum um so besser für uns?

– Ja, wir werden ruhig sein und plaudern können.

– Es ist Ihnen also nicht zuwider, von der zu sprechen. . .

– Mir, im Gegentheile, das erleichtert mir das Herz. Aber es ist, als ob sie sich verabredet hätten, die Partei dieses Schindluders von Buchold zu nehmen. Gut, da habe ich das Wort entschlüpfen lassen und sie haben es gehört. Betrachten Sie die Augen, welche mir Simon und Judas zuwerfen. Sie sind indessen die jüngsten, sie sind noch nicht zwanzig Jahre alt. Nun denn! sie sind schon wie die Andern.

– Was ist das, die Buchold?

Die jungen Leute wandten sich um und runzelten die Stirn.

– Schön! da wiederholen Sie das Wort. Sie werden sich willkommen machen.

In der That, unsere fünf Matrosen schienen ziemlich übler Laune zu sein.

Ich schwieg.

Wir näherten uns dem kleinen Dorfe, das in dem Maße, als wir weiter kamen, aus dem Wasser hervorzukommen schien.

– Lassen Sie Sich Nichts merken, sagte der Vater Olifus zu mir, und blicken Sie nach Ihrer Linken.

Ich sah einen Friedhof.

Er blinzelte mit triumphirender Miene mit dem Auge.

– Dort ist sie, sagte er.

Ich verstand, und dieses Mal begnügte ich mich, mit einem leichten Kopfnicken zu antworten.

Aber unser, obgleich halb stummes Zweigespräch war Thomas nicht entgangen, der, ohne Zweifel im Widerspruche mit dem Gefühle der Zufriedenheit, das sein Vater zu empfinden schien, einen Seufzer ausstieß und das Zeichen des Kreuzes machte.

– Ei, Ihre Söhne sind katholisch? fragte ich ihn.

– O! mein Gott, ja! sprechen Sie mir nicht davon, diese Schelme wissen nicht, was sie erfinden sollen, um mich rasend zu machen; übrigens habe ich Unrecht, bös auf sie zu sein; es ist nicht ihre Schuld, sondern die ihrer Mutter.

– Ah! ihre Mutter war. . .

– An dem Tage, wo ich sie gefunden habe, habe ich sie einen Augenblick lang allein gelassen, und siehe da, während dieser Zeit hat sie der Pfarrer getauft.

– Mein Vater! sagte Johann, der sich uns am nächsten befand, indem er sich umwandte.

– Gut! Sagte er, man spricht von Deinem Schutzpatron, der unseren Heiland in dem Jordan getauft hat.

Indem er zu gleicher Zeit aufstand, machte er mit seiner Mühe ein Zeichen des Grußes.

– He! Margaretha!. . . he!. . . rief er einem schönen Mädchen von neunzehn bis zwanzig Jahren zu, das auf der Schwelle ihrer Thür stand, mache das schönste Zimmer zurecht, und bereite ein gutes Abendessen, ich führe Dir Kundschaft zu.

– Gehen Sie voraus und erwarten Sie mich in Ihrem Zimmer; während sie auf den Dämmen sein werden, werde ich zu Ihnen heraufkommen, und bei einer Pfeife Tabak und bei einem Glase Ratafia Ihnen die Sache erzählen.

Ich gab ihm einen Wink der Zustimmung, auf den er durch einen schlauen Blick antwortete, und nachdem ich mit Hilfe Simons und Judas an das Land gestiegen war, schritten wir auf das Wirthshaus Zum Alten Ostindienfahrer zu, auf dessen Schwelle uns unsere schöne Wirthin mit lächelnder Miene erwartete.

XIV.
Eheliche Widerwärtigkeiten

Wir wurden von unserer schönen und jungen Wirthin Margaretha auf das beste aufgenommen.

Sie führte uns in ein Zimmer mit zwei Betten, und fragte uns, ob wir das Essen in unserem Zimmer angerichtet haben, oder in dem Gastzimmer essen wollten.

Die Hoffnung, daß Vater Olifus uns sein Abenteuer erzählen würde, ließ uns vorziehen in unserem Zimmer zu essen.

Aufgefordert zu erklären, was wir zu unserm Abendessen am Liebsten wünschten, erklärten wir, uns in dieser Beziehung ganz auf den guten Willen der Mademoisell, Margarelha zu verlassen.

Wohlverstanden wurde diese ganze Unterhaltung durch Zeichen gemacht; aber diese unter Männern, die ungeduldig werden, lächerlichen Zeichen, werden eine sehr angenehme Sprache, wenn sie mit einer hübschen Frau gesprochen wird, die uns zulächelt.

Es ging daraus hervor, daß wir, obgleich nicht ein Wort unter uns ausgesprochen war, uns nach Verlauf von fünf Minuten vollkommen verständigt hatten.

Der Vater Olifus hatte sich nicht geirrt; der Wind fuhr fort zu blasen, indem er an Gewalt zunahm; es war Nichts dabei zu fürchten, aber man mußte gleich, wohl aus Vorsicht auf den Dämmen wachen.

Von dem Fenster aus sahen wir drei der Söhne des Vaters Olifus nach der Küste zu gehen; die beiden andern, Simon und Judas, traten in ein Haus, in welchem sie, wie wir später erfuhren, zwei Schwestern den Hof machten.

Während wir in Mitte der ersten Schatten der Nacht, die immer finsterer wurde, mit den Augen dem Treiben der Straße und des Hafens folgten, bedeckte sich unser Tisch zuvörderst mit einer Schüssel geräucherten Rindfleisches, einer Schüssel auf dem Rost gebratenen Salmens und einer Schüssel dampfender harter Eier.

Diese Eier, von der Größe der Taubeneier, waren grün mit rothen Flecken; es sind Kiebitzeier, die man im Monat Mai im Ueberflusse findet, und die bei Weitem köstlicher sind, als Hühnereier.

Eine Flasche Bordeaux erhob sich in Mitte dieser Ausstellung nationaler Produkte wie ein schlanker und bei dem geringsten Stoße schwankender Thurm.

Wir setzten uns mit einem Appetite von Seefahrern zu Tische. Alles war vortrefflich, Wein und Eßwaaren.

Außerdem war das Abendessen für uns nur eine Nebensache; hingegen erwarteten wir mit der größten Ungeduld das Erscheinen des Vater Olifus.

Bei dem Nachtische hörten wir auf der Treppe einen zugleich schwerfälligen und verstohlenen Gang; die Thür ging auf, und eine Flasche in jeder Hand, eine Flasche unter dem Arme und die Pfeife im Munde, hielt der Vater Olifus seinen Einzug, indem er schweigend lachte.

– Still, sagte er, hier bin ich.

– Und, wie es scheint, in guter Gesellschaft.'

– Ja. Ich habe gesagt, es sind zwei Franzosen, gehen wir zu vier hin, um in gehöriger Stärke zu sein. Ich habe eine Flasche Ratafia, eine Flasche Rum, eine Flasche Arak genommen, und da bin ich.

– In Wahrheit, Vater Olifus, sagte ich zu ihm, je mehr ich Sie höre, desto mehr setzen Sie mich in Erstaunen; Sie sprechen das Französische in Wahrheit nicht wie ein Matrose Seiner Majestät Wilhelms III., sondern wie ein Seemann Seiner Majestät Ludwigs XIV.

– Das kommt daher, weil ich im Grunde Franzose bin, sagte der Vater Olifus, indem er mit den Augen blinzelte.

– Wie, im Grunde?

 

– Ja, mein Vater war Franzose und meine Mutter Dänin; mein Großvater war Franzose und meine Großmutter Hamburgerin. Was meine Kinder anbelangt, so rühme ich mich dessen, sie haben einen Franzosen zum Vater und eine Mutter. . .

O! was die Mutter anbelangt, so mögte ich nicht wagen zu sagen was sie war; was sie anbelangt, so sind sie wahre Holländer, was sich nicht zugetragen haben würde, wenn ich da gewesen wäre, um ihre Erziehung zu leiten; aber ich war in Indien.

– Sie kamen indessen von Zeit zu Zeit zurück? fragte ich lachend.

– Darüber irren Sie Sich, ich kehrte nicht zurück.

– Aber Ihre Frau besuchte Sie dort?

– Nein und ja.

– Wie, nein und ja?

– Das ist es gerade, wo sich die Sache verwickelt. Es scheint, daß die Entfernung Nichts dazu thut, wenn man eine Hexe zur Frau hat.

– Am Ende?

– Ja, das ist es. In jedem Falle will ich Ihnen Alles erzählen; aber zuvor ein Glas Ratafia, es ist ächter, ich stehe Ihnen dafür. Auf Ihre Gesundheit!

– Auf die Ihrige, mein Wackerer!

– Wie ich Ihnen sagte, bin ich also. Franzose, der Sohn eines Franzosen, Matrose von dem Vater auf den Sohn, von dem Geschlechte der Seewölfe und der Seehunde; ich bin auf dem Meere auf die Welt gekommen, und ich hoffe auf dem Meere zu sterben.

– Wie sind Sie mit diesem Berufe nicht in die Kriegsflotte eingetreten?

– O! ich habe zur Zeit des Kaisers gedient, aber im Jahre 1810, gute Nacht! ich bin gefangen genommen und nach England geschickt worden, wahrscheinlicher Weise, um dort das Englische zu lernen; wie Sie sehen werden, hat mir das späterhin genützt.

– Im Jahre 1814 kehrte ich hierher nach Monikendamm zurück; da war es, wo der Kaiser mich genommen hatte; ich war betriebsam, ich machte dort auf den Pontons alle Arten von Arbeiten aus Stroh, und verkaufte sie nachher an die englischen Damen, welche uns zu besuchen kamen, so daß ich mit einer kleinen Summe, etwa drei bis vier Hundert Gulden, hier ankam.

Ich kaufte eine Barke, wurde Schiffer und belustigte mich, Reisende nach Amsterdam, nach Purmeren, nach Edam, nach Hoorn, kurz, längs der ganzen Küste hinzufahren.

So ging es von 1815 bis 1820. Ich war fünf und dreißig Jahre alt, man sagte mir immer: Verheirathet Ihr Euch nicht, Vater Olifus? Ich sagte: Nein. Ich bin ein Seemann, und ich werde mich so lange nicht verheirathen, als bis ich ein Meerweibchen gefunden habe. – Und warum wollt Ihr ein Meerweibchen, Vater Olifus? – Ei, antwortete ich, weil die Meerweibchen nicht sprechen.

Ich muß Ihnen sagen, daß man vor zwei bis drei Hundert Jahren ein gescheitertes Meerweibchen auf den, Sande gefunden hat; man hatte ihm gelehrt aufzuwerten und zu spinnen, aber niemals hat man ihm das Sprechen lehren können.

– Ja, ich weiß es. Nun denn?

– Sie werden begreifen; eine Frau, welche aufwartet, welche spinnt und die nicht spricht, das ist ein Schatz; aber sehen Sie, die Wahrheit dabei ist, daß ich nicht an die Meerweibchen glaubte, und daß ich entschlossen war, mich nicht zu verheirathen.

Eines Tages, es war am 20. September 1823. ich werde den Datum niemals vergessen, es war am Tage zuvor stürmisches Wetter gewesen, blies der Wind von der Nordsee her. Nachdem ich einen Engländer nach Amsterdam gefahren hatte, und als ich zwischen dem Cap Tidam und der kleinen Insel Marken gerade an dem Orte vorüberkam, wo sich Schilf befand und das ich Ihnen bei unserer Herfahrt gezeigt habe, erblickten wir Etwas wie ein Thier, welches im Wasser plätscherte.

Wir ruderten; je mehr wir ruderten, desto mehr glaubten wir ein menschliches Geschöpf zu erkennen; wir riefen ihm zu: Haltet Euch gut! Muth! wir kommen! Über je mehr wir riefen, desto mehr verdoppelte sich der Lärm. Wir kamen an, und wir erblickten, was? eine Frau. welche im Wasser plätscherte.

Es befand sich ein Pariser unter der Mannschaft, ein Spaßvogel, er sagte zu mir: – Ei, Vater Olifus. ein Meerweibchen, das ist ganz Eure Sache.

Sehen Sie, bei diesem Worte hätte ich mich davon machen sollen; durchaus nicht, neugierig wie ein Meerschwein, kam ich immer näher und sagte: Es ist meiner Treue wahr, es ist eine Frau, und die dazu noch im Begriffe steht zu ertrinken; man muß sie nehmen, man muß sie fortschaffen.

– Sie ist eben nicht gekleidet, sagte der Pariser.

Sie war in der That ganz nackend.

– O! fürchtest Du Dich etwa? sagte ich zu ihm.

Und zu gleicher Zeit sprang ich in das Wasser und nahm sie in meine Arme.

Sie war in Ohnmacht gesunken.

Wir wollten sie aus dem Schilfe ziehen, aber ich weiß nicht, wie sie sich darin gefangen hatte, das Gras hatte ihr eine Schleife um das Bein gemacht, wie die Seemannsschleifen.

Man war genöthigt das Gras abzuschneiden.

Wir legten sie in die Barke, bedeckten sie mit unseren Mänteln und steuerten nach Monikendamm.

Wir vermutheten, daß in der Umgegend irgend ein Schiffbruch stattgefunden hätte, und daß die arme Frau an die Küste geworfen wäre, an welcher sie sich in dem Schilfe verwickelt hätte.

Der Pariser allein schüttelte den Kopf. Er sagte, daß die Frau vor Furcht ohnmächtig geworden wäre, als sie uns erblickte, und er behauptete, daß es eine Nereide, und keine Schiffbrüchige wäre.

Und hierauf hob er einen Zipfel unserer Mäntel auf, und betrachtete sie. Ich betrachtete sie gleichfalls, und ich gestehe, daß ich sogar ein Vergnügen daran fand sie zu betrachten.

Es war ein hübsches Geschöpf, das höchstens zwanzig bis zwei und zwanzig Jahre alt zu sein schien. Schöne Arme, schöne Brust; nur spielten die Haare in das Grüne.

Da sie aber sehr weiß war, so stand ihr das ziemlich gut.

Während ich sie betrachtete, schlug sie ein Auge auf. Das Auge war gleichfalls grün. Aber es war darum nicht häßlicher.

Als ich sah, daß sie das Auge aufgeschlagen hatte, ließ ich den Mantel zurückfallen, indem ich sie über meine Unbescheidenheit um Verzeihung bat und ihr sagte, daß ich in Monikendamm das schönste Kleid von der Tochter des Bürgermeisters Vanclief borgen würde, um es ihr zu geben.

Sie antwortete nicht, ich glaubte, daß es aus Scham sei, und gab den andern einen Wink Nichts zu sagen, nur munterte ich sie auf zu rudern; plötzlich erhoben sich die Mäntel, und sie nahm ihren Anlauf, um in das Wasser zu springen. Welcher Einfaltspinsel ich gewesen bin, sie nicht gewähren zu lassen!

– Sie haben sie zurückgehalten?

– Gerade bei ihren grünen Haaren; aber nun trug sich Etwas zu, das mir die Augen hätte öffnen sollen; nämlich, daß sie, obgleich sie allein war, beinahe mit uns Allen fertig geworden wäre, die wir zu sechs waren. Der Pariser unter andern erhielt von ihr einen Schlag auf das Auge. . . ah! er hat gesagt, daß er niemals auf der Courtille etwas Aehnliches gesehen hätte.

Ich glaubte, daß sie eine Wahnsinnige wäre, die sich umbringen wollte. Ich packte sie um den Leib, und obgleich sie eine Haut so glatt wie die eines Aales hatte, gelang es mir doch, sie fest zu halten, während meine Matrosen ihr die Hände und die Füße banden.

Sobald die Hände und die Füße gebunden waren, war es vorbei, sie stieß einige Schreie aus, vergoß einige Thronen, dann entschloß sie sich, sich ruhig zu verhalten.

Es gab nicht Einen unter uns, der nicht seinen Taps bekommen hatte, aber der beste war der des Parisers; von fünf zu fünf Minuten badete er sich das Auge mit Seewasser. Wenn Sie jemals irgend einen Puff erhalten, so nehmen Sie Seewasser, das ist ein Universalmittel.

Kurz, wir landeten. Als man den Fund erfuhr, den wir gemacht hatten, eilte das ganze Dorf herbei.

Wir trugen die Frau in das Haus, und ich ließ die Tochter des Bürgermeisters Vanclief benachrichtigen, damit sie die Güte haben mögte, eines ihrer Kleider zur Verfügung der Schiffbrüchigen zu stellen. Ich beharrte darauf, sie für eine Schiffbrüchige zu halten. Dem ist nun einmal so, wenn man nicht weiß.

Die Tochter des Bürgermeisters eilte herbei, indem sie ein Kostüm mitbrachte; ich ließ sie in das Zimmer treten, in welchem sich unsere Gefangene auf einem Nette liegend und immer noch an Händen und Füßen gebunden befand.

Man muß glauben, daß sie sie für ein Geschöpf ihrer Art erkannte, denn, nachdem sie dem jungen Mädchen einen Wink gegeben hatte, ihr die Hände loszubinden, und diese sich beeilt hatte, ihr diesen Dienst zu erzeigen, begann sie dieselbe voll Neugierde anzublicken, ihre Kleider zu berühren, sie aufzuheben, wie um zu erfahren, ob sie nicht zu ihrem Körper gehörten, unter ihr Kleid und in ihr Mieder zu blicken, wozu sich die Tochter des Bürgermeisters mit der größten Gefälligkeit hergab, indem sie ihr den Unterschied zeigte, der zwischen der Leinewande und dem Fleische stattfinde, sich entkleidete und wieder ankleidete, um ihr das Geheimniß der Aehnlichkeit begreiflich zu machen, das unter ihnen stattfinde, wenn sie nackend wären, und den Unterschied, wenn sie angekleidet wären.

– O! sehen Sie, die Koketterie ist ein der wilden Frau, wie der civilisirten Frau, der civilisirten Frau, wie dem Seeweibchen angebornes Laster; statt daß sie zu entfliehen versuchte, statt daß sie fortfuhr zu schreien und zu weinen, belustigte sich die unsrige damit, die Kleider und die Röcke, die Hauben und die vergoldeten Verzierungen des Kopfputzes zu betrachten, worauf sie ein Zeichen gab, daß sie sich ankleiden wollte; sie hatte nur ein Mal gesehen, wie Alles das aus und angezogen wurde. Bah! sie war fast eben so geschickt, als ob sie ihr ganzes Leben lang nichts Anderes gethan hätte, als sich anzukleiden und sich auszukleiden; als ihre Toilette beendigt war, suchte sie Wasser, um sich darin zu spiegeln. Die Tochter des Bürgermeisters reichte ihr einen Spiegel; sie betrachtete sich, stieß einen Schrei der Ueberraschung aus, und begann wie eine Unsinnige zu lachen.

In diesem Augenblicke trat der Pfarrer ein, und begann sie auf jeden Zufall hin zu taufen. Nur hätte sie dem Pfarrer beinahe die Augen ausgerissen, als er ihr ihre Haube abnehmen wollte. Man mußte ihr begreiflich machen, daß man ihr nur für einen Augenblick lang den Kopf entblößte; aber sie ließ weder die Haube, noch die vergoldeten Verzierungen los, welche sie sich ganz allein wieder anlegte, sobald der Pfarrer sich entfernt hatte.

Ich starb vor Begierde sie zu sehen. Ich ging daher auch hinauf, indem ich die Tochter des Bürgermeisters frug, ob ich eintreten könnte; diese machte mir die Thüre auf. Meine fünf Matrosen befanden sich hinter mir; sie hielten sich auf dem Vorplatze gedrängt; der Pariser kam als der letzte mit einem Umschlage von Salzwasser auf seinem Auge.

Ich suchte, wo das Seeweibchen wäre. Ich erkannte sie nicht. Ich sah eine schöne Friesin mit ein wenig grünen Haaren, das war Alles. Aber Grün und Gold paßt sehr gut zu einander, wie Sie wissen.

Die Tochter des Bürgermeisters machte mir eine tiefe Verbeugung.

Das Meerweibchen sah zu, wie es ihre Freundin angefangen hatte, und machte es eben so. Da sieht man, was ein Weib ist, mein Herr; was für ein heuchlerisches Wesen es gibt! Es war noch keine zwei Stunden her, daß sie Bekanntschaft mit menschlichen Geschöpfen gemacht hatte, und sie weinte, lachte, betrachtete sich in einem Spiegel und machte bereits die Verbeugung. O! das hätte mich wohl aufklären müssen; aber was geschrieben steht, steht geschrieben.

Ich begann eine Unterhaltung durch Zeichen mit ihr. Ich fragte sie, ob sie keinen Hunger hätte. Ich weiß, daß man sich durch Leckerbissen bei den Thieren beliebt macht, und, dem ist nun einmal so, ich hatte den Einfall, mich von dieser Frau lieben zu lassen, wäre es auch nur aus Neugierde. Sie machte ein bejahendes Zeichen, nun brachte ich ihr Wassermelonen, Rosinen, Birnen, kurz Alles, was ich mir an Früchten verschaffen konnte.

Sie kannte Alles das. Sobald sie es sah, fiel sie darüber her. Nur wollte sie den Teller essen, als sie die Früchte gegessen hatte, und man hatte alle Mühe von der Welt, ihr begreiflich zu machen, daß sich das nicht essen ließe.

Indessen hatte bereits der Pfarrer das seinige gethan. Er hatte der Tochter des Bürgermeisters erklärt, daß wenn das Meerweibchen auch ein Fisch wäre, es ein Fisch sei, der zu sehr einer Frau gliche, um bei einem unverheiratheten Manne zu bleiben, so daß, nachdem sie ihr Mahl beendigt hatte, der Bürgermeister mit seiner Frau und seiner andern Tochter sie abholten.

Die beiden neuen Freundinnen entfernten sich Arm in Arm.

Nur ging das Meerweibchen barfuß; sie hatte die Schuh nicht anziehen können, welche man ihr gebracht hatte, nicht etwa weil sie zu klein waren, im Gegentheile; aber dieser Theil ihres Anzuges war der letzte, an den sie sich gewöhnen konnte.

Als sie an die Thüre des Hauses kam, warf sie einen Blick auf das Meer; vielleicht hatte sie Lust in ihre ehemalige Wohnung zurückzukehren, aber sie hätte durch die ganze Bevölkerung gehen müssen, welche sich aus Neugierde versammelt hatte; außerdem hätte das ihre schönen Kleider verdorben. Die Neuangekommene schüttelte den Kopf und schlug ruhig ihren Weg nach dem Hause des Bürgermeisters ein, indem ihr die ganze Bevölkerung von Monikendamm mit dem Ausrufe folgte: Die Buchold! die Buchold! was in der Volkssprache bedeutet: das Wassermädchen.

 

Da sie keinen Familiennamen hatte, so blieb ihr dieser Name.

Ich hatte Hundert Male gesagt, daß ich nur ein Meerweibchen heirathen würde. Ich war nach Wunsch bedient. Am selben Abende tranken daher auch alle meine Kameraden auf meine bevorstehende Verheirathung mit der Buchold; sie war jung, sie war hübsch, sie hatte mich mit ihren grünen Augen auf eine gewisse Weise angeblickt, die mir nicht mißfallen hatte; meiner Treue! ich trank wie die Andern.

Drei Monate nachher verstand sie Alles das zu thun, was eine Frau zu thun versteht, ausgenommen zu sprechen; sie war in ihrem friesischen Kostüme nicht allein das hübscheste Mädchen von ganz Holland, sondern auch noch von ganz Friesland; es hatte das Ansehen, als ob sie mich nicht verschmähete, und ich war wie ein Dummkopf in sie verliebt; ich hatte alle Rechte auf sie, da ich es war, der sie gefunden hatte; es war keine Einrede von Seiten ihrer Eltern zu fürchten.

Ich heirathete sie.

Sie wurde auf der Mairie unter dem Namen Maria die Buchold verheirathet, da der Herr Pfarrer, als er sie taufte, es für angemessen gehalten hatte, ihr den Namen der Mutter unseres Heilandes zu geben.

Ich gab ein großes Essen, nachher einen großen Ball, von dem die neue Maria durch Zeichen alle Honneurs machte, indem sie wie eine gewöhnliche Frau, nur stumm wie eine Schleihe, trank, aß und tanzte.

Als man sie so hübsch, so anmuthig und so stumm sah, riefen die Eingeladenen wie mit einer Stimme: wie glücklich ist dieser verteufelte Olifus!

Um Mitternacht verabschiedete ich die ganze Gesellschaft, welche sich entfernte, indem sie nochmals sagte: Wie glücklich der verteufelte Olifus ist!

Am folgenden Tage erwachte ich um zehn Uhr Morgens. Sie war bereits wach und sah mich schlafen. Ich schlug plötzlich die Augen auf, und es schien mir auf ihrem Gesichte ein seltsamer Ausdruck von Spott und von Schalkheit zu liegen. Aber, so bald sie meinen Blick sich auf den ihrigen hatte heften sehen, nahm ihr Gesicht wieder seinen gewöhnlichen Ausdruck an, und ich dachte nicht mehr an den andern.

– Guten Tag, meine liebe Frau, sagte ich zu ihr.

– Guten Tag, mein lieber Mann, antwortete sie. Ich stieß einen Ausruf der Verzweiflung aus; der Schweiß stieg mir auf die Stirn; meine Frau sprach.

Es schien, als ob die Ehe ihr die Zunge gelöst hätte.

Das trug sich am 22. December 1823 zu.

– Auf Ihre Gesundheit, mein Herr, sagte der Vater Olifus, indem er ein zweites Glas Ratafia austrank, und mich wie Biard aufforderte, es eben so zu machen, und heirathen Sie kein Meerweibchen.

Hierauf fuhr er mit der Rückseite seiner Hand über seine Lippen, und fuhr fort.