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Tausend und Ein Gespenst

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Man hätte sagen können, daß irgend etwas Uebernatürliches das Pferd wie den Reiter unterstützte. Beppo ritt den ganzen übrigen Theil der Nacht, den ganzen folgenden Tag, und am Abend, nach dreimaligem, geschickter Weise für sein Thier eingerichteten Anhalten, kam er um sieben Uhr Abends nach Assisi.

Dort war er, welche Lust Beppo auch hatte, seine Reise fortzusetzen, gezwungen, einzukehren. Sein Pferd vermogte keinen Fuß vor den andern zu setzen.

Er selbst bedurfte der Ruhe. Eine Nacht und zwei Tage lang war er fast ohne anzuhalten geritten. Er verlangte ein Zimmer und legte sich zu Bett, ohne zu Nacht zu essen.

Wie groß die Ermüdung des Körpers bei Beppo indessen auch sein mogte, die Unruhe des Geistes war noch bei Weitem großer. Die Folge davon war, daß er, obgleich er sich zu Bett gelegt, obgleich er seine Lampe ausgelöscht hatte, nicht einschlief.

Das Fenster seines Zimmers hatte weder Vorhänge, noch Läden, der Schein des Mondes drang um so heller durch die Fensterscheiben, als er sich durch den Widerschein des Schnees vermehrte, den Beppo einige Stunden weit vor Assisi gefunden hatte. Beppo war also auf sein Bett gestützt, die Augen auf den bleichen Lichtschein geheftet, der sein Zimmer durchfurchte, als er plötzlich Schritte auf der krachenden Treppe hörte. Diese Schritte näherten sich seiner Thüre. Seine Thüre ging auf. Beppo ergriff eine der auf seinem Nachttische liegenden Pistolen und richtete den Lauf derselben nach der Thüre.

Aber auf der Schwelle erschien ein junger, in einem ganz mit Schneeflocken bedeckten braunen Mantel gehüllter Mann; der junge Mann schritt auf das Bett zu, schlug den Mantel zurück, der ihm einen Theil seines Gesichtes bedeckte, und Beppo erkannte seinen Freund.

Beppo warf seine Pistole weg, stieß einen Schrei aus und wollte aus dem Bette springen; aber Gaetano gab ihm einen zugleich traurigen und befehlenden Wink mit der Hand.

Beppo blieb ohne Stimme, ohne Athem, ohne Bewegung, die Augen gräßlich aufgesperrt, in dieser wie ein Nordlicht bleichen Nacht.

Für Beppo war es augenscheinlich, daß es dieselbe Erscheinung sei, welche ihm bereits in Monte-Carelli erschienen war.

Das Gespenst legte zuerst seinen Mantel ab, dann seine Kleider, indem es Beppo mit der Hand einen Wink gab, ihm in dem Bette seinen gewöhnlichen Platz einzuräumen.

Hierauf legte es sich neben ihn.

Beppo war zugleich so aufgeregt und so erschreckt, daß er, in dem hinteren Theile des Bettes ausgestreckt, auf eine seiner Hände gestützt, regungslos blieb, indem er seinen Freund anblickte.

Dann sagte er nach einem Augenblicke mit leiser Stimme:

– Gaetano, bist Du es? Sprich, antworte.

Gaetano schwieg fortwährend.

– Wenn Gott zuläßt, fuhr Beppo fort, daß die gewöhnlichen Gesetze der Natur gestört sind, so hat Gott einen Zweck. Sag mir, was Du willst, Freund, und, bei unserer Freundschaft auf dieser Welt, ich werde es thun.

Gaetano antwortete nicht.

– Bist Du gestorben, fuhr Beppo fort, und kehrst Du in Folge des Schwures zurück, den wir uns geleistet haben, uns, selbst nach unserem Tode nicht, zu verlassen? In diesem Falle, sieh, Freund, ich fliehe Dich nicht.

Indem er diese Worte aussprach, näherte sich Beppo mit offenen Armen seinem Freunde; aber er stieß einen Schrei aus, er glaubte eine Statue von Eis berührt zu haben.

Etwas gleich einem Todesschauder hatte den Körper des Lebendigen überlaufen.

Was den Todten anbelangt, so stand er mit demselben traurigen Lächeln auf, das Beppo bereits auf seinen Lippen erblickt hatte, legte eines nach dem andern seine Kleider wieder an, und verließ das Zimmer, den Kopf beständig nach seinem Freunde gewendet, und indem er ihm mit der Hand eine Geberde des Abschiedes machte.

In dem Augenblicke, wo Gaetano über die Schwelle der Thüre schritt, glaubte Beppo einen langen Seufzer aushauchen zu hören.

Dann entfernte sich das Geräusch der Schritte auf der Treppe so abnehmend, wie es zugenommen hatte, als es sich näherte.

– O! zuverlässig, murmelte der junge Mann, indem er seinen Kopf auf sein Kopfkissen zurücksinken ließ, Gaetano ist gestorben!. . . gewiß gestorben!

IV.
Die beiden Studenten von Bologna. (Fortsetzung)

Sei es nun Ohnmacht, oder sei es Ermüdung, Beppo erwachte erst mit Tagesanbruche. Eine Nacht hatte seinem Pferde genügt, um auszuruhen, es war frisch und munter. Beppo schwang sich auf den Sattel und setzte seine Reise fort.

Bis dahin hatte er sich auf allen Posten sorgfältig erkundigt, um zu erfahren, ob nicht vierundzwanzig Stunden vorher ein junger Mann von zwanzig bis einundzwanzig Jahren, allein in einer Kutsche sitzend, von Bologna nach Rom reisend, umgespannt hätte.

Bis dahin hatte er bestimmte Nachrichten von Gaetano gehabt; in Foligno und in Spoletto, dieselbe Antwort; überall hatte man den jungen Mann gesehen, der mit seiner Karte als Student reiste; er befand sich wohl und munter, und schien große Eile zu haben, um nach Rom zu kommen.

Indessen war die schon während des Sommers schlechte Straße durch den Schnee fast unwegsam geworden; es ging daraus hervor, daß Beppo an diesem Tage kaum Terni zu erreichen vermochte. In Strettura, das heißt, zwei Stunden von Terni, hatte der Reisende seine gewöhnliche Frage gestellt, dort war Gaetano noch gesehen worden.

Es war fünf Uhr Abends, als Beppo in Strettura ankam, und als er, nachdem er sich von der Durchkunft feines Freundes versichert, erfuhr, daß er seine Reise nach Terni fortgesetzt hätte, schickte er sich an, es eben so zu machen; aber nun schüttelte der Postmeister, an den er sich wandte, den Kopf und gab ihm den Rath, nicht weiter zu gehen, indem er sagte: zwischen zwei Ketten der Apenninen eingeschlossen, wird die Straße durch eine Räuberbande unsicher gemacht, und jeden Tag hört man irgend eine schreckliche, von diesen Elenden ausgeführte That.

Aber Beppo hatte die Lebendigen niemals gefürchtet, und der Gedanke, daß es das Gespenst Gaetanos gewesen, das ihm erschienen, hatte ihm eine hohe Kraft verliehen; er erklärte daher, daß er gleichfalls große Eile hätte, nach Rom zu kommen, und daß er keine Gefahr kenne, die im Stande wäre, ihn auf seinem Wege aufzuhalten.

Er schüttete dem zu Folge frisches Pulver auf die Pfanne seiner Pistolen, versicherte sich, daß sein Degen leicht aus der Scheide ging, gab seinem Pferde die Sporn und ritt 'in das Thal, das von Strettura nach Terni führt.

In der That, keine Oertlichkeit war für einen Hinterhalt günstiger; dichte Waldungen, gleich den Maquis von Corsika, erstreckten sich bis an die Heerstraße; ungeheure Granitblöcke waren von den Bergen bis an den Weg herabgerollt. Man hätte sie für die wüste Straße halten können, von der Dante spricht, und die durch das Chaos in die Hölle führt.

Beppo erwartete mit jeder Minute angegriffen zu werden; aber gleichgültig über sein eigenes Schicksal, faßte er ruhig und kaltblütig jede Unebenheit des Bodens in's Auge, welche ihm mit einem Hinterhalte zu bedrohen schien. Kaum machte Beppo, indem er sich dem drohen, den Orte näherte, die Bewegung eines Mannes, der sich auf seine Holfter bückt. Sobald er ohne Anfall an dem Orte vorübergekommen war, richtete er sich wieder mit verächtlichen Lächeln gegen diese Gefahr auf, welche nicht zu wagen schien, zu ihm zu kommen.

Endlich erblickte er die Lichter der Stadt, begab sich geraden Weges nach der Post, und stellte seine gewöhnliche Frage.

Aber hier unterbrachen sich die Nachrichten; man hatte nicht allein Gaetano nicht gesehen, man konnte ihm nicht allein keine Nachrichten geben, sondern es war auch noch seit ungefähr vierzehn Tagen keine Art von Postkutsche nach Terni gekommen; das Gerücht von den von dieser Räuberbande, von welcher Beppo in Strettura hatte sprechen hören, angestellten Verheerungen machte, daß alle vernünftigen Reisenden wieder umkehrten, und die Straße von Aquapendente einschlugen.

Gaetano, der bis nach Strettura gekommen, war daher nicht in Terni erschienen. Seine Spur verlor sich auf der Straße, welche von der ersten nach der zweiten dieser beiden Städte führt.

Beppo hatte außerhalb Terni, auf dem von ihm verfolgten Wege, ein Gasthaus bemerkt, das einem verlornen Posten auf diesem unheimlichen Wege glich. Er glaubte, daß, da dieses Wirthshaus dem Orte näher liege, wo aller Wahrscheinlichkeit nach Gaetano war angefallen worden, er in demselben, seiner isolirten Lage wegen, sicherere Nachrichten von ihm erlangen könne, als in der Stadt.

Dem zu Folge kehrte er wieder um und ritt nach diesem Wirthshause, welches das Schild führte: »Zum Wasserfalle von Terni.« Eine Postkutsche befand sich in einem Winkel des Hofes. Er glaubte sie zu erkennen und erkundigte sich sogleich; aber er erfuhr, daß sie einer jungen Dame von Rom angehöre, die ihrem Bruder oder ihrem Gatten entgegenkäme, und die hier vor zwei Stunden auf die ihr gemachte Bemerkung von der Gefahr, welche sie liefe, bei Nacht durch einen solchen Engpaß zu fahren, eingekehrt wäre.

Dort erkundigte sich Beppo von Neuem nach seinem Freunde; aber obgleich er sich an alle Personen des Hotels, von dem Herrn bis zu dem Stallknechte wandte, so erhielt er doch keine Nachricht über ihn.

Beppo fürchtete und sehnte sich zu gleicher Zeit nach dem Momente, wo er sich allein befinden würde. Die beiden Erscheinungen, welche einander in zwei Nachten gefolgt waren, die eine in Monte-Carelli, die andere in Assisi, hatten sich seines Geistes gänzlich bemächtigt; er war überzeugt, daß die Nacht nicht verfließen würde, ohne daß er Gaetano nochmals wiedersähe.

Er aß und trank Etwas in dem Gastzimmer, indem er dabei auf das horchte, was gesprochen wurde, und hoffte, daß er irgend Etwas über Gaetano erführe; aber obgleich die Unterhaltung sich gänzlich um die Räuber drehete so schien doch kein Umstand sich auf den Gegenstand zu beziehen, welcher den Reisenden allein interessirte.

 

Nun zog er sich in sein Zimmer zurück. – Dahin folgte ihm seine letzte Furcht und seine letzte Hoffnung. Menschliche Mittel fehlten ihm; ohne Zweifel würden ihm übernatürliche Mittel zu Hilfe kommen.

Beppo that Nichts, um eine neue Erscheinung hervorzurufen, noch um sich gegen dieselbe zu schützen; er kleidete sich aus, legte sich zu Bett, löschte seine Lampe aus und entschlief, indem er Gott die Sorge für seinen Leib und für seine Seele übergab.

Um eilf Uhr erwachte er plötzlich. Einige Sekunden verflossen, während welcher jene leichten Wolken in seinem Geiste verschwanden, die einen Augenblick lang den Schlummer überleben; hierauf hörte er dasselbe Geräusch, welches er die Nacht zuvor in Assisi gehört hatte, das heißt Schritte, unter welchen eine Treppe knarrte. Diese Schritte näherten sich, wie die vorige Nacht, dem Zimmer, die Thüre ging auf und Gaetano erschien wieder.

Beppo glaubte, daß das Gespenst sich wie die vorige Nacht auskleiden und sich zu ihm legen würde. Er fand ein trauriges Vergnügen an diesem Zusammenwohnen mit seinem todten Freunde, und wich schon zurück, um ihm seinen Platz abzutreten, als das Gespenst ihm einen Wink gab aufzustehen.

Sei es nun, daß er nicht verstanden hatte, oder daß er unschlüssig war, Beppo zögerte zu gehorchen.

Nun schlug Gaetano seinen mit Schnee bedeckten Mantel zurück. Er war nackend unter dem Mantel, und an seiner Brust befand sich eine blutende Wunde, die er seinem Freunde mit dem Finger zeigte. Voll Verzweiflung verstand Beppo Alles, sprang aus seinem Bette und kleidete sich in der Eile an.

An dem Fuße des Bettes stehend, wartete das Gespenst regungslos.

Als Beppo bereit war, sagte er:

– Hier bin ich, was befiehlst Du?

Ohne ihm zu antworten, gab ihm Gaetano einen Wink sich zu bewaffnen.

Beppo schnallte seinen Degen um, und steckte seine beiden Pistolen in den Gürtel.

– Ist es so recht? fragte Beppo.

Das Gespenst nickte mit dem Kopfe, und indem es seinen Freund anblickte, um zu sehen, ob er ihm folge, schritt es nach der Thüre zu, indem es traurig lächelte, wie um Beppo zu ermuthigen, keine Furcht vor ihm zu haben.

Auf diese Weise verließen sie das Wirthshaus, indem sich alle Thüren vor ihnen öffneten, oder vielmehr, indem das Gespenst überall, wo es durchkam, eine Oeffnung machte, welche zugleich für seinen Begleiter, diente, und die sich hinter ihnen wieder verschloß.

Nachdem sie ohngefähr eine Viertelstunde lang auf der Straße gegangen waren, schlug das Gespenst einen schmalen Fußpfad durch Gestrüpp und Steine ein, und Beppo mit dem Degen in der Hand, ging hinterdrein, er bemerkte voll Schrecken, daß die Schritte des Gespenstes sich nicht in den Schnee eindrückten, aber daß dagegen sein Blut eine lange Spur hinter ihm zurückließ. In der Hoffnung, daß sein,Freund ihm antworten würde, richtete Beppo zwei bis drei Male einige liebevolle Worte an ihn; aber jedes Mal, wie als ob er gefürchtet hätte, daß der Klang dieser Worte die Anwesenheit eines lebendigen Wesens verrathen möchte, legte Gaetano seinen Finger auf seine Lippen, indem er Beppo aufforderte zu schweigen.

Uebrigens wurde die Anempfehlung bald unnöthig. In dem Maße, als man sich in das Gebirge vertiefte, näherte man sich dem Wasserfalle, und das Rauschen des herabfallenden Wassers war so groß, daß zwei Personen sich nicht hätten verstehen können, so laut und so nahe sie auch mit einander gesprochen hätten.

Aber Etwas überraschte Beppo vor Allem, nämlich, daß in dem Maße, als er sich in das Gebirge vertiefte, er die Gegend wieder erkannte, die er in seinem Traume gesehen hatte; endlich wurde diese Gegend durch den Anblick des neu aufgeworfenen Grabes vervollständigt, welches einen Fleck auf diesem unermeßlichen Schneemantel bildete, der die Erde bedeckte.

Beppo bedurfte keine Erklärung mehr. Das Gespenst Gaetanos hatte ihn an den Ort geführt, wo er begraben worden war; er kniete vor dem Grabhügel nieder, indem er für seinen Freund betete. Während dieser Zeit war das Gespenst stehen geblieben, und es schien Beppo, als ob es sich mit ihm durch das Gebet vereinigte.

Als er diese fromme Pflicht erfüllt, streckte Beppo seinen Degen über das Grab seines Freundes aus, und schwor seinen Tod zu rächen; als er hierauf mit seinem Degen zwei Eichenzweige abgehauen hatte, befestigte er sie als Kreuz aneinander, und pflanzte dieses Kreuz auf das Grab.

Mit Hilfe dieser Blutspur und dieses Kreuzes konnte er nicht ermangeln, das Grab wieder zu erkennen und den Weg, der zu ihm führte.

Ohne Zweifel glaubte das Gespenst in diesem Augenblicke, daß Beppo Alles das gethan hätte, was er zu thun hatte, denn, indem es sich nicht um den gebahnten Weg kümmerte, schlug es einen andern durch die Felsen ein, indem es nachsah, ob Beppo ihm immer folgte.

Der junge Mann, der sich durch eine übernatürliche Kraft angetrieben fühlte, folgte dem Gespenste, um es über das zu befragen, was er thun müßte. Das Gespenst war verschwunden.

Einen Augenblick nachher hörte er ein Geräusch von Schritten und von Stimmen, welche aus der entgegensetzten Richtung von der kamen, die er einschlug.

Beppo entfernte sich von dem Wege, und verbarg sich hinter einem Felsen. Dort wartete er, um zu wissen, wer die Personen wären, die sich in der Nacht an einen solchen Ort wagten.

In dem Maße, als diese Personen sich näherten, schien es ihm, eine weibliche Stimme zu hören.

Er irrte sich nicht. In Mitte einer Gruppe von fünf Personen, welche auf dem Fußpfade gingen, den er verlassen hatte, und die nach der Seite von Gaetanos Grabe zuschritten, befand sich ein Frauenzimmer.

Die andern Personen waren: eine Art von Träger, der eine Fackel trug, ein Mann, nach der Art der Gebirgsbewohner der Umgegend von Rom gekleidet, und zwei andere Männer, welche Diener zu sein schienen.

Das Frauenzimmer war ein junges Mädchen von kaum neunzehn bis zwanzig Jahren, ganz schwarz gekleidet; ihr Gesicht drückte eine außerordentliche Entschlossenheit aus; sie hielt eine Pistole in der Hand.

Die beiden Bedienten, welche zu ihrem Gefolge zu gehören schienen, waren jeder mit einer Büchse und zwei Pistolen bewaffnet.

Weder der Gebirgsbewohner, noch der Führer waren bewaffnet.

Einige Schritte weit von dem Orte angelangt, wo Beppo versteckt war, blieb die kleine Schaar stehen.

Das junge Frauenzimmer weigerte sich.weiter zu gehen.

– Unglückseliger, sagte sie, indem sie sich an den Landmann wandte, welcher der kleinen Schaar zum Führer zu dienen schien, ich habe eingewilligt, Dir zu folgen, denn Du hast mir versprochen, mich an den Ort zu führen, wo mein Bruder wäre; wir gehen jetzt seit zwei Stunden, wo ist er?

– Haben Sie Geduld, Signora, antwortete der Mann, wir kommen an.

Und er blickte um sich, wie Jemand, der zu entfliehen sucht.

– Erinnere Dich dessen, was ich Dir gesagt habe, begann das junge Mädchen wieder in einem entschlossenen Tone und indem sie ihre Pistole zu der Höhe der Brust dieses Mannes erhob, wenn Du zu entfliehen versuchst, so bist Du des Todes.

– O! ich habe durchaus keine Lust dazu, Signora. Und seine unruhigen Bewegungen straften seine Worte Lügen.

– Wenn er einen Schritt zurückthut, – sagte das junge Mädchen, indem sie sich an die beiden Diener wandte, – so schießt ihn nieder.

– Aber wo sind sie denn? Wo sind sie denn? – murmelte der Mann voller Verzweiflung.

– Ja, Deine Genossen fehlen Dir, – sagte das junge Mädchen. – Höre, Du bist jetzt nicht des Todes, wenn Du zu fliehen versuchst, sondern wenn Du nicht antwortest. Du bist nach Rom gekommen. Du hast mir diesen Brief meines Bruders überbracht; er war Gefangener. Die Räuber hatten sein Lösegeld auf zwanzig Tausend Thaler festgesetzt: zehn Tausend sollten Dir übergeben werden, zehn Tausend sind Dir übergeben worden; zehn Tausend sollten binnen drei Tagen von einer Person überbracht werden, welche Deinen Kameraden keine Furcht einflößen könne, und dieser Person sollte mein Bruder lebendig und unversehrt übergeben werden. Diese Person bin ich, die zehn Tausend Thaler sind hier. Wo ist mein Bruder?

Bei diesen letzten Worten hatte Beppo Alles verstanden; er verließ sein Versteck, und ging gerade auf die Gruppe zu.

Das junge Mädchen glaubte an eine Ueberrumpelung, und ohne daß sie den geringsten Schrecken zu empfinden schien, machte sie eine drohende Bewegung gegen den Räuber.

Aber Beppo streckte die Hand aus.

– Sie sind Bettina Romanoli, die Schwester Gaetano Romanoli's, nicht wahr? sagte er.

– Ja, antwortete das junge Mädchen, indem sie ihn hierauf aufmerksam anblickte, sagte sie: und Sie sind Beppo von Scamozza.

– Ja, Fräulein, und ich komme von Bologna in der Hoffnung, zeitig genug zu kommen, um meinem Freunde Beistand zu leisten.

– Und ich von Rom mit dem Reste der Summe, welche die Räuber verlangten, die ihn entführt hatten. Dieser Mann, welcher ihnen den ersten Theil überbracht hatte, sollte mich in dem Wirthshause zu dem Wasserfalle von Terni erwarten, um den zweiten zu empfangen; teror ich ihm denselben aber übergab, habe ich verlangt, daß mein Bruder mir zurückgegeben würde. Nun hatte er mir angeboten mich dorthin zu führen, wo Gaetano mich erwartete; ich habe darein gewilligt, aber unter der Bedingung, mich von diesen beiden treuen Dienern begleiten zu lassen. Seit zwei Stunden wandern wir in dem Gebirge herum; endlich bin ich in der Ueberzeugung stehen geblieben, daß dieser Mensch uns verräth.

– Es ist gut; bewacht diesen Menschen sorgfältiger als jemals, sagte Beppo zu den beiden Dienern.

Indem er sich hierauf wieder an Bettina wandte, sagte er:

– Ich will Ihnen zum Führer dienen, vertrauen Sie Sich mir an?

– Sind Sie nicht der beste Freund meines Bruders? sagte Bettina, indem sie Beppo die Hand reichte.

– Gehen wir! sagte dieser.

Beppo schlug den Weg wieder ein, den er gekommen war, und führte Bettina an das frische Grab.

Indem er es ihr hierauf mit dem Finger wies, sagte er:

– Bettina, meine Schwester. Muth. das ist unser Bruder Gaetano.

Bettina stieß einen Schrei aus und sank auf die Knie.

Der Mann benutzte diesen Augenblick der Verwirrung, um einen Versuch zu machen zu entfliehen; aber er war zu gut von den beiden Dienern bewacht, als daß dieser Versuch einige Aussicht des Gelingens gehabt hätte.

Beide erhoben zu gleicher Zeit ihre Pistolen und bedrohten ihn.

In diesem Augenblicke erbebte Beppo; er hatte dm Schatten Gaetanos wieder erblickt.

Er stand zehn Schritte weit von den. Grabe und gab Beppo einen Wink ihm zu folgen.

Beppo verneigte sich zum Zeichen des Gehorsams.

Indem er sich dann an die beiden Diener wandte, sagte er:

– Bewacht diesen Menschen, ich komme augenblicklich zurück.

Und er folgte dem Gespenste. das sich in der Richtung des Wasserfalles entfernte.

Nach Verlauf von fünf Minuten gingen beide auf einem dem Wasserfalle so nahen Fußpfade, daß sie durch das Zurückspritzen des Wassers ganz durchnäßt waren.

Nach Verlauf von fünf andern Minuten hatten sie den Gipfel des Gebirgs erreicht, dort, wo der Fluß, welcher den Wasserfall bildet, rasch und lärmend in eine Art von Kanal von zwölf bis fünfzehn Fuß Breite eingeschlossen fließt.

Es ist unmöglich über diesen Strom zu schwimmen. Jeder, der es wagte, würde von dem Strome fortgerissen, wie ein Pfeil geschleudert und fünf Hundert Fuß hoch hinabgestürzt werden.

Er sonderte einen Theil des Berges ab, der von allen Seiten steil war, und zu dem man nur durch eine über den strömenden Abgrund geworfene Brücke gelangen konnte.

Das Gespenst blieb vor der Brücke stehen, Sie bestand aus drei Tannenbäumen. Es hatte der vereinigten Kraft von zwanzig Männern bedurft, um jede dieser Tannen auf die Höhe des Berges zu bringen und um sie über den Strom zu legen.

Beppo suchte in den Augen des Gespenstes zu lesen, in welcher Absicht es ihn dorthin geführt hätte.

Das Gespenst ließ Beppo auf den höchsten Gipfel des Berges steigen, und zeigte ihm von dort aus die dunkle Oeffnung einer Höhle, die sich fünf bis sechs Hundert Schritte weit auf der andern Seite des Stromes befand.

Von Zeit zu Zeit erleuchtete sich die Oeffnung dieser Höhle; dann drang Geschrei von Saufgelagen und schallendes Gelächter aus ihr, welche das Brausen des Wasserfalles übertönten.

In dieser Höhle hatten die Räuber, welche Gaetano umgebracht hatten, ein Obdach für die Nacht gesucht.

Beppo begriff nicht, welchen Zweck das Gespenst gehabt hatte, indem es ihn dorthin führte; denn aller Wahrscheinlichkeit nach wäre der Tag angebrochen, bevor er nach Terni zurückkehren, und eine genügende Schaar herbeiführen konnte, um die Räuber anzugreifen, und sie hätten sich anders wohin zurückgezogen.

 

Gaetano errieth, was in dem Herzen seines Freundes vorging, und schüttelte den Kopf.

– Sprich, bat Beppo, soll ich zu ihnen gehen und sie allein angreifen? auf Deinen Befehl werde ich ohne Zögern, ohne Furcht gehorchen.

Gaetano schüttelte nochmals den Kopf, ging von dem Gipfel hinab und schritt auf den Strom zu.

An der Brücke angelangt, gab er Beppo einen Wink. die Tannenbäume aufzuheben und sie in den Fluß zu werfen.

– Aber, sagte Beppo, es bedürfte zwanzig Männer meiner Starke, um ein solches Werk auszuführen; für einen einzigen Mann ist es unmöglich.

Das Gespenst machte ein Zeichen, welches sagen wollte: Versuche.

Beppo bückte sich; er hatte sich jener Worte des Evangeliums erinnert:

»Glaube, und mit dem Glauben wirst Du Berge versetzen.«

Er glaubte fest, bückte sich, ergriff einen der Tannenbäume bei seinem Ende, hob ihn auf, und ließ den Tannenbaum ohne mehr Schwierigkeit, als ein gewöhnlicher Balken geboten hätte, in den Fluß hinabfallen, der ihn wie einen Strohhalm forttrug.

Er machte, es eben so mit dem zweiten, dann mit dem dritten.

Dann horchte er.

Und allmählig hörte er gleich drei Kanonenschüsse, welche das Brausen des Wasserfalles überschauten, das Geräusch von dem Sturze der drei Riesen.

Die Brücke war zerstört, die Räuber waren gefangen.

Vielleicht hörten auch sie in Mitte ihres Gelages diesen dumpfen und drohenden Lärm, aber ohne Zweifel hielten sie ihn für irgend eines jener zufälligen Getöse, welche während der Nacht das Echo der Berge erwecken.

Nun schlug Gaetano den Weg wieder ein, den er gekommen war, und der ihn nach dem Grabe zurückführte. Nach Verlauf von zehn Minuten sah Beppo, der hinter ihm ging, die Gruppe an demselben Orte wieder, wo er sie verlassen hatte.

Die Fackel des Trägers erleuchtete Bettina, welche immer noch betete, und die beiden Diener, welche den Räuber bewachten.

Beppo wandte sich nach der Seite des Gespenstes, um von ihm zu wissen, was er thun müßte; aber ohne Zweifel war das übernatürliche Werk vollbracht. Gaetano machte eine Geberde des Abschiedes und öffnete die Arme, Wie um seinen Freund zu rufen; Beppo stürzte sich in diese offenen Arme, aber das Gespenst entschlüpfte ihm wie ein Dunst, stieß einen Seufzer aus und verschwand.

Nun ging Beppo traurig wieder zu Bettina hinab.

– Fräulein, sagte er zu ihr, Sie wissen jetzt Alles, nicht wahr? lassen Sie uns wieder nach Terni gehen, und morgen werden wir die Leiche unseres unglücklichen Freundes ausgraben lassen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen.

– Aber, fragte das junge Mädchen, ist es genug für den Trost seiner Seele, daß sein Leib in geweihter Erde ruht, und werden wir nicht daran denken ihn zu rächen?

– Die Rache ist vollbracht, Fräulein, sagte Beppo.

Und er erzählte das, was er so eben gethan hatte.

– Aber das ist unmöglich, rief der Räuber aus, welcher diese Erzählung mit dem Schrecken eines Verurtheilten angehört hatte, es wären zwanzig Männer nöthig, um jeden dieser Tannenbäume aufzuheben, welche die Brücke bilden.

– Gott hat mir geholfen, antwortete Beppo einfacher Weise.

Und indem er den von der Blutspur, welche Gaetano auf dem Schnee zurückgelassen hatte, und die er allein sah, angedeuteten Weg wieder einschlug, führte er die kleine Schaar nach dem Wirthshause zum Wasserfalle von Terni zurück.

Dort gestand der den Händen der Gerechtigkeit übergebene Räuber, daß in dem Augenblicke seiner Rückkehr mit den ersten zehn Tausend Thalern sich ein Streit über die Vertheilung der Summe unter den Räubern erhoben hätte. Nun hatte einer dieser Elenden, der sich weniger gut als die andern betheiligt fand, Gaetano erdolcht, um dem Hauptmanne den zweiten Theil der Summe zu rauben.

Nun hatte sich der Räuber, um diesen zweiten Theil nicht zu verlieren, erboten, das junge Mädchen bis an den Ort zu führen, an welchem sie, in der Meinung, ihren Bruder wieder zu finden, in einen Hinterhalt gefallen wäre, in dem sie ihr Leben und ihr Geld gelassen hätte. Aber Bettinas Muth, die drohende Haltung der beiden Diener, hatten den Gang des Dramas geändert. Indem er fühlte, daß der Tod die unmittelbare Vergeltung seines Verrathes sein würde, war der Räuber, statt zu seinen Kameraden in die Höhle zu gehen, einen Theil der Nacht herumgeirrt, indem er immer eine Gelegenheit zur Flucht zu finden hoffte.

Die Plötzliche Erscheinung Beppos hatte ihm diese letzte Hoffnung geraubt.

Am folgenden Tage fand die Ausgrabung Gaetanos m Gegenwart der Geistlichkeit von Terni und eines Theiles der bewaffneten Macht statt.

Die Leiche hatte in der Brust die weite und tiefe Wunde, welche das Gespenst Beppo gezeigt hatte.

Was die Räuber anbelangt, so versuchte man nicht einmal, sich ihrer zu bemächtigen, da man wußte, daß sie keinen andern Ausgang hätten, als die Brücke von Tannenbäumen, und daß diese Brücke zerstört wäre. Die Erde war mit Schnee bedeckt, und bot ihnen keine Hilfe; sie starben vor Hunger.

Die Leichen von drei von ihnen, welche versucht hatten über den Strom zu schwimmen, wurden auf den Felsen des Wasserfalles zerschmettert wiedergefunden.

Was die Leiche Gaetanos anbetrifft, so wurde sie von Bettina, von Beppo, und von den beiden treuen Dienern begleitet, nach Rom zurückgeführt.

Ein Jahr nachher wurde Beppo dem Wunsche Gaetanos gemäß der Gatte Bettinas.