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Otto der Schütz

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Es war ein schrecklicher Kampf; der Graf von Ravenstein, welcher wie ein Holzhacker mit beiden Händen zuschlug, nahm mit jedem Hiebe irgend einen Splitter von Eisen weg, der silberne Schwan war gänzlich verschwunden, das Schild fiel Stück vor Stück, die goldene Krone war zerbrochen; der unbekannte Ritter hatte seinerseits alle Wege gesucht, durch welche der Tod bis in das Herz seines Gegners dringen könnte, und aus dem Ringkragen seines Helmes, aus den Achselstücken seines Panzers auf die Rüstung des Grafen rollende Blutstropfen deuteten an, daß die Spitze des Schwertes durch jede Oeffnung gedrungen war, welche sich ihm geboten hatte. Wenn man auf diese Weise fortfuhr, so wurde der Ausgang des Kampfes eine Frage der Zeit. Würde die Rüstung des Ritters mit dem silbernen Schwan bis zu dem Augenblicke widerstehen, wo der Graf von Ravenstein seine Kräfte durch die zwei bis drei Wunden verlieren würde, welche er bereits erhalten zu haben schien? Das ist es, was sich jeder frug, als er die von jedem der Kämpfenden angenommene Tactik sah. Endlich zerschmetterte ein letzter Hieb von dem Schwerte des Grafen von Ravenstein den oberen Theil von dem Helme seines Gegners gänzlich, und ließ ihm die Höhe des Kopfes fast gänzlich ungeschützt. Von nun an schienen alle Aussichten für den Grafen sein zu müssen, und es entstand ein Augenblick schrecklicher Bangigkeit für den Fürsten und für Helene.

Aber ihre Furcht war von kurzer Dauer, ihr junger Kämpe sah ein, daß es Zeit wäre, die Tactik zu verändern, und er hörte auf der Stelle auf, Stöße zu führen, um sich nur noch mit dem Parieren zu beschäftigen. Nun sah man ein wundervolles Ringen; der Ritter mit dem silbernen Schwan hielt sich regungslos wie eine Statue; sein Arm und sein Schwert allein schienen lebendig, und von nun an begegnete das Schwert seines Gegners überall dem seinigen, und traf nicht ein einziges Mal seine Rüstung. Der Graf war gewandt in den Waffen, aber alle Hilfsmittel der Waffen schienen seinem Feinde bekannt zu sein. Die beiden Klingen folgten sich, wie als ob ein Magnet sie zu einander gezogen hätte; es war der den Blitz kreuzende Blitz, zwei Schlangenzungen, welche spielten.

Ein solcher Kampf konnte indessen nicht lange dauern; die Wunden des Grafen, so leicht sie auch sein mogten, ließen Blut entschlüpfen, welches bis auf die Decken seines Pferdes floß; das Blut sammelte sich in dem Helme, und der Graf war von Zeit zu Zeit genöthigt, durch die Oeffnungen seines Visirs zu schnaufen. Er fühlte, daß seine Kräfte abzunehmen begannen, und daß sein Blick sich trübte; die Geschicklichkeit seines Gegners war ihm jetzt zu augenscheinlich bewiesen, als daß er noch irgend etwas von seinem Schwerte hoffte; indem er daher auch einen verzweifelnden Entschluß faßte, warf er mit der einen Hand die nutzlose Waffe von sich, und entriß mit der andern rasch die an seinem Sattelbogen hängende Streitaxt. Der Ritter machte es eben so mit einer Pünktlichkeit und mit einer Schnelligkeit, welche an Zauber gränzte, und die beiden Gegner fanden sich bereit, wieder einen neuen Kampf zu beginnen, der dieses Mal nicht ermangeln konnte, entscheidend zu sein.

Aber bei den ersten Hieben, welche sie gegen sich führten, wurden die beiden Kämpen voll Erstaunen gewahr, daß der Kampf ein anderes Ansehen angenommen hatte. Der Graf von Ravenstein vertheidigte sich, und der Ritter mit dem silbernen Schwan griff nun an, und das mit einer solchen Kraft und einer solchen Schnelligkeit, daß es unmöglich war, mit den Augen der kurzen und massiven Waffe zu folgen, die in seiner Hand flammte. Der Graf zeigte sich einen Augenblick lang seines Namens und seines Rufes würdig; aber endlich, als er zu spät zur Parade gekommen war, fiel ein Hieb der Waffe seines Gegners senkrecht auf seinen Helm, zerschmetterte den Helmschmuck und die Grafenkrone, und obgleich die Axt nicht bis auf den Kopf drang, so brachte sie doch die Wirkung einer Keule hervor. Betäubt senkte der Graf den Kopf bis auf den Hals seines Pferdes, den er mit seinen beiden Händen umschlang, indem er instinctmäßig eine Stütze suchte; hierauf ließ er seine Axt fallen, und indem er einen Augenblick lang selbst schwankte, fiel er nun auch, ohne daß sein Gegner nöthig gehabt hätte, seine Hiebe zu verdoppeln.

Seine Knappen eilten herbei und öffneten seinen Helm, der Graf gab aus Nase und Mund Blut von sich, und war gänzlich ohnmächtig. Sie trugen ihn in sein Zelt, und indem sie seine Rüstung abschnallten, fanden sie an ihm außer den Wunden des Kopfes fünf andere Wunden an verschiedenen Stellen des Körpers.

Was den Ritter mit dem silbernen Schwane anbelangt, so befestigte er seine Streitaxt wieder an den Bogen seines Sattels, steckte sein Schwert wieder in die Scheide, nahm seine Lanze wieder, und indem er von Neuem auf den Balkon der Fürstin Beatrix zuritt, verneigte er sich vor dem Fürsten und seiner Tochter; dann, in dem Augenblicke, wo sie glaubten, daß ihr Befreier in das Schloß kommen würde, ritt er nach dem Ufer, stieg vom Pferde und kehrte in sein Schiff zurück, das sogleich wieder den Fluß hinauf fuhr, indem es den geheimnißvollen Sieger fortführte.

Zwei Stunden nachher befahl der wieder zur Besinnung gekommene Graf augenblicklich das Lager aufzubrechen, und wieder den Weg nach Ravenstein einzuschlagen.

Am Abend kam der Graf Karl von Homburg mit einundzwanzig Knappen an. Er kam dem Fürsten Adolph von Cleve zu Hilfe, welcher, wie wir bemerkt haben, Boten an alle Freunde und Verbündete der Umgegend abgeschickt hatte.

Die Hilfe war jetzt nutzlos; aber der alte Krieger wurde nichts desto weniger mit großer Freude aufgenommen und auf eine würdige Weise gefeiert.

XI

Während die von uns erzählten Ereignisse sich in Cleve zutrugen, war der Landgraf Ludwig, der nur noch seinen alten Freund, den Grafen Karl von Homburg bei sich hatte, auf dem Schlosse Godesberg geblieben, indem er Emma beweinte, die nicht wieder zu ihm zurückkehren wollte, und Otto, den er für todt hielt. Vergebens versuchte der Graf ihm eine doppelte Hoffnung Wiederzugeben, indem er zu ihm sagte, daß seine Gattin ihm verzeihen würde, und daß sein Sohn ohne Zweifel durch Schwimmen entkommen wäre; der arme Landgraf wollte an diese Worte der Hoffnung nicht glauben, und sagte, daß er, da er ohne Barmherzigkeit verdammt hätte, nun auch ohne Gnade verdammt wäre. Dieser heftige Zustand konnte nicht von Dauer sein, aber eine unendliche Schwermuth folgte ihm, und der Landgraf schloß sich in die abgelegensten Zimmer des Schlosses Godesberg ein.

Homburg war allein bei ihm zugelassen, und dabei vergingen zuweilen noch ganze Tage, ohne daß er bis zu seinem Freunde gelangen konnte. Der gute Ritter wußte nicht mehr, was er anfangen sollte; bald wollte er Emma in dem Kloster Nonnenwerth aufsuchen, aber er fürchtete, daß eine neue abschlägige Antwort den Kummer des Grafen verdoppeln mogte; bald wollte er sich zur Aufsuchung Ottos aufmachen, aber er fürchtete, daß eine vergebliche Aufsuchung die Angst des Vaters auf das Höchste steigern würde.

Während dessen langten die Boten des Fürsten Adolph von Cleve auf dem Schlosse Godesberg an. Unter allen andern Umständen hätte sich der Landgraf Ludwig beeilt, sich persönlich zu dieser Fehdeeinladung zu begeben, aber er war dermaßen in seinen Schmerz versunken, daß er Homburg seine Vollmachten übertrug, und daß der gute Ritter, nachdem er seiner Gewohnheit gemäß seinem Freunde Hans selbst seinen Schlachtharnisch angelegt, sich an die Spitze von zwanzig Knappen stellte und sich nach dem Fürstenthume Cleve begab, wo er an dem Abende desselben Tages ankam, an welchem zwischen dem Ritter mit dem silbernen Schwane und dem Grafen von Ravenstein der von uns beschriebene Kampf stattgefunden hatte.

Der Graf Karl war wie ein alter Waffengefährte empfangen worden und hatte das Schloß voller Festlichkeiten gefunden. Ein einziger Umstand, über den sich Niemand Rechenschaft abzulegen vermogte, trübte die Freude des Fürsten; das war das Verschwinden des unbekannten Ritters, der sich auf eine so unerwartete und schnelle Weise entfernt hatte, daß der Fürst ihn hatte verschwinden sehen, bevor er Mittel gefunden, ihn zurückzuhalten. Während des ganzen Abends war nur von diesem seltsamen Abenteuer die Rede, und Jedermann zog sich zurück, ohne daß Etwas davon hatte begreifen können.

Die Gedanken des Fürsten waren seit dem Ausgange des Kampfes dermaßen auf einen einzigen Punkt gerichtet gewesen, daß er sich erst, nachdem er sich wieder allein befand, an das Verschwinden seiner beiden Schützen Hermann und Otto erinnerte. Ein solches Betragen in dem Augenblicke der Gefahr schien ihm so seltsam von Seiten dieser beiden Männer, daß er, wenn sie wieder auf dem Schlosse erschienen, ohne eine gültige Entschuldigung angeben zu können, sie schimpflicher Weise vor den Augen Aller fortzujagen beschloß. Es wurde dem zu Folge den Wachen der Nacht der Befehl ertheilt, den Fürsten gleich am Morgen davon zu benachrichtigen, wenn Otto und Hermann etwa während der Nacht zurückgekehrt wären.

Am folgenden Morgen trat mit Tagesanbruche ein Diener in das Zimmer des Fürsten. Die beiden Ausreißer waren gegen zwei Uhr Morgens wieder in das Quartier der Garden zurückgekehrt.

Der Fürst kleidete sich sogleich an, und befahl, daß man Otto kommen ließe.

Zehn Minuten nachher erschien der junge Schütz vor seinem Herrn. Er hatte eine eben so ruhige Mime, als ob er die Veranlassung nicht geahnet hätte, wegen welcher er beschieden worden war. Der Fürst blickte ihn streng an, aber der Beweggrund, welcher Otto die Augen vor diesem schrecklichen Blicke niederschlagen ließ, war sichtlich ein Gefühl der Ehrerbietung und nicht der Scham. Der Fürst begriff eine solche Zuversicht nicht.

Nun verhörte er Otto, und der junge Mann antwortete 'auf alle Fragen des Fürsten mit Ehrerbietung aber voll Festigkeit, er wäre während dieses ganzen Tages mit einer wichtigen Angelegenheit beschäftigt gewesen, bei welcher Hermann ihn unterstützt hätte; das sei Alles, was er sagen könnte. Was den Fehler Hermanns anbetrifft, so nahm er denselben auf seine Rechnung, weil er seinen Einfluß auf diesen jungen Mann, der ihm das Leben verdankte, ausgeübt hätte, um ihn gegen seine Pflichten fehlen zu lassen.

 

Der Fürst begriff Nichts von dieser Hartnäckigkeit, da sie aber zu einem Vergehen gegen die Vorschriften der militärischen Disciplin einen Ungehorsam gegen die herrschaftliche Gewalt hinzufügte, so sagte er zu Otto, daß er es bedaure, sich von einem so geschickten Schützen zu trennen, daß es aber gegen die auf dem Schlosse bestehenden Regeln sei, daß ein Diener sich so entferne, ohne um die Erlaubniß zu bitten, und zurückkehrte, ohne sagen zu wollen, woher er käme; der junge Schütz könnte sich daher als frei betrachten und Dienste nehmen, wo es ihm beliebe. Zwei Thränen erschienen an den Wimpern Ottos, wurden aber bald durch die Flamme getrocknet, welche ihm in das Gesicht stieg, und ohne Etwas zu antworten verneigte sich der junge Schütz und verließ das Zimmer.

Der Fürst hatte nicht ohne Mühe einen solchen Entschluß gefaßt, und es hatte des ganzen Zornes bedurft, den die Hartnäckigkeit des Schuldigen in ihm erweckt hatte, um ihn so hart zu bestrafen. Indem er daher auch dachte, daß der junge Mann es bereuen würde, so trat der Fürst an das Fenster, welches auf den Hof ging, über den Otto kommen mußte, um sich nach dem Quartier der Schützen zu begeben, und verbarg sich, gewiß, ihn wieder zurückkehren zu sehen, hinter einem Vorhange, um nicht bemerkt zu werden. Aber Otto entfernte sich langsam und ohne den Kopf umzuwenden, und der Fürst folgte ihm mit den Augen, indem er mit jedem Schritte, den er that, eine Hoffnung verlor, als er von der entgegengesetzten Seite des Hofes den Grafen Karl von Homburg zurückkehren sah, der selbst dafür gesorgt hatte, daß Hans zu seiner gewöhnlichen Stunde sein Frühstück erhalten hätte. Der alte Graf und der junge Schütz gingen daher einander entgegen, als, indem sie die Augen auf einander erhoben, sie beide wie vom Blitze getroffen stehen blieben. Otto hatte Karl, Karl hatte Otto erkannt.

Die erste Regung des jungen Mannes war, sich zu entfernen, aber Homburg schlang ihm die Arme um den Hals und drückte ihn mit aller der Kraft der alten Freundschaft an sein Herz, welche ihn seit dreißig Jahren mit seinem Vater vereinigte.

Der Fürst meinte, daß der gute Ritter närrisch geworden wäre; ein Graf, der einen Schützen umarmte, schien ihm ein so seltsames Schauspiel, daß er nicht daran zu glauben vermogte; er machte daher auch sein Fenster auf, indem er Karl aus allen seinen Kräften rief. Bei dieser Erscheinung hatte der junge Mann nur die Zeit, sich von dem alten Ritter Verschwiegenheit über das Geheimniß versprechen zu lassen, und er eilte in das Quartier der Garden, während Homburg der Einladung des Fürsten folgte.

Der Fürst befrug Homburg, aber jetzt wollte auch Homburg Nichts sagen. Er begnügte sich zu antworten, daß er Otto, welcher lange in dem Dienste des Landgrafen von Godesberg gestanden, dort als Kind gekannt, und Freundschaft für ihn gefaßt hätte, so daß er, als er ihm begegnet, eine erste Regung der Freude nicht zu unterdrücken vermogt hätte; er gab übrigens mit der ihm eigenthümlichen Gutmüthigkeit zu, daß diese erste Regung ihn über die Gränzen des Anstandes fortgerissen hätte. Der Fürst, welcher seine Strenge gegen Otto bedauerte, weil er irgend ein Geheimniß unter dieser unerklärlichen Abwesenheit vermuthete, ergriff diese Veranlassung, um seinen Entschluß zurückzunehmen; dem zu Folge rief er einen Diener und befahl ihm, seinem Schützen zu sagen, daß er auf dem Schlosse bleiben könnte, da der Fürst ihm auf die Verwendung des Grafen Karl von Homburg verziehe; aber der Diener kehrte zurück, indem er sagte, daß der junge Mann mit Hermann verschwunden wäre, und daß Niemand ihm hätte sagen können, was aus ihnen geworden sei.

Der Fürst war einige Zeit lang dermaßen mit diesem Verschwinden beschäftigt, daß er darüber den Kampf des vorigen Tages vergaß, aber bald kehrte die Erinnerung daran in ihm zurück, und mit ihr das Bedauern, die Aufopferung des unbekannten Ritters ohne Belohnung zu lassen. Er berieth den Grafen Karl über das, was er in dieser Beziehung zu thun hätte, und der alte Ritter gab ihm den Rath, bekannt zu machen, daß, da die Hand Helenens von Rechtswegen ihrem Vertheidiger gehöre, der Ritter mit dem silbernen Schwane sich nur vorzustellen habe, um eine Belohnung zu erhalten, welche die Schönheit und der Reichthum Helenens selbst für einen Königssohn kostbar machte.

Noch am selben Abende verließ der Graf Karl, trotz den Bitten des Fürsten, das Schloß; Angelegenheiten von der höchsten Wichtigkeit riefen ihn, wie er sagte, zu seinem alten Freunde, dem Landgrafen von Godesberg zurück.

Otto erwartete den Ritter in Kervenheim; dort erfuhr er die Verzweiflung des Landgrafen. Alles war vor dem Gedanken an seinen leidenden und unglücklichen Vater verschwunden, alles bis auf seine Liebe zu Helenen. Er verlangte daher auch von dem Grafen, daß sie sich auf der Stelle wieder auf den Weg begäben. Aber der Graf hatte eine andere Hoffnung; nämlich dem Landgrafen zu gleicher Zeit seine Gattin und seinen Sohn zurückzuführen, denn er hoffte, daß ein Wort des Sohnes von der Mutter das erlangen würde, was die Bitten des Gatten nicht hatten erlangen können.

Homburg irrte sich nicht; drei Tage nachher sah er durch Thränen der Freude seinen alten Freund seine Gattin und sein Kind, die er für immer verloren geglaubt hatte, in seine Arme schließen.

Inzwischen schien das Schloß Cleve leer; Otto hatte alles Leben aus ihm mit sich fort genommen. Helene betete beständig in der Kapelle der Fürstin Beatrix, und der Fürst Adolph von Cleve hörte nicht auf, von dem Balkon aus zu schauen, ob er nicht den Ritter mit dem silbernen Schwane zurückkommen sähe; der Vater und die Tochter kamen nur noch zu den Stunden der Mahlzeiten zusammen. Jedes beunruhigte sich über die Traurigkeit des andern; endlich beschloß der Fürst Adolph den Rath in Ausführung zu bringen, welchen ihm der Graf von Homburg gegeben hatte, und eines Abends, als Helene, welche den ganzen Tag über gebetet, sich zurückzog, um nochmals zu beten, hielt sie ihr Vater in dem Augenblicke zurück, als sie die Schwelle der Thür überschreiten wollte.

–– Helene, sagte er zu ihr, hast Du nicht seit dem Tage des Kampfes, der Dich so glücklicher Weise von dem Grafen von Ravenstein befreit, mehr als ein Mal an den unbekannten Ritter gedacht?

–– Doch, gnädiger Herr, antwortete das junge Mädchen, denn ich glaube seit diesem Tage nicht ein Gebet an Gott gerichtet zu haben, ohne daß ich ihn gebeten, den Ritter zu belohnen, da Ihr es nicht zu thun vermöget.

–– Die einzige Belohnung, welche einem so edlen jungen Manne gebührt, als dieser zu sein schien, ist die Hand der, welche er gerettet hat, antwortete der Fürst.

–– Was sagt Ihr, mein Vater! rief Helene erröthend aus.

–– Ich sage, antwortete der Fürst, indem er in dem Ausdrucke des Gesichtes seiner Tochter mehr Ueberraschung, als Besorgniß erkannte, daß ich bedaure, nicht früher den Rath in Ausführung gebracht zu haben, den mir Homburg ertheilt hat.

–– Und worin besteht dieser Rath? fragte Helene.

–– Du wirst es morgen erfahren, antwortete der Fürst.

Am folgenden Morgen brachen Herolde nach Dortrecht und nach Köln auf, indem sie überall verkündeten, daß der Fürst Adolph, da er keine edlere Belohnung demjenigen anzubieten gefunden hätte, welcher für seine Tochter gekämpft, als die Hand seiner Tochter selbst, dem Ritter mit dem silbernen Schwane zu wissen thun lasse, daß ihm diese Belohnung auf dem Schlosse Cleve erwarte.

Gegen das Ende des siebenten Tages, als der Fürst und seine Tochter auf dem Balkon der Fürstin Beatrix saßen, legte Helene rasch eine ihrer Hände auf den Arm ihres Vaters, während sie mit der andern einen schwarzen Punkt zeigte, welcher auf dem Flusse an der Spitze von Tornick, das heißt, an demselben Orte erschien, wo Rudolph von Alost verschwunden war.

Bald wurde dieser Punkt sichtbar. Helene erkannte zuerst, daß es ein Schiff mit drei Herren und sechs Ruderern wäre. Bald darauf konnte sie erkennen, daß diese Männer mit herabgeschlagenem Visir gewappnet waren, und daß der welcher in der Mitte der beiden andern stand, an dem linken Arme ein Schild mit einem Wappen trug. Von nun an verließen ihre Augen das Schild nicht mehr; nach Verlauf eines Augenblickes waltete kein Zweifel mehr ob, dieser Schild trug als Wappen ein himmelblaues Feld mit einem silbernen Schwane; trotz seines geschwächten Gesichtes begann selbst der Fürst es zu erkennen. Der Fürst vermogte seine Freude nicht zu unterdrücken; Helene zitterte an allen ihren Gliedern.

Das Schiff landete; die drei Ritter stiegen auf das Ufer und schritten auf das Schloß zu. Der Fürst ergriff Helene bei der Hand und indem er sie hinab zu gehen zwang, führte er sie fast mit Gewalt ihrem Befreier entgegen. Auf der Höhe der Freitreppe versagten ihr die Kräfte, und der Fürst war genöthigt stehen zu bleiben; in diesem Augenblicke traten die drei Ritter in den Hof.

–– Seid willkommen, wer Ihr auch sein möget, rief der Fürst aus, und wenn einer von Euch wirklich der tapfere Ritter ist, der uns so muthig zu Hilfe gekommen, so möge er näher treten, und das Visir seines Helmes aufschlagen, damit ich ihn mit offenem Gesichte umarmen kann.

Nun blieb der, welcher das Wappenschild trug, selbst einen Augenblick lang stehen, indem er sich auf die Schulter der beiden Ritter stützte, welche ihn begleiteten, denn er schien eben so zitternd, als das junge Mädchen; aber bald schien er sich wieder zu erholen, und indem er, immer von seinen beiden Begleitern gefolgt, die Stufen der Freitreppe eine nach der andern hinaufschritt, blieb er auf der vorletzten stehen, beugte das Knie vor Helenen, und schlug nach einem letzten Momente des Zögerns das Visir seines Helmes auf.

–– Otto der Schütz! rief der Fürst auf das Höchste erstaunt aus.

–– Ich war dessen gewiß, flüsterte das junge Mädchen, indem sie ihr Gesicht an der Brust ihres Vaters verbarg.

–– Aber wer hatte Dir das Recht gegeben, einen gekrönten Helm zu tragen? rief der Fürst aus.

–– Meine Geburt, antwortete der junge Mann mit der sanften und festen Stimme, welche der Vater Helenens an ihm kannte.

–– Wer wird es mir bestätigen? fuhr Adolph von Cleve fort, indem er noch an den Worten seines Schützen zweifelte.

–– Ich sein Pathe, sagte der Graf Karl von Homburg.

–– Ich, sein Vater, sagte der Landgraf Ludwig von Godesberg.

Und indem sie diese, Worte sagten, schlugen beide gleichfalls das Visir ihres Helmes auf.

Acht Tage nachher wurden die beiden jungen Leute in der Kapelle der Fürstin Beatrix mit einander verbunden.

Das ist die Geschichte Ottos des Schützen, wie ich sie an den Ufern des Rheines habe erzählen hören.