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Olympia von Clèves

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LXXXIII.
Wo Pecquigny mehr Glück zu haben scheint, als Herr von Richelieu gehabt hat

Richelieu trat mit einer unzufriedenen Miene auf den König zu, aber er wagte es nicht, zu sprechen: der König musste dergestalt über sich selbst aufgebracht sein, daß er diesen Ärger auf die Person seines Vertrauten fallen zu machen gesucht hätte..

Und dann war sprechen beschwerlich. Was dem jungen Manne sagen, wenn ihm die Gelegenheit nichts gesagt hatte?

Richelieu wartete. Er war gerade auf demselben Platze, den Louise von Mailly verlassen hatte.

Der König hatte sich in seine Ecke gesetzt und hielt seinen Kopf in seinen Händen.

»Ah! Sie sind da, Herzog?«

»Zu den Befehlen Eurer Majestät.«

»Nun, so lassen Sie uns gehen, wenn Sie wollen.«

Richelieu machte ein Zeichen durch das Fenster.

»Und suchen wir die Königin wieder auf, die es vielleicht beunruhigt, daß sie mich vom Morgen an nicht gesehen hat.«

Solche Worte kündigten einen auf sein Geheimnis eifersüchtigen und schwer zu fassenden König an. Richelieu fühlte, daß man ihn wieder auf seinen Platz stellen und diesen Platz sehr untergeordnet machen wollte.

Als der König an ihm vorübergegangen war, schenkte er dem Hausmeister zwei Louis d'or und stieg wieder zu Pferde.

Er hatte nicht dreißig Schritte hinter Ludwig XV. gemacht, als dieser sich sehr unbehaglich fühlte.

Richelieu behielt sein kleines verschmitztes Lächeln, mit dessen Hilfe er sich dafür tröstete, daß er nicht seinen Gedanken sagen konnte. Dieses Lächeln sagte ein Viertel davon.

Richelieu trug jedoch seinen. Triumph nicht weit. Am Ende der Allee, beim Teiche, fand man ein Piquet Chevaulegers, das scheinbar für die Sicherheit des Königs Patrouille machte, in der Tat aber für Rechnung eines Reiters beobachtete, welcher als Vedette hinter den Bäumen stand.

Dieser Reiter war Pecquigny. welcher, eifersüchtig wie alle Höflinge, und da er wusste, daß Richelieu das Privilegium gehabt hatte, mit dem König auszureiten, wenigstens in Erfahrung bringen wollte, woran er sich in Betreff dieses Ausritts zu halten habe.

Er hatte Frau von Mailly ganz toll vor Freude, ganz erschrocken vor Liebe, ehe sie mit dem König zusammengetroffen, vorüber kommen sehen.

Er hatte sie bleich und schluchzend zurückkehren sehen. Er hatte begriffen und war im höchsten Maße erfreut; doch er wollte sich ganz der Wahrheit versichern. An der Spitze dieses Piquets von Chevaulegers konnte er aber ohne Indiskretion am König vorüber reiten und die Physiognomien betrachten.

Was er von gefalteter Stirne, von zusammengepressten Munde, von langem Gesicht beim König gewahrte, lehrte ihn das Übrige der Wahrheit. Auch sagte ihm das Erstaunen von Richelieu bei seiner Annäherung genug.

»Du hier, Herzog?« fragte dieser.

»Im Dienste,« erwiderte Pecquigny.

»Wie bequem das ist, der Dienst in Versailles, nicht wahr, Pecquigny?« sagte der boshafte Protektor der armen Gräfin.

»Es ist noch viel bequemer, gar keinen Dienst mehr zu haben, mein lieber Herzog.«

Diese Worte, welche gewechselt wurden, während die Pferde sich kreuzten, enthüllten dem Einen und den Anderen der Concurrenten, daß sie sich erraten hatten.

Pecquigny ging von einem Augenblicke der Verzweiflung zu der lächelndsten Hoffnung über.

Der König liebte Frau von Mailly nicht, er liebte also Olympia.

Es handelte sich darum, keine Minute zu verlieren und Ludwig XV. den geliebten Gegenstand in glänzendsten Gepränge seiner Schönheit zu zeigen.

»Bei Gott!« dachte Pecquigny, »ich wusste wohl, daß der König einen besseren Geschmack hat, und daß dieser kleine, magere Rabe, den man Frau von Mailly nennt, nie die Vergleichung mit der schönen Olympia würde aushalten können, der die Griechen alle Beinamen von allen ihren Aphroditen gegeben hätten. Das ist eine Frau! das lasse ich mir gefallen! Ich werde eine Königin machen und regieren, so lange regiert wird.«

Und hiernach nahm er sein Pferd zusammen, gab ihm beide Sporen und kehrte wie ein Blitz nach Paris zurück. Richelieu, der ihn weg reiten sah, vermutete was er tun wollte, und seufzte, daß er ihn nicht daran verhindern konnte.

Pecquigny kam bei Olympia in dem Augenblick an, wo sie Mailly ihren Besuch in Charenton erzählte, wohlverstanden, ohne von Banniére zu sprechen.

Das war einer von den Augenblicken einer guten Haushaltung, wo Hercules bei Omphale spinnt, und wo Omphale triumphierend ihren Sklaven an den Haaren zieht und ihm Flachs in die Finger gibt.

Die zwei Liebenden hatten so eben ihr Mittagsmahl beendigt und hielten sich im Salon eingeschlossen.

Pecquigny trat ein wie der Blitz und drang mit Gewalt durch alle Thüren, die des Salon mit einbegriffen.

Die erste Sache, die er sah, war Mailly. Wir hätten gesagt, die erste Person, wäre Mailly nicht in diesem Augenblick ein Gegenstand ohne irgend einen Wert gewesen. Er diente Olympia als Souffleur und ließ sie die Rolle von Agnes recitiren.

Der Friede war um diesen Preis erkauft worden.

Als sie Pecquigny erblickten, wurde Mailly ganz bleich und Olympia rot.

»Guten Tag!« rief der Herzog, um anzufangen, »guten Tag den zwei Turteltauben.«

Mailly stand ceremoniös auf und Olympia verneigte sich.

»Was steht zu Ihren Diensten, Herr Herzog?« fragte Mailly; »denn Sie müssen etwas sehr Notwendiges hier zu tun haben, daß Sie mit solcher Hast kommen.«

Das war weniger unhöflich, als, zu sagen:«Gehen Sie.!«

Doch es war dasselbe. Pecquigny, der seine Leute und seine Nuancen kannte, erwiderte:

»Herr Graf, ich weiß ganz wohl, daß Sie mir Madame zu besuchen verboten haben, was, unter uns gesagt, von einem sehr beklagenswerten Geschmack zeugt.«

»Es zeugt auch von schlechtem Geschmacke, wenn man einem Verbote mit Gewalt entgegen handelt, Herr Herzog.«

»Mein Herr!« sagte Olympia.

»Ah! Madame,« unterbrach Pecquigny, »erschrecken Sie nicht. Sie sind zu Hause, nicht wahr? Nun wohl! da ich nicht für mich hierher komme, so komme ich. und bleibe ich. Der Herr Graf mag seine großen Augen verdrehen, so lange es ihm beliebt, er mag mir, wenn er will, einen ärgerlichen Empfang bereiten: ich werde mich wenig darum bekümmern, Empfangen von Ihnen und abgesandt . . . vom . . . Kö . . .nig.«

Pecquigny skandierte diese drei letzten Silben so, daß er ein ganzes Heer die Waffen strecken gemacht hätte.

Olympia stand beim Namen des Königs auf, Mailly der stehen geblieben war, setzte sich wieder.

Pecquigny ahmte ihm nach.

»Ich setze mich,« sagte er, »da Sie mich dazu auffordern, schöne Dame, und ich fange an. Aber, Wahrhaftig, Madame, sagen Sie doch diesem armen Mailly, daß man verliebt sein kann, ohne lächerlich zu sein. Glaubt er denn, ich werde Sie nur so wegnehmen, ohne: Aufgepasst! zu rufen? Ah! Mailly, lass uns plaudern, und zwar freundlich. Nachher mag es sein, wie es will.«

Mailly brach das Eis.

»Herzog,« sagte er, »Sie nennen mich beharrlich einen lächerlichen Menschen, weil ich Etwas liebe und verteidige, was ich liebe; ich bitte Sie, seien Sie, mildherziger oder mehr Mensch; Sie kommen hierher um mir Olympia zu nehmen, ich verhindere Sie daran und ich habe Recht.«

»Mein Freund, Madame ist durch sich selbst bewacht, und zwar viel besser als durch Ihr Regiment.«

»Phrasen, rednerische Blumen, Köder, mit deren Hilfe man einen Menschen einschläfert.«

»Ah! Graf, Sie würden einen Heiligen ermüden. Wie! ich habe Ihnen erklärt, Sie würden nichts von mir erlangen; wie! ich habe Ihnen erklärt, wenn Sie einen Gang mit dem Degen mit mir zu machen gedächten, so werde ich es Ihnen bewilligen: wie! Sie wissen, daß ich mich in diesem Falle für den König schlagen würde, Sie gegen ihn; wie! Sie hören, daß mich der König zu Madame schickt, und Sie bleiben hartnäckig? Hören Sie, mein Lieber, seit dem seligen Herrn von Noailles, der ein sehr tugendhafter und sehr gefälliger Edelmann war, hat man nichts Ihnen Ähnliches gesehen. Ah! Sie werden Succeß in Wien haben.«

»Der Graf geht nach Wien?« rief Olympia.

»Ich schlage es aus, ich habe es ausgeschlagen,« beeilte sich Mailly zu erwidern, als er sah, welche Wirkung diese Worte auf Olympia hervorgebracht hatten.

»Ei! es mag sein, Sie haben es ausgeschlagen; sagen Sie das vor Madame, das ist sehr gut. Doch Sie wissen wohl, daß man sich nicht weigert, dahin zu gehen, wohin der König einen schickt.«

»Ich werde dem König und allen denjenigen, welche er zu mir schickt, zeigen, ob man einen guten Edelmann seiner Familie entreißen kann und seiner . . .«

»Und seiner Frau, nicht wahr?« sagte Pecquigny.

»Dämon!« rief Mailly, »Du missbrauchst . . .«

»Ärgere Dich nicht. Du hättest zweimal Unrecht. Übrigens höre ich auf, Dich zu quälen. Ich wollte Madame fragen, ob sie einige Neigung für das Theater fühle, in welchem Falle der König mich als seinen Kammerherrn beauftragen würde, sie unter seine Schauspieler zu engagieren und . . .«

»Machen Sie sich nicht so viel Mühe, Herr Herzog,« unterbrach ihn Olympia, »denn der Herr Graf von Mailly ist von allen unseren Plänen unterrichtet. Ich habe kein Geheimnis für ihn.«

«Oh! dann habe ich nicht mehr, wie so eben, Mitleid mit Dir, mein Lieber. . . Madame, dieser Besuch hat keinen andern Zweck, als Sie zu bitten, so bald als möglich das neue Stück zu spielen. Der König langweilt sich. Der König will Neues. Der König wartet, und Sie wissen, das ist nicht die Gewohnheit in seiner Familie.«

»Mein Herr,« antwortete Olympia, »der König erweist mir viel Ehre, und um dies nach meinem schwachen Talente, aber mit allem Eifer zu erwidern, sage ich Ihnen, daß ich bereit hin: ich kann meine Rolle.«

»Ist es möglich!« rief Pecquigny voll Freude.

»Ich kann sie und werde spielen, wann man will.«

»Morgen, mein Fräulein, morgen.«

 

»Morgen, es sei!«

»Morgen ist gerade von Ihrem Stücke irgend ein Debüt, um das mich ein alter Freund von mir, ein Schauspieler, gebeten hat, Sie wissen, der kleine Champmeslé. . .«

»Ah! Herr Champmeslé!« versetzte Olympia, welche dieser Name an die erste Vorstellung von Herodes und Marianna in Avignon erinnerte.

»Du kennst Champmeslé auch?« fragte der Unbarmherzige den Grafen von Mailly.

»Nein,« antwortete dieser mit mürrischem Tone.

»Champmeslé kehrt zum Theater zurück, Herr Herzog?« fragte Olympia.

»Nicht er, wie ich glaube, oder er ist es wohl; ich weiß nicht genau, wer; ich weiß nur, daß ich den Debüt-Befehl unterzeichnet habe.«

»In was wird er spielen?«

»Warten Sie doch, in . . . Ei! mein Gott, in der Tragödie, wo die Frau von einer Binde spricht.«

»Ah! Monime!«

»Monime?. . . Nein, es ist ein Mannsname.«

»Mithridates?« sagte Olympia lächelnd.

»Sie haben ihn genannt. Morgen also dieses Debüt, – Sie hernach, – ein schöner Abend. Oh! mein Fräulein, halten Sie sich gut.«

»Und ich auch, nicht wahr?« versetzte Mailly mit einer traurigen Miene.

»Bah! Du weinst immer. Mein Fräulein, morgen, das ist abgemacht.«

Olympia geleitete Pecquigny in großer Ceremonie zurück, und Mailly horchte bis zum letzten Gott befohlen! das sie sich auf der Schwelle sagten.

Der Herzog hütete sich übrigens wohl, etwas dadurch zu gefährden, daß er ein Wort zu viel gesagt hätte: er fühlte, daß Mailly lauerte.

»Gleichviel,« sagte dieser zu Olympia, als sie zurückgekehrt war, »Sie werden mir zugestehen, es ist seltsam, daß ein Herzog, Pair und Kammerherr seine Theaterbulletins selbst zu Schauspielerin bringt; ich habe das nie gesehen.«

»Sie sind nicht artig, Graf,« sagte Olympia kalt.

»Er ist es zu sehr.«

»Ist das meine Schuld? Werden Sie wegen einer solchen Kleinigkeit mit mir zanken?«

Mailly knirschte mit den Zähnen und bauschte seine Verzweiflung in einem Seufzer aus.

Der arme Mann, wie ganz anders würde er geseufzt haben, hätte er gewusst, was ihn Richelieu, den er nicht verfluchte, an demselben Morgen ausgesetzt hatte.

»So ist es mit der Unwissenheit,« sagte Pecquigny, während er nach Hause zurückgekehrte, »dieser arme Mailly würde mir in diesem Moment die Augen ausreißen, und später wird er mich umarmen und auch um Verzeihung bitten. Die Menschen sind doch sehr dumm.«

LXXXIV.
Der Prolog von Mithridates

Der andere Tag, dieser noch in den Schleiern der Zukunft verborgene andere Tag, der der Gegenstand der Ungeduld so vieler Leute war, dieser andere Tag, welcher Szenen viel rührender, viel düsterer, viel komischer, viel lächerlicher, als die der Tragödie und der Komödie, welche man dem König bestimmte, beleuchten sollte, dieser andere Tag erschien endlich.

Schon am Morgen begab sich Banniére ins Theater; er hatte seine Rechte anerkennen und sein Kostüm zurichten lassen.

Was die Proben betrifft, so hatte er zur großen Befriedigung der anderen Künstler, welche mit ihm in Mithridates spielten, gesagt, eine einzige genüge ihm.

Banniére hatte seinen Kameraden Rendezvous beim Herrenschenke eine Stunde vor der Probe gegeben.

Mittelst zweier Louis d'or, die ihn ein ziemlich gutes Frühstück kostete, machte er Bekanntschaft mit ihnen und wurde für einen guten Jungen erklärt.

Während des Frühstücks, da man sich vor einem guten Jungen keinen Zwang antat, sprach man schlimmes von Olympia. Man sprach viel Schlimmes von ihr, aber Banniére behauptete, er kenne sie nicht, und war dadurch der Verbindlichkeit, seine Quote dazu zu liefern, überhoben.

Man trank viel; Banniére allein trank nicht.

Nach diesem Frühstück-Mittagsbrot ging Banniére eine Stunde spazieren, um seine Ideen zu Klassifizieren, um den ganzen Vorteil fest zu ergreifen, den die Kaltblütigkeit bei einem Unternehmen, wie er es versuchen wollte, gibt.

Seiner sicher, trat er endlich ins Theater ein, nicht ohne dahin und dorthin geschaut zu haben: ob nicht ein verdächtiges Gesicht bei seinem Vorübergehen nach ihm schnappen wolle.

Er ging zuerst in seine Loge, um nachzusehen, ob Alles in Ordnung sei, und ehe er sich ankleidete, denn er hatte Zeit übrig, spazierte er in dem Gange umher, wo die Schauspieler eintraten.

Er kannte die Gewohnheit von Olympia bei jeder ersten Vorstellung von Stücken, in denen sie spielte. Um Zeit zu haben, sich abzusondern, kam Olympia, als wahre Künstlerin, immer drei Stunden vor dem Anfang.

Olympia kam in dem Augenblick, wo Banniére zum zweiten Male auf- und abging.

Er war im scharfen Lichte, sie war Im Schatten. Er fühlte sie, er erkannte sie.

Sie stieß einen Schrei aus, warf sich zurück und entfloh in ihre Loge, als ob sie ein Gespenst gesehen hätte.

Banniére hatte eine Stunde für sich, ehe er sich ankleiden musste. Er lief nach der Loge von Olympia, fand die Thür offen, und blieb vor der jungen Frau stehen, welche beinahe ohnmächtig auf ihr Ruhebett gefallen war und schluchzte wie bei Annäherung einer Nervenkrise.

»Ich bin es,« sagte er; »ich, Banniére; ich, der ich kein Schatten, sondern ein Körper bin.«

Olympia erhob sich allmählich, durch diese Stimme galvanisirt.

»Ja,« murmelte sie, »er ist es!«

»Und voll Vernunft, wie Sie sehen werden,« fügte Banniére bei.

Mochten diese Worte etwas Drohendes in sich schließen, mochten sie einen verborgenen Sinn oder einen unmittelbaren Vorwurf enthalten: Olympia, als sie die dieselben hörte, bewaffnete sich mit Zorn.

»Wenn Sie kein Narr sind,« sagte sie, »mit welchem Rechte sind Sie in meiner Loge?«

»Madame,« erwiderte mit funkelndem Auge, »ich habe die Ehre, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß, wie groß auch ihre Lust, mich fortzujagen, sein mag, Sie nicht das Recht hierzu haben; ich debütiere heute, und das Theater gehört mir wie Ihnen.«

»Oh!« rief Olympia, ergriffen von Erstaunen und zugleich von Bewunderung für die Kühnheit und diese Industrie, für diese Beharrlichkeit endlich, welche nur die Narrheit oder die Liebe allein in einem Herzen erwecken können.

»Und,« fuhr Banniére fort, »Sie behaupten, ich sei bei Ihnen in Ihrer Loge, was wahr ist, und wenn Sie behaupten, ich belästige Sie, so will ich gehen: das war meine Absicht. Nie werde ich mit Gewalt und auch nicht einmal bei gutem Willen bei einer Frau bleiben, welche feig genug war, mich zu verleugnen als ich litt, als ich für sie starb.«

Doch statt sich zu verteidigen, zog die stolze junge Frau ihre Lippen zu einem verächtlichen Lächeln zusammen und schwieg.

»Ja,« sprach Banniére, »ja, ich begreife Sie haben geglaubt, ich sei ein Narr; Sie haben sich nichts gesagt, wenn ich einer sei, so sei ich es aus Liebe. Sie haben, schöne, wohlriechende Dame, Ekel vor meiner Gegenwart gefühlt, und Sie sind sehr weit geflohen, ohne sich umzuwenden! Und ich begreife das; fern oder nahe, war meine Gegenwart ein grausamer Vorwurf für Sie. Oh! was auch mein Fehler sein möge, und so bedeutend sie auch sein mögen, es gibt, ich erkläre es, keinen, von dem ich mich nicht durch Ihr abscheuliches Benehmen freigesprochen erachte.«

Olympia schwieg fortwährend.

»Übrigens,« fuhr Banniére fort, dessen Gemüt allmählich bei dieser teuren Gegenwart in Bewegung geriet, »meine Fehler sind bestreitbar, und ich brachte die Beweise hiervon mit. Sehen Sie, Madame, hier ist ein Brief der Catalane, in welchem sie erklärt, daß ich nie ihr Liebhaber gewesen bin. Sehen Sie, Madame, hier ist Ihr Ring. Sehen Sie, urteilen Sie und bereuen Sie, wenn Sie noch Herz haben; bereuen Sie den feigen Verrat, den Sie an mir begangen.«

Und er warf auf die Toilette von Olympia den Brief, in welchem die Catalane ihre List gestand. Und er warf zu dem Briefe den Ring von Mailly, dieses kostbare Kleinod, das mit so großen Schwierigkeiten Aller Augen, während der Reihenfolge der von uns erzählten Missgeschicke, von Banniére entzogen worden war.

Olympia schlug zwei große, erstaunte Augen auf, die sich abwechselnd auf den Brief und auf den Ring hefteten.

«Madame,« fügte er bei, »erfahren Sie nun das Übrige. Um diesen Ring zu behalten, bin ich mehr als halb Hungers gestorben; ich habe gelebt,« – er schlug die Augen zum Himmel auf, – »weil Gott es gewollt hat! Ich habe mich auf Ihren Spuren nachgeschleppt, ich habe zwanzig Tage auf dem freien Felde geschlafen, ich bin vierzehn Tage ohne zu schlafen in den Zellen von Charenton geblieben! Doch ich habe noch nicht genug gelitten, da mir heute die Freude zu Teil wird, Sie von meiner Ehrlichkeit zu überzeugen, da ich Sie heute lehren kann, was eine redliche, unendliche, unvertilgbare Liebe ist! Gott befohlen, Madame, Gott befohlen! Seien Sie glücklich, ich bin gerächt!«

Olympia hatte gehört, sie hatte die Worte von Banniére verschlungen; schon hatte sie diesen Brief der Catalane gelesen, und sie wusste ihn auswendig; schon hatte sie diesen Ring wieder an ihren Finger gesteckt.

In dem Augenblick, wo Banniére einen Schritt machte, um wegzugehen, stürzte sie wie eine Tigerin vor und versperrte ihm den Weg.

»Sie haben dies Alles gethan?« sagte sie.

»Gewiss, und noch etwas ganz Anderes.«

»Was haben Sie gethan?«

»In Paris am Tage Ihrer Debüts angekommen, wollte ich mit Gewalt ins Theater eindringen, denn ich hatte kein Geld, um mein Billett zu bezahlen, denn ich wollte diesen Ring nicht verpfänden, und da wurde ich verhaftet, da habe ich mich gesträubt, da habe ich die Gefreiten geschlagen, und da ich unablässig, nicht Ihren Namen, denn wahnsinnig, wie ich war, befürchtete ich, Sie zu gefährden, . . . da ich unablässig: Junia! Junia! Junia! schrie, so hielt man mich für einen Narren und führte mich nach Charenton, von wo ich vor acht Tagen, das heißt, am andern Tage, nachdem Sie mich dort gesehen, entwichen bin.«

»Sie haben Alles dies gethan?« rief Olympia.

»Gewiss.«

»Warum haben Sie Alles dies gethan?»

»Was ist Ihnen daran gelegen? ich habe es gethan, mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«

»Sagen Sie, warum Sie Alles dies gethan haben?« wiederholte Olympia.

»Sie wollen es?«

»Ja.«

»Nun wohl! es geschah, um mich zu rächen.«

»Nein, es geschah nicht deshalb.«

Banniére wandte sich ab, doch Olympia ergriff ihn bei den Händen, nötigte ihn, ihr ins Gesicht zu schauen, und sprach:

»Sie sollen mir sagen, warum Sie Alles dies gethan haben. Aber sage es doch. Unglücklicher, damit ich nicht mehr zweifle, damit ich Dir glaube.«

»Wohl an! ich habe Alles dies gethan. . .«

»Du hast es gethan?«

»Weil ich Dich liebte, weil ich Dich liebe, weil ich Dich immer lieben werde! weil ich ein Feiger bin und nun zu Deinen Füßen weine und Dich um Gnade bitte, Dich, die ich verfluchen müsste, Dich, die Du mich tödten wirst!«

»Oh!« rief Olympia, während sie ihn aufhob, »Du tust wohl daran, daß Du mich liebst! ich liebe Dich noch viel mehr.«

Und nun waren ihre Kräfte ebenfalls erschöpft, und sie sank ganz von Tränen überflutet in die Arme von Banniére.

Doch sie kam zuerst wieder zur Vernunft und sagte:

»Wie wahnsinnig sind wir! warum diese Schreie, warum diese Entzückungen, warum dieses Pressen der Hände? Ach! ach! wir sind nichts mehr für einander!«

»Olympia!« rief Banniére,«dieses Wort, Sie denken es nicht!«

»Ei! aus welchem Grunde habe ich Dich denn verlassen? Wegen der Untreue, der ich Dich schuldig glaubte. Ich täuschte mich, ich klagte Dich fälschlicher Weise an; aber ich, ich bin Dir wirklich untreu gewesen.«

»Du hast mir verziehen, Olympia, ich verzeihe Dir.«

»Oh! nein, nein, diese Verzeihung wäre nicht aufrichtig, Banniére. Wir hätten immer im Grunde des Herzens, Du die Eifersucht, ich die Reue, zwei Geier, welche an unserem Glücke nagen würden.«

»Oh! was sagst Du da, Olympia? Glaubst Du denn, ich sei ein Mann wie die andern Männer, ich habe eine Liebe wie die Liebe der Andern? Denkst Du, heute verliebt, werde ich morgen gleichgültig sein? Oh! nein, Olympia, Du bist mein ganzes Leben; ohne Dich würde ich nicht leben. So, wie Du bist, werde ich Dich nehmen; so, wie Du sein wirst, in welcher Epoche es auch sein mag, würde ich Dich nehmen. Zögere nicht, Olympia; mache mit mir, was Du willst! Doch nicht eine Minute Verzug, beeile Dich, Dein Urteil auszusprechen; wähle zwischen meiner Freude und meiner Verzweiflung, zwischen meinem Leben und meinem Tode! Oh! ich weiß, was Du sagen willst, Du bist verbunden, Herr von Mailly liebt Dich . . . Er wird Dich auch nur mit dem Leben verlassen. Die, welche Dich gesehen haben, lieben Dich, Olympia; die, welche Dich geliebt haben, sterben. Das ist das Schicksal! Nun denn! er sterbe, er sterbe, das Weltall endige, was liegt daran! Sprich das Urteil aus. Olympia, sie haben gesagt, ich sei wahnsinnig geworden! Olympia, wenn Du mich zurückweisest, wenn Du nein sagst, so werde ich etwas noch Schlimmeres, als ein Narr, ich werde ein Mörder.«

 

»Was verlangst Du?«

»Dich.«

»Gib Deine Hand.«

»Hier ist sie.«

»Bei was soll ich Dir schwören?«

»Bei Deinem Worte, bei dem Worte von Olympia von Clèves, das heißt, der redlichsten Frau, die ich kenne, bei dem Worte meiner Frau.«

»Bei meinem Worte, beim Worte Deiner Olympia,« sprach Olympia feierlich.

»Ich danke Dir. Du spielst heute Abend?«

»Du auch?«

»Nach der Vorstellung wirst Du mit Herrn von Mailly sprechen?«

»Nach der Vorstellung werde Ich etwas Besseres tun.«

»Was wirst Du tun?«

»Was ich schon einmal gethan habe: ich werde mit Dir abreisen.«

»Du wirst abreisen!« rief Banniére trunken vor Glück.

»Ist das abgemacht?«

»Oh! Olympia. Gott hat mein Herz nicht groß genug geschaffen: ich ersticke vor Freude!«

»Die Glocke ertönt, Du debütierst heute Abend. Sage Olympia Gott befohlen und gehe.»

»Meiner Frau?«

»Deiner Frau!«

»Gott befohlen, Olympia!«

»Gott befohlen, Banniére!«

»Nach der letzten Szene der Falschen Agnes, nicht wahr?«

Sie trennten sich, indem sie einen so scharfen Freudenschrei von sich, gaben, daß er einem Schmerzensschrei glich.

Das war die Szene, welche dem ersten Act von Mithridates vorherging.

O Racine, großer Dichter! Du schriebst allerdings die Liebe von Monime besser; doch für Eines bürge ich Dir, dafür, daß sie nicht der von Olympia von Clèves an Wert gleichkommt!