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Olympia von Clèves

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LXXVII.
Wo Mailly bereit ist, sich nicht länger den Kopf zu zerbrechen

Am andern Abend nach diesem Tage, oder vielmehr nach dieser Nacht, wurde Mailly, der gegen neun Uhr beim Spiele der Königin eingetreten war, von Pecquigny mit einer verschmitzten Miene begrüßt.

»Was hast Du denn?« fragte Mailly, weniger als je geneigt, irgend Jemand, und Pecquigny am Allerwenigsten auf seine Kosten lachen zu lassen.

Mailly fühlte seit einiger Zeit, daß er den Spöttern zwei Handhaben bot, und er wusste, daß nichts leichter zu nehmen ist, als ein Gegenstand mit zwei Handhaben.

»Ich? nichts,« erwiderte Pecquigny, »Du hast etwas, mein lieber Graf.«

»Nichts, ich versichere Dich.«

»Ah! ich begreife,« versetzte Pecquigny, »Du glaubst, ich sei über Dich aufgebracht wegen der Szenen, die Du Deiner Geliebten machst.«

»Herzog, ich spreche nicht von meiner Geliebten bei der Königin. Es tut mir leid, daß Du das nicht begreifst.«

Pecquigny öffnete den Mund, um ihm zu sagen:

»Warum sollte man nicht von Deiner Geliebten bei der Königin sprechen? man spricht wohl von Deiner Frau beim König.«

Doch er schwieg: so oft es hinter einem schlechten Scherz eine gute Degenklinge gibt, ist man zur Vorsicht verbunden.

Und dennoch konnte Pecquigny nicht an sich hatten; er nahm die Sache in Angriff.

»Weißt Du,« sagte er zu Mailly, »weißt Du, daß die Königin den ganzen Tag von Dir gesprochen hat?«

»Ah!« versetzte Mailly. »Woher weißt Du das?«

»Oh! ich habe meine Kundschafter in Versailles.«

»Ihre Majestät erweist mir viel Ehre.«

»Ja, ja, ja. Es ist sogar noch mehr. . .«

»Was gibt es?«

»Mehrere Male hat die Königin gefragt, ob Du heute Abend kommst. Wetten wir, daß sie Dich in diesem Augenblick sucht.«

In der Tat, gerade in dem Augenblick, wo Pecquigny diese Vermutung aussprach, schien die Königin befangen zu sein; sie ließ aus allen Gruppen zerstreute Blicke umherlaufen.

Es war nicht der König, den sie suchte.

Den König meldet man.

Mailly, so empfindlich er als Gatte und als Liebhaber war, war am Ende Höfling wie die Andern, und das Wort von Pecquigny gab ihm Stoff zum Nachdenken; er dachte, die Königin könne wirklich von ihm gesprochen haben, und er wandte sich nach der Ecke, wo sich die Königin befand, um sie zu begrüßen und ein Wort von ihr zu erhalten, sollten sich ihre allerhöchsten Blicke zufällig auf ihn richten.

Der Höflingstand hat das Erhabene; daß er die Stelle von allen Gefühlen einnimmt.

Der Höfling hat keine andere Gemütsbewegungen, als die des guten oder schlechten Empfangs.

Die Königin spielte.

Sie hatte einen glänzenden Kreis um sich her.

Frau von Mailly war zu der Ehre, die Partie Ihrer Majestät zu machen, zugelassen worden. Sie hielt die Karten.

Mailly, ohne die Augen zu ihr auszuschlagen, bespähte, während er das Gesicht der Königin bespähte, zugleich auch das seiner Frau. Er wartete aus den Augenblick, wo man den König melden würde.

Höfling, verliebt, eifersüchtig, ist das nicht eine dreifache Funktion, welche an die dreifache Verrichtung der mythologischen Gottheiten glauben machen würde?

Der Blick der Königin begegnete endlich dem Blicke des Grafen.

Der Graf verbeugte sich so tief als möglich.

Die Königin schaute ihn fest an, als wollte sie diese neue Prüfung mit Berichten zusammen schmieden, die man ihr am Tage gemacht.

Dieser Blick hatte ein Gewicht, von dem sich Mailly sehr beschwert fühlte.

Dieser Blick war sicherlich keine Gunst. Wenn die Königin, wie dies Pecquigny behauptet, von ihm gesprochen hatte, so war es also nicht im Guten geschehen.

Dies war um so wahrscheinlicher, als der Blick der Königin, nachdem er einige Secunden mit Streng, ans den Grafen geheftet geblieben war, sehr gemildert ans die Gräfin überging.

»Ho! Ho!« murmelte Mailly, »was bedeutet das?«

Und er wartete aus einen zweiten Blick.

Mailly brauchte nicht lange aus diesen Blick zu warten. Er kam ebenso starr, ebenso wenig wohlwollend, als der erste.

Mailly setzte seine Verbeugungen fort, welche um so ehrerbietiger wurden, je kälter und strenger er die Blicke der Königin werden sah.

Die Königin ließ sich indessen herab, durch ein Nicken mit dem Kopfe zu antworten. Dann erst erlaubte sich Mailly, zu atmen.

»Oh! gleichviel,« dachte er, »es steckt etwas darunter: Aal oder Schlange.«

In dem Augenblick, wo sich in ihm dieser Zweifel, wir könnten sogar sagen, diese Furcht bildete, meldete man den König.

Mailly schaute seine Frau an.

Pecquigny schaute Mailly an.

Die Königin stand auf, machte ihre Verneigung, eine Verneigung der Etiquette, und setzte sich wieder.

Hinter dem König, dessen Erscheinung Louise unter ihrer Schminke erröten gemacht hatte, kam Richelieu, sich bald auf einem Fuße schaukelnd, bald auf dem andern, ein Sieger durch den Blick, durch das Lächeln, durch die Gebärde, ein wahrer römischer Triumphator.

Der König grüßte Jedermann und schaute sogleich die Gräfin an.

Richelieu weidete sich an diesem Schauspiel, welches, während es nur eine halbe Minute gedauert hatte, für die Interessierten ein Jahrhundert von Gemütsbewegungen enthielt.

Der König ging aus und ab.

Die Königin unterbrach nun ihr Spiel, was sie zu tun genötigt war, wenn sie zu verlieren anfing, in Betracht des Zustandes relativer Anmut, in welchem sie Herr von Fleury erhielt; die Königin, sagen wir, unterbrach ihr Spiel und gab ihre Karten ab.

Dies war gewöhnlich der Augenblick, wo jeder von den Günstlingen sich anstrengte, um die Aufmerksamkeit der jungen Fürstin zu fesseln.

Das war übrigens leicht. Maria Lesczinska hatte keinen anspruchsvollen Geist, und sobald sie das Wort an Jemand gerichtet, – ein Glückwunsch über den Gewinn, ein Beileid über den Verlust, – das genügte vollkommen für die Konversation.

Mailly wartete also mit Herzklopfen.

Die Königin kam gerade aus ihn zu.

Sein Herz ging vom Klopfen zum Springen über.

»Mein Herr,« sagte sie, »ich bin nicht gerade sicher Ihrer Treue gegen die Damen, doch ich bin sicher Ihrer Treue gegen Ihre Herren. In Rücksicht aus diese letztere Treue, habe ich für Sie erlangt, was Sie wünschen.«

Anfangs betäubt, begriff Mailly nicht, was ihm die Königin sagte: die ersten Worte schienen ihm die Folge einer Klage zu sein, welche Louise in ihrer Eigenschaft als Frau vor dem Tribunal von Maria Lesczinska geführt hätte: das Ende nahm einen seltsamen Gang, von dem er, bei allem guten Willen, nichts verstehen konnte, so sehr er auch darüber nachdachte.

Gleichwohl verbeugte er sich. Die Königin musste diese Verbeugung für eine Einwilligung halten. Sie ging zu etwas Anderem über. Die Großen sind gewöhnlich nicht sehr wortreich, um klar zu sein: das ein Gebrechen, welches oft eine gute Eigenschaft wird.

Einem mitten in einem Walde verirrten Mensch ähnlich, suchte Mailly in allen Augen, ohne sie finden zu können, eine Erklärung des Rätsels.

Er suchte besonders in den Augen seiner Frau. Doch mit der Nase in ihren Karten, würde diese lieber mit beiden Händen verloren haben, als daß sie den Kopf umgewandt und die Augen aufgeschlagen hätte.

Sie fühlte, daß der König sie anschaute, daß Richelieu lauerte, daß Mailly drohte.

An wen sich wenden? Mailly war aus der Folter.

Er suchte Pecquigny auf, der an diesem Tag den Dienst hatte und in großer Uniform eine glänzende Wirkung hervorbrachte. . .

»Nun,« sagte der Herzog, als er Mailly sich ihm nähern sah, »die Königin hat gesprochen?«

»Ja,«

»Du bist also zufrieden?«

»Ich bekenne, daß ich sie nicht verstanden habe.«

»Ah! Du scherzest, das ist nicht gut.«

»Wenn ich Dich aber versichere. . .«

»Oh! sei unbesorgt, die Gunst, die man Dir bewilligt, wenn ich sie auch ein wenig spät erfahre, ich werde sie nichtsdestoweniger erraten haben.«

Und nach dieser Quastimpertinenz drehte der Herzog Mailly den Rücken zu.

Ganz verwirrt schaute der Graf umher.

Richelieu plauderte mit dem König.

Der Kardinal trat ein; es folgten ihm nach der Gewohnheit die Minister und eine beinahe ebenso imposante Menge, als die, über welche sich Ludwig XIV., noch ein Kind, so eifersüchtig aus Mazarin zeigte, daß er sagte:

»Da kommt der Großtürk mit seinem Gefolge.«

Aber Ludwig XV., ein gutmütiger Monarch, hatte keine Eifersucht; wenn er Jemand grollte, so rächte er sich durch einen Witz, und oft war er, wir müssen es gestehen, unterstützt durch einen einschneidenden Geist gut gerächt.

Mailly war gerade aus dem Wege von Herrn von Fleury; er trat zurück, um die durch ihre zweiundsiebzig Jahre gebeugte Eminenz vorübergehen zu lassen, und neigte sich anmutig vor ihr.

Der alte Minister hatte ein feines Auge: er sah Mailly mit dem ersten Blick. Vielleicht suchte er ihn auch.

Er winkte dem Grafen. Mailly lief herbei.

Der Greis lächelte, das war wenig seine Gewohnheit: er hatte Strenge des Alters, des Charakters, der Notwendigkeit.

»Ah!« dachte Mailly, »heute Abend ist eine Fluth von Freundlichkeit. Jedermann lächelt mir zu; Ich werde von den Zuvorkommenheiten überschwemmt werden. Was bedeutet das?«

»Herr Graf,« sagte der Minister zu ihm, »Ihre Majestät die Königin bat so sehr gebeten, daß Sie ihr einen schönen Dank schuldig sind.«

Mailly riß die Augen weit auf.

»Gebeten,« sagte er, »und für wen?«

»Für Sie.«

»Für mich?«

»Oh! ich habe das Wort gesagt und nehme es nicht zurück. Sie werden warm unterstützt.«

»Von der Königin?« fragte der Graf.

«Oh! Sie haben Freunde. Ich teile es Ihnen auch mit und wünsche Ihnen Glück dazu.«

Mailly ließ seine Arme entmutigt fallen. Er begriff ebenso wenig, als das erste Mal, und befragte sich, ob er nicht der Gegenstand einer grotesken Wette sei, und ob sich nicht Jeder das Wort gegeben, sich aus seine Kosten zu belustigen.

 

Fleury ging weiter und sein Gefolge mit ihm.

Dann, nachdem er der Königin seinen Hof gemacht, begleitete der Minister den König, mit dem er lange plauderte.

»Bei meiner Treue!« rief Mailly, »ich, der ich nicht im Geringsten neugierig bin, gestehe, daß ich viel gäbe, um zu erfahren, worin es mir geglückt ist.«

In diesem Augenblick bemerkte Mailly, wie viel der König ganz nahe und vertraulich mit Richelieu sprach.

Die zwei Köpfe waren nur durch den Respekt von einander getrennt.

Der junge König horchte mit allen Ohren. Man konnte ihn lächeln sehen, und plötzlich erhob er mit einer unüberlegten Bewegung den Kopf und schaue abwechselnd die Gräfin und Mailly an.

Dann verließ er Richelieu und segelte, ohne Affectation, die Damen grüßend und den Männern ein Wort zuwerfend, gerade gegen Mailly.

Pecquigny seinerseits war nicht einer der aus Alles, was vorging, am wenigsten Aufmerksamen; und sein durch das Lächeln der Etiquette zusammengezogenes Gesicht drückte einen lebhaften Verdruss aus.

Mehr als einen Verdruss, einen Schmerz.

»Wie!« sagte Mailly zu sich selbst, der König kommt zu mir! Es geht entschieden etwas Seltsames an diesem Hofe vor: die Fee, welche bei meiner Geburt präsidiert hat, treibt heute Abend Missbrauch mit ihrem Stäbchen.

Der König blieb vor Mailly stehen und sagte:

»Mein Herr, ich habe unterzeichnet. Glauben Sie daß mir nichts angenehmer sein konnte.«

Es war nicht der Augenblick, eine Frage bei demjenigen zu wagen, den man nie fragte.

Mailly schien entzückt, und Ludwig XV. fuhr huldreich fort, sein Lächeln und seine Grüße gegen das Spalier der Höflinge zu ergießen.

»Ah!« rief Mailly, »diesmal ist es zu stark! Der König hat unterzeichnet! Was denn? Nichts aus der Welt konnte dem König angenehmer sein, als daß er unterzeichnet hat! Beim blauen Blute! ich muss wissen, was der König unterzeichnet hat!«

Und während er sich ganz wunderlich Gebärdete, stieß Mailly, auf Richelieu, der sich ihm, die Hände reibend, näherte,

»Endlich!« rief er, »diesmal werde ich etwas erfahren!«

Doch überlegend sagte er;

»Richelieu ist so freudig, daß er mir sicherlich etwas Trauriges mitzuteilen hat.«

LXXVIII.
Die Gesandtschaft in Wien

Mailly rief seinen ganzen Mut zu Hilfe und machte einen Schritt, um Richelieu entgegenzugehen, der zwanzig Schritte gemacht hatte, um zu ihm zukommen.

»Ah l« sagte er, »kommen Sie doch, mein lieber Herzog.«

Mailly musste sehr neugierig sein, um Richelieu seinen lieben Herzog zu nennen.

»Guten Abend, glücklicher Sterblicher,« erwiderte Richelieu.

»Ah! Sie auch!« rief Mailly. »Gut, ich halte Sie fest. Oh! Sie, Sie werden mir nicht entwischen.«

»Gott behüte mich,« versetzte der Herzog. »Warum sollte ich einem Manne entwischen, dem ich nur Glückwünsche darzubringen habe,«

»Kommen Sie ein wenig beiseite,« sagte der Graf.

»Gut, gehen wir.«

Mailly zog seine Beute in den Hintergrund des Saales fort.

»Was begegnet mir denn?« fragte der Graf.

»Es begegnet Ihnen, daß Sie überall Stürme erregen.«

»Aus welchem Anlass?«

»Teufel! man ist eifersüchtig!«

»Eifersüchtig, auf was?«

»Auf Ihre Ernennung.«

»Auf meine Ernennung?«

»Wollen Sie etwa den Unwissenden spielen?«

»Bei meinem Leben, Herzog, bei meiner Ehre, so wahr ich ein Edelmann bin, ich weiß nicht das erste Wort von dem, was man mir sagen will.«

»Unmöglich, unmöglich!« rief der Herzog, Erstaunen heuchelnd.

»Nein. Ich habe die.Königin mir entgegenkommen, Pecquigny mich necken, Herrn von Fleury mir zu schmunzeln, den König mich anlächeln sehen. Alle haben mit mir gesprochen. Alle haben mir dasselbe gesagt. Ich habe wohl erraten, daß es sich um eine Gunst hantelte. . . doch um welche? das weiß ich nicht.«

»Wie! Sie wissen nicht, um was die Königin diesen Morgen für Sie Herrn von Fleury gebeten hat?«

»Nein.«

»Wie! Sie wissen nicht, um was Herr von Fleury diesen Morgen den König gebeten hat?«

»Nein!«

»Wie! Sie wissen nicht, was diesen Morgen der König für Sie unterzeichnet hat?«

»Nein.«

»Nun wohl, mein lieber Graf,« sprach Richelieu mit einer bewunderungswürdig gespielten Treuherzigkeit, »ich fühle mich glücklich, der Erste zu sein, dessen Glückwunsch Sie mit Kenntnis der Sache Empfangen.«

»Ihren Glückwunsch, wozu? denn das ist Wahrhaftig, um rasend zu werden.«

»Zu Ihrer Ernennung.«

»Welche Ernennung?«

»Zum Gesandten.«

»Ich, Gesandter!«

»Ja.«

»Wo?«

»In Wien; eine Ernennung, über welche sicherlich fünfzig Personen vor Zorn bersten werden.«

»Alle Teufel! und ich zuerst, wenn das, was Sie mir sagen, nicht ein Scherz ist, Herzog.«

»Ah! Graf, Sie scherzen.«

»Oh! ich scherze so wenig, daß ich ersticke.«

»In der Tat, Sie sind ganz bleich!«

»Ich bin außer mir!«

»Vor Freude?«

»Vor Wut!«

»Bah!«

»Oh! schon der Gedanke, man mache mir eine solche Mystifikation, bringt mich in Verzweiflung! Wie müsste das sein, wenn es Wirklichkeit wäre?«

»Ah! Graf, gegen mich müssen Sie nicht List gebrauchen.«

»Ich weiß nichts, sage ich Ihnen.«

»Ich habe aber die Ernennung in meiner Tasche.«

»Meine Ernennung?«

»Ja.«

»Zum Gesandten?«

»Ja.«

«In Wien?«

»Ja.«

»Oh!«

»Und der Beweis ist hier,« fuhr Richelieu fort, indem er ein Papier aus seiner Tasche zog.

Mailly wurde von einem Schwindel befallen.

»Sie begreifen,« sagte Richelieu mit dem größten Phlegma, »Sie begreifen, ich bin ein zu getreuer Untertan Seiner Majestät, um mich nicht für Sie interessiert zu haben.«

»Somit verdanke ich also Ihnen diese Ernennung?«

»Zum großen Teil, ja, mein lieber Graf.«

»Und mit welchem Rechte, frage ich Sie, Herr Herzog, mischen Sie sich in meine Angelegenheiten?«

»Ich sage Ihnen, für den Dienst des Königs gibt es keine Indiskretion, die ich nicht begehe.«

»Herr Herzog, was Sie gethan haben, ist im höchsten Grade unschicklich.«

»Es ist im höchsten Grade unschicklich, wenn ich mich, nachdem ich mit einer so wichtigen Gesandtschaft, wie die in Wien, betraut war, um meinen Nachfolger bekümmere?«

»Herr Herzog, was Sie da gethan haben, ist abscheulich!«

»Es ist abscheulich, daß ich mich, da ich nur einen guten Freund habe, dafür verwende, daß er mir nachfolgt, die schönste Stelle unter den Ämtern bekommt?«

»Ja, aber, mein Gott! an wen soll ich mich denn halten?»

»Ruhe, mein lieber Graf, Ruhe.«

»Ruhe?«

»Und nehmen Sie vor Allem Ihr Diplom.«

»Lieber werde ich mir die Hand abhauen!«

»Wie! Sie werden eine solche Gnade zurückweisen? Sie sind ein Narr, mein lieber Graf!«

Richelieu sprach diese Worte mit einem so lebhaften Ausdruck und einer, im Verhältnis zu dem ehrerbietigen Stillschweigen, das im Saale herrschte, so lauten Betonung, daß Mailly ein verdrießliches Aussehen zu erregen befürchtete und gleichsam erlosch, wie ein glühendes Eisen, das in das Wasser rollt. Der listige Höfling hatte seinen Mann gepackt.

Er fühlte wohl, daß er kompromittiert war, und reichte ihm abermals das Diplom.

»Aber nehmen Sie doch, lieber Graf,« sagte er.

»Nie! habe ich gesagt, nie!«

»Sie schlagen es also aus? Teufel, das ist ernst! Man muss dies ohne Verzug dem Kardinal melden, damit er seine Maßregeln ergreift.«

»Einen Augenblick Geduld, mein Herr,« sagte Mailly, der selbst das Mitleid seiner Frau erregt hätte, so sichtbar litt er In diesem Moment, »einen Augenblick, schonen Sie mich.«

»Ah! Sie fassen Ihren Entschluss!«

»Nein, nein! doch der König ist am Ende der König, und wenn ich auch die Gnade ausschlage, die er mir gewähren will, so werden Sie mir doch, denke ich, die Muße lassen, sie aus meine Weise auszuschlagen.«

»Ei! was Teufels, mein Herr,« rief Richelieu, »seien Sie ruhig, man wird Sie nicht wider Ihren Willen zum Gesandten machen. Sagen Sie ihm ganz einfach, Sie wollen nicht abreisen, und Sie werden nicht abreisen.«

»Werden Sie Ihm das sagen, Herr Herzog?« erwiderte Mailly, dessen Augen blitzten.

»Ich, nein, doch Sie, ein Eifersüchtiger! ja.«

Dieses letzte Wort war erschrecklich; es stach Mailly bis in das Mark seiner Knochen.

»Herr Herzog!« sagte er zu Richelieu, »Sie haben mir, ich weiß nicht aus welcher Ursache, den größten Kummer bereitet, den ein Mensch seines Gleichen bereiten kann. Herr Herzog, Gott wird Ihnen nicht hierfür lohnen.«

»Ei! mein lieber Graf, Gott hat nichts in Allem dem zu sehen. Sie ärgern sich, Sie haben Unrecht; ich hege die Ansicht, daß ich Ihnen diene.«

»Sagen Sie im Ernste eine solche Schändlichkeit, Herr Herzog?«

»Gut! heftige Worte beim König, Graf, zehn Schritte von der Königin!«

»Sie sehen wohl, daß ich in Verzweiflung bin.«

»Tollheit!«

»Sie geben mir Dolchstiche und wollen nicht, daß ich schreie.«

»Graf, wollen wir, statt daß Sie sich erhitzen. Beide ruhig sprechen?«

»Ja, ja, ja! unter der Bedingung, daß Sie Balsam auf diese Wunde gießen, Herzog, und nicht Galle.»

Richelieu zuckte die Achseln. .

»Erinnere Dich doch, Graf, daß Du nie einen Freund wie mich haben wirst.«

»Oh! Herzog, Herzog, bringen Sie mich nicht in Wut!«

»Und ich beweise es,« fuhr Richelieu fort. »Was ist die Pflicht eines Freundes? Ich habe es nicht definiert, sondern Herr von Lafontaine, der große Fabeldichter. Er sagt: »»Welch eine süße Sache ist ein wahrer Freund! Er sucht unsere Bedürfnisse im Grunde unseres Herzens!««

»Nun wohl! ich, Mailly, ich habe Deine Bedürfnisse im Grunde Deines Herzens gesucht, und da ich sie nicht ganz rein und klar finde – wegen der wunderlichen Bildung Deines Geistes . . .«

»Meines Geistes?«

»Ja. der sich in zwei Äste teilt.«

»Mein Geist teilt sich in zwei Äste?'

»Bei Gott! von Olympia zu Louise, von der Geliebten zur Frau! Stelle doch etwas auf einer solchen Schaukel fest! Da habe ich angefangen, die Bedürfnisse der Frau zu suchen, und ich habe gefunden, denn man muss ihr diese Gerechtigkeit widerfahren lassen: sie teilt sich nicht in zwei Äste.«

»Oh! mein Gott!« sprach Mailly, »gib mir die Geduld!«

»Frau von Mailly, habe ich mir gesagt, ist wahnsinnig in den König verliebt.«

Mailly stieß ein dumpfes Gebrülle aus.

»Aber wahnsinnig! man darf sich das nicht verhehlen,« fuhr Richelieu fort.

Mailly knirschte mit den Zähnen und presste den Griff seines Degens in seiner Hand.

»Verhehle Dir das selbst, wenn Dir daran gelegen ist, mein Lieber,« sprach Richelieu; »aber ich mache Dich daraus aufmerksam, daß die Fabel vom blinden Ehemann verbraucht ist. Sieh, mein Lieber, schau in dieser Sekunde das Auge Deiner Frau an; ziehe eine Linie von ihren Wimpern zu denen des Königs und sage mir, ob es nicht ist, wie im Kollegium der Jesuiten: Linea, recta brevissima. Die gerade Linie ist die kürzeste! Das ist wahr wie ein Axiom, alle Teufel! ein Axiom braucht nicht bewiesen zu werden.«

Mailly verbarg schmerzlich seinen Kopf in seinen Händen.

»Du tödtest mich, Herzog!« sagte er.

»Mein Lieber, wenn man die Kranken heilen will, muss man unbarmherzig gegen sie sein; Du wirst aber heute Abend geheilt sein, oder der große Teufel soll mich holen! Nun, um auf besagten Hammel zurückzukommen: einsehend, daß Frau von Mailly, da sie verliebt ist, den König verliebt machen wird, – es ist einmal so, was das Weib will, will Gott; – einsehend also, daß wir, wenn wir der Flamme Einhalt täten, Pecquigny hätten, den, der Dir Deine Geliebte stehlen wollte, um das ein wenig trübe Leben unseres jungen Monarchen zu vergolden; in Betracht. . . Man spricht so im Parlament, wo wir Herzöge und Pairs zu stimmen berechtigt sind; in Betracht, daß Dir mehr an Deiner Geliebten, als an Deiner Frau liegt. . . Schüttle nicht so den Kopf; ich habe das erraten, und ich habe richtig erraten. . . In Betracht, sage ich, daß derjenige Dir ins Herz bohrt, der Dir Olympia nimmt, und daß Dir derjenige, welcher Dir Deine Frau nimmt, nur die Oberhaut schindet, habe ich mir folgendes Räsonnement gemacht: Mailly ist in Paris, Mailly ist eifersüchtig aus seine Frau. Seine Frau, welche wahnsinnig in den König verliebt ist, – ich behalte immer dieses Wort bei, – seine Frau wird den König bezaubern, während er da sein wird. Eifersüchtig, wird Mailly Lärm machen. Als Lärmmacher wird er lachen machen. Mystifiziert, wird er einen Handel haben. Wegen Übertretung des Gesetzes über die Duelle wird man ihn in die Bastille stecken. In die Bastille gesteckt, wird er abermals lachen machen. Bemerke, das einzige Ende meiner Logik ist, daß Du lachen machen wirst. Bemerke, daß Deine Frau darum nicht minder den König bezaubert haben wird. Bemerke, daß Du gegenwärtig gewesen sein wirst, eine doppelte Unannehmlichkeit, die sich vervierfacht durch den Zusatz. Ich, Richelieu, Dein Freund, habe also beschlossen, Dich zu entfernen, ehe meine Vorhersehungen in Erfüllung gegangen sind.«

 

Mail!n machte eine Bewegung; Richelieu aber fuhr fort:

»Ich schwöre Dir bei meiner Ehre, daß sie es nicht sind. Ich schwöre Dir aber gleichfalls bei meiner Ehre, daß Du nicht den Rücken gewendet haben wirst, und sie werden es sein. Du sträubst Dich; sieh die Folge. Wenn Du abreisest, wird man sagen: Mailly ist abgereist, Mailly ist betrogen. Ah! wie hat man wohl daran gethan, zu warten, bis er abgereist war; ah! wie würde die Sache, wäre er gegenwärtig gewesen, eine andere Wendung genommen haben! Sieh die schöne Protektion, die ich Dir in der Welt verschafft habe, lieber Freund. Sieh, welch ein Typus von einem Werwolf! Sieh, welch ein Muster von einem gemachten Mann! Sieh, welch ein Muster von einem starken Ehemann! Du umarmst mich nicht! Du bist nur ein Undankbarer, Mailly! Die Dienste von der Art desjenigen, welchen ich Dir leiste, sind unbezahlbar! Versuche es mit Pecquigny, Du wirst sehen, daß er mir nur bis zum Knöchel reicht.«

Mailly war niedergeschmettert, betäubt durch diese Fluth von Worten, durch diese Überschwemmung einer abscheulichen Moral, die sich seit Alcibiades nicht zu produzieren und zu entwickeln gewagt hatte.

»Höre,« endigte Richelieu, »nimm Dein Diplom und gib ein Abendessen bei Olympia.«

Mailly sprach einige Augenblicke nichts; dann wandte er sich schwankend wie ein Trunkener nach der Thür.

»Nun! Stummer?« fragte Richelieu.

»Gute Nacht, Herr Herzog.«

»Das Diplom!«

»Ich danke, behalten Sie es.«

»Ob ich es behalte! Bei Gott l ja, ich behalte es! denn ehe vierzehn Tage vergehen, wirst Du es von mir zurückverlangen!«

»Ich?«

»Du; und Du wirst noch von Glück sagen können, wenn ich es Dir nicht verweigere.«

Mailly machte eine verzweifelte Gebärde, Richelieu zuckte die Achseln.

»Ich habe Recht,« murmelte er, »und ich habe diesem Halsstarrigen nicht, eine einzige Unwahrheit gesagt; doch er muss reisen!«

Dann sich umwendend, fuhr er fort:

»Ah! Teufel, wie Pecquigny diesen Abgang betrachtet! Lass sehen: wie viel Tage wird der König brauchen, um zu wünschen, daß Mailly abgereist sei? Acht Tage? Ah! bei meiner Treue! das ist lang, ich weiß es wohl, Frau Gräfin, doch ich habe es nicht besser machen können.«

Und der Herzog kehrte zum König zurück, hüpfend wie einer von den gleißnerischen Raben, welche immer den Loten ins Gesicht zu hohnlächeln scheinen.