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Olympia von Clèves

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»Hören! ich tue nichts Anderes seit meiner Ankunft, und ich habe noch nichts vernehmen können, was zu vernehmen der Mühe wert war.«

»Höre also Folgendes: Diese Frau ist mein Gut!«

»Graf, Du bist im Irrthum, Mademoiselle Olympia ist im Katalog aufgenommen.«

»Wie, im Katalog ausgenommen?«

»Sie gehört der Kunst, dem Theater.«

»Herzog! wenn Du sie mir entführst. . . .«

»Was wird geschehen, Wahnsinniger?« sagte Pecquigny, während er aufstand. »Verhindere es, daß sie sich langweilt, und ich schwöre Dir, sie wird mir kein Gehör schenken.«

»Oh!« rief Olympia, indem sie die Hände von Mailly, welcher wankte, ergriff, »Graf, Sie haben Alles für mich tun können, was Sie tun konnten, und doch. . .«

»Doch?« versetzte Mailly voll Bangigkeit.

»Doch Du langweilst sie!« unterbrach der Herzog. »Sie liebt die Komödie, Du beraubst sie derselben, alle Teufel! Sie, welche zu spielen weiß, um die Anderen weinen zu machen, warum zwingst Du sie, ihre schönen Augen in der Einsamkeit zu röten?«

»Ah! Olympia!«

»Ja, sie langweilt sich. Ich habe es Dir gesagt, hierdurch werde ich sie überreden, Dir zum Trotze, in Deinem Angesicht; ich werde keine List gebrauchen, ich werde kein unredlicher Feind sein; ich werde zu ihr geben, ich werde ihr das Gegenteil von dem bieten, was Du ihr gibst, und ich stehe dafür, daß sie mich vorzieht.«

»Schone eine wahre Liebe. Freigeist! Atheist!«

»Deine Liebe, eine wahre Liebe! Ah! ja wohl,« erwiderte der Herzog. »Deine Liebe, das ist eine bequeme Liebe, die sich aus allen den kleinen Erbärmlichkeiten komponiert, mit denen Du Dein Leben verzierst. Du willst, daß ich dies achte! Du willst, daß ich mich in das kleine, heuchlerische Haus füge, Graf, in welches Du Dich gegen Deine Gläubiger, Deine Frauen und Deine Geliebten flüchtest! Du willst, daß ich mich mit Deinen schmachtenden Augen, mit Deinen Seufzern, Deinen Jeremiaden bezahle, während ich weiß, daß Du gerade von einem Minister, bei dem Du intrigiert. und von einer Frau, bei der Du geseufzt hast, kommst!'

»Ich komme nicht von da her, wo Du sagst.«

»Das ist noch viel schlimmer, Du kommst von Deiner Frau her.«

Olympia schleuderte Mailly einen trockenen Blick zu.

Der Graf war wie von einem Degenstiche getroffen.

»Lassen wir das!« sagte sie ermüdet.

»Olympia,« erwiderte er, »Sie wissen nicht, wie ich dort zu tun beabsichtigte.«

»Ei! mein Freund,« sprach Pecquigny, »Du wolltest ihr schwören, Du kommst nicht von Olympia, wie Du Olympia gern beweisen möchtest, Du kommst nicht von der Gräfin zurück.«

»Herr Herzog,« sagte plötzlich der Graf von Mailly, indem er sich hoch ausrichtete, »Sie haben die Grenzen überschritten; Sie mischen sich auf eine mehr als Impertinente Art in meine Angelegenheiten.«

»Große Worte!

»Aus welche die Wirkung folgt.«

»Gut! ein Degenstich in Deinem kleinen Hause. Das sind hübsche Manieren!«

»Dann beleidigen Sie nicht!«

»Habe nicht die doppelte Natur der Amphibie, atme nicht zugleich mit den Besten der Luftröhre und mit den Kiemen.«

»Herzog, wir werden uns unten erklären.«

»Und wenn ich Dich getödtet habe, oder Du Hast einen Kapitän der Garden des Königs aus den Schnee gelegt, so wird das nicht beweisen, daß Du nicht zugleich eine Geliebte, welche Deiner Frau beschwerlich, und eine Frau hast, welche Deiner Geliebten beschwerlich ist. Teufel! mein Freund, wähle, nimm nicht Alles. Willst Du Deine Geliebte? führe sie weg, aber so weit, daß wir sie nicht mehr sehen können. Ich habe es Dir schon gesagt. Willst Du Deine Frau? dann öffne uns beide Flügel der Thür Deines kleinen Hauses. Das ist ein Sturm, was willst Du dabei machen?«

Olympia warf einen Blick aus den Grafen.

»Olympia! Olympia!I« rief Mailly bestürzt, denn er hatte irgend etwas Schwankendes in ihren Augen erhascht.

»Der Herr Herzog hat Recht,« sagte sie kalt,«Sie müssen sich entscheiden.«

»Sie lieben also Einen?« fragte Mailly; »diese Erklärung von heute Morgen, diese Versöhnung war also eine Lüge?«

Er rechnete darauf, daß er mit diesen Worten den Herzog ermüden oder reizen würde, doch er hatte es mit einem gewaltigen, in Paradoxen schwierigen Streiter zu tun.

Ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen, sagte Pecquigny:

»Wie, Du schämst Dich nicht?«

»Mich schämen, worüber?«

»Du hast eine Erklärung mit ihr gehabt?«

»Ja,«

«Und Ihr habt Euch versöhnt?«

»Ich glaube es.«

»Und Du bemerkst nicht, daß Du, wenn Du Dich an demselben Tage wieder mit der Frau entzweist, die Dir am Morgen verziehen hat, ein verlorener Mann bist?«

Olympia lächelte dem Stärkeren zu.

Pecquigny hatte die Ehre des Triumphs.

Der Graf ließ seine verstörten Augen auf das Geratewohl umherschweifen; diese Logik überstieg seine Kräfte.

»Olympia! Olympia I« rief er, indem er die Hände faltete und sich flehend an seine Geliebte wandte, »Olympia, ich habe auf der Welt nichts mehr, als Deine Liebe.«

»Ein schönes Bestreben!« murmelte Pecquigny.

»Olympia,« fuhr Mailly fort, »ich habe auf der Welt nichts mehr, als Deine Redlichkeit, als Deine Treue.«

Pecquigny wagte es nicht mehr, etwas beizufügen; er hätte diejenige verletzt, für welche er seit einer Stunde mit der Hoffnung kämpfte, sich aus ihr einen Beistand zu machen.

»Olympia,« sagte Mailly, »alle Opfer, die gebracht werden müssen, werde ich bringen; doch ich beschwöre Dich, sage mir, Du wirst Dich nicht überreden lassen; sage mir, ich werde nicht den tödtlichen Schmerz haben. Dich durch den bösen Dämon, der Dich erniedrigen will, wie er mich erniedrigt, besiegt zu sehen.«

»Graf,« sprach sie, »ich werde nie denjenigen lieben, welcher mir nur die Hälfte seines Lebens gibt. Geben Sie mir Alles.«

»Ah!« versetzte Pecquigny. »bist Du hierbei!«

»Es sei!« murmelte Mailly mit einer düsteren Miene, »ich werde nicht zum Lügner werden. Alles Dir, Olympia, Alles Dir. Nur jage diesen Menschen von hier weg, der wohl weiß, daß ich ihn nicht tödten kann.«

Olympia ging aus Pecquigny zu, der sie lächelnd erwartete.

»Herr Herzog,« sagte sie, »mein Herr und Meister hat gesprochen, machen Sie ihn nicht unglücklich. Er tut für mich Alles, was er kann, mehr sogar, als er kann.«

»Nein,« erwiderte Pecquigny, »nein, ich werde nicht eher von hier weggehen, als bis er Sie wieder in die Flut der Welt gebracht hat. Sie gehören nicht ihm, Sie gehören Ihnen, Sie gehören uns.«

»Was willst Du denn, Dämon?« rief Mailly schäumend vor Zorn.

»Ich werde Mademoiselle zwei neue Rollen bringen. Sie soll sie studieren.«

»Nein!«

»Oh! sie wird ja sagen.«

»Sagen Sie, was Sie wollen, Olympia.«

»Ich will lieber Rollen studieren, als vor Langweile sterben. Man tut nichts Schlimmes, wenn man Rollen studiert.«

»Du siehst wohl, Graf, sie spricht wie ein schönes Buch. Lass sie also; Du wirst ihr durch die Vergleichung besser erscheinen.«

»Schändlicher!«

»Du machst mich lachen. Schauen Sie Ihn doch au, Olympia, er ist der Jüngste, der Tapferste, der Schönste von uns Allen; er hat nicht genug mit diesen Vorzügen, er muss auch noch die Heuchelei beifügen. Spiele doch ein offenes Spiel mit uns, und wir werden Dir Genugtuung geben. Hier sind Ihre Rollen, Olympia; werden Sie dieselben spielen?«

Sie schaute Mailly an.

»Ja,« sprach er, »sie sage mir morgen: »»Ich habe Sie betrogen,«« wenn es für ihr Glück ist, so werde ich ihr antworten: »»Sie haben wohl daran gethan.««

»Ah!« versetzte Pecquigny, »ich bin geschlagen, Graf: gehen wir nicht weiter.«

Er verbeugte sich.

»Bei allen Sternen! Olympia,« fuhr er fort, »das ist ein Mann, der Sie liebt.«

Und er verbeugte sich abermals.

»Hören Sie,« sagte er, »studieren Sie die Falsche Agnes, das ist eine reizende Person, und da Sie in dieser Rolle Glück machen müssen, so biete ich mich Ihnen für Alles an, was Ihnen fehlen mag.«

Dann, da er die Wut von Mailly sah, fügte er bei: »Beruhige Dich, mein lieber Graf, beruhige Dich; nach dem, was Du gesagt hast, schlafe ruhig. Olympia ist heilig für mich. Wohl verstanden, Du wirst keine politische Untreue gegen sie begehen, ohne daß ich meine Rechte wieder nehme. Du zweifelst? Bei meinem Herzogswort, das ist beschlossen.«

Er grüßte zum dritten Male mit der reizenden Leichtigkeit der Edelleute jener Zeit, küßte Olympia anmutig die Hand und ließ den Grafen, dem er am andern Tag wiederzukommen versprach, ganz betäubt zurück.

»Ich bin verloren,« dachte Mailly. »Ich liebe Olympia mehr als die Ehre meiner Frau. Richelieu neben Pecquigny macht mich lachen,«

LXVII.
Der Andere

Was den Herrn Herzog von Richelieu betrifft, der dem Grafen minder gefährlich dünkte, als Pecquigny, so konnte er, wie man begreift, nicht aus so schönem Wege stehen bleiben.,

Nachdem er den Gatten redlich in Kenntnis gesetzt, das heißt, nachdem er seine Kriegserklärung gemacht, hatte er nur noch die Feindseligkeiten zu eröffnen.

Man sieht, daß dieselbe Taktik aus beiden Seiten angenommen worden war.

Richelieu hatte den Gatten in Kenntnis gesetzt.

Pecquigny hatte den Liebhaber in Kenntnis gesetzt.

Man sah dann den Herzog nach der Unterredung, die er mit Mailly gehabt, sich nach dem Hause von Herrn von Fréjus in Issy wenden.

Barjac erwartete ihn dort.

Diese großen Vorzimmermänner haben eine anschauende Erkenntnis von einer Sicherheit, welche man schwer bei den Propheten der modernen Wissenschaft wiederfindet.

Ein im ersten Salon entschlüpftes und vom Herzog wie vom Diener aufgefasstes Lächeln offenbarte Jedem von ihnen, die Gelegenheit sei günstig, bei der Absicht, ihn von dem, was vorfiel, zu unterrichten.

Richelieu wurde eingeführt.

Nüchtern und streng nach der Vorschrift im Punkte des Essens, hatte Herr von Fréjus so eben ein Mahl zu sich genommen, dessen Wirkung aufheiternd für sein Gehirn hatte sein müssen.

 

Richelieu, als er diese schmeichelhaften Symptome wahrnahm, beeilte sich, das Gespräch aus das Niveau der Erwartung des Kardinals zu bringen.

»Monseigneur, ich habe nach Ihren Wünschen gethan.«

»Welche Wünsche meinen Sie, mein lieber Herr von Richelieu?

»Wir haben, wie Sie wissen, neulich eine kleine Untererdung gehabt/'

»Ah! ja, verzeihen Sie.«

»Eine Unterredung, deren Bagatellen alle etwas ernstes berührten.«

»Oh! Herzog, Sie haben unsere Unterredung im Ernste genommen?«

»Ja, Monseigneur, und mein Gewissen ist sehr lebhaft davon betroffen gewesen.«

»Wahrhaftig?«

»Dergestalt, Monseigneur, daß ich sogleich nach Meinem Abgang meine Beobachtungen angestellt habe,«

Herr von Fréjus entrunzelte sich,

»Lassen Sie hören,« sagte er.

»Ich habe, wie Sie, Monseigneur, die Wohlfahrt, die Ruhe dieses Reiches im Auge.«

»Allerdings, das muss der Zweck und der Wunsch jedes guten Franzosen sein, und Herr von Richelieu ist ein guter Franzose unter Allen.«

»Indessen, Monseigneur. . .«

»Nun?«

»Ein Bedenken hält mich zurück.«

»Ah!« versetzte Herr von Fréjus, abermals zu der Befürchtung eines Abfalls von Herrn von Richelieu zurückgeführt: »Sie haben ein Bedenken? ein Bedenken, das Sie zurückhält?«

»Ah! ich habe es Ihnen gesagt, Monseigneur, ich bin sehr ängstlich in Wien geworden.«

»Wie, ein Bedenken! während es mir im Gegenteil schien . . .«

»Ei! Monseigneur, ich sagte Ihnen, wie sehr mich Wien verändert hat.«

»Ich sehe es; doch was befürchten Sie? haben die Coterien aller dieser Frauen sogleich bei Ihrer Ankunft in Parts an Ihnen abgefärbt?«

»Das ist es nicht, Monseigneur.«

»Ich verstehe, Sie haben die Königin gesehen und Sie zaudern!«

»Das ist es auch nicht, Monseigneur, da ich die Idee habe, noch mehr das Glück Ihrer Majestät der Königin, als das des Königs zu machen.«

»Dann sehe ich kein Bedenken, das auf Seiten eines Diplomaten, eines Kriegsmanns, eines Hofmanns möglich wäre.«

»Aber, Monseigneur,« erwiderte Richelieu entzückt, daß er Herrn von Fréjus ein wenig erschreckt hatte, »mir scheint, Eure Herrlichkeit versteht mich durchaus nicht: das Bedenken, das ich habe, habe ich Ihretwegen.«

»Gut! Wie denn? Was für ein Bedenken ist es?«

»Ich suche einen Eingang.«

»Um was zu tun?«

»Ei! um zu sprechen!«

»Was befürchten Sie denn? Der Wundarzt muss die Wunden zu berühren wissen; und bin ich nicht ein doppelter Wundarzt, ein moralischer Wundarzt und ein politischer Wundarzt?«

»Gut geantwortet, Monseigneur. Ich fange an, und zuerst die Hauptsache: Ich habe Alles gesehen, was bei Hose ist.«

»Sodann?«

«Der König kommt mir sehr zögernd vor.«

»Sie glauben?«

»Ich bin dessen sicher.«

»Sie beunruhigen mich.«

»Es wäre mir sehr lieb, Monseigneur, wenn ich Sie Ihre Mutmaßungen in dieser Hinsicht ausdrücken hören würde.«

»Ei! es ist ein wenig an Ihnen, mir die Ihrigen zu sagen.«

«So will ich es versuchen,« antwortete Richelieu.

«Lassen Sie hören,« sagte Herr von Fréjus.«

Und er versenkte sich in einen weiten Lehnstuhl, durch die glückliche Erinnerung an eine gute Verdauung zu den verborgenen Freuden einer kleinen, vom Herrn Herzog von Richelieu erzählten Intrige präludirend.

»Der König hat vor Allem Frau von Toulouse ausgezeichnet.«

»Nein, nein!« rief lebhaft Herr von Fréjus, »eine Frau von diesem Rang, das ist gerade, als sagte man: Krieg im Schoße der königlichen Familie. Wahrhaftig, Herzog, sollten Sie an Frau von Toulouse gedacht haben?«

»Ich musste an Alles das denken, woran der König einen Gefallen zu haben scheint, Monseigneur.«

»Und dann ist da ein Gatte.«

»Oh! gibt es für den König Gatten?«

»Unmöglich! Unmöglich!« rief Fleury.

»Ich vermutete es wohl, Monseigneur, wegen der Politik.«

»Denn,« fuhr Herr von Fréjus fort, »wenn wir einen Gebieter haben sollen, so müsste er wenigstens unter uns gewählt werden, und die Frau Gräfin von Toulouse würde, zu leicht sich selbst wählen.«

»Monseigneur, Sie sind ganz Vernunft. Gehen wir also zu Numero zwei über.«

»Thun wir das.«

»Fräulein von Charolais?«

Herr von Fréjus schaute Richelieu lächelnd an.

»Ah! Herr Herzog, Sie tun vom Ihrigen dazu. Das ist schön.«

»Ich, Monseigneur! oh! Und dann, der Dienst des Königs!«

»Streichen Sie Numero zwei, und zwar aus Interesse für die Staatskassen.«

»Numero drei. Madame Paulmier.«

»Wie! Paulmier, die Wirtin?«

»Die Wirtin, ja, Monseigneur. Die schöne, starke Frau, Venus im dreißigsten Jahre, von Rubens gemalt.«

»Ja, doch alle Pagen, alle Chevaulegers, alle Musketiere, alle Schweizer und alle Studenten sind in sie verliebt gewesen. Das ist eine Frau, welche mehr Liebesbilletts im Tage erhält, als ich Briefe in der Woche bekomme. Der König, hätte zu viele Nebenbuhler.«

«Weiter also. Numero vier . . . Der König hat gleichfalls Fräulein Olympia von Clèves ausgezeichnet.«

»Die Schauspielerin?«

»Sie selbst. Was haben Sie hierüber zu sagen, Monseigneur?«

»Herzog!«

»Sie ist neben Madame Paulmier das, was neben der Schönheit die Anmut ist.«

»Ja, sie ist sehr hübsch.«

»Sie kennen Sie?«

»Bah!«

»Talent.«

»Ja, genug; Wahrheit besonders.«

»Sie haben sie spielen sehen?«

»Man hat es mir gesagt.«

»Es ist ärgerlich, daß Sie sie nicht selbst gesehen haben; Sie würden gestehen, daß Sie nichts so Schönes kennen.«

»Ah! was die Schönheit betrifft, das ist wahr. Wenn diese Frau geht, sollte man glauben, sie drücke einem auf die Fiebern des Herzens und mache sie erklingen wie Klaviertasten.«

»Monseigneur, ich sehe, daß man sie sehr gut geschildert hat.«

»Ohne Schminke, Herzog, ich habe sie spielen sehen. Sie ist herrlich.«

»Nun?«

»Nein, was Seine Majestät bedarf, ist eine wahre Liebe, eine Liebe des Herzens, wenn man will, unter der Bedingung, daß wir uns an der Quelle halten, mit dem Schlüssel, der austeilt oder zurückzieht, der öffnet oder schließt.«

»Aber wir werden dabei sein, Monseigneur.«

»Nein.«

»Und dann wiederhole ich Ihnen, der König hat Olympia lebhaft bemerkt.«

»Ein Grund mehr: Coterie Pecquigny.«

«Doch Herr von Pequigny wird groß werden wenn wir es wollen: Coterie Fleury.«

»Herzog, bedenken Sie wohl; eine Schauspielerin, nein, nein! Hören Sie,« sprach er, wieder zum Ernste zurückkehrend, »der König darf nie sinken. Eine Schauspielerin in Versailles oder Im Louvre, nein, das ist nicht möglich. Setzen wir die Edelleute nicht dem aus, daß sie in Kulissen das königliche Gemach zu verwandeln haben.«

»Sie haben alle meine Überzeugungen genommen, Monseigneur,« sagte Richelieu kalt; »ich ergebe mich.«

»Gehen wir, wie Sie so eben selbst sagten, zu anderen Bewunderungen des Königs über.«

»Gehen wir zu Numero fünf über.«

»Wer hat aus Ihrer Liste Numero fünf?«

»Die Frau Gräfin von Mailly.«

»Ho! ho!« rief Seine Eminenz, »der König hätte Frau von Mailly bemerkt. Louise Julie, Gemahlin von Louis Alexandré von Mailly, dem Liebhaber von Mademoiselle Olympia von Clèves?«

»Es ist ein wahres Vergnügen, mit Ihnen zu sprechen; es gibt kein Gedächtnis, das dem Ihrigen ähnlich.«

»Das ist wahr, Herzog, man sagt mir zuweilen, ich habe beinahe das Ihres Großoheims, des Kardinals.«

»Monseigneur,« versetzte Richelieu mit einer Art von Trockenheit, »ich kann nicht viel hierüber urteilen: ich habe meinen Oheim nie gesehen, und ich sehe Sie.«

Diese Zurückhaltung mit doppelter Schneide konnte für eine zarte Schmeichelei gelten.

Fleury nahm sie so und bewirtete sich damit.

»Kommen wir aus Frau von Mailly zurück. Sie hat Chancen. Und vor Allem ist Frau von Mailly diejenige Frau Frankreichs, welche am Besten ein Staatskleid trägt.

»Das ist Etwas!«

»Ich glaube wohl!«

»Für einen zierlichen jungen König.«

»Das ist wahr.«

»Die schönsten Hände.«

»Man sollte allerdings glauben, man sehe reizende Spindeln oder die Finger von Aurora.«

»Eine perlmutterartige, durchsichtige Haut, unter der ein frischrothes, edles Blut läuft.«

»Oh! ich leugne das nicht.«

»Ein großes, offenes, leuchtendes Auge.«

»Wie das eines Rehs.«

»Ein reizender Mund!«

»Perlzähne, es ist wahr.«

»Ein schwarzes Schnurrbärtchen, das immer ihre Mundwinkel lächeln macht!«

»Und das von der Farbe der wie Ebenholz schwarzen Augenbrauen ist.«

»Und die Spitzen der Stirne?«

»Es sind deren sieben.«

»Nach der Regel der Schönheit.«

»Die Stirne ist herrlich.«

»Sie ist nicht prätentiös.«

»Es ist die Stirne einer schönen Frau, nicht einer Frau von Genie.«

»Ei! Monseigneur, wer weiß, was in dieser so schönen Stirne ist«

»Wenig vielleicht.«

»Verzeihen Sie, viel Geist.«

»Ah! Teufel! verborgener Geist!«

»Sie haben gesagt Teufel, Monseigneur, für Sie ist das ein grässlicher Fluch!«

»Es ist wahr, ich hätte sagen sollen Herzog statt. Teufel: das wäre nur eine Wahrheit. Sie hat also einen verborgenen Geist?«

»Ja.«

»Den schlimmsten von allen, wissen Sie wohl?«

»Einen sehr großen Geist, der sich nur für diejenigen verbirgt, welchen sie ihn nicht zeigen will.«

»Das ist erschreckend! Die Frau von Geist wird den König regieren, da es heute nur noch des Geistes bedarf, um zu regieren.«

»Was Sie da gesagt haben, Monseigneur, ist boshaft gegen den Herrn Herzog.«

Fleury lachte.

»Das Schlimmste für uns ist, wie Sie gesagt, der Geist.«

»Verzeihen Sie, Monseigneur, neben dem Geiste vergaß ich das Herz.«

»Sie hat Herz?«

»Und zwar ein Herz, in welchem der König herrscht.«

»Sie glauben, daß sie den König liebt?«

»Monseigneur, ich befürchte es: daraus ginge hervor ist, daß Frau von Mailly, da sie in den König verliebt ist, uns die Sicherheit, die wir haben wollen, geben würde. Nie würde sie Übergriffe zu machen suchen.«

»Gut, mein bester Herzog; doch ist man dieser Dinge auch sicher? Eine Frau, wenn sie von einem Manne geliebt zu sein glaubt, und dieser Mann ist der König, ändert sie nicht ihren Charakter?«

»So lange sie liebt, nein, Monseigneur.«

»Liebt sie aber lange?«

»Diese, ich glaube es.«

»An welchen Anzeichen sehen Sie das, Herr Prophet?« fragte Fleury spottend.

»Zugleich glühend und träumerisch.«

»Das bedeutet für Sie?«

»Wollen Sie hören. Indem sie ihren Gatten verlässt, erregt sie ein Ärgernis; das ist nicht die Frau, welche vor einem Ärgernis zurückweicht, es ist aber auch nicht die Frau, um Abenteuer auf Abenteuer anzufangen; sie wird ein Mal das tun, was Ihr Herz und ihr Kopf ihr sagen werden; ihr Kopf ist lebhaft, das muss ich Ihnen sogleich bemerken. Das Herz ist geschwätzig, das versichere ich Sie; ist jedoch einmal dieses Wort des Herzens oder des Kopfes wohl ausgedrückt, dann völlige Stummheit. Nun aber muss eine Frau, um sich zu entscheiden, so viele gute Gründe haben, daß sie nie alle zusammenbringen kann: sie kapituliert lieber. Darum wird Frau von Mailly immer in ihrer Verbindung mit dem König kapitulieren.«

»Selbst mit der Eitelkeit?«

»Vornehmlich.«

»Selbst mit der Armut?»

»Wie! die Armut! Monseigneur, sagen Sie da, was Sie denken?'

»Ich sage es. Frau von Mailly wird von ihrem Gemahl verlassen sein, nicht wahr? Ihre Familie wird sie zurückstoßen, und der König wird nicht freigebig sein.«

»Der König ist nicht freigebig?«

»Ich sage Ihnen nicht: »»Der König ist nicht freigebig;«« ich sage Ihnen: »»Der König wird nicht freigebig sein.««

»Ho! Ho! Monseigneur, was lässt sie das denken?« versetzte Richelieu, welcher aufmerksam geworden war.

»Einmal, Herzog, meine Instinkte, sodann meine Bedürfnisse . . . ich meine die Bedürfnisse Frankreichs.«

»Sollte es Frankreich nötig haben, daß der König geizig wäre!« rief Richelieu.

»Herr Herzog, schauen Sie mich nicht schief an; ich sage es Ihnen in Wahrheit, ich bin alt, der König ist jung; er kündigt sich als ein Mensch an, der eine sehr große Anzahl von Sünden zu begehen haben soll; früher oder später wird er in den Abgrund der Verschwendung fallen, wie sein Großvater Ludwig XIV.«

»Nun! Monseigneur?«

»Nun! mein Herr, Frankreich wäre zu Grunde gerichtet. Ich will aber nicht, daß dies zu meiner Zeit geschieht. Ich habe etwa noch zehn Jahre zu leben; ich werde sie leben, indem ich mit den Mitteln haushälterisch umgehe: ein Anderer, ein Nachfolger wird den gefährlichen Sprung machen, – nicht ich!«

 

»Den Sprung! Sie erschrecken mich, Monseigneur! Ist man so nahe dabei?«

»Man ist zu nahe dabei; die Auskunftsmittel fangen an; ich bin nicht jung genug, um immer neue und produktive zu ersinnen. Wenn Sie Minister sein werden, wickeln Sie sich heraus, Sie, der Sie ein Mann von Mitteln sind.«

»Oh! Monseigneur.«

»Ich verkleide meinen Gedanken nicht, wie Sie sehen: Alles für mich, bis ich todt bin. Das wird nicht mehr lange ausbleiben.«

»Oh! welche Übertreibung in Allem dem!«

»Keine, Herzog!«

»Sie vergrößern die Ausgaben.«

»Sie werden sehen!«

»Sie vergrößern die Gefahr.«

»Verbrennen Sie sich daran! doch nicht mit meinem Gutheißen.«

»Werden Sie den Sie den König verhindern, jung zu sein?«

»Ei! nein, ich werde den König nicht verhindern, jung zu sein, ganz im Gegenteil; sehen Sie, ich finde ihm zwei Capitalien da, wo ihm alle Andere nie eines gefunden hätten.«

»Zwei Capitalien?«

«Die Jugend und die Macht« zwei Herrliche Kerzen, ganz neu von schönem und gutem Wuchs, angehäuft von Mazarin, einem gewandten Mann; geknetet von Ihrem Oheim, einem großen Mann; zwei Kerzen, die Ludwig XIV. so gut mit einander und an beiden Enden verbrannt hat, daß sie, bei meiner Treue, ein wenig sehr vermindert worden sind.«

»Das ist wahr.«

»Sie sehen Wohl, der König, mein Zögling, muss bis an das Ende seiner Tage daran haben, welche Tage hoffentlich zahlreich sein werden.«

»Hoffen wir es.«

»Ich trage also schon zum Voraus Sorge hierfür. Ich erlaube dem König, eines von diesen Capitalien auszugeben, nie zwei zugleich. Er hat die Jugend, das kostet nichts; er mache davon Gebrauch, wir werden später sehen.«

»Aber ein junger König ist ein verschwenderischer König.«

»Durchaus nicht! ein junger König, das ist schon eine ziemliche kostbare Gnade. Sehen Sie, Herr

Herzog,« fügte Fleury streng bei: »die Geliebte eines Königs hat keine Perle, welche nicht dem Volke dieses Könige zehntausend Pfund Brod kostet.«

Richelieu verbeugte sich.

»Meine Politik scheint Ihnen vielleicht nicht eines Edelmannes würdig?«

»Monseigneur, ich sage nichts mehr.«

»Glauben Sie mir, Herzog,« fügte fein der Greis bei, »ich halte darauf, daß man die Teile meiner

Freunde nicht zu sehr beschneidet.«

»Frau von Mailly ist also unter der Bedingung angenommen, daß sie das Gelübde der Armut ablegt?«

»Des Gehorsams?«

»Ja.«

«Das sind harte Bedingungen, Monseigneur.«

»Sie glauben nicht, daß ich der Geliebten geben werde, was ich der Königin verweigere.«

»Aber der König wird Sie vielleicht zwingen?«

»Ah!« rief der Greis mit einer Lebhaftigkeit, welche Richelieu seine ganze Politik enthüllte, »dabei erwarte ich ihn. Der König tue mir Zwang an, und meine Verantwortlichkeit ist gedeckt, dann werden wir sehen.«

»Gut,« dachte Richelieu, »ich verstehe Dich.«

»Übrigens,« fügte Fleury rasch bei. »haben Sie mir nicht gesagt, Frau von Mailly liebe ihren Gemahl nicht mehr?«

»Sie hat ihn, verlassen.«

»Sie liebe den König?«

»Vermutung.«

»Oh! es ist unerlässlich, daß sie ihn liebt.«

»Man wird das erforschen müssen.«

»Das ist Ihre Sache.«

»Ich werde mich bemühen, um Ihnen zu gehorchen.«

Fleury verbarg eine Bewegung der Ungeduld, verursacht durch die Hartnäckigkeit, mit der sich Richelieu bedeckt hielt.

»Ich schließe: liebt Frau von Mailly den König, so wird ihr wenig daran liegen, ob der König sie als Cleopatra oder als Lucretia behandelt.«

»Das ist möglich; doch der Stolz?«

»Wir sind übereingekommen, daß sie keinen haben werde.«,

»Monseigneur schlägt mich.«

»Mit Ihren Waffen. Übrigens, Herzog, fürchten Sie für die Solidität dieser Nummer? Wollen Sie, daß wir eine andere suchen?«

»Oh! nein, Monseigneur; bleiben wir hierbei stehen! Der Kampf mit Ihnen ist ermüdend.«

Der Prälat lächelte,

»Herzog,« sagte er, »vergessen Sie nie, daß ich Ihr bester Freund bin, wenn Sie mir diese Ehre gestatten wollen.«

Richelieu verbeugte sich und erwiderte:

«Ich habe bei Allem dem nur einen einzigen wahren Kummer.«

»Mein Gott! welchen?«

»Den, sagen zu hören, ein König von Frankreich werde geizig sein. Das ist nicht mehr geschehen, seit. . .«

»Seit Ihrem Oheim,« unterbrach boshaft der Greis.

Richelieu wollte vielleicht etwas erwidern. Fleury schnitt ihm das Wort ab.

»Was liegt im Ganzen Ihnen daran, ob der König geizig oder verschwenderisch ist?«

»Ei! Monseigneur, Sie sprechen wie ein von der Welt abgeschiedener Mann.«

»Mein Lieber, es ist wahr, ich bin von der Welt abgeschieden; aber Sie, Sie haben die Vorteil der Welt.«

»Welche, mein Gott! wenn der König geizig ist?«

»Ei! Herzog, ein König ist nie geizig, wenn er verspricht, oder wenn er Leute hat, die für ihn versprechen.«

»Bah! Monseigneur, Sie scherzen.«

»Nein, bei meinem Wort.«

»Sie, Monseigneur nennen reich denjenigen, welchem man versprochen hat?«

»Gewiss.«

»Wenn man es hält, ja.«

»Das ist klar; doch wem ist je der Gedanke gekommen, ein König von Frankreich oder der Minister eines Königs von Frankreich breche seine Zusage?«

»Oh!« rief Richelieu entzückt, »das nenne ich sprechen. Also geizig und filzig, wird Ludwig XV. immer sein Wart halten.«

»Zweifeln Sie daran, Herzog?«

»Nein, wenn Sie dafür stehen.«

»Ich verbürge mich dafür.«

»Monseigneur, kein Wert mehr.«

»Es fehlt Ihnen nur an Einem, Herzog, am Gedächtnis.«

»Mir, Monseigneur?«

»Ja, Ihnen. Was hat man Ihnen versprochen?«

»Ah! bei Gott! ich weiß es wohl.. Ich habe es nicht vergessen, nie.«

»Den ist Alles, was wir brauchen: Gedächtnis, um zu behalten. Gedächtnis . . .«

»Um zu halten.«

»Lieben Sie wohl, Herzog.«

»Monseigneur, mit tiefster Achtung,« sagte Richelieu.

Und er ging weg.