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Olympia von Clèves

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LXV.
Mailly gerät in Unruhe

Es ist leichter, die Leiden von Mailly nach dem Abgang von Richelieu sich vorzustellen, als sie zu schildern.

Liebhaber und Gatte, sah er seine Frau, seine Geliebte, Beide bedroht. Die Frau ist immer nur Etwas für den Ungetreuen in dem Augenblick, wo er bemerkt, daß Andere sie ausgezeichnet haben; doch In diesem Augenblick ist die Frau das Eigentum, es ist der Name, es ist die Ehre, es ist Alles.

In diesem Augenblick, welch ein kostbares Besitztum ist die Frau, und wie erscheint Alles das, was man verachtet hat, glänzend, wie kommt der Grund, zu lieben, mit dem Grunde, zu hassen, zurück!

In einem Augenblick war Herr von Mailly in die Extreme geworfen. Er stellte sich aus der Stelle seine Frau vor, die er vereinzelt, verzweifelt, abgeschieden verlassen hatte. Er stellte sich seine Frau von Schmeichlern, von Hofmachern umschwärmt, von Weihrauch umhüllt vor. Ein glühender Dolchstoß durchbohrte sein Her, .

»Meine Frau abtreten!« sagte er zu sich selbst: »mein Gut demjenigen abtreten, der mir nur das Leben nehmen kann! Nie!«

Daun hielt er inne.

«Aber,« dachte er, »diese Intrigen und Verderbnißschmiede haben es mir wohl gesagt: der König ist gut, er will nicht Alles einem armen Edelmann nehmen. Von zwei Begierden wird er eine aufgeben, um Herrn von Mailly etwas zu lassen. Der König ist ein Muster von Enthaltsamkeit und Tugend. Er ist Scipio oder Alexander, dieser junge Monarch.

»O glücklicher Mailly! Der König wird Dir nur Deine Frau oder Deine Geliebte nehmen. Es ist Deine Sache, diejenige zu wählen, welche Dir nehmen zu lassen Dir anständig ist. Deine Frau, wenn Du willst . Deine Geliebte, wenn Du willst. Welche Großmut! In der Tat, warum sollte ich zugleich eine Frau und eine Geliebte haben? Das ist eine Häufung, welche die Moral verwirft!

»Und der König, den Herr von Fréjus erzogen hat, der König ist so moralisch.

»Es gibt in Frankreich keinen Patriarchen als Seine Majestät. Der König allein kann sich ein Serail machen, wenn es ihm beliebt. Du hast eine Geliebte, die Dich liebt, und eine Frau, die Du lieben zu müssen glaubtest. Durchaus nicht! der König wird Dir beweisen, daß dies zu viel ist; er wird es beweisen, sei es durch die Bastille, sei es durch Vincennes, sei es durch irgend ein anderes Mittel.

»Er wird es Dir beweisen, indem er Dir die Kapitäne der Garden mit langen Fuchteln bewaffnet schickt.

»Er wird es Dir beweisen, indem er Dir seine Diplomaten mit Protokollen und Spitzfindigkeiten gepanzert schickt.

»Er wird es Dir durch die Verbannung beweisen.

»Er wird es Dir beweisen, wie es David, bei Gott! für Bathseba dem Uria bewies.

»Er hat nicht nur für sich das Beispiel von Ludwig XIV., sondern auch das von David.

»Beim ersten Treffen gegen die Spanier oder die Engländer weist man Dir einen so gut gewählten Platz an, daß eine Mine unter Deinen Füßen spielen wird, wie, es Herrn von Beaufort vor Candia geschehen ist!

»Oder Du wirst von einem spanischen Jäger, mutig, von vorne, getödtet – Kriegsgeschick!

»Oder Du wirst die Kugel von einem Deiner Grenadiere in die Lenden bekommen, eine bedauernswerte Ungeschicklichkeit, welche die empfindsamen Leute, die Zeitungsleser weinen machen wird.

»Mailly! Mailly! die Lage der Dinge ist ernst!

»Sie ist ernst besonders, weil sie heftige Begierden bei diesem jungen Fürsten ankündigt, den Frankreich, einstimmig, den Viel geliebten nennt.

»Arme Frau! wenn sie ihn besser kennen wird! Seine Frau, meine Frau und meine Geliebte! Maria Lesczinska, die Frau Gräfin von Mailly und Olympia von Clèves! Alles dies für einen Jüngling, das ist ernst.

»Ja, Mailly, das ist ernst! und was wird er denn mit dreißig Jahren und besonders mit sechzig machen!

»Wie viele Leute haben bei solchen Vorkommenheiten die Augen geschlossen, wie diesen Morgen der Herr Herzog von Richelieu sagte, kluge Leute, gewandte Leute, deren Angelegenheiten nicht aufgehört haben, auf einem guten Wege unter dem doppelten Impulse der zwei so mächtigen, so vortrefflichen Bewegungskräfte, die man eine schöne Frau und eine schöne Geliebte nennt, zu gehen.

»Ah! diese sind die Geschickten.

»Es ist gewiß, daß, wenn ich diesen Entschluss nicht annehme, daß, wenn ich immer fortfahren will, wie derselbe Herzog von Richelieu, auch ein Geschickter, sagt; daß, wenn ich meine Frau verachten, über sie und den König lachen, mir eine Partei unter den alten sauertöpfischen Höflingen, die Tugend kläffen, machen will, wenn ich mich umschmelzen und mich zu einem Menschen vom letzten Jahrhundert oder vielmehr von den Jahren der Frau Marquise von Maintenon bilden will, man mich Montansier, Noaille, Montespan nennen und in den Almanachs segnen wird, welche sie in Holland drucken; es ist gewiß, daß, wenn ich den Widerstand so weit treibe, daß ich die Verbannung erdulde, dem König Vorstellungen mache, Gerechtigkeit von der Königin verlange, die Rolle herrlich sein wird.

«Mit ein wenig Takt, – ich habe Gott sei Dank, – bringe ich Ihre beleidigte Majestät auf meine Seite, ich konspiriere mit Maria Lesczinska gegen meine Frau und lasse mich in die Bastille führen, eskortiert – von allen unglücklichen und betrogenen Ehemännern, die aus mir ihren Cäsar oder ihren Pompejus machen werden.

»Sodann Wiedereinsetzung nach der Verbannung, Würden, die nach der Bastille auf mich regnen, oder wenigstens ein Ruf, der im Stande ist, alle Sieger dieses verkleinerten Jahrhunderts erbleichen zu machen.

»Etwas Anderes. Keinen Lärmen, kein Aufsehen, was sich für einen Mann von gutem Geschmack besser schickt: authentische Trennung statt dieses kleinen Scheidungsentwurfs, welchen Louise und ich durch Privatunterschrift gemacht haben; Enterbung der sogenannten legitimen Kinder, welche geboren werden könnten: Alles dies sehr geheim und sehr in der Ordnung. Dann für mich ein Leben ganz der Ruhe und ganz der Ehre. Niemand wird über den König lachen, vor dem ich mich gebeugt haben werde. Niemand wird über mich lachen, der ich meinen Namen achten gemacht haben werde. Meine Frau wird nicht mehr meine Frau sein, man wird sie umtaufen, man wird sie die Viel geliebte des Viel geliebten nennen.

»Was kann besser sein!

»Nein, nein, man soll nicht sagen, ein französischer Edelmann, wenn er seiner Frau seinen Namen geschenkt hat, sehe sich genötigt, diese Frau zu verleugnen. Ich, Graf von Mailly, habe eine Frau, ich habe eine Frau durch meinen Willen, im Namen des Gesetzes, im Namen der Kirche genommen. König Ludwig XV. wird mir meine Frau nicht nehmen; nein, ich will es nicht.

»Doch Olympia, doch meine Geliebte, das ist leider etwas Anderes. Ich habe eine Geliebte, und zwar weder im Namen des Gesetzes, noch im Namen der Kirche; es ist aber dennoch ein durch den Gebrauch geheiligtes Recht. Es ist ohne Beispiel beim Adel seit hundert Jahren, daß ein Mann einer Geliebten entbehrt.

»Ja, doch wenn es ohne Beispiels ist, daß ein Mann einer Geliebten entbehrt, so ist es auch ohne Beispiel, daß eine Frau eines . . .«

Hier hielt Mailly inne.

»Was wollte ich sagen!« rief er; »ich verurteilte mich selbst! Ja, das ist ohne Beispiel; wohl! Ich ich Graf von Mailly, ich verhindere es dennoch. Mir, mir kommt auch die Willkür zu, da die Anderen für sich das Monopol suchen wollen.«

Hiernach ging Mailly, ganz zitternd, ganz bleich, ganz verstört, hinauf. um seinen Degen zu holen, und ohne Olympia zu merken, welche in tiefer Ruhe schlief, lief er pfeilgeschwind zur Gräfin von Mailly.

Louise war sachte in ihrem Wagen, im Gefolge des Königs, gewiegt auf ihrem Kissen, allein, ganz ihren Gedanken hingegeben, zurückgekehrt.

Louise war entzückt von den Erinnerungen des vorhergehenden Tages. Geliebkost von Hoffnungen für die Zukunft, hatte sie von Rambouillet an nicht aufgehört, den süßen Traum zu verfolgen. der der fast vollen Jugend die mitten in der Freiheit entstehende Liebe einflößt.

Die Gräfin dachte noch nicht bestimmt das, was Richelieu dachte. Nein. Eine auserwählte keusche und zurückhaltende Natur, jedoch ganz bereit zu den raschen Bewegungen, die ihr die wahre Liebe, die wohl angebrachte Leidenschaft raten würden, schmiedete sieh Louise nichts Schimärisches in ihrem Geiste; sie fühlte wohl, daß in ihr das lag, womit sie Alles verwirklichen konnte, was die Umstände herbeiführen würden.

Sie hatte wieder von ihrem Hotel Besitz ergriffen, als ob der Herr Graf von Mailly nie mehr dahin zurückkehren sollte. Diese Vergangenheit, diese Heirat, dieser hochzeitliche Segen gegeben in Gegenwart der Familien Mailly und Nesle, das war für sie ein unbedeutender Graben, der ihr Leben vom vorhergehenden Jahre zum nächsten Jahre durchschnitt, und nichts Anderes.

Louise von Nesle rechnete nicht mehr aus den Grafen von Mailly. Die Träume des abgelaufenen Tages hatten sie den Gatten vergessen gemacht.

Sie hatte gegen den Grafen von Mailly nichts Bitteres, nichts Feindliches, nichts Gehässiges. Wäre der Graf vor ihr erschienen, sie würde ihn Freund genannt haben, ohne In Irgend einer Hinsicht ihren Geist oder ihren Mund zum Lügen zu zwingen.

Was das Herz betrifft, so erwähnen wir desselben nicht, da das Herz nicht bei den Angelegenheiten des Herrn Grafen von Mailly, des Gemahls von Fräulein von Nesle und Liebhabers von Olympia von Clèves, und der Frau Gräfin, welche in König Ludwig XV. verliebt, beteiligt war.

Plötzlich wurde ihr der Graf durch die Kammerfrau gemeldet, die wir Banniére haben zulächeln sehen. Herr von Mailly kam in aller Hast im Hotel an.

Sie stand erstaunt aus. schaute durch die Fensterscheiben und erblickte wirklich Herrn von Mailly, der die Stufen der Freitreppe mit der Geschwindigkeit eines geängstigten Menschen heraufstieg.

Eine Minute nachher trat der Graf bei der Gräfin ein.

Louise gab einen Ausruf des Erstaunens von sich.

 

»Sie!« sagte sie.

»Ja, Madame, ich.«

Die Kammerfrau riss die Augen noch weiter und noch fragender aus, als ihre Gebieterin.

Herr von Mailly sah diese Augen im Spiegel.

»Wollen Sie Mademoiselle entlassen,« sagte er.

Die Kammerfrau ging hinaus, fest entschlossen, an der Thür zu horchen.

Der Graf folgte ihr mit den Augen, bis die Thür wieder zugemacht war.

Dann wandte er sich gegen seine Frau um.

«Nun,« fragte sie, »was haben Sie, Herr Graf, und welchem Umstand verdanke ich die Ehre, Sie zu sehen?«

»Einem ernsten Umstand, Madame.«

»Oh! mein Gott, Sie erschrecken mich.«

Mailly lächelte bitter: er hatte aufs Geratewohl gedacht, ein bitteres Lächeln könne nie schaden.

»Ich bitte, setzen Sie sich,« fuhr die Gräfin fort; »sollte ich das Glück haben, Ihnen in irgend Etwas angenehm sein zu können, mein Herr?«

»Sie sind mir unumgänglich notwendig geworden.«

Nun war es an der Gräfin, zu lächeln.

»Und wie denn, guter Gott! Sprechen Sie?«

»Sie vermuten nicht, was mich hierher führt?«

»Nein! darum bin ich voll Neugierde.«

»Madame, wissen Sie, was man sagt?«

»Wo?«

»Überall.«

»Sagen Sie das, was man überall sagt, mein Herr, ich höre.«

»Wohl! man sagt, der König . . . Ah! Sie erröten schon!«

»Mein Herr, wenn Sie fortfahren, mich aus diese Art anzuschauen, so werde ich nicht nur erröten, sondern auch erbleichen. Ich bitte Sie also inständig, lassen Sie diese Polizeilieutenants-Mienen und sprechen Sie. Was sagt man vom König?«

»Man sagt, der König . . . der König . . .«

»Vollenden Sie.«

»Man sagt, der König habe die Augen aus eine gewisse Dame geworfen, um ihr die Liebe anzubieten, welche die Königin verachtet.«

»Ah! man sagt das,« erwiderte Frau von Mailly sehr beunruhigt.

»Sie haben die Wahrheit gesprochen. Gräfin!« rief der Graf, »Ah! nun erbleichen Sie, Madame.«

Louise stand auf.

»Mein Herr,« sagte sie, »ich weiß nicht, was der Zweck der elenden Komödie ist, die Sie mich hier spielen machen; in jedem Fall erfahren Sie, ehe Sie dieselbe weiter treiben, daß sie durchaus nicht meinem Geschmack entspricht.«

»Oh! Madame, »erwiderte Mailly, »ich bitte Sie, nehmen Sie immerhin eine Rolle darin an.«

»Keineswegs, mein Herr. Ich habe nicht die Gewohnheit, aus Dinge zu antworten, die ich nicht verstehe.«

»Oh! seien Sie unbesorgt, ich werde mich verständlich machen. Das wird nicht lange dauern. Diese Dame, welche der König gewählt haben soll, – man möchte gern wissen, ob sie die Huldigungen des Königs annehmen wird, und da Sie sie kennen, so beauftragt man mich, Sie um Ihre Meinung zu fragen.«

»Mein Herr, das ist ein trauriger Auftrag für einen guten Edelmann. Ich bin, da ich Sie kenne, erstaunt, daß Sie ihn übernommen haben.«

»Ich bitte, Madame, erbittern Sie sich nicht; Sie urteilen zu rasch. Wenn ich den Auftrag übernommen, so hatte ich meine Beweggründe.«

»Welche, mein Herr?«

»Ich kenne diese Dame auch.«

»Dann besorgen Sie Ihren Auftrag selbst.«

»Ich tue das. Diese Dame sind Sie.«

»Ich,« rief Louise, »ich bin es, der der König huldigt?«

Sie sprach diese wenigen Worte mit einer so unklugen Lebhaftigkeit, daß Herr von Mailly, wäre er nicht blind gewesen, ihre Bewegung nicht dem Zorn zugeschrieben haben würde.

»Sie selbst,« wiederholte er.

Sie blieb einige Augenblicke in Gedanken versunken.

»Das ist unmöglich,« sagte sie endlich.

»Wollen Sie glauben, daß ich gut unterrichtet bin?«

»Oh! durch wen?«

»Daran ist Ihnen wenig gelegen. Was Sie suchen, ist nicht dieses: Sie möchten vielleicht gern, daß man Sie weiter unterrichten würde.«

»Ich verstehe Sie nicht.«

»Ein Gatte, welcher spricht, ist nie verständlich.«

»Aber, mein Herr, Sie vergessen, daß Sie nicht mein Gatte sind!«

»Genug des Scherzes, Madame!«

»Wie! genug des Scherzes! und unser Vertrag?«

»Unser Vertrag, unser Vertrag,« erwiderte Mailly verlegen, »ei! Madame, ich habe gestern ein Spiel spielen können, welches heute zu spielen mir nicht mehr zusagt.«

»Ich bitte Sie, immerhin zu sprechen, damit ich unter allen diesen Worten eines finde, welches mich befriedigen kann.«

»Das wird nicht lange anstehen. Der König huldigt Ihnen, sagt man, und ich nehme an, daß dies der Ursprung von dem ganzen stolzen, mürrischen Wesen ist, das Sie mich haben erdulden lassen.«

»Ich mürrisch! ich stolz!«

»Oh! ich begreife, Sie werden es leugnen; »bei einer solchen Treulosigkeit ist es schon der Mühe werth, daß man sich entschuldigt.«

»Herr Graf, Sie vergessen, daß Sie mit einer Frau sprechen.«

»Ich spreche nicht mit einer Frau, ich spreche mit meiner Frau: das ist ein großer Unterschied.«

»Ei! mein Herr, es war gestern nicht mehr hiervon die Rede.«

»Einverstanden, doch es wird heute davon die Rede sein, heute, da ich durch Sie lächerlich werden kann. Gestern war nur vom Unglücklich sein die Rede.«

»Eine seine Unterscheidung.«

»Eine Unterscheidung, die meiner Logik ansteht; ich bediene mich derselben, wie ich kann. Madame, wenn es Ihnen also angenehm ist, daß Ihnen der König seine Huldigungen darbietet, wollen Sie es sagen.«

»Ich könnte Ihnen antworten, mein Herr.«

»Das verlange ich von Ihnen, Madame.«

»Ich werde mehr vernünftig sein, als Sie närrisch sind.«

»Ah! Sie leugnen, daß der König . . . .«

»Ich leugne durchaus nichts, mein Herr; der König tut, was er will. Sprechen Sie mit ihm, und er wird Ihnen antworten.«

»Das ist eine seltene Dreistigkeit.«

»Sie finden?«

»Nehmen Sie sich in Acht: seit gestern frei, haben Sie sich heute zu sehr emanzipiert.«

»Seit gestern frei, bin ich heute so, wie ich morgen sein will, wie ich immer sein werde. Diese Lage, Sie sind es, der sie geschaffen hat: ertragen Sie die Folgen davon.«

«Die Folgen, wenn diese Folgen die Schande sind?«

»Oh! mein Herr, wir sind nicht hierbei.«

»Madame, gehen wir nicht weiter; ich will mich an Ihre Redlichkeit wenden: wird sie antworten?«

»Immer. Nur haben Sie wohl Acht: die Redlichkeit einer Frau ist die Offenherzigkeit.«

»Ich nehme das an. Der König gefällt Ihnen?«

»Sehr, mein Herr.«

»Das ist Offenherzigkeit!« rief der Graf mit einem gezwungenen Lächeln.

»Sie haben sie von mir verlangt.«

»Und Sie werden sie bis zum Ende haben?«

»Bis zum Ende.«

»Wenn Ihnen der König seine Huldigungen anbietet, was sind Sie zu tun entschlossen?«

»Mein Herr, haben Sie Mitleid, lassen Sie mich nicht auf solche Impertinenzen antworten.«

»Sie vergessen, daß ich mich zum Gesandten gemacht und die Offenherzigkeit angenommen habe.«

»Sie beharren also?«

»Ich beharre.«

»Wohl, mein Herr, Ich bin frei: ich habe einen mittelbaren Abschied von meinem Gatten erhalten, der eine Geliebte genommen, als ich kaum die Zeit gehabt hatte, ihn meinen Gatten zu nennen. Ich bin jung, man sagt, ich sei schön, ich habe ein Herz, ich bin frei, ich werde aus meiner Freiheit Nutzen ziehen.«

»Sie werden lieben?«

»Wenn ich liebe, ja.«

Dieser seltsamen Frau gegenüber, die sich ihm so stolz enthüllte, trieb Mailly den Zorn bis zur Drohung.

»Madame,« rief er mit einer heftigen Gebärde, »nehmen Sie sich in Acht.

»Graf,« erwiderte sie kalt, »Sie werden mir vollends Recht geben.«

Mailly hielt bezähmt inne.

»Ich sehe,« sagte er nach einem Augenblick des Zögerns, der ihm wieder sich zu sammeln erlaubte, »ich sehe die Antwort, die ich zu geben haben werde. Madame, Sie lieben den König.«

»Das ist wahr.«

»Werden Sie mir die Ehre erweisen, um zu sagen, seit wann, damit ich es nicht durch Andere erfahre? . . denn Sie müssen begreifen, Madame, es durch Andere erfahren wäre erschrecklich für mich und für Sie.«

»Mein Herr,« erwiderte die Gräfin, dieselbe Ruhe des Geistes und des Gesichts behauptend, »ich liebe meinen Gatten nicht mehr seit vorgestern, und gestern habe ich den König zu lieben angefangen.«

Ein Blitz der Wut, der Verzweiflung, ein Blitz der Eifersucht glänzte in den Augen des Grafen.

Plötzlich beruhigte er sich

»Geben Sie mir die Versicherung, daß Sie nicht scherzen,« sagte er mit einem Ausdruck voll Schwermut. »Ich bedarf dieses Wortes sehr, Louise.«

Und er kreuzte seine Arme über feiner von Seufzern angeschwollenen Brust.

»Mein Herr, ich erkläre es Ihnen mit schmerzerfüllten Herzen: es ist hier kein Scherz zu machen, denn der Kummer ist mir mit dieser Liebe in die Seele eingezogen,«

»Diese Liebe, die Sie mir zu gestehen wagen, die Schande und das Unglück sind das Ende davon. Ich bitte Sie, bedenken Sie wohl, Madame.«

»Ich habe bedacht.«

»Aber ich werde Sie verhindern, in Ihr Verderben zu rennen.?«

»Mein Herr, Ich glaube, wenn Sie das täte, würden Sie mir einen Dienst leisten. Gleichwohl sehen Sie, wie weit meine Offenherzigkeit geht – gleich wohl mag ich Sie Wahrhaftig nicht bitten, mir hierbei zu helfen?«

»Warum nicht?«

»Weil, muss ich es Ihnen gestehen? weil ich glaube daß Ich Ihre guten Dienste verfluchen würde.«

Mailly hielt inne.

»Marmor! Ich stoße mich vergebens daran, ich suche vergebens eine Seele! Geduld! Geduld! ich bin zum Unglück geboren. Es gibt in Frankreich vielleicht nur zwei Frauen, wie die Fräulein von Nesle und von Clèves, und Louise und Olympia müssen mir zugefallen sein.«

Und zu ruhigeren, wenn nicht zu minder schmerzlichen, Gedanken zurückgeführt, verbeugte sich der Graf vor diesem unerschütterlichen Willen der Gräfin, und begnügte sich, zu sagen:

»Zum Glück, Madame, bin ich noch Ihr Herr, und in der beziehungsweisen Stellung, die wir uns gemacht haben, verbindet eine Privatunterzeichnung keinen von den kontrahierenden Teilen zu Etwas.«

»Sie täuschen sich, Herr Graf, denn dieser Vertrag bestätigt meine Freiheit, und ich werde Gebrauch davon machen. Vor den Gerichten ist er vielleicht ungesetzlich; Sie werden aber durch ihn alle Ihre Prozesse vor der öffentlichen Meinung, dem einzigen Tribunal, verlieren, von dem ich Etwas zu befürchten habe. Und nun, wenn Sie mir nichts Anderes mehr sagen wollen. . .«

Und mit der Gebärde einer Königin wies sie ihm die Thür. Mailly grüßte niedergeschmettert und ging weg.

Elftes bis fünfzehntes Bändchen

LXVI.
Schlange Nro. 1

Mailly konnte sich nicht darüber trösten, daß er aus die Notwendigkeiten eines beständigen Monologs beschränkt sein sollte.

Und dennoch war ihm nach dem, was man geschehen, der Monolog noch minder unangenehm, als der Dialog.

Nach seiner Szene mit Louise, nach den despotischen Manieren von dieser, nach der kaiserlichen Gebärde besonders, mit der sie Ihm die Thür gewiesen, hatte sich der Graf, von seiner Frau zurückgestoßen, noch einmal gesagt, sie besitze sicherlich für die Augen eines Gatten unsichtbare Eigenschaften; da aber er, der Gatte von Louise, diese Eigenschaften nicht sehen könne, so werde er, wenn es sein müsse, die Augen dem ganzen Weltall ausstechen, damit kein Mensch existiere, welcher sehe, was er nicht sehe.

Drohungen, Bitten, rohe Gewalt, Überredung, er hatte in seinem Kopfe Alles angeordnet, um einen Feldzugsplan zu kombinieren.

Als der Feldzugsplan festgestellt war, und das war die Suche einer Viertelstunde, welche Mailly damit zubrachte, daß er von einem Ende zum andern der Terrasse am Rande des Wassers hin und herging, trugen die Beine von Mailly diesen natürlich vom Hotel Nesle zum kleinen Hause der Grange-Bateliére, von Louise von Mailly zu Olympia von Clèves.

Ein Unglücklicher muss sich wohl trösten, besonders wenn ihm der Urheber seines Unglücks das Recht des Trosts gibt.

Nach Allem dem, was er bei seiner Frau gehört, war Mailly gewiß nicht so schuldig, als am Tage vorher, da er zu seiner Geliebten ging. Und diese Idee, – sein gutes Gewissen machte, daß er sich voll Wonne daran erquickte. Es ist etwas so Gesundes um ein gutes Gewissen I

Mailly kam also in sein kleines Haus mit der besten Stimmung der Welt, um getröstet zu werden. Er stieg rasch und wie ein Mensch, den es drängt, die Gedanken, die er im Geiste hat, um besserer willen zu verjagen, die Stufen hinaus. Doch aus der Hälfte der Treppe wurde er durch seinen Kammerdiener zurückgehalten.

»Verzeihen Sie, Herr Graf,« sagte der Kammerdiener.

»Was willst Du von mir?«

»Sie gehen zu Madame?«

»Allerdings.«

«Aber es sind . . .«

»Es sind?«

»Madame hat Leute bei sich.«

Mailly fing an sich an die Überraschungen zu gewöhnen; er blieb jedoch ganz verblüfft stehen.

 

Dann überlegte er sich aber, daß das bei sich von Olympia bei ihm war, stieß den Lackei zurück und drang in das Zimmer ein.

Der Herzog von Pecquigny saß bei Olympia, ganz holdselig, ganz in Artigkeiten eingemacht.

Die Stirne von Mailly faltete sich, wie es sich für einen Mann geziemt, der eifersüchtig werden soll.

Er trat indessen ein.

Der Herzog hatte die Güte, ihm eine Höflichkeit zu erweisen: er bot ihm einen Stuhl, Mailly setzte sich.

Diese Miene einer Vertraulichkeit, welche Pecquigny in so kurzer Zeit bei Olympia errungen hatte, setzte Mailly im höchsten Grade in Erstaunen. Er betrachtete sich wie einen von Räubern aus der Landstraße angefallenen Menschen, der in dem Augenblick, wo er sich zur Wehr setzen will, einen Stockstreich aus den Kopf bekommt. Träumt er oder träumt er nicht? Ist es wirklich die Helle des Tages, was er sieht? Ist es der Reflex von tausend fantastischen Lichtern, welche die angegriffene Einbildungskraft unverzüglich im Gehirne eines Menschen von Leidenschaften anzündet?

Beim Scheine dieses Tages oder dieser Lichter erblickt Mailly den Herzog nach der letzten Mode und mit der höchsten Eleganz gekleidet; man kann nichts Feineres sehen, als seine Stickerei; er spielt zart mit dem Griffe eines Degens, von dem man hätte glauben sollen, er sei für ein aus dem Throne der Welt geborenes Kind gemacht: dieser einzige Degengriff hat den Wert des Geldes, das alle Klingen, mit denen das Weltall demaskiert ist, kosten würden.

Dem Herzog gegenüber sitzt Olympia. Sie horcht ruhig mit ihrem reizendsten Lächeln und besonders mit ihrem großen wachsamen Auge aus Alles, was der Herzog ihr zu sagen sich das Recht gibt.

So ist das Bild.

Mailly vor der Thür, Mailly auf der Schwelle.

Mailly saßt bei seinem Eintritt einige Satzschlüsse in der Art der folgenden auf:

»Ei! seien Sie doch unbesorgt um die Meinung, mein Fräulein, und machen Sie sich glücklich.«,

Dies waren die Eindrücke, welche Mailly in dem Augenblick, wo er, schon ganz aufgeregt, im Zimmer von Olympia erschien, betrafen.

Der Verführer saß, wie gesagt, auf einem Sofa, mit einer Freundlichkeit, die sich bei der Ankunft von Mailly nicht verleugnete.

»Herzog!« rief der Graf.

Das war nur ein einziges Wort, doch dieses Wort enthielt alle Vorwürfe des Zartgefühls und zur Not alle mögliche Warnungen.

Pecquigny beschränkte sich darauf, daß er dem Grafen das Ende seiner unter seinen Spitzen begrabenen Finger bot.

Dann, als ob Mailly nicht eingetreten und nichts unterbrochen worden wäre, antwortete Olympia:

»Herzog, ich habe Ihnen schon gesagt, ich bin nicht geboren, um glücklich zu sein.«

Das war ein Keulenschlag, um einen Stier in einem Schlachthaus niederzuschmettern.

Mailly empfing ihn, doch er erhob wieder das Haupt und sagte mit einem gezwungenen Gelächter:

»Was Sie da sagen, ist nicht freundlich für diejenigen, welche Sie lieben.«

»Du hast vollkommen Recht, mein Lieber,« versetzte Pecquigny, »und ich bin eben im Zuge, dem Fräulein hierüber zu predigen.«

»Ich danke Dir, Herzog, ich sehe es wohl,« erwiderte Mailly.

»Und,« fuhr Pecquigny fort, »und trotz meines dringlichen Zuredens bleibt das Fräulein hartnäckig.«

»Oh!« entgegnete Olympia, »hartnäckig bleiben ist ein sinnloses Wort. Statt sich jener Gemeinplätze zu bedienen, welche fast immer bei müßigen Frauen reüssieren, ist der Herzog beharrlich daraus bedacht, mir Eigennamen anzuführen.«

Ein Schwindel zog über die Augen von Mailly.

»Ja. und sogar große Namen, »sagte lächelnd Olympia, gerührt, da sie Mailly hatte erbleichen sehen.

»Und Sie antworten?« fragte er mit bewegter Stimme.

»Ich antworte, daß ich, wenn ich liebe, lieben werde.«

Mailly wusste nicht, ob das ein Kompliment oder eine Beleidigung war.

Wie alle Menschen in einer falschen Stellung, zog der Graf den Zorn der vernünftigen Beurteilung, die Brutalität dem Siege vor, den eine leidliche Beweisführung gibt.

»Ich sehe zu meinem Leidwesen, daß der Herzog zu mir kommt, um mir mein Gut zu entführen,« sagte er mit einer verletzenden Ironie.

»Graf,« erwiderte Pecquigny, »wir haben uns über diesen Gegenstand erklärt. Ich habe bei dieser Gelegenheit die Ehre gehabt, Dir Alles zu sagen, was ich zu tun Willens bin, und ich gebe Dir mein Wort, ich werde es tun, das ist fest beschlossen. Dein wütendes Auge, Deine krampfhaft geballten Fäuste, Deine zitternde Herausforderung werden mich nicht von meiner Pflicht abbringen.«

»Deine Pflicht!«

»Ei! mein liebster Graf,« erwiderte Pecquigny gewandt, »ist es nicht eine Pflicht, es zu verhindern, daß sich diese schöne Dame langweilt, wie Du Dich langweilst?«

»Herzog!«

»Ärgere Dich, bei Gott! was macht das mir?«

»Es macht, daß, wenn Madame die Güte gehabt hat, Dich einmal zu Empfangen, sie Dich nicht zweimal Empfangen wird, das beteure ich Dir.«

Olympia blieb stumm.

»Madame war so gefällig, mich zu Empfangen, weil ich die Ehre habe, der Kapitän der Garden Seiner Majestät zu sein, und weil jede Thür, an die ich klopfe, sich vor mir und meinem Kommandanturstab öffnen muss. Madame hat mich Empfangen, weil ich ein guter Edelmann von unbeflecktem Rufe und der Träger eines Namens bin, der nie auf der Gasse bleibt, hörst Du, Graf von Mailly!«

»Was soll das bedeuten?« versetzte wütend der Graf.

»Sachte! Sachte!« fuhr Pecquigny fort: »Ich habe Dir den Krieg versprochen, ich mache ihn Dir; aufgebracht oder nicht, wirst Du die Belagerung Deines Schlosses sehen. Ich konnte mittelst meiner besonderen Einflüsse in den Platz, den Du verteidigst, eindringen; Du unternimmst einen Ausfall, gut; versuche es, mich zu verjagen, Du bist in Deinem Rechte.«

»So werde ich es machen, nicht wahr, Olympia?«

»Wie verstehen Sie das, Herr Graf?« fragte Olympia. »Der Herr Herzog hat mir nichts gesagt, was nicht zu sagen ist,«

»Du hörst, Mailly?«

»Ich habe nichts begriffen, als das, was mir Herr von Pecquigny gesagt hat.«

»Wenn Sie mehr gehört hätten, Olympia . . .«

»Ich habe auch nicht mehr gehört,«

»Lass mich also mich erklären, ich bitte Dich. Du Werwolf, der Du bist!« fuhr der Kapitän der Garden mit voller Brust lachend fort; »Du wirst sehen, daß der Plan, den ich kombiniert habe, vortrefflich ist, und daß ich Dich, trotz aller Deiner strategischen Talents, herausfordere, ihn bekämpfen zu können.«

»Lass hören.«

»Vor Allem will Ich dem Fräulein den Ausdruck meines Bedauerns bieten. Das ist mein Recht.«

»Dein Recht?«

»Mein Freund, in meiner Eigenschaft als Kammerherr habe Ich meinen Zutritt.«

»Bei mir?«

»Ist er bei sich, mein Fräulein?« sagte Pecquigny mit einer vollkommenen Ruhe, indem er sich gegen Olympia wandte.

»Olympia schwieg.

»Du bist nicht bei Dir, mein Lieber.– Mademoiselle ist von der Comédie und hat ein herrlichen Talent, das ich vergöttere. Ich komme, ich klopfe an ihre Thür, sie empfängt mich ich drücke ihr meine Bewunderung aus, sie hört mich an, was hast Du zu sagen?«

»Nichts; doch diese Phrasen . . .«

»Du hast sie vielleicht hundert Frauen gesagt, nur der Deinigen nicht.«

Mailly errötete bis unter die Augen.

»Ah! Graf, sei gerechte Du lässt dieses anbetungswürdige Frau vor Langeweile sterben; ich komme, ich tröste sie; Du schließt sie ein, ich dringe in ihr Gefängnis und mache mich liebenswürdig; Du bist eifersüchtig oder gibst Dir den Anschein. es zu sein. Ich lasse, wenn Du willst, die erste Hypothese zu. Mademoiselle ist Deine Sklavin, ich will die Ketten brechen, die sie

binden, und beweisen, daß Du die jetzt nur ein Egoist und ein abscheulicher Kerkermeister gewesen bist.«

»Ja. und Deine abscheulichen Pläne. . .«

»Ei! wer spricht hiervon? es ist wohl die Rede von meinen Plänen! Höre, Du hast einiges Ansehen,

Du konntest Mademoiselle nach Paris kommen lassen, Du konntest ihr durch Deine Verbindungen Debüts verschaffen, die sie mit eben so viel Glück. als Talent gemacht hat, und nun, da der ganze Hof an der festlichen Schale genippt hat, schließt Du die Quelle ab, Du willst uns berauben, Du beraubst uns des schönen, verführerischen Organs, mit welchem Olympia die Verse von Racine mehr singt, alle spricht, Du raubst uns diese rührende Schönheit, welche aus Nero einen Titus machte. Du raubst uns diese geistvolle Büchse Pandoras, an deren Stelle Du Deine endlosen Schmollereien setzt. Ah! Ah! Mailly, füge Dich, ich werde die Thüren öffnen, und Deine reizende Nachtigall wird entweichen.«

»Höre,« erwiderte Mailly während der Kapitän vor den Spiegeln anbetungswürdige Zierereien und herrliche Bewegungen mit dem Kopf und den Schultern versuchte und Olympia belustigt lächelte, »höre mich, Herzog, Du, der Du einer der Bravsten unter den Braven dieses Hofes bist.«