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Olympia von Clèves

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LXIV.
Herr von Mailly ist eifersüchtig auf seine Frau

Der Herr Herzog von Richelieu wartete wirklich, wie es der Kammerdiener gesagt hatte, aus den Grafen.

Sie kamen sich als wahre Edelleute auf der einen und der andern Seite artig entgegen. Mailly war nicht der Mann, um wegen eines Vorschlags, wie es der von Pecquigny gewesen, den Liebenswürdigsten von allen vornehmen Herren jener Zeit schlecht zu empfangen.

Man umarmte sich: das war der Gebrauch.

»Können Sie,« sagte der Herzog, nachdem er den Förmlichkeiten jede Genüge geleistet hatte, »können Sie mir ein halbes Stündchen opfern, mein lieber Graf?«

»Aber, Herzog, Sie wissen wohl, daß hier. . .«

»Ja, hier ist das Haus der Belustigungen, und nicht das der Angelegenheiten,«

»In einer Angelegenheit kommen Sie?«

»Ja, und zwar in einer sehr dringenden.«

»Ich, ich. . .«

»Sie sind nicht allein?«

»Ganz richtig.«

»Mein Gott! ich bin in Verzweiflung daß ich Sie störe.«

»Indessen, Herzog, wenn es durchaus sein muss. . .«

»Es muss durchaus sein.«

»Dann bin ich zu Ihren Befehlen. Wo beliebt es Ihnen, daß ich Sie empfange?«

»Wenn Sie mir die Wahl lassen, so wünschte ich, daß wir einen Spaziergang machten.«

»Wir haben den Garten.«

»Vortrefflich.«

»Kommen Sie also.«

Mailly ließ Richelieu das Speisezimmer durchschreiten, wo er Pecquigny empfangen hatte, und sie gingen über eine ganz mit herrlichen, durch eine große Glasglocke beschützten Blumen beladen? Freitreppe in den Garten hinab, der, durch den ersten Frost zu Grunde gerichtet, ein trauriges, kahles Aussehen bot.

Man konnte indessen noch in diesen letzten Wintertagen beurteilen, was er gewesen, und was er im lauen Hauche des Mai werden würde.

Es war ein langes Gevierte, an den Mauern mit großen Sycomoren eingefasst, an deren Zweige der Frost seine Stalaktiten, die Winterzierrat, angehängt hatte.

»Herr Herzog,« sagte Mailly, »Sie sehen, wir sind nun so allein, als Sie es wünschen mögen. Sprechen Sie also, ich höre. Sie scheinen als offizieller Bote zu kommen.«

»Bei meiner Seele, es ist ein wenig so, mein lieber Graf; erlauben Sie mir also, daß ich Ihnen zu Ihrem Scharfsinn Glück wünsche.«

Die zwei Männer verbeugten sich gegenseitig.

»Wissen Sie, daß Sie da ein reizendes Häuschen haben, Graf?«

»Da es von Ihnen kommt, Herr Herzog, ist das Lob doppelt schmeichelhaft.«

»Und daß es ein sehr reizender Vogel sein muss, soll er eines so schönen Käfigs würdig sein.«

»Herzog!«

»Wenn der Ruf nicht übertreibt, so scheint übrigens Fräulein Olympia die Perle der Perlen zu sein. In welches Wasser sind Sie getaucht, um uns einen solchen Schatz zurückzubringen?«

»Gut,« dachte Mailly; »hat er es auch aus Olympia abgesehen?«

Dann sagte er lächelnd zu Richelieu:

»Sie sprachen von einer officiellen Botschaft, Herr Herzog! wechseln Sie Ihre Residenz?«

»Wie so?«

»Ja. Sollten Sie, nachdem Sie bei dem großen Hause Oesterreich beglaubigt gewesen sind, dies nun bei dem kleinen Hause der Grange-Bateliére sein?«

»Oh! es ist unglaublich, wie Sie erraten, mein lieber Graf! In der Tat, Sie haben Ihren Tag.«

»Gut,« sagte leise Mailly, »er wird nun auch Olympia von mir verlangen.«

Dann sprach er laut:

»Herr Herzog, mein Scharfsinn geht noch weiter, als Sie glauben.«

»Bah!« machte Richelieu.

»Denn ich habe nicht nur den Gesandten erkannt, sondern auch das Motiv der Gesandtschaft errathen.«

»Wahrhaftig?«

»Ja. Nur mache ich Sie zum Voraus daraus aufmerksam, daß ich schlecht gestimmt bin.«

»Ah! Ah!« rief der Herzog erstaunt.

»Ja, man hat mich so eben über diesen Gegenstand ausgeforscht, und die Unterredung ist mir äußerst unangenehm gewesen.«

»Man hat Sie ausgeforscht?«

»Auf eine sehr klare Weise.«

»Wäre es indiskret, Sie zu fragen, wer dies gethan hat, Graf?«

»Bei Gott! nein, um so weniger, als ich es ihm durch die Art, wie ich ihn empfangen, verleidet habe, wieder hierauf zu kommen.«

»Ja, doch mit Allem dem sagen Sie mir nicht, wer der dienstfertige Gesandte ist.«

»Oh! es ist ein Freund von mir.«

»Pecquigny vielleicht?« fragte Richelieu aufs Geratewohl.

»Ganz richtig!« erwiderte Mailly; »woher wissen Sie das?«

»Teufel! Pecquigny!« murmelte Richelieu; »der verdammte Höfling, er hat es mir an Schnelligkeit zuvor gethan.«

Dann sprach er laut:

»Und Sie haben sich geweigert, Ihn anzuhören?« fragte der Herzog.

»Im Gegenteil, Ich hörte ihn bis zum Ende an. Dann, da ich keinen Zweifel mehr hegen konnte, habe ich ihn aus eine Art verabschiedet, daß ich ihn sehen ließ, es wäre mir äußerst unangenehm, wenn er wiederkäme.«

»Aber, mein lieber Graf,« versetzte Richelieu mit seiner einschmeichelndsten Miene, »vielleicht hat er bei Ihnen nicht Alles, was in Erwägung zu ziehen und zu berücksichtigen ist, geltend gemacht.«

»Oh! so beredt Sie auch sein mögen, Herr Herzog, so bezweifle ich doch, daß Sie es mehr sind, als Pecquigny; er hat Demosthenes übertroffen.«

»Ich bitte, Herr Graf,« erwiderte Richelieu, »lassen Sie uns erwägen, und um gut und vernünftig zu erwägen, vermengen Sie meinen Schritt nicht mit dem von Pecquigny; ich, ich bin Ihr Freund.«

»Gerade mit dieser Versicherung hat Pecquigny debütiert. Sie erschrecken mich, Herr Herzog, dieser Freundschaft schreibe ich sogar seine Beredsamkeit zu.«

»So beredt er gewesen sein mag, ich hoffe Ihnen Dinge zu sagen, die er vergessen haben wird.«

«Versuchen Sie es.«

»Vor Allem klären wir einen Punkt auf.«

»Thun Sie das, Herzog.«

»Es ist gut, zu wissen, von wo man ausgeht. . . Und sagen Sie, nicht wahr, es ist beinahe gewiß, daß Sie Frau von Mailly verlassen haben.«

»Wie! das ist schon bekannt?«

»Es ist öffentlich!«

»Nun! sie hat keine Zeit verloren.«

»Sie oder sie?«

»Sie.«

»Gleichviel. In jedem Fall Ist die Sache mit einem ungeheuren Geiste gemacht.«

»Das weiß man?« wiederholte Mailly, der von seinem Erstaunen nicht zurückkam.

»Glauben Sie mir, Graf, wenn ich es nicht gewusst hätte, würde ich nicht bei Ihnen erschienen sein.«

»Ah! ja, es ist wahr.«

»Was ist wahr?«

»Sie machen Eroberungspläne.«

»Was wollen Sie damit sagen?«

Mailly schüttelte den Kopf mit einer schlauen Miene.

»Ich begreife nicht,« sagte Richelieu.

»Aber ich begreife,« erwiderte Mailly.

.Will das besagen, der Bruch mit Frau von Mailly sei ernst?«

»Das will besagen, daß ich Ihnen Vollmacht gebe. Herr Herzog, Frau von Mailly und ich, wir sind einander fortan fremd.«

»Sie sagen das mit einer Miene . . . hm!«

»Mit welcher Miene sage ich das?«

.Mit einer Miene, welche glauben machen würde, Sie beklagen ihren Verlust.«

»Ich beklage ihn nicht, nein, Herzog, und dennoch hat sie vortreffliche Eigenschaften.«

»Sie ist reizend.«

»Oh! ich bitte Sie, Herzog, loben Sie mir sie nicht zu sehr.«

»Und warum dies?«

»Weil ich am Ende ihr Gatte bin.«

»Nun! folgt aus dem, daß Sie ihr Gatte sind, Sie müssen unempfindlich für die Vorzüge der liebenswürdigsten Frau sein?«

»Sagte ich Ihnen nicht so eben, Herr Herzog, sie habe vortreffliche Eigenschaften?«

»Was Sie nicht abgehalten hat, Frau von Mailly ihre Freiheit zu geben. Ei! ich begreife das. Mademoiselle Olympia. . .«

»Gut!« dachte Mailly, »nun kommt er aus Olympia zurück.« Dann sprach er: »Ah! haben Sie seit den drei bis vier Tagen, daß Sie von Wien zurückgekehrt sind, schon Zeit gehabt, die Bekanntschaft der Einen und der Andern zu machen?«

»Ihrer Frau, ja, von Mademoiselle Olympia, nein; doch gestern sagte man in gutem Hause, sie sei reizend.«

»In Rambouillet?«

»Ganz richtig, woher wissen Sie das?«

»Erzählte ich Ihnen nicht, Pecquigny habe mich besucht?«

»Es ist wahr; in der Tat. er ist es, der das sagte.«

»Und wem?«

»Dem König, glaube ich.«

Mailly stampfte mit dem Fuße.

»Ah!« fragte Richelieu, »ist keine Übertreibung bei dem, was man sagt?«

»Über wen?«

»Über Mademoiselle Olympia. Man sagt, sie sei schön!«

»Sehr schön!«

»Voll Liebreiz.»

»Es ist eine Fee!»

»Und Talent dabei.«

»Sie ist eine Künstlerin vom größten Verdienste!«

»Und sie liebt Sie?«

»Was, des Teufels! ist hierüber zu erstaunen?«

»Nichts, bei Gott! Sie sind ein reizender Kavalier, und das war eine ganz einfache Frage.«

»Es interessiert Sie also, ob Olympia mich liebt oder nicht liebt?«

»Ungeheuer.«

»Nun! Herzog, Sie liebt mich.«

»Und Sie, lieben Sie Olympia?«

«Das ist eine lächerliche Frage; doch. . .«

»Doch?«

»Ich bete Sie ganz einfach an.»

»So daß nichts Sie von ihr zu trennen vermöchte, und daß keine Perspektive, so glänzend sie auch wäre, Sie aus Mademoiselle Olympia zu verzichten bewegen könnte?«

»Es könnte mich nicht nur nichts auf sie zu verzichten bewegen, sondern wenn man sie mir entführen wollte . . .«

»Was würden Sie tun?«

»Oh l ich würde denjenigen tödten, der mit diesem Auftrage für Rechnung eines Andern betraut wäre, und wäre es mein bester Freund, und wäre es mein Bruder, und wären Sie es, Herzog.«

»Schlagen Sie ein!« sagte Richelieu, indem er Mailly die Hand reichte.

»Wie! ich soll einschlagen?«

»Sie machen mich zum freudigsten Menschen der Welt.«

»Dadurch, daß ich Ihnen sage, ich liebe Olympia, Olympia liebe mich? daß ich Ihnen, sage, ich würde sie Allen streitig machen, selbst dem König?«

»Welch ein Glück ist das!« rief der Herzog.

«In welcher Beziehung ist das ein Glück? Sie legen mich aus einen Rost, lieber Herzog.«

 

»Das benimmt mir alle Bedenklichkeiten.«

»Sie hatten also solche?«

»Gewiss, mein lieber Graf; Sie begreifen, wie Sie vorhin sagten: ein Gatte bleibt immer ein Gatte, es sei denn, daß er es nicht mehr ist, wie Sie.«

»Sie wollen also über Frau von Mailly mit mir sprechen?«

»Allerdings, da ich nur deshalb komme; das ist es, was mich befangen macht.«

»Ah! bei Gott! Herzog, ich möchte wohl wissen, wer der Befangenste von uns Beiden ist.«

»Offenbar ich,« erwiderte Richelieu, »und zum Beweise dient, daß ich mich seit einer Stunde um die Frage drehe und nicht weiß, womit anfangen soll.«

»Soll ich Ihnen helfen?«

»Bei Gott! das wäre galant, mein lieber Graf.«

»Ah! das ist sehr leicht. Sie haben Frau von Mailly gestern in Rambouillet gesehen; Sie haben Sie reizend gesunden, und Sie wollten sich, als guter Kamerad, über unsere Trennung Sicherheit verschaffen.«

»Das ist es, bei meiner Treue! Doch wer konnte Ihnen sagen. . .?«

»Ich bin unterrichtet; gehen Sie Immer zu.«

«Wahrhaftig, mein lieber Graf, man kann nicht geistreicher sein.«

«Ah! das ist stark!« rief Mailly, indem er laut auflachte, jedoch mit einer Heftigkeit, welche gerade bewies, daß er nicht herzlich lachte; »Sie wollen mich um Erlaubnis bitten, mir meine Frau nehmen zu dürfen!«

»Mein lieber Graf, würden Sie es vorziehen, wenn ich sie Ihnen, wie ein armseliger Bursche oder wie einer der schlechten Kopisten der Regentschaft, flehten würde, ohne: Aufgepasst! zu sagen, nur so ganz im Schatten Ihrer, noch halb unbekannten, Trennung? Pfui! das wäre entsetzlich alltäglich! Soll ich Ihnen erklären, Graf, warum meine ersten diplomatischen Negociationen geglückt sind? Da man, um zu unterhandeln, zwei kontrahierende Parteien braucht, so richte ich es immer so ein, daß ich meinen Gegner nicht überrumpele; ich benachrichtige ihn, ich gewinne durch meins Redlichkeit, und ich siege durch meine Logik.«

«Sie hoffen also,« rief der Graf, »Sie hoffen mir zu beweisen, es sei gerecht von meiner Seite, daß ich Frau von Mailly anbeten lasse?«

»Gewiss, Ich zähle hieraus.«

»Gut, sehr gut!« sagte Mailly, unwillkürlich erheitert durch diese Seltsamkeit; »beweisen Sie, beweisen Sie, mein lieber Herzog, und wenn Sie mir das beweisen, halte ich Sie, nachdem ich Sie als unbesiegt anerkannt habe, für unbesiegbar.«

»Einmal lieben Sie Ihre Frau nicht mehr.«

»Ich gestehe es, sie hat einen abscheulichen Charakter.«

»Für Sie.«

»Ah! ich hatte sie für mich genommen.«

»Gut! Halsstarrigkeit?«

»Wie so?«

»Nun sagen Sie Schlimmes von Frau von Mailly!«

»Warum wollen Sie Gutes von ihr?«

»Graf, ich bitte, lassen sie uns ernsthaft sein,« sagte der Herzog. »Ich schwöre Ihnen, daß es der Mühe wert ist, und da Pecquigny mit Ihnen gesprochen hat, so müssen Sie die Lage der Dinge schätzen.«

»Ganz richtig, Herzog.«

»Nun wohl! Ich glaube, Sie müssen dem, was sich vorbereitet, keine Aufmerksamkeit zu schenken scheinen. Die Blindheit kompromittiert nie; überdies treiben Sie zwei Ursachen hierzu an, einmal der Wille des Königs, dem man nicht zu widerstehen vermöchte.«

»Gut! das sagte mir Pecquigny.«

»Sehen Sie, der Verderber! Sodann die beste Ursache von allen denjenigen, welche Ihnen Ihr guter Engel selbst gibt: die Unverträglichkeit, mein lieber Herzog, die Unverträglichkeit.«

»Wie beliebt?«

»Ich sage die Unverträglichkeit. Sehen Sie, in der Tat, welch ein Glück, daß diese Trennung so gekommen ist, —gerade in dem Augenblick, wo wir sie nötig hatten.«

»Welche Trennung?«

»Ihre Trennung von Ihrer Frau.«

Mailly schaute den Herzog an.

»Wahrhaftig!« rief er, »ich weiß nicht, was meine Trennung von Frau von Mailly bei dieser ganzen Sache zu tun hat.«

»Nun! Graf, ich sagte Ihnen ja, Pecquigny habe nicht alle Motive geltend gemacht! Wie! ist es nicht ein Wunder, daß gerade am vorhergehenden Tage, ohne Vorbedacht und ohne Skandal, Sie und Ihre Frau diese kleine Scheidung unterzeichnet haben, welche Sie vor der Lächerlichkeit, Ihre Frau vor der Anschuldigung beschützt.«

»Bei meiner Ehre,« rief Mailly, »ich verstehe Sie immer noch nicht.«

»Sie erschrecken mich; ich erkläre mich doch!«

»Oh! ich wäre Ihnen dafür verbunden; denn Sie und Pecquigny, Sie würden mich verrückt machen.«

»Wohl denn! was hätte die Welt gesagt, wenn diese glückliche Trennung nicht dem Schritte, den ich bei Ihnen tue, vorangegangen wäre?. . . Herr von Mailly ist ein Ehrgeiziger.«

»Ein Ehrgeiziger?«

»Frau von Mailly opfert ihren Gemahl, der nur ein Graf ist, dem König, weil er der König ist.«

»Dem König!« rief Mailly erbleichend.

»Ei! allerdings dem König.«

»Wie! meine Frau?. . .«

»Nun?«

»Der König liebte sie?«

»Sicherlich.«

»Und Sie?«

»Ich bin der Erste, der Ihnen das Beispiel der Verleugnung gibt.«

»Sie kommen im Namen des Königs?«

»In welchem Namen soll ich denn kommen? Ich bin Gesandter von Frankreich, und Frankreich, das ist der König! Was Teufels! mein lieber Graf, wenn man Richelieu heißt, betreibt man nur die Angelegenheiten des Königs oder die seinigen.«

Mailly blieb bestürzt: ein unbekannter Horizont, an den er gar nicht gedacht, öffnete sich vor ihm. Ganz nur mit Olympia beschäftigt, hatte er bis dahin geglaubt, von ihr sei bei Richelieu die Rede.

»Der König ist in meine Frau verliebt!« murmelte er endlich, aus seiner Betäubung erwachend.

»Ei!« rief Richelieu, »man sollte glauben, Sie fallen aus den Wolken! seit einer halben Stunde singe ich Ihnen dasselbe Lied auf zehn verschiedene Melodien.«

»Ah! Herzog, Herzog,« murmelte Mailly, »ist das wirklich wahr, was Sie mir da mitteilen?«

»Ei! Sie hören also nicht?«

»Meine Frau! der König liebt meine Frau!«

Richelieu nickte bejahend mit dem Kopfe.

»Das ist unmöglich!« rief Mailly.

»Wie, unmöglich?«

»Diesen Morgen hat mir Pecquigny das Gegenteil gesagt. Herzog, Sie erfinden das!«

»Ich, alle Teufel!«

»Ja, Sie.«

«Und in welcher Absicht?«

»In der, mir meine Frau zu nehmen.«

»Ho! ho! Graf, was für Teufelsworte haben Sie mir da gesagt! Spricht man so in Paris, seitdem ich nicht mehr hier bin? Erfinden! ich, ich erfinde etwas! haben Sie das gesagt? aber, mein lieber Graf, Sie schweifen aus.«

»Oh! Pecquigny! Pecquigny!«

»Nun, was hat er Ihnen gesagt?«

»Er hat mir gesagt, Olympia sei es, die der König liebe.«

»Wahrhaftig?« versetzte Richelieu.

Und er schlug ein Gelächter auf.

»Das erheitert Sie, Herzog!« rief Mailly, ganz bereit sich zu ärgern.

»Ja wohl.«

»Und warum?«

»Weil es wirklich drollig ist.«

»Der König sollte zwei Frauen lieben!«

»Der König ist dazu fähig, Graf.«

»Oh! scherzen Sie nicht so.«

»Er könnte Ihnen wohl Beide nehmen, mein armer Graf.«

»Oh! Herzog, Wahrhaftig, Sie müssen zugeben, diese Lage ist unerträglich.«

»Es ist allerdings eine seltsame Lage.«

»Olympia, die ich liebe!«

»So lassen Sie Ihre Frau.«

«Frau von Mailly, die meinen Namen führt!«

»Dann lassen Sie Ihre Geliebte gehen.«

»Herzog, ich bin ein verlorener Mann, ganz Paris wird über mich spotten, und Sie fangen schon an.«

»Gott behüte mich, mein lieber Graf, und ich bin bereit, im Gegenteil voller Herzlichkeit, voll inniger Freundschaft für Sie.«

»Einen Rat also.«

»Bah! Sie scherzen!«

»Wie so?«

»Räth man den Leuten in Ihrer Stellung, den Leuten, welche eine Liebe und eine Eitelkeit haben?«

»Sie kommen aber doch aus einem Grunde hierher?«

»Ei! ich kam, um Ihnen ein Mittel zu geben, sich vor der Lächerlichkeit zu retten.«

»Geben Sie es geschwinde.«

»Ich wollte Ihnen sagen: Ihre Frau wird vom König geliebt; Sie haben nie Ihre Frau geliebt; Ihre Frau liebt Sie nicht mehr. Beeilen Sie sich, Herrn von Montespan nachzuahmen, der sein ganzes Leben vom König gefürchtet, von seiner Frau gehätschelt und von aller Welt geschätzt worden ist. Es ist möglich, daß die ewige Moral an Allem dem etwas auszusetzen hat. doch in unseren Tagen geschehen die Dinge aus diese Art; man muss seiner Zeit angehören, so mittelmäßig sie auch sein mag.«

»Herzog, Herzog! es ist ganz einfach die Ehrlosigkeit, was Sie mir da raten!»

»Sind Sie ein Mann, mein Lieber? Das ist im Gegenteil die höchste Ehre; es ist das, was man einen Entschluss fassen heißt.«

»Herzog, ich möchte gern die Dinge aus Ihrem Gesichtspunkte sehen.«

»Ich beweise. Zaubern Sie, so fängt der König bei der schwachen Seite an, wie es immer geschieht, wenn man einen Platz belagert: er liebt einmal Ihre Geliebte, und alle Welt billigt es.«

»Wie! alle Welt billigt es?«

»Ei! alle Welt lacht gern, nicht wahr? Der König liebt sodann Ihre Frau, und dies um so gewisser, als sie, indem sie sich lieben lässt, Ihnen einen doppelten Streich spielt. Aus diesem entspringt, daß Sie zweimal geschlagen sind, und daß alle Welt der Komödie beiwohnt; denn es gibt keinen Zuschauer, der, nachdem er das erste Stück hat aufführen sehen, nicht das zweite aufführen sehen will.«

«Hören Sie, Herzog, das ist grässlich!«

»Es ist so. Haben Sie im Gegenteil Kopf, Arrangieren Sie sich ein ironisches Lächeln. Wählen Sie: werfen Sie die Trespe weg, behalten Sie das gute Korn; in diesem Sturme, der Alles zu verschlingen droht, bereiten Sie sich ein Rettungsbrett. Gehen Sie hieraus als Herzog und Pair, als Ritter der Orden des Königs hervor; haben Sie das Versprechen eines guten Gouvernement, haben Sie das Gouvernement selbst, und Alle werden für Sie lachen, statt gegen Sie zu lachen.«

»Das ist unmöglich!«

»Sie verlieren den Verstand. Lieben Sie Olympia?«

»Ich bin wahnsinnig in sie verliebt,«

»Lieben Sie Ihre Frau?«

»Ich weiß es nicht.«

»Ah! gut! schon Rückkehrer! schon Schwankungen! Wie schwach, wie schwach sind Sie! Haben Sie Ihre Frau verlassen oder haben Sie sie nicht verlassen?«

«So ungefähr.«

»Ihre verlassene Frau wird sich rächen.«

»Vielleicht.«

»Sie wird sich rächen, sage ich Ihnen. Warum, des Teufels! soll eine Ausnahme zu Ihren Gunsten stattfinden? Rächt sie sich nicht mit dem König, so wird sie sich mit einem Andern rächen; und dann, gute Nacht, Herzogtum, gute Nacht, Pairie, gute Nacht, Orden, gute Nacht, Gouvernement: Sie werden gratis betrogen worden sein! Wahrhaftig, mein teurer Graf, ich begreife nicht, wie ein Mann von Geist, der Ihre reize, de Olympia liebt, wie Sie es tun, und dem seine Frau beschwerlich ist, wie Ihnen die Ihrige, nicht dem Himmel dankt, daß er ihm eine Gelegenheit, seine Freiheit zu erlangen, schickt.«

»Aber die Freiheit ist in diesem Falle die Schande!«

»Große Worte, Alles dies! Ei! mein Herr, wenn Ihre Frau den König liebt, verhindern Sie doch diese Schande.«

»Wenn meine Frau den König liebt?«

»Warum nicht? Ist Ludwig XV. jung oder alt, hässlich oder schön, König oder Schäfer? Ist der König nicht so viel wert, als Sie, ich und die Andern?«

»Oh! wie Pecquigny,« murmelte der Graf.

»Was Sie nicht mit dem Vorteil der Lage tun wollen, werden Sie zu dulden gezwungen sein; dann werden Sie sehen, Sie werden sehen!«

»Herzog, das ist, um sich den Kopf zu zerschmettern.«

Mailly versenkte sein Gesicht in seine beiden Hände.

Richelieu schaute ihn mitleidig an, wie ein stolzer Sieger einen zu Boden geworfenen Feind anschaut.

»Ich bin gekommen,« sagte er, »um Ihnen eine gute Kunde mitzuteilen und Sie vom Stande der Dinge zu unterrichten; Sie nehmen die Sache verkehrt, sprechen wir nicht mehr davon.«

«Wissen Sie, daß das, was Sie da sagen, eine Beleidigung ist?« rief Mailly das Haupt erhebend.

»Geben Sie Acht, sollten Sie mich herausfordern, so würde ich es annehmen! Ich bin Gesandter Seiner Majestät und muss die Ehre der Krone aufrecht erhalten.«

»Wie Pecquigny!« schrie der Unglückliche, »wie Pecquigny!»

Und er stützte den Kopf aus den marmornen Sockel einer Statue.

Ohne Zweifel hatte der Herzog Mailly dahin gebracht, wohin er ihn hatte führen wollen, denn den Augenblick der Niedergeschlagenheit benützend, der sich der unglückliche Graf überlassen, pirouettirte er auf dem Absatz und verschwand.