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Olympia von Clèves

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XXV.
Wozu die Coiffeusen dienen

Die Catalane, zu der Olympia die Coiffeuse schickte, war durchaus nicht günstig für Fräulein von Clèves gesinnt.

Es ist selten, daß eine Frau ihre Augen auf den Liebhaber einen andern Frau geworfen hat, ohne böse auf sie zu sein, wenn sie ihr diesen Liebhaber stiehlt, ohne sie tödtlich zu hassen, wenn der Liebhaber sich nicht hat stehlen lassen.

Allerdings kann sie ein wenig von ihrem Hass auf den treu gebliebenen Liebhaber werfen.

Wir wollen sehen, was die Gefühle von Fräulein von Clèves nach der Auslegung der Coiffeuse waren.

Wir werden sodann, und zwar unverschleiert, die Ansicht der Catalane über diesen Gegenstand zeigen.

»Wetten wir.« sagte sie, »ich errate, was Du so eben gethan hast.«

Die Catalane, wie die Königinnen von Spanien aller Zeiten und wie die Theaterfräulein jener Zeit, duzte Jedermann.

»Sie erraten?« rief die Coiffeuse.

»Ja.«

»Was erraten Sie!«

»Daß Dich Olympia vor die Thür geworfen hat.«

»Und woran erraten Sie es?«

»Oh! das ist nicht schwer: Du hast, den Abbé d'Hoirac diesen Morgen empfangen; er ist wahnsinnig in Olympia liebt. Hat er Dich besucht, so ist es nicht Deinetwegen geschehen, nicht wahr? Wenn er Dich besucht hat, so ist es nicht geschehen, ohne daß er Dir Geld gegeben. . . Du seufzest? also ohne daß er Dir versprochen hat. Darum musstest Du heute die Erklärung der schönen Olympia zubringen; und da Du rot aussiehst, da Du das Maul hängst, da Du bei mir bist, statt bei ihr zu sein, so ist es Dir nicht geglückt.«

»Begreift man das!« rief die Coiffeuse, während sie sich ohne Umstände vor die Catalane setzte, die sie machen ließ.

»Und welchen Grund gibt sie an?« fragte diese.

»Einen unglaublichen!«

»Welchen denn?«

»Sie sagt, sie liebe Banniére, diesen Bettelkerl!«

»Oh! ein hübscher Junge, Agathe.«

»Ich weiß es wohl.«

»Hieraus wirst Du mir sagen, sie könnte Banniére lieben und auch . . .«

»Bei Gott!«

»Mademoiselle Agathe,« rief die Catalane lachend, »Sie haben eine so schlaffe Moral, als ob Sie eine Herzogin wären; nehmen Sie sich in Acht!«

»Wissen Sie, daß ich zwei tausend Livres, mehr noch, hundert Louis d'or durch diese Beständigkeit verliere?«

»Was willst Du, Du musst beweisen, daß Du ein großes Herz hast. Du musst beweisen, daß Du das Geld verachtest, Du musst als Philosophin verlieren.«

»Ich, hundert Louis d'or verlieren, die ich fast in der Hand hielt!« rief Agathe, ihr glasiges Auge, das die Hoffnung auf den Gewinn entzündete, erweiternd. »Oh! nie! nie!«

»Ich nehme nicht an, Du hoffst, Olympia zu zwingen, sich närrisch in den Abbé zu verlieben?«

Agathe stieß einen großen Seufzer des Zornes aus, der für ein kleines Gebrülle gelten konnte.

»Nicht wahr, Du hättest es lieber mit mir zu tun?« sagte die Catalane lachend. »Ich bin nicht die Frau, die ihren Freunden so viel Kummer macht. Doch was willst Du! gewisse Köpfe ziehen das Glück an, wie der Magnet die Nadeln! . . . Ich habe kein Glück, und dennoch, wenn man mich wohl anschauen würde. . . . Ich habe wenigstens einen lebendigen Kopf. Und dieser Fuß! und diese Hand! und diese Taille! und diese Haare!«

»Ei! mein Fräulein,« versetzte die Coiffeuse, »meiner Meinung nach ist eine schöne Frau so viel wert als die andere.«

»Du siehst wohl, daß dies nicht so ist, Agathe, da der Abbé Olympia sein Herz anbietet, das er mir nicht anbietet. Wie Schade, daß dieser Junge, der kurzsichtig ist, nicht ganz blind wird!«

»Warum dies?«

»Weil Du ihn zu mir führen würdest, als ob Du ihn zu Olympia führtest; weil ich meine flötenartige Stimme, meine Stimme mit dem Silberklang, annehmen würde. Du weißt, die Stimme von Olympia, die ich so gut im Foyer nachahme, wenn ich alle Welt lachen mache; und ich würde zum Abbé mit Gefühl, wie Olympia, sagen: Mein Herr, ich bete Sie an!«

»Oh!« machte Agathe.

»Und Du, Du bekämst Deine zweitausend vierhundert Livres.«

Die Coiffeuse packte ihre Haare mit beiden Händen und hätte sich dieselben beinahe aus gerauft.

»Verzweifle nicht,« sprach die Catalane, »Stich ihm die Augen aus.«

»Ach! mein Fräulein, Sie haben den Mut, zu scherzen!«

»Was des Teufels soll ich denn tun? soll ich mich in's Wasser stürzen, soll ich mich erhängen, soll ich mich ersticken?«

»Oh! nein, nichts von Allem dem; das wäre eine zu große Sünde; Sie sollen entrüstet sein, daß ein Banniére uns verhindert. . .

»Das heißt, Dich verhindert. Gestehe, daß Dir hauptsächlich Deine zweitausend vierhundert Livres am Herzen liegen?«

»Hören Sie, an Ihrer Stelle,« sagte Agathe, deren Augen vor Zorn und Gierde glänzten, »an Ihrer Stelle möchte ich nicht die Schmach haben, daß mir das, was wir complottiren, fehlschlüge, und um Fräulein Olympia zu bestimmen, den Abbé d'Hoirac zu lieben . . .«

»Was würdest Du tun?«

»Nun, ich die Catalane, Ich würde den Liebhaber von Fräulein Olympia stehlen.«

Die Catalane schlug ein Gelächter auf.

»Ja, ja,« fuhr die Coiffeuse fort, »ich sage Ihnen, daß dies das Mittel ist, das wahre Mittel! Sie würde es sehr schnell erfahren; ihre Freunde würden es ihr sagen, und wenn ihre Freunde es ihr nicht sagten, so würden Sie es ihr selbst sagen. Sie ist stolz wie Roxane, sie würde eine Untreue nicht verzeihen, sie würde sich mit dem Ungetreuen entzweien, und aus Ärger vielleicht würde sie mich unsere zweitausend vierhundert Livres verdienen lassen.«

»Du sagst immer unsere; sage doch ein wenig meine

»Ich sage unsere, weil ich mit Ihnen teilen werde, Was mir der Abbé gibt. Ich bitte Sie, ich flehe Sie an, versuchen Sie es, Banniére unbeständig zu machen. Das ist Ihnen leicht.«

»Ei!« rief das tolle Mädchen, noch stärker als das erste Mal lachend,«glaubst Du, heute erst habe Ich die Vorzüge dieses jungen Mannes erkannt?«

»Nun wohl,« sprach die Coiffeuse begeistert, »dann ist es abgemacht!«

»Einfältige,« entgegnete die Catalane, »wenn es möglich wäre, so wäre es schon seit sechs Monaten geschehen.«

»Aber warum ist es nicht geschehen?«

»Weil eine gewichtigere Schwierigkeit obwaltet. Wir sind in der Lage von Arlequin, der Colombine heirathen will; die Heirat hätte stattgefunden, wenn Alles von Arlequin abhinge. Leider bedarf es der Beistimmung von Colombine, und Colombine will ihre Beistimmung nicht geben.«

Ah! ah!«

»Es ist wie ich Dir sage, meine Liebe. Colombine Banniére liebt Arlequin Catalane nicht.«

»Und Sie haben ihm geliebäugelt?«

»Nicht nur geliebäugelt, sondern geliebäugelt.«

»Und er ist gleichgültig geblieben? Dann bin ich verloren!« rief die Coiffeuse in Verzweiflung.

»Ah!« erwiderte die Catalane, »hast Du die Gewandtheit, mich eines Abends insgeheim bei Olympia einzuführen, in ein Zimmer, wo Banniére sein wird, und Du setzt Olympia von diesem vorgeblichen Rendevous in Kenntnis, so braucht es nicht mehr, um ihn in ihren Augen zu kompromittieren.«

»Oh! das wäre bewunderungswürdig,« sagte die Coiffeuse träumend.

»Bewunderungswürdig, das ist das richtige Wort.«

»Doch wie läßt sich das machen?«

»Ei! das ist Deine Sache. Wähle einen Abend, wo Olympia spielt, oder wo sie im Theater durch eine Ansammlung zurückgehalten ist; finde, erfinde, ersinne; mittlerweile schlüpfe ich in ihr Zimmer; sie kommt zurück; sie überrascht mich dort. Das ist schlimmer, als wenn Banniére zu mir gekommen wäre. Es gibt Lärmen, Geschrei, Skandal. Ich wiederhole Dir, dadurch entzweit man sie nicht nur für diese, sondern auch für die andere Welt . . . Worüber denkst Du nach?«

»Ah! ich denke darüber nach, daß das, was Sie mir vorschlagen, sehr schwierig ist, mein Fräulein.«

»Nun wohl, meine Liebe,« versetzte die Catalane, »da Du auf die Sache für Dich verzichtest, so will ich . . .«

»Ah! mein Gott!« rief plötzlich die Coiffeuse.

»Was denn?«

»Oh! welcher Gedanke!«

»Wirst Du toll?«

»Oh! mein Fräulein, das ist ein sehr schöner Gedanke!«

»So sprich geschwinde.«

»Ja, so ist es, mein Fräulein; es ist geordnet.«

»Du faselst.«

»Durchaus nicht, durchaus nicht.«

«Was machst Du denn?«

»Ich kehre die Lage um.«

»Ich verstehe Dich nicht.«,

»Sie werden sehen, Sie werden sehen!«

»Es kann mir nichts lieber sein, als zu sehen, doch Du zeigst mir nichts.«

»Statt Sie in die Wohnung von Olympia zu bringen, was uns tausend Schwierigkeiten bietet und zu nichts führt, oder wenigstens nicht zu viel. . .«

»Wie! zu nicht viel?«

»Nein. Denn angenommen, Alles glücke, kann nicht Olympia, nachdem sie Sie überrascht, Banniére verzeihen? kann die Erklärung sich nicht zu unserer Schande wenden? kann es endlich Nicht sein, daß Olympia, während sie Banniére schuldig glaubt, Ihn nachher wie vorher liebt?«

»Du hältst sie also für tugendhaft?«

»Leider!«

»Das wäre im Ganzen möglich!« sagte die Catalane.

»Nein! Ich denke an etwas Besseres; ich gedenke Ihnen die zehntausend Livres zu geben. Hören Sie meinen Plan.«

»Ich höre.«

»Der Abbé, indem er mich mit der bewussten Sendung beauftragte, hat mir Vollmacht im Falle des Gelingens gegeben. Das heißt, er hat mir befohlen, ein gut meublirtes Haus zu mieten, um dort Olympia zu empfangen, welche, in den ersten Tagen dieser neuen Verbindung, vielleicht Bedenklichkeiten genug in Betreff der alten hegen würde, um Banniére nicht aus der Stelle fortzujagen. Überdies hat der Abbé Rücksichten zu beobachten!«

»Oh! unsere Abbés haben seit der Regentschaft die Gewohnheit angenommen, ganz nach ihrem Gefallen zu leben.«

»Gleichviel, ich weiß, was ich sage, und ich sehe, wohin ich gehe.«

»Gehe also.«

»Wobei war ich?«

»Du warst beim Hause.«

»Ja, so ist es: statt dem Abbé zu sagen, Olympia weigere sich, sage ich ihm, Olympia willige ein.«

 

»Nimm Dich in Acht!«

«Unterbrechen Sie mich nicht.«

»Aber die Tugend von Olympia?«

»Sie dient mir gerade: mit dieser Tugend mache ich meine Falle; ich umgebe die Sache mit allen Arten von Mousquetaden und Palisaden, wie es bei der Belagerung von schwierigen Festungen geschieht; ich brauche, wenn es sein muss, sechs Tage, um dem Abbé ja zu sagen, drei Tage für jeden Buchstaben des Wortes.«

»Das gefällt mir.«

»Ja, das Haus gemietet und Alles vorbereitet, so sage ich, die Schöne nehme eine geheime Unterredung, eine Erklärung, eine Zusammenkunft im Verborgenen an.«

»Immer gut! doch wie wirst Du Dich herausziehen?«

»Ist das Rendezvous bestimmt, so wollen Sie sich dabei einfinden. Derselbe Wuchs, dieselbe Stimme! Das ist, glaube ich, ein Plan, wie?«

»Ja doch wenn er mich erkennt, wird der Abbé schreien, wird uns der Abbé in irgend ein Fort – l'Evêque12 schicken.«

»Wie soll sich ein Abbé, der die Gitarrenstreiche von Banniére ausgehalten hat, ohne ein Wort zu sagen, wegen eines unschuldigen Betrugs, wie dieser, ärgern?«

»Es ist in der Tat wunderbar zu sehen, wie Du dies Alles ordnest.«

»Piquant,« bemerkte die Coiffeuse nebenbei, »piquant wird es sein, daß, während der Abbé aus Furcht vor der Lächerlichkeit schweigt, Alles so sehr Olympia anklagen muss, daß sie nicht mehr wissen wird, wie sie sich rechtfertigen soll!

»Oh! das setzt mich in Versuchung.«

»Banniére, dem es durchaus nicht an Herz fehlt, wird Olympia verlassen.«

»Es ist möglich, und ich glaube es.«

»Das bestimmt Sie?«

»Bei meiner Treue, ja.«

»Soll ich das Eisen ins Feuer legen?«

»Lege es darein.«

»Sie geben mir Vollmacht?«

»Gewiss.«

»Bei Ihrem Wort als ehrliche Frau.«

»Bei meinem Ehrenwort! ich will Dich nicht betrügen.«

»Schlagen Sie ein!«

»Topp!« rief die Catalane, indem sie kräftig mit ihrer kleinen Hand in die dicke, breite Hand der Coiffeuse schlug.

XXVI.
Liebe und Kurzsichtigkeit

Sobald das Komplott zwischen den zwei weiblichen Dämonen verabredet war, handelte es sich nur noch darum, es in Ausführung zu bringen. Das war etwas Leichtes.

Aus das Versprechen der Coiffeuse hatte der Abbé dieser, welche er zu seinem Faktotum und zu seiner Bevollmächtigten gemacht, befohlen, eine Wohnung zu mieten, um Olympia darin zu empfangen.

Die Coiffeuse war zu gewandt, um mit dem Abbé von der vollständigen Niederlage, die sie erlitten, oder von einer zu raschen Hoffnung zu sprechen.

Sie teilte ihrem Mandanten mit, sie sei allerdings zurückgeschlagen worden, aber aus dem Rückzug habe sie eine gewisse Stellung studiert, die sie allmählich wiedererobern könne.

Überdies konnte der Abbé, der die Zuneigung von Olympia für Banniére zu beurteilen im Stande gewesen, Zweifel haben, diese Zweifel mussten nach und nach verschwinden. Die Coiffeuse war dem geübten Fischer ähnlich, der seine Leine nur ziehen will, wenn der Fisch gut angebissen hat.

Er fand daher auf eine erdichtete Weise um Olympia eine Arbeit wie die statt, welche um eine belagerte Festung stattfindet. Man machte dem Abbé, der, wie Ludwig XIV., nicht viel durch sich selbst sah, Bericht über die Fortschritte der Belagerung: heute hatte man die Einschließungslinie gezogen; morgen würde die Tranchée beginnen, übermorgen würde man die Sappe betreiben, und an dem darauf folgenden Tage wollte man die Mine spielen lassen. Und der Abbé hörte dies Alles an wie ein eitler General oder wie ein blinder Liebhaber, was sich sehr gleicht.

Ein Monat verging in Belagerungsarbeiten. Der General wurde immer ungeduldiger, der Liebhaber immer verliebter.

Endlich, an einem schönen Morgen, trat die Coiffeuse ganz strahlend beim Abbé ein. Das Herz von Olympia fing an die Chamade zu schlagen und sprach von Übergabe; nur wünschte sie sich mit allen kriegerischen Ehrenbezeigungen zu ergeben.

Wenn sich die Citadelle nur ergab, dem Abbé lag wenig daran, auf welche Art es geschah. Er war also nicht eigensinnig hinsichtlich der Bedingungen.

Noch am Tage vorher hatte er gesagt (und die Coiffeuse hatte diese Worte als Grundlage der Kapitulation, die sie vorschlagen wollte, ausgenommen):

»Wenn ich ihr gefallen kann, werde ich der glücklichste Mensch aus Erden sein. Ich weiß wohl, daß sie im Grunde diesen Kerl den Banniére liebt.«

»Ach! das ist ihr Fehler,« hatte die Coiffeuse geseufzt.

»Aber,« hatte der Abbé beigefügt, »ich verlange nur ein wenig Zärtlichkeit von ihr, ich habe keinen Ehrgeiz in der Liebe.«

Endlich brachte die Parlamentarierin das Ultimatum der Zitadelle.

Olympia würde den Tag der Unterredung bestimmen. Bewilligt.

Olympia würde den Augenblick wählen, wo Banniére spiele, denn Olympia könne nur frei sein, wenn Banniére spiele.

Bewilligt.

Die Unterredung sollte in einem geheimnisvollen Hell dunkel stattfinden.

Der Abbé empörte sich.

Die Coiffeuse rief die Fabel von Amor und Psyche zu Hilfe. Nur waren die Rollen verkehrt: der Abbé: spielte die Rolle von Psyche, Olympia spielte die von Amor.

Gebrauchte der Abbé die kleinste Lampe, die geringste Blendlaterne, so würde Amor entfliehen, und zwar, wie der Sohn von Venus, für immer.

Über diese Bedingung wurde sechsunddreißig Stunden lang, gestritten, doch die Coiffeuse blieb im Namen von Olympia standhaft. Endlich gab der Abbé nach, doch er gab nach, indem er bemerkte, seine Kurzsichtige Zeit allein bewege ihn, diese demütigende Bedingung zu gestatten, welche für ihn weniger unglücklich sei, als sie es für jeden Andern wäre. Der Artikel 3 wurde also bewilligt, wie die andern.

Olympia würde nicht schreiben, um den Tag der Unterredung festzusetzen, denn die Briefe seien ein vom Teufel selbst zu Gunsten der betrogenen Ehemänner und der eifersüchtigen Vormünder erfundenes Mittel. Olympia würde sich darauf beschränken, daß sie Herrn d'Hoirac den Schlüssel schicke, und Herr d'Hoirac würde wissen, was dies bedeute.

Dieser Artikel ging durch wie die andern, doch unter einer Bedingung, nämlich, daß der Schlüssel am andern Tag oder spätestens am zweiten geschickt würde.

Drei Tage nachher erhielt der Abbé den Schlüssel aus der Hand der Coiffeuse nur mit der Bemerkung:

»Heute Abend um elf Uhr:«

Der Abbé sprang vor Freude, nahm den Schlüssel und tanzte, eine Arie aus der komischen Oper singend, im Zimmer herum.

Als es Nacht geworden war, als die Stunde schlug, schlüpfte der Triumphator, ganz geputzt, ganz duftend, ganz trunken vor Glück, mit hüpfendem Herzen in einen kleinen Gang des geheimnisvollen Hauses, stieg einen Stock hinaus und fand im Vorzimmer die wohlwollende Coiffeuse, die ihn so sicher führte, als der Leitfaden von Ariadne.

Hätte man ihm den Antrag gemacht, er möge für einen Erzbischofsstab oder für einem Kardinalshut auf diese Unterredung verzichten, er würde es sicherlich ausgeschlagen haben.

Wir wissen übrigens, daß die Bestrebungen des Abbé nicht nach der Seite der Kirche gerichtet waren.

Gemäß den Bedingungen und dem Vertrage getreu, hatte der Abbé den Schlüssel in der Thür stecken lassen.

Es versteht sich, daß Herr d'Hoirac, der kurzsichtigste der Menschen, ohne Lichter und mit Entzücken die süßen Geständnisse hörte, die ihm mit einer Stimme so leise und so verstellt, als nur möglich, die Catalane machte, welche sich auch mit Eisenkraut, dem Lieblingsgeruche von Olympia, parfümiert hatte.

In Folge dieser einfachen Unterhaltung wurde die Liebe des Abbé so leidenschaftlich, daß er schon am andern Tage die Coiffeuse bedrängte, um den Schlüssel, den er der Übereinkunft gemäß in der Thür gelassen hatte, zurückgeschickt zu erhalten. Er stützte sich hauptsächlich darauf, daß er sich des beengten Zustandes schäme, in dem er Olympia durch den Fehler des elenden Banniére sehe.

Er sprach weitläufig von dem Gebrauche, den er von seinen Reichtümern zu machen gedachte, und von dem glücklichen Lose, das er Olympia bestimmte, an welchem Lose, wohl verstanden, seine Vertraute Teilnehmen sollte.

Es brauchte nicht so viel, um die Coiffeuse zu bestimmen. Die Catalane liebte gleich sehr das Geld und die Rache; man kam überein, diese Unterredungen zu regeln, sie nach der Freigebigkeit des Abbé d'Hoirac zu vervielfältigen und sich in Betreff aller dieser kleinen Intrigen nach der Summe der Ruhe zu richten, welche die Unklugheiten, die er unfehlbar begehe, den beiden Fälscherinnen lassen würde.

Die zweite Unterredung wurde also in einem vernünftigen Zwischenraume von der ersten bewilligt.

Der Erfolg derselben war, daß sie die Leidenschaft von d'Hoirac in Wahnsinn verwandelte, und daß in die Hände der Catalane die tausend Pistolen und in die der Coiffeuse die zwei hundert Louis d'or, welche versprochen und so ungeduldig erwartet worden waren, übergingen.

Doch man begreift leicht, diese nächtlichen Zusammenkünfte mochten sich immerhin vervielfältigen, sie hinterließen nur ein unbestimmtes Glück im Grunde des Herzens von d'Hoirac. Es war beinahe das Glück eines Diebes; sicherlich war es nicht das eines Liebhabers. Der Tag verging auch in der Aufsuchung dieser Olympia, mit der er nur in der Dunkelheit sprechen konnte, und die er am hellen Tage sehen und bewundern wollte.

Die Liebe unterscheidet sich von den einfachen Phantasien dadurch, daß sie sich durch die beständige Gegenwart des geliebten Gegenstandes entwickelt. Es war also nach drei Wochen oder einem Monat von Unterhaltungen auf der Seite des Abbé eine Liebe, für welche das ganze Leben von Olympia nicht hätte genügen können:

Banniére lebte indessen glücklich und zufrieden. Eines Tags, da er nichts mehr bei Jacob zu verkaufen oder zu verpfänden hatte, wagte er es, ihn um Geld auf einen einfachen Schuldschein zu bitten, und der Jude entschloss sich, ihm zu zehn Prozent zu leihen, was gleichsam nichts war, in Betracht des Grades der Zahlungsfähigkeit von Banniére.

Diese unerwartete Crediteröffnung kam, wie man errät, von der Goldquelle, die man den Abbé d'Hoirac nannte. Die Coiffeuse hatte ihm gesagt, Olympia sei frei, wenn Banniére spiele, und um Olympia zu sehen, erleichterte der Abbé Banniére den Weg zum Spielhause.

Nur die arme Olympia fühlte nichts von Allem dem, wenn nicht die größere Einsamkeit, in die sie versetzt war: der Abbé d'Hoirac kam nicht mehr zu ihr, und Banniére ging nicht mehr aus der Akademie.

Überdies legte jede neue Zusammenkunft, während sie die Liebe von d'Hoirac für Olympia verdoppelte, dieser Liebe einen neuen Zaum an, denn bei jeder neuen Zusammenkunft bestand die vorgebliche Olympia auf der Bedingung sine qua non, ihn nur noch in dem geheimen Hause zu sprechen.

D'Hoirac hatte, wie wir gesehen, von Anfang versprochen; er liebte zu sehr, um nicht Alles zu versprechen, was man von ihm verlangte, und da er dieses Versprechen wiederholte, so oft er dazu aufgefordert wurde, da er es auch hielt, so sicherte er vorläufig das Gelingen des Planes der zwei Genossinnen.

Man hatte ihm sogar eingeschärft, er habe Olympia gegenüber, wenn er zufällig mit ihr zusammentreffe, die Haltung eines verjagten, ausgetriebenen, besiegten Menschen zu beobachten. Man hatte ihn schwören lassen, daß er sie kaum auf der Promenade grüßen, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, nicht anreden und besonders ihr nie schreiben werde.

Wir haben der Theorie der Coiffeuse und der Catalane in Betreff der Briefe erwähnt.

D'Hoirac hatte also Olympia nicht angeschaut.

Er hatte sie sehr leicht, wenn er ihr begegnet war, gegrüßt.

Er hatte sie nie mehr in ihrem Hause, in Ihrer Loge oder in ihrer Sänfte besucht.

Er hatte weder mehr Blumen, noch Briefe, noch Boten zu ihr geschickt.

Und Alles ging nach dem gefallen der Catalane und ihres ersten Ministers – der Coiffeuse.

Doch ein. Ereignis, einfach, wie alle die, welche die Pläne, die glücklichen Verhältnisse und die Reiche umstürzen, gab beinahe den geschickten Kombinationen dieser zwei ehrlichen Damen Unrecht.

12Ein Gefängnis.