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La San Felice

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Drittes Capitel.
Der Anfang des Endes

Während diese ernsten Ereignisse in der Terra de Bari vorgingen, war Neapel Zeuge nicht weniger ernster Vorgänge.

Wie Ferdinand in der Nachschrift zu einem seiner Briefe gesagt, hatte der Kaiser von Oesterreich sich endlich entschlossen, »sich zu rühren.«

Diese Bewegung war für die französische Armee verhängnißvoll gewesen. Der Kaiser hatte die Russen erwartet und er hatte wohl daran gethan.

Suwarow hatte, noch berauscht von seinen Siegen über die Türken, Deutschland durchzogen, war über die Tiroler Gebirge in Verona angelangt, hatte das Commando der unter dem Namen der österreichisch-russischen Armee – vereinigten Heere übernommen und sich Brescia’s bemächtigt.

Unsere Armeen waren überdies bei Stockach in Deutschland und bei Magnano in Italien geschlagen worden.

Macdonald war, wie wir bereits erwähnt haben, auf Championnet gefolgt.

Der, welcher nachfolgt, ersetzt aber nicht immer. Bei großen militärischen Tugenden mangelte es Mardonald dennoch an jenen sanften, freundschaftlichen Formen, welche Championnet in Neapel so populär gemacht hatten.

Eines Tages meldete man ihm, daß unter den Lazzaroni des Altmarktes eine Empörung ausgebrochen sei. Diese Leute, die Nachkommen Derer, welche sich mit Masaniello empört und welche, nachdem sie sich mit ihm empört, nachdem sie mit ihm geplündert, nachdem sie mit ihm gemordet, ihn selbst ermordet oder wenigstens ermorden lassen – welche nach seiner Ermordung seinen Körper im Straßenschmutz umhergeschleppt und seinen Kopf in eine Schleuße geworfen – die Nachkommen jener selben Menschen, welche in Folge einer jener unbegreiflichen und dennoch beiden Südländern häufig vorkommenden Reaction seine zerstreuten Glieder wieder zusammengesucht, in einen vergoldeten Sarg gelegt und mit beinahe göttlichen Ehrenbezeigungen begraben hatten, die Lazzaroni, die im Jahre 1799 noch ganz dieselben waren wie im Jahre 1647, rotteten sich zusammen, entwaffneten die Nationalgarde, nahmen die Musketen und rückten gegen den Hafen, um die Fischer und Seeleute aufzuwiegeln.

Macdonald folgte in diesem Falle den Traditionen Championnet’s. Er ließ Michele rufen und versprach ihm den Grad und den Sold eines Legionschefs mit einer noch brillanteren Uniform, als welche er schon trug, wenn er die Revolte beschwichtigte.

Michele stieg zu Pferde, warf sich unter die Lazzaroni hinein und Dank seiner gewohnten Beredsamkeit gelang es ihm, sie zu bewegen, die Waffen wieder herzugeben und in ihre Häuser zurückzukehren.

Die auf diese Weise beschwichtigten Lazzaroni schickten eine Deputation an Macdonald, um ihn um Verzeihung zu bitten.

Macdonald hielt das Versprechen, welches er Michele gegeben, ernannte ihn zum Legionschef und schenkte ihm eine prachtvolle Uniform, mit welcher er sich sofort beeilte sich dem Volke zu zeigen.

An diesem selben Tage erfuhr man in Neapel den Verlust der Schlacht bei Magnano, den Rückzug, welcher die Wirkung dieses Verlustes war, und die Folge dieses Rückzuges, das heißt den Verlust der Minciolinie.

Macdonald erhielt Befehl, sich mit der vor der österreichisch-russischen Armee in vollem Rückzuge begriffenen französischen in der Lombardei zu vereinigen.

Unglücklicherweise stand es ihm nicht vollkommen frei, zu gehorchen. Wir haben gesehen, daß Championnet vor seiner Abreise ein französisches Corps nach Apulien und ein neapolitanisches nach Calabrien entsendet hatte.

Das Resultat dieser beiden Expeditionen kennen wir. Broussier und Ettore Caraffa waren Sieger gewesen, Schipani aber war besiegt worden.

Macdonald schickte sofort den um ganz Neapel herum zerstreuten französischen Corps den Befehl zu, sich auf Caserta zu concentriren. So wie die Republikaner sich zurückzogen, rückten die Sanfedisten vor, und Neapel begann sich in einen bourbonischen Zirkel eingeschlossen zu finden. Fra Diavolo stand in Itri, Mammone und seine beiden Brüder waren in Sora, Pronio war in den Abruzzen, Sciarpa in dem Cilento; Ruffo und Cesare marschierten in einer Linie, indem sie ganz Calabrien occupirten und mittelst des jonischen Meeres den Russen und den Türken, sowie durch das tyrrhenische Meer den Engländern die Hand reichten.

Während dieses geschah, kamen die Deputierten, welche nach Paris geschickt worden, um die Anerkennung der parthenopäischen Republik zu erwirken, und mit dem Direktorium ein Schutz- und Trutzbündniß abzuschließen, nach Neapel zurück.

Die Situation Frankreichs war aber nicht glänzend genug, um Neapel zu schützen, und die Neapels nicht stark , genug, um den Feinden Frankreichs trotz zu bieten.

Das französische Directorium ließ daher der neapolitanischen Republik sagen, was zwei Staaten in extremen Situationen trotz der zwischen ihnen bestehenden Verträge einander gewöhnlich sagen, nämlich: Jeder für sich. Alles, was das Directorium thun konnte, bestand darin, daß es der neuen Republik den Bürger Abrial, einen in dergleichen Dingen sehr geschickten Mann, überließ, damit er der Republik eine bessere Organisation gebe.

In dem Augenblick, wo Macdonald sich anschickte der ihm ertheilten Rückzugsordre heimlich zu gehorchen, und wo er unter dem Vorwand, daß seine Soldaten durch das Leben in Neapel verweichlicht würden, dieselben in Caserta concentrirte, erfuhr man, daß fünfhundert Bourbonisten und ein nach weit bedeutenderes englisches Corps bei Castellamare unter dem Schutz der englischen Flotte an’s Land stiegen.

Diese Truppe bemächtigte sich der Stadt und des kleinen Forts, welches sie beschützt. Da man auf diese Landung nicht gefaßt war, so hatte das Fort blos eine Besatzung von dreißig Mann Franzosen. Sie capitulirten unter der Bedingung, daß sie mit kriegerischen Ehren abziehen dürften. Was die Stadt betraf, so hatte diese, da sie überrumpelt worden, keine Bedingungen stellen können und war geplündert und verheert worden.

Als die Bauern von Lettere, von Grognana und die Bewohner der benachbarten Gebirge, eine Art Hirten ungefähr wie die Samniter des Alterthums, erfuhren, was in Castellamare geschehen, fielen sie ebenfalls in die Stadt ein und begannen ihrerseits zu plündern.

Alles, was Patriot hieß, oder Alles, was als ein solcher bezeichnet ward, mußte über die Klinge springen. Das einmal vergossene Blut erzeugt weiteren Blutdurst und selbst die Garnison ward trotz der Capitulation niedergemacht.

Diese Ereignisse geschahen am Vorabend des Tages, wo Macdonald mit der französischen Armee Neapel verlassen wollte, und er sah sich dadurch veranlaßt, seine Dispositionen zu ändern. Der muthige Heerführer wollte nicht, daß es aussähe, als verließe er Neapel unter dem Drucke der Furcht.

Deshalb stellte er sich an die Spitze der Armee und marschierte gerade auf Castellamare.

Vergebens versuchten die Engländer durch das Feuer ihrer Schiffe den Marsch der französischen Colonnen zu beunruhigen. Macdonald nahm trotz dieses Feuers die Stadt und das Fort wieder, legte Neapolitaner hinein und schenkte, noch denselben Abend nach Neapel zurückgekehrt der Nationalgarde drei Fahnen, siebzehn Kanonen und dreihundert Gefangene.

Am nächstfolgenden Tag verkündete er seinen Abmarsch nach dem Lager von Caserta, wo er wie er sagte, mit seinen Truppen große Uebungsmanöver vornehmen wollte.

Dabei erklärte er, er werde stets bereit sein, nach Neapel zurückzukehren, um es zu vertheidigen, und bat, daß man ihm alle Abende einen Bericht über die Ereignisse des Tages zusende.

Es war, wie er zu verstehen gab, nun Zeit, daß die Republik ihre ganze Freiheit genösse, sich durch ihre eigene Kraft aufrecht erhielte und eine unter so glücklichen Auspicien begonnene Revolution beende.

In der That hatten die durch Abrial’s Rathschläge geleiteten Neapolitaner weiter nichts mehr zu thun, als die Insurgenten zu unterwerfen und die Regierung zu organisieren.

Am 6. Mai Abends, während Macdonald beschäftigt war, an den Commodore Truebridge einen Brief zu schreiben, in welchem er an die Humanität des Commodore appellierte und ihn beschwor, Alles, was in seinen Kräften stünde, zu thun, um den Bürgerkrieg erlöschen zu lassen, anstatt denselben zu schüren, meldete man ihm den Brigadier Salvato.

Salvato hatte zwei Tage vorher bei der Wiedereroberung von Castellamare unter den Augen des Obergenerals Wunder von Tapferkeit verrichtet. Von den siebzehn Kanonen waren fünf von seiner Brigade genommen und von den drei Fahnen eine von ihm selbst erobert worden.

Man weiß bereits, daß Macdonalds Charakter ein rauherer und strengerer war als der Championnet’s, dennoch aber war er, selbst bis zur Tollkühnheit muthig ein gerechter Würdiger der Tapferkeit eines Andern.

Als er Salvato eintreten sah, bot er ihm die Hand.

»Herr Brigadechef,« sagte er, »ich hatte nicht Zeit, Ihnen auf dem Schlachtfeld oder nach dem Kampfe die Complimente zu machen, welche Ihnen gebühren. Ich habe aber etwas noch Besseres gethan. Ich habe für Sie von dem Directorium den Grad eines Brigadegenerals verlangt und gedenke Ihnen mittlerweile das Commando der Division des Generals Mathieu Maurice zu übertragen, der durch eine schwere Verwundung für den Augenblick dienstunfähig gemacht worden ist.«

Salvato verneigte sich.

»Leider, mein General,« sagte er, »werde ich vielleicht Ihre Güte nicht gebührend anerkennen, denn in dem Falle, daß Sie, wie man sagt, nach Centralitalien zurückgerufen werden sollten —«

Macdonald sah den jungen Mann verwundert an.

»Wer sagt denn das?« fragte er.

»Nun, zum Beispiel der Oberst Mejean, dem ich begegnete, während er Proviant für das Castell San Elmo holte, und welcher mir, ohne mir dabei Geheimhaltung zur Pflicht zu machen, sagte, daß Sie ihn mit fünfhundert Mann in dem Castell San Elmo zurücklassen würden.«

»Dieser Mann,« entgegnete Macdonald, muß sich sehr sicher fühlen, wenn er mit dergleichen Geheimnissen spielt, besonders da ihm bei Todesstrafe eingeschärft worden ist, dieselben keinem Menschen, wer es auch sei, zu offenbaren.«

 

»Ich bitte um Verzeihung, mein General. Ich wußte, dies nicht, denn sonst hatte ich den Oberst Mejean sicherlich nicht genannt.«

»Es ist gut. Was hatten Sie mir zu sagen für den Fall, daß ich nach Centralitalien zurückberufen werden würde?«

»Ich hatte Ihnen zu sagen, mein General, daß ich ein Kind des unglücklichen Landes bin, welches Sie verlassen, daß es, der Unterstützung der Franzosen beraubt, aller seiner Kräfte und besonders aller seiner Freunde bedürfen wird. Können Sie vielleicht, wenn Sie Neapel verlassen, mein General , mir irgend ein Commando, wie gering dasselbe auch sei, das Commando des Castells del’ Uovo oder des Castells del Carmine übertragen, eben so wie Sie dem Oberst Mejean das Commando des Castells San Elmo übertragen haben?«

»Das Commando des Castells San Elmo überlasse ich dem Oberst Mejean auf ausdrücklichen Befehl des Directoriums. Die mir ertheilte Ordre nennt die Zahl der Mannschaften, welche ich dort lasse, und den Anführer unter dessen Befehl ich diese Mannschaften stellen soll. In Bezug auf Sie habe ich keinen dergleichen Befehl erhalten und ich kann daher nicht die Verantwortlichkeit auf mich nehmen, die Armee eines ihrer besten Officiere zu berauben.«

»Mein General,« antwortete Salvato in eben so festem Ton, als in welchem Macdonald mit ihm sprach und an welchen Championnet, der ihm wie seinem Sohn begegnete, ihn nicht gewöhnt, »mein General, was Sie mir da sagen, setzt mich in Verzweiflung, denn überzeugt, daß meine Gegenwart in meinem Vaterlande höchst nothwendig ist und da ich nicht vergessen kann, daß ich zunächst Neapolitaner und dann erst Franzose bin, daß ich demzufolge Neapel mein Leben eher schulde als Frankreich, würde, sobald Sie sich positiv weigern, mich hier zu lassen, genöthigt sein, Ihnen meine Entlassung einzureichen.«

»Ich bitte um Verzeihung, mein Herr,« antwortete Macdonald, »ich verstehe Ihre Stellung um so besser zu würdigen, als eben so wie Sie Neapolitaner sind, ich Irrländer bin, und als, obschon in Frankreich von Aeltern geboren, die sich dort schon seit längerer Zeit niedergelassen, wenn ich mich unter denselben Verhältnissen, unter welchen Sie sich in Neapel befinden, in Dubliu befände, vielleicht die Erinnerung an das Vaterland in mir erwachen und ich dieselbe Forderung stellen würde, welche Sie stellen.«

»Dann, mein General« sagte Salvato, nehmen Sie wohl meine Entlassung an?«

»Nein« mein Herr, ich bewillige Ihnen einen Urlaub von drei Monaten.«

»O mein General!« rief Salvato.

»In drei Monaten ist es mit Neapel aus —«

»Wie meinen Sie das, mein General?«

»Die Sache ist sehr einfach,« sagte Macdonald mit wehmüthigem Lächeln. »Ich meine, daß in drei Monaten der König Ferdinand wieder auf seinem Throne sitzt und daß die Patrioten erschossen, gehängt oder in die Verbannung geschickt sein werden. Während dieser drei Monate, mein Herr, widmen Sie sich der Vertheidigung Ihres Vaterlandes. Frankreich wird sich um das, was Sie thun, nicht kümmern, oder wenn es sich darum kümmert, so wird es Ihnen wahrscheinlich blos seinen Beifall zollen. Sind Sie dann in drei Monaten weder erschossen noch gehängt, so kommen Sie wieder zu uns, um, wenn es möglich ist, in meiner Nähe wieder den Rang einzunehmen, den Sie in der französischen Armee bekleiden.«

»Mein General,« sagte Salvato, »sie gewähren mir mehr, als ich zu hoffen wagte.«

»Weil Sie zur Zahl Derer gehören, welchen man niemals genug gewähren kann. Haben Sie mir vielleicht einen Freund vorzuschlagen, der in Ihrer Abwesenheit das Commando der Brigade übernehmen kann?«

»Mein General, es würde mir großes Vergnügen machen, wenn ich durch meinen Freund Villeneuve ersetzt werden könnte, aber —«

Salvato zögerte.

»Aber?« wiederholte Macdonald.

»Aber Villeneuve war Ordonnanzofficier des Generals Championnet, und vielleicht dient dieser von ihm bekleidete Posten gegenwärtig nicht gerade zur Empfehlung.«

»Bei dem Directorium vielleicht nicht, bei mir aber dient nichts zur Empfehlung als Patriotismus und Muth. Sie selbst sind ein Beweis hiervon, denn wenn Herr von Villeneuve Ordonnanzofficier des Generals Championnet war, so waren Sie sein Adjutant und als solcher schlugen Sie sich, wenn ich mich recht entsinne, so tapfer bei Civita Castellana. Schreiben Sie selbst an Ihren Freund, Herrn von Villeneuve, und sagen Sie ihm, daß ich mich auf Ihren Vorschlag beeilt habe, ihm das interimistische Commando Ihrer Brigade anzuvertrauen.«

Und durch eine Handbewegung lud Macdonald den jungen Mann ein, an dem Bureau Platz zu nehmen, an welchem er selbst bei Salvato’s Eintritt mit Schreiben beschäftigt war.

Salvato setzte sich und schrieb mit vor Freude zitternder Hand einige Zeilen an Villeneuve.

Er unterzeichnete den Brief, siegelte ihn zu, schrieb die Adresse darauf und wollte sich dann erheben, als Macdonald ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn auf seinem Platze festhielt.

»Jetzt noch einen letzten Dienst,« sagte er.

»Befehlen Sie, mein General.«

»Sie sind Neapolitaner, obschon, man, wenn man Sie französisch oder englisch sprechen hört, Sie entweder für einen Franzosen oder für einen Engländer halten möchte. Sie müssen folglich Ihre Muttersprache wenigstens ebenso richtig sprechen, als Sie diese fremden Sprachen reden. Wohlan, thun Sie mir den Gefallen, die Proclamation, die ich Ihnen dirtiren werde, in’s Italienische zu übersetzen.

Salvato gab durch eine Geberde zu verstehen, daß er bereit sei zu gehorchen.

Macdonald richtete sich zu der ganzen Höhe seiner imposanten Gestalt auf, stützte sich mit der Hand auf die Lehne des Sessels, in welchem der junge Officier saß, und dictirte:

»Neapel am am 6. Mai l799. Jede Stadt, welche sich empört, wird niedergebrannt und dem Boden gleichgemacht werden.«

Salvato sah Macdonald an.

»Schreiben Sie nur weiter,« sagte dieser ruhig.

Salvato verneigte sich, Macdonald fuhr fort:

»Die Cardinäle, die Erzbischöfe, die Bischöfe, die Aebte, mit einem Worte alle Diener des Cultus werden als Anstifter der Empörung der Gegenden und Städte, in welchen sie sich befinden, betrachtet und mit dem Tode bestraft werden.

»Der Verlust des Lebens wird die Confiscation der Güter nach sich ziehen.«

»Ihre Gesetze sind hart, mein General,« bemerkte Salvato lächelnd.

»So scheint es blos,« antwortete Mocdonald, »denn indem ich diese Proclamation erlasse, habe ich ein ganz anderes Ziel im Auge, obschon Sie dasselbe nicht bemerken, junger Mann.«

»Und welches wäre das?« fragte Salvato.

»Die parthenopäische Republik muß, wenn sie sich halten will, zu strengen Maßregeln gezwungen werden, obschon vielleicht selbst diese sie nicht retten werden. Sollte nun eine Restauration erfolgen, so wird es, wie mir scheint, gut sein, wenn Diejenigen, welche diese strengen Maßregeln in Anwendung gebracht haben, die Schuld auf mich wälzen können. So fern ich dann auch von Neapel sein werde, so werde ich ihm doch vielleicht einen Dienst leisten und, indem ich diese Verantwortlichkeit auf mich nehme, einigen seiner Söhne das Leben retten. Geben Sie mir die Feder,« sagte Macdonald.

Salvato erhob sich und gab dem General die Feder.

Dieser unterzeichnete, ohne sich zu setzen, wendete sich dann zu Salvato herum und sagte:

»Also die Sache ist abgemacht – in drei Monaten, wenn Sie bis dahin weder erschossen, noch gefangengenommen, noch gehängt sind —«

»In drei Monaten, mein General, bin ich wieder bei Ihnen.«

»Herr von Villeneuve wird, wenn er heute zu Ihnen kommt, um Ihnen seinen Dank abzustatten, Ihnen zugleich Ihren Urlaubsschein zustellen.«

Und er reichte Salvato die Hand, welche dieser mit Dankbarkeit drückte.

Am nächstfolgenden Tage, am 7. Mai, verließ Macdonald mit der französischen Armee Caserta.

Viertes Capitel.
Das Verbrüderungsfest

»Es ist unmöglich,« sagen die »Memoiren zur Geschichte der letzten Revolution von Neapel« – »es ist unmöglich die Freude zu beschreiben, welche die Patrioten über den Abzug der Franzosen empfunden.

Einander glückwünschend und sich umarmend sagten sie, es sei dieser Abzug gerade in dem rechten Augenblick erfolgt, wo sie wahrhaft frei wären, und dieser Patriotismus erreichte, indem sie diese Worte wiederholten, den höchsten Grad von Enthusiasmus.

In der That trat damals in Neapel ein Augenblick ein, wo die Thorheiten von 1792 und 1793 sich erneuerten, allerdings zum Glück nicht die blutigen Thorheiten, wohl aber diejenigen, welche, indem sie den Patriotismus übertrieben, das Lächerliche dicht neben das Erhabene stellten.

Die Bürger-, welche das »Unglück« hatten den Namen Ferdinand, einen Namen, der durch die frühere Schmeichelwuth zu einem ungemein verbreiteten geworden, oder den Namen eines andern Königs trugen, verlangten von der republikanischen Regierung die Ermächtigung, juristisch ihren Namen zu wechseln, weil sie sich schämten, mit den Tyrannen etwas gemeinsam zu haben.25 Tausend Flugschriften, in welchen man die Liebesgeheimnisse des Hofes, Ferdinands und Carolinens entschleierte, wurden veröffentlicht. Bald war es der Sebetus, ein kleiner Bach, der an der Magdalenenbrücke sich ins Meer ergießt, und der gleich dem Scamander des Alterthums das Wort nahm und sich neben das Volk stellte, bald war es ein Anschlagzettel an den Mauern der Kirche del Carmin, woran die Worte standen: »Esci fuori, Lazzaro;« (steh’ auf Lazarus, und komm heraus.) Lazarus bedeutete nämlich in diesem Falle Lazzarone und Lazzarone bedeutete wiederum Masaniello.

Eleonore Pimentel stachelte ihrerseits in ihrem »parthenopäischen Moniteur« den Eifer der Patrioten ebenfalls an und schilderte Ruffo als einen Anführer von Räubern und Meuchelmördern, in welchem Lichtern Dank der feurigen Republikanerin, den Augen der Nachwelt heute noch erscheint.

Die von Eleonora aufgeregten Frauen gingen mit dem Beispiel des Patriotismus voran, indem sie die Liebe der Patrioten suchten und die der Aristokraten verachteten. Einige von ihnen sprachen von den Balcons ihrer Paläste herab zu dem Volke, und setzten ihm seine Interessen und Pflichten aus einander, während Michelangelo Ciccone, der Freund Cirillo’s, fortfuhr, das Evangelium, das heißt das große Buch der Demokratie, welches alle Maximen der christlichen Glaubenslehre auf die Freiheit anwendet, in den neapolitanischen Dialekt zu übersetzen. Mitten auf dem königlichen Platz, während die andern Priester in den Kirchen und in den Beichtstühlen gegen die revolutionären Grundsätze kämpften, und, um die Frauen zu schrecken, Drohungen, und um die Männer zu gewinnen, Versprechungen in Anwendung brachten – mitten auf dem königlichen Platz, sagen wir, hatte der Pater Benoni, ein Franciscanermönch, seine Kanzel am Fuße des Freiheitsbaumes aufgeschlagen, gerade an der Stell,« wo Ferdinand in seiner Angst vor dem Sturme geschworen hatte, dem heiligen Franciskus von Paula eine Kirche zu erbauen, wenn jemals die Vorsehung ihn wieder auf seinen Thron zurückführte.

Hier und mit dem Crucifix in der Hand verglich er die von Jesus den Völkern und den Königen dictirten reinen Maximen mit denen, welche die Könige Jahrhunderte lang den Völkern gegenüber angewendet, die gleich schlafenden Löwen ihnen Jahrhunderte lang den Willen gelassen.

Jetzt aber, wo diese Löwen erwacht waren und sich anschickten zu brüllen und zu zerreißen, erklärte er einem dieser Völkerlöwen das dreifache Dogma, welches zu jener Zeit in Neapel vollständig unbekannt war und auch heute noch nicht recht verstanden wird, wir meinen das Dogma von der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Der Cardinal-Erzbischof Capece Zurlo unterstützte, sei es nun aus Furcht, sei es aus Ueberzeugung, die von dem patriotischen Priester gepredigten Maximen und ordnete Gebete an, in welchen das »Domine salvam fac rempublicam« an die Stelle des »Domine salvam fac regem« trat. Er ging sogar noch weiter. In einer Encycliea erklärte er, daß die Feinde der neuen Regierung, welche auf irgend eine Weise am Ruin derselben arbeiten würden, von der Absolution ausgeschlossen sein sollten – ausgenommen in extremis. Er erstreckte das Interdict sogar bis aus Die, welche von Verschwörern, Verschwörungen oder Waffenniederlagen Kenntniß hätten, und dieselben nicht denuncirten.

 

Die Theater endlich brachten nur Tragödien oder Dramen zur Aufführung, deren Helden Brutus, Timoleon, Harmodius, Cassius oder Cato waren.

Gerade nach Beendigung eines dieser Schauspiele, am 14. Mai, erfuhr man die Einnahme und Verwüstung von Altamura. Der Darsteller der Hauptrolle verkündete diese Neuigkeit nicht blos von der Bühne herab, sondern erzählte auch die fürchterlichen Zustände, welche auf den Fall der republikanischen Stadt gefolgt waren.

Diese Mittheilung erweckte ein unaussprechliches Gefühl von Entsetzen. Sämtliche Zuschauer erhoben sich wie von einem elektrischen Schlage getroffen und riefen wie mit einer einzigen Stimme: »Tod den Tyrannen! Es lebe die Freiheit!«

Unmittelbar darauf und ohne daß Befehl dazu ertheilt worden, erdröhnte wie rollender Donner im Orchester die neapolitanische Marseillaise, die Hymne an die Freiheit von Vicenzo Monti, welche am Vorabend des Tages, wo man den »parthenopäischen Moniteur« gegründet, bei der Herzogin Fusco von Eleonora Pimentel vorgetragen worden.

Diesmal hob die Gefahr den Schleier der Illusion und zeigte ihr verstörtes Antlitz. Es handelte sich jetzt nicht mehr darum, die Zeit mit eitlen Worten zu verlieren, es galt zu handeln.

Salvato ging, die augenblickliche Freiheit, die ihm wiedergegeben worden, benützend, in dieser Beziehung mit seinem Beispiel voran. Auf die Gefahr hin, von Briganten gefangengenommen zu werden, mit den Vollmachten seines Vaters versehen, reiste er nach der Grafschaft Molisa ab und brachte theils durch seine Pächter, theils durch seine Intendanten eine Summe von beinahe zweihunderttausend Franks zusammen, womit er ein Corps von calabresischen Freiwilligen errichtete, welches den Namen der calabresischen Legion annahm.

Es waren dies eifrige Stützen der Freiheit, lauter persönliche Feinde des Cardinals Ruffo, und, da sie jeder den Tod eines Angehörigen an den Sanfedisten oder an ihrem Anführer zu rächen hatten, fest entschlossen, Blut mit Blut abzuwaschen.

Die auf ihren Fahnen stehenden Worte: »Rache, Sieg oder Tod« deuteten auf den furchtbaren Schwur hin, den sie geleistet.

Der Herzog von Rocca Romana verließ, angeregt durch dieses Beispiel – so glaubte man wenigstens – seinen Harem am Riesenhügel und verlangte und erhielt die Ermächtigung, ein Cavallerieregiment zu errichten.

Schipani organisierte sein zersprengtes und zerstreutes Armeecorps wieder, bildete daraus zwei Legionen, übertrug das Commando der einen Spano, einem Calabresen, welcher lange Jahre in untergeordneten Graden der Armee gedient, und übernahm das Commando der andern selbst.

Abrial seinerseits entledigte sich der von dem Directorium übertragenen Mission auf das Gewissenhafteste.

Die gesetzgebende Gewalt ward von ihm in die Hände von fünfundzwanzig Bürgern, die vollziehende in die Hände von fünf und das Ministerium in die Hände von vier Bürgern gelegt. Er selbst wählte die Mitglieder, welche einen Theil dieser drei Gewalten bilden sollten.

Unter der Zahl dieser, zu dieser furchtbaren Ehre, welche den meisten das Leben kosten sollte, Neuerwählten befand sich einer unserer ersten Bekannten, der Doctor Dominico Cirillo.

Als man ihm meldete, daß die Wahl des französischen Agenten auf ihn gefallen sei, antwortete er:

»Die Gefahr ist groß, die Ehre aber noch größer. Ich widme der Republik meine schwachen Talente, meine Kräfte, mein Leben.«

Manthonnet seinerseits arbeitete Tag und Nacht an der Reorganisation der Armee.

Nach Verlauf von einigen Tagen war in der That eine neue Armee bereit dem Cardinal entgegen zu marschieren, welchen man, so zu sagen, mit jedem Augenblick näher heranrücken fühlte.

Vorher aber wollte der Kriegsminister, dem Antriebe seines edlen Herzens folgend, der Stadt ein Schauspiel geben, welches dieselbe gleichzeitig beruhigte und ermuthigte. Er veranstaltete nämlich ein Verbrüderungsfest.

An dem zu diesem Feste bestimmten Tage erwachte die Stadt beim Klange der Glocken, beim Donner der Kanonen und beim Schall der Trommeln, wie sie es in ihren glücklichsten Tagen zu thun pflegte.

Die ganze Nationalgarde zu Fuß hatte Befehl, in der Toledostraße Spalier zu bilden. Die gesamte berittene Nationalgarde stellte sich in Schlachtordnung auf dem Palaisplatze auf und die ganze Linien-Infanterie auf dem Schloßplatze.

Im Vorbeigehen wollen wir erwähnen, daß es vielleicht in der ganzen Welt keine Hauptstadt gibt, wo die Nationalgarde so gut organisiert wäre wie in Neapel. Um den Freiheitsbaum herum war ein großer Raum freigelassen und etwa zehn Schritte weit von dem Baum, und sogleich innerhalb des Raumes, ein Scheiterhaufen errichtet.

Gegen elf Uhr Vormittags, an einem prachtvollen Tage gegen das Ende des Maimonats, während alle Fenster mit Fahnen in den Farben der Republik geschmückt waren und die an den Fenstern stehenden Damen unter dem Rufe: »Es lebe die Republik!« die Tücher schwenkten, sah man von der Höhe der Toledostraße einen unabsehbaren Zug herankommen.

Derselbe bestand zunächst aus allen von Abrial ernannten Mitgliedern der neuen Regierung, mit dem General Manthonnet an der Spitze.

Hinter ihnen kam die Artillerie. Dann folgten die drei den Bourbonisten, eine den Engländern, die zwei andern den Sanfedisten, abgenommenen drei Fahnen, dann fünf- oder sechshundert Porträts des Königs und der Königin, die man überall gesammelt und welche bestimmt waren, ins Feuer geworfen zu werden, und endlich paarweise aneinandergefesselt die Gefangenen von Castellamare und von den benachbarten Dörfern.

Eine von Haß und Rachedurst erfüllte Volksmenge drängte sich heran, indem sie heulte:

»Nieder mit den Sanfedisten! Nieder mit den Bourbonisten!«

Denn das Volk mit seinen blutigen Ideen konnte sich nicht denken, daß man die Gefangenen aus einem andern Grunde aus ihrem Gefängniß herausgeholt hätte, als um sie zu massakrieren.

Dies war auch die Ueberzeugung der armen Gefangenen selbst, welche, mit Ausnahme einiger wenigen, die ihren künftigen Henkern trotzzubieten schienen mit gesenktem Haupte und weinend einherwankten.

Manthonnet hielt seine Rede an die Armee, um sie an ihre Pflichten in Zeiten der Invasion zu erinnern.

Der Redner der Regierung hielt dann seine Rede an das Volk, worin er Achtung vor dem Leben und dem Eigenthum predigte.

Hierauf ward der Scheiterhaufen angezündet. Der Finanzminister näherte sich den Flammen und warf eine Masse Bankbillets hinein, die sich auf eine Summe von sechs Millionen Franks beliefen, Ersparnisse welche, trotz des allgemeinen Nothstandes, die Regierung binnen zwei Monaten gemacht hatte.

Nach den Bankbillets kamen die Porträts. Diese wurden sämtlich unter dem Rufe: »Es lebe die Republik!« vom ersten bis zum letzten verbrannt.

Als aber die Reihe an die Fahnen kam, stürzte das Volk sich auf die Träger derselben, bemächtigte sich ihrer, schleppte sie in dem Kothe herum und zerriß sie endlich in kleine Stücke, welche die Soldaten auf ihre Bajonnete spießten.

Es blieben nun noch die Gefangenen übrig. Man zwang dieselben, sich dem Scheiterhaufen zu nähern, man gruppierte sie am Fuße des Freiheitsbaumes, man umgab sie mit einem Ring von Bajonneten, und in dem Augenblick, wo sie nur noch den Tod erwarteten, in dem Augenblick, wo das Volk mit funkelnden Augen die Nägel und die Messer wetzte, rief Manthonnet:

»Nieder mit den Ketten!«

Sofort eilten die vornehmsten Damen der Stadt, die Herzogin von Popoli, die Herzogin von Conzano, die Herzogin Fusco, Eleonora Pimentel und andere unter lautem Hurrah- und Bravogeschrei, unter Thränen und Erstaunen auf die Gefangenen zu und lösten dreihundert vom Tode erretteten Unglücklichen mitten unter dem Ruf: »Gnade!« und dem tausendstimmigen: »Es lebe die Republik! die Ketten.«

Gleichzeitig traten andere Damen mit Flaschen und Gläsern in den Kreis und die Gefangenen tranken, indem sie ihre wieder freigewordenen Arme nach dem Freiheitsbaum ausstreckten, auf das Wohl und Gedeihen Derer, welche zu siegen und, was noch schwerer ist, zu verzeihen gewußt hatten.

Dieses Fest erhielt, wie wir bereits erwähnt, den Namen des Verbrüderungsfestes.

Am Abend war Neapel taghell erleuchtet.

Ach, leider war es sein letzter Festtag! Der nächstfolgende Tag war der des Abmarsches der Armee, und man begann in die Tage der Trauer einzutreten.

25Wir haben ein Gesuch dieser Art vor uns liegen und es ist von einem Mann unterzeichnet, welcher später Minister Ferdinands des Zweiten ward.