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La San Felice

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Von Tarent gingen sie nach Mesagna, wo sie mit allen ihrem vermeinten Range gebührenden Ehren empfangen wurden. In dieser Stadt blieben sie kurze Zeit, stellten die Ordnung in der Provinz wieder her und setzten sie in den Stand, den Kampf, welchen sie vorbereiteten, zu Gunsten der königlichen Sache zu unterstützen.

In Mesagna erfuhren sie, daß die Stadt Oria sich demokratisiert hätte.

Sofort setzten sich sich in Marsch, verstärkten sich unterwegs um etwa hundert Mann und setzten die bourbonische Regierung wieder ein.

Hier folgten nun zahlreiche Deputationen auf einander. Dieselben Namen nicht blos von Lecco und aus der Provinz Bari, sondern auch aus der Basilicata, das heißt von dem entgegengesetzten äußersten Ende Calabriens.

Cesare empfing die Deputierten mit vieler Würde, aber auch mit dankbarer Freundlichkeit. Er sagte allen, jeder treue Unterthan des Königs müsse zu den Waffen greifen und die Revolution bekämpfen, so daß dieser gnädige Empfang und diese beredten Ansprachen eine bedeutende Vermehrung der Freiwilligen zur Folge hatten.

Freilich gingen die Dinge nicht immer und überall so glatt von Statten. In Francavilla hatten die beiden Parteien auf einander geschossen und waren sich mit Messern zu Leibe gegangen. Die Royalisten, welche sich als die Stärkeren fühlten, hatten einige Demokraten getödtet und verwundet.

Cesare und Boccheciampe kamen bald darauf zur Stelle, und man muß ihnen die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß durch ihre Ankunft diesen Meuchelmorden sofort ein Ziel gesetzt ward.

Wir haben eine Proclamation von Cesare mit der Unterschrift »Franz, Herzog von Calabrien« in den Händen gehabt. In dieser Proclamation sagt der falsche Prinz, sich durch seine Humanität verrathend, daß man, wenn man sich selbst Recht verschaffte, einen Eingriff in die Rechte der königlichen Justiz beginge. Man müsse vielmehr den Behörden die furchtbare Verantwortlichkeit für Leben und Tod überlassen, und Seine königliche Hoheit habe daher mit dem größten Mißfallen bemerkt, daß die Royalisten sich dergleichen Ausschreitungen gestatteten.

Es war sehr unklug von dem falschen Prinzen, in diesem Tone zu sprechen, während König Ferdinand auf gänzliche Vertilgung der Jakobiner drang. In Neapel wäre Cesare sofort als Abenteurer erkannt worden, in Calabrien dagegen fuhr man, trotz dieses unklugen Mitleids, fort ihn für einen Prinzen zu halten!

Nachdem Cesare und Boccheciampe zwei Tage in Francavilla verweilt, begaben sie sich nach Ostuni, welches sie im Zustande der vollkommensten Anarchie vorfanden.

Die durch ihre Ankunft ermuthigte royalistische Partei hatte sich der ganzen Autorität bemächtigt und wollte einen der bekanntesten und intelligentesten Patrioten der Stadt nebst seiner ganzen Familie ermorden.

Dieser Patriot, ein Mann, der nicht blos als Arzt ausgezeichnet war, sondern auch, wie man sogleich sehen wird, ein edles Herz besaß, hieß Airoldi.

Als er die unvermeidliche Gefahr herannahen sah, beschloß er sich zu opfern, dabei aber auch zugleich seine Familie zu retten.

Demzufolge verbarrikadierte er den Haupteingang seines Hauses, welches er sich bereit machte bis auf's Aeußerste zu vertheidigen, während er zugleich seine Familie mittelst einer seit langer Zeit nicht mehr benutzten, in ein finsteres, menschenleeres Gäßchen führenden Thür entfliehen ließ.

Die Banditen warfen sich nun gegen die Vorderseite des Hauses, welche auf die Hauptstraße ging und verbarrikadiert war.

In dem Augenblick, wo die Thier endlich gesprengt war und die Stürmenden wüthend eindringen wollten, feuerte er auf seine Angreifer zwei Schüsse ab. durch welche ein Mann getödtet und ein zweiter verwundet ward. Dann warf er seine abgefeuerte Doppelbüchse hinter sich und überlieferte sich seinen Henkern.

Diese hatten, um ihn, seine Frau und seine drei Kinder zu verbrennen, einen Scheiterhaufen errichtet, mußten sich nun aber zu ihrem Bedauern mit einem Opfer begnügen. Sie banden es auf dem Scheiterhaufens fest und verbrannten es mit langsamen Feuer.

Cesare und Boccheciampe waren von diesem Vorgange unterrichtet worden. Sie setzten sofort ihre Pferde in Galopp, kamen aber trotz aller ihrer Eile dennoch zu spät. Der Doktor hatte soeben seinen Geist aufgegeben.

Wir wissen recht wohl, daß die Geschichte, welche wir unter der Form eines Romans schreiben und der wir vielleicht diese Form blos gegeben, um das Recht zu haben, sie zu veröffentlichen, so wie die Gewißheit, daß sie Leser finde, eine sehr traurige ist und daß die Bourbons von Ferdinand dem Ersten bis auf Franz den Zweiten, von Mammone bis auf La Gala, mitunter sehr verwerfliche Bundesgenossen zu Vertheidigern ihrer Sache gehabt haben.

Gleichwohl aber freut es uns, das Urtheil der Geschichte über mehrere dieser Personen berichtigen zu können.

Den Cardinal Ruffo haben wir bereits geschildert, so wie er war, aber nicht so, wie die Geschichtschreiber , die seine Correspondenz mit Ferdinand nicht gekannt, ihn hingestellt haben.

In gleicher Weise, wenn auch nach einem andern Maßstabe, freuen wir uns, über Cesare und Boccheciampe die Wahrheit sagen zu können.

Ihre Ankunft in Ostuni that dem Blutvergießen und den übrigen Barbareien sofort Einhalt.

Nach unserer Ansicht ist es allerdings eine große Freude und ein großer Stolz, einem Menschen das Leben zu retten; aber ist es nicht ein eben so großer Stolz und eine ebenso große Freude das Andenken eines Menschen von den Flecken, welche ein nicht hinreichend gewissenhafter Geschichtschreiber ihm zugefügt, zu reinigen und in den Augen der Nachwelt zu rechtfertigen?

Dies ist es eben, was wie wir hoffen, unserem Buche ein ganz besonderes Gepräge geben wird, denn mit der größten Gewissenhaftigkeit wird es Licht über Alle und selbst über Diejenigen verbreiten, welche vom Standpunkt unserer Meinung aus unsere Feinde sein würden, wenn wir nicht vom Standpunkt unseres Gewissens aus vor allen Dingen ihr Richter wären.

Auf dem Marktplatz von Ostuni, am Scheiterhaufen des Doktors Airoldi, gesellte Fra Pacifico sich zu Cesare und dessen Begleiter.

Letztere beiden waren eben beschäftigt, Deputationen zu empfangen, welche nicht blos kamen, um dem falschen Prinzen ihre Huldigung darzubringen, sondern auch um ihn um Beistand zu bitten.

Lecce war in zwei Parteien getheilt und die Republikaner waren die stärksten.

Tarent und Martina befanden sich in derselben Lage; Aquaviva war demokratisiert bis zum Fanatismus.

Altamura ganz besonders hatte geschworen sich lieber unter seinen Trümmern zu begraben, als unter der Herrschaft der Bourbons zu bleiben.

Vom Standpunkt der Wirklichkeit aus betrachtet, versprachen die Dinge deshalb keinen so leichten Erfolg, als man anfangs geglaubt.

Fra Pacifico wartete, bis der falsche Prinz die drei oder vier an ihn abgesendeten Deputationen empfangen hatte, meldete dann, daß er im Auftrage des Generalvicars käme.

Cesare ward bleich und sah Boccheciampe an. Seiner Ansicht nach war der einzige Generalvicar, der Jemanden zu ihm schicken konnte, der Prinz Franz.

Der bescheidene Stand des Boten bewies nichts. Cesare selbst wählte zur Beförderung seiner Ordres oder Depeschen gewöhnliche Mönche. Der Mönch wird, wer er auch sei und welchem Orden er auch angehören möge, im südlichen Italien überall gut empfangen, ganz besonders dann, wenn er das Gelübde der Armuth abgelegt hat und einem Bettelorden angehört.

»Wer ist dieser Generalvicar?« fragte Cesare, um sein Gewissen zu beruhigen, obschon er im voraus zu wissen glaubte, welche Antwort er auf diese Frage erhalten würde.

»Dieser Generalvicar,« antwortete Fra Pacifico, »ist Seine Eminenz der Cardinal Ruffo, und hier ist die Depesche, welche ich beauftragt bin Ew. Hoheit zu überreichen.«

Cesare betrachtete Boccheciampe mit dem Ausdruck steigender Unruhe.

»Lassen Sie uns sehen, Monsignore,« sagte Boccheciampe. »Oeffnen Sie diesen Brief und lesen Sie ihn, denn er ist an Sie adressiert.«

In der That lautete die Aufschrift des Briefes:

»An Seine königliche Hoheit den Herzog von Calabrien«

Cesare öffnete den Brief und las:

»Monsignore!

»Ihr erhabener Vater, Seine Majestät der König Ferdinand, welchen Gott noch lange erhalte, hat mir die Ehre erzeigt, mich zu seinem Stellvertreter zu ernennen, und mir zugleich den Auftrag ertheilt, sein von den französischen Jakobinern und deren Principien überfallenes festländisches Königreich wieder zu erobern. Nachdem ich sowohl in Palermo als in Messina und ganz besonders bei meiner Landung in Calabrien am 8. Februar das kühne Unternehmen erfahren, welches Ew. Hoheit Ihrerseits versucht, eben so wie die wunderbare Weise, auf welche Gott dasselbe unterstützt, sende ich einen unserer eifrigsten und erprobtesten Anhänger, um Ew. Hoheit zu melden, daß der König, Ihr Vater, welchen Gott noch lange erhalte, trotz des erhabenen Ranges, welchen Sie einzunehmen bestimmt sind, in Folge des großen Vertrauens. welches er auf mich setzt, geruht hat, Ew. Hoheit unter meine Befehle zu stellen. Demzufolge habe ich die Ehre, Ihnen ferner zu melden, daß, sobald Sie sich der Ruhe der Provinzen, in welchen Sie sich dermalen befinden, versichert haben, es am zweckmäßigsten sein wird, wenn Sie mit Allem, was Sie an freiwilligen Mannschaften Waffen und Munition besitzen, sich mir anschließen, damit wir dann gemeinschaftlich auf Neapel marschieren denn nur dort wird es uns gelingen, die siebenköpfige Hydra zu erlegen und zu vernichten.

»Indem ich Ew. Hoheit es anheimstelle, den Zeitpunkt, wo Sie sich mir anschließen, zu bestimmen, bemerke ich nur noch, daß dies am besten so bald als möglich geschehen wird.

»Ich habe die Ehre zu sein

»Ew. königlichen Hoheit

»gehorsamster Diener und Unterthan

Cardinal Ruffo.«

Diesem Brief: war ein kleines Blättchen beigelegt, auf welches der Cardinal mit seiner feinsten Handschrift die nachfolgenden Worte geschrieben :

 

»Capitän Cesare der König kennt Ihre Hingebung und billigt dieselbe ebenso wie die Ihrer Gefährten. An dem Tage wo Sie sich mir anschließen, werden Sie auf Ihren Titel als Prinz verzichten, dagegen aber an meiner Seite den Rang eines Brigadiers einnehmen.

»Bis dahin aber bleiben Sie für Alle der Kronprinz, und Gott nehme Sie eben so in seinen Schutz, als ob Sie es wirklich wären.«

»Der Ueberbringer dieses Briefes weiß, obschon er unserer Sache vollkommen ergeben ist, nicht, was Sie ihm werden sagen wollen, und es scheint mir, besonders wenn Sie ihn nach Neapel zurückschicken, wichtig zu sein, daß er dahin mit dem Glauben zurückkehre, Sie seien wirklich der Herzog von Calabrien.«

Cesare las den Brief oder vielmehr die beiden Briefe mit der größten Aufmerksamkeit.

Dann überreichte er sie Boccheciampe, während Fra Pacifico, der den corsischen Abenteurer für den wirklichen Prinzen hielt, ehrerbietig und seine Befehle erwartend in einiger Entfernung stand.

»Ihr könnt wohl lesen, Freund?« fragte Boccheciampe, als er mit den beiden Briefen fertig war, und das der amtlichen Depesche beigefügte besondere Billet wieder an Cesare zurückgegeben hatte.

»Durch die Gnade Gottes, ja,« antwortete Fra Pacifico.

»Wohlan, da Seine Hoheit vor einem so hingebenden Diener, wie Ihr zu sein scheint, kein Geheimnis haben will und außerdem wünscht, daß Ihr den Werth welchen der Cardinal auf Euch legt, kennen lernt, so erlaubt er Euch, von diesem Briefe Kenntniß zu nehmen.«

Fra Pacifico empfing, sich bis auf die Erde verneigend, aus den Händen des vermeinten Herzogs von Sachsen den Brief, welchen er nun seinerseits las.

Hierauf verneigte er sich zum Zeichen des Dankes und gab den Brief demjenigen zurück, welchen er für den Prinzen hielt.

»Wohlan,« sagte dieser, »wir wollen den Instruktionen des Cardinals gemäß mit den wenigen Städten, welche ihre Pflicht vergessen haben, und der königlichen Gewalt Widerstand leisten, so schnell als möglich fertig zu werden suchen und uns dann, ebenfalls seinen Instructionen gemäß, unverweilt ihm zur Verfügung stellen.«

»Und mich, Monsignore,« sagte Fra Pacifico, indem er sich mit dem Selbstvertrauen eines Mannes, welcher weiß, wie nützlich er sein kann, wenn man ihn auf angemessene Weise verwendet, zur ganzen Höhe seiner langen Gestalt aufrichtete, »womit werden Sie mich beschäftigen?«

Die beiden Abenteurer sahen einander an, richteten dann wieder die Augen auf Fra Pacifico, und der vorgebliche Herzog von Sachsen sagte:

»Wir bedürfen eines zuverlässigen und gewandten Boten, welcher uns nach Martina und nach Tarent vorangeht, diese beiden Städte auf unsere Ankunft vorbereitet und daselbst unsere Proclamationen verbreitet.«

»Hier bin ich,« sagte Fra Pacifico, indem er mit seinem Lorbeerknüppel auf den Boden stieß. »Ach-, wenn ich Giacobino hier hätte!«

Cesare und Boccheciampe wußten natürlich nicht, wer Giacobino war, und erfuhren daher auf Befragen von dem Mönch, daß es sein Esel sei, den er, als er sich nach Sicilien eingeschifft in Pizzo zurückgelassen.

Noch denselben Abend brach Pacifico nach Martina auf und nahm eine fast eben so schwere Ladung Proklamationen mit, als sein schmerzlich vermißter Giacobino zu tragen vermochte hätte.

Sechstes Capitel.
Wo der falsche Herzog von Calabrien thut, was der wirkliche hätte thun sollen

Nachdem Fra Pacifico fort, das heißt als der Würfel gefallen war, fragten sich die beiden Abenteurer, was sie wohl zu thun hätten, wenn die beiden Städte Widerstand leisteten.

Allerdings hatten sie eine Art Armee, da dieselbe aber blos mit Messern und schlechten Musketen bewaffnet war und weder Kanonen noch Belagerungsmunition besaß, so kannte sie gegen feste Mauern nichts ausrichten.

In diesem Augenblick ward Seiner königlichen Hoheit dem Herzog von Calabrien gemeldet, daß ein gewisser Giovanni Battista Petrucci um eine Audienz bitten ließe. Im Fall der Herzog von Calabrien ihn nicht selbst empfangen könnte, wünschte er wenigstens von dem Herzog von Sachsen empfangen zu werden, weil die Mittheilungen, die er zu machen habe, von der grüßten Wichtigkeit wären.

In der That wäre es auch sehr indiscret gewesen, um ein Uhr des Morgens zwei so hochgestellte Personen zu stören, dafern es sich blos um gewöhnliches Nachrichten gehandelt hätte.«

Don Giovanni Battista Petrucci ward von den beiden jungen Abenteurern sofort vorgelassen.

Don Giovanni Battista Petrucci war Marineinspector im Namen der Parthenoptischen Republik. Er hatte soeben Befehl erhalten, eine Abtheilung Cavallerie und zwei Geschütze mit Munition und allem sonstigen Zugehör nach Lecce abzusenden. Jetzt kam er, um sich gegen die beiden Prinzen bereit zu erklären, seine Reiter und Kanonen, anstatt sie nach Lecce zu führen, zu ihrer Verfügung zu stellen.

Es versteht sich von selbst, daß die beiden Abenteurer sein Anerbieten welches ihnen so gelegen kam, mit Freuden annahmen.

Cesare ernannte Don Giovanni Battista Petrucci sofort zum Oberinspector der Marine, anstatt daß er bis jetzt gewöhnlicher Inspector gewesen.

Dann stellte er ihm zum beliebigen Gebrauch ein Attest über die von ihm bewiesene Loyalität aus, welches Zeugniß er mit seinem falschen Namen unterschrieb.

Da man erst die Rückkehr Fra Pacificos abwarten mußte, um zu hören; was man von Torent und von Martina zu hoffen und zu fürchten hätte, so beschloß man, um keine Zeit zu verlieren, auf Lecce zu marschieren, welche Stadt eine Deputation schickte, die um Beistand gegen die Republikaner und ganz besonders gegen einen gewissen Fortunato Andreoli bat, welcher sich der Festung bemächtigt und eine aus Jägern und Cavallerie bestehende Bürgergarde organisiert hatte.

Petrucci erbot sich, diese Expedition mitzumachen, um durch seine Anwesenheit seinen Reitern Muth einzuflößen.

« Um neun Uhr Morgens brach nun demgemäß nach Lecce auf. Unterwegs stieß man auf zwei- bis dreihundert Jäger, welche aus der Stadt entflohen waren, weil sie nicht gegen ihre Meinung dienen wollten. Diese Mannschaften vereinigten sich mit der kleinen bourbonischen Armee, welche auf diese Weise nun über tausend Mann zählte.

Cesare zog demgemäß mit einer imposanten Streitmacht in Lecce ein.

Andreoli hatte sich in das Castell zurückgezogen und in dasselbe eingeschlossen. Cesare ließ ihn auffordern, sich zu ergeben, und gab, als er sich weigerte, Befehl zum sofortigen Angriff.

Der Widerstand dauerte nicht lange. Gleich bei den ersten Musketenschüssen öffnete die Garnison eine ins Freie führende Thür und entfloh durch dieselbe.

Dieser Sieg war, obschon leicht, doch von großer Bedeutung. Es war der erste Zusammenstoß, welcher zwischen den Roylisten und den Republikanern stattgefunden, und die Republikaner hatten gleich auf die ersten Flintenschüsse den Platz geräumt.

Wir sagen absichtlich nochmals: »auf die ersten Flintenschüsse,« denn der Kanonen hätte man sich nicht bedienen können.

Man hatte, nämlich nun wohl Artillerie, aber noch keine Artilleristen.

Die Freude war groß. Sämtliche Glocken in Lecce und der Umgegend begannen zu läuten, um den Triumph des Herzogs von Calabrien zu feiern. Abends war die Stadt glänzend erleuchtet.

Am Tage nach der Einnahme von Lecce sah man den durch das Glockengeläute angelockten Fra Pacifico eintreffen. Er hatte sich seiner Mission in den beiden Städten treulich und klug entledigt und berichten nun gleichzeitig Gutes und Böses.

Das Gute bestand darin, daß Tarent bereit war, seine Thore ohne Schwertstreich zu öffnen.

Das Böse bestand darin, daß dagegen Martina sich bereit erklärte, sich bis aufs Aeußersten zu vertheidigen.

Demgemäß beschloß man die kleine Armee in zwei Trupps zu theilen. Der eine dieser Trupps sollte unter Boccheciampes Führung Tarent vollständig für die bourbonische Partei gewinnen und der andere unter Cesare’s Führung langsam auf Martina marschieren, so daß Boccheciampes Colonne ihn einholen könne, ehe er unter den Mauern der Stadt angelangt wäre.

Tarent öffnete, wie Fra Pacifico vorhergesagt, seine Thore, ohne auch nur erst die militärische Aufforderung abzuwarten, und die Bewohner kamen Boccheciampe mit der königlichen Fahne in der Hand entgegen.«

Anders aber war es in Martina. Hier hatte die Stadtbehörde die Vertheidigung beschlossen und einen Preis auf die Köpfe der beiden Prinzen gesetzt, einen von dreitausend Ducaten auf den des Herzogs von Calabrien und einen zweiten von fünfzehnhundert Dukaten auf den des Herzogs von Sachsen.

Man wird vielleicht finden, daß diese Preise eben nicht sonderlich hoch waren; die Stadt Martina war aber durchaus nicht reich.

Eine Viertelstunde vor der Stadt stieß Boccheciampe’s Colonne auf die Cesares und nachdem die Vereinigung bewirkt war, beschloß man einen Sturm auf die Stadt zu unternehmen. Dieser Beschluß worin Anbetracht, daß man wohl Artillerie, aber keine Artilleristen hatte, ein beinahe tollkühner zu nennen.

Man versuchte demgemäß ehe man handgemein würde, alle möglichen Mittel zu einer gütlichen Verständigung.

Man rief einen Trompeter herbei, ließ ihn zu Pferde steigen und gab ihm eine Proclamation an die Bewohner von Martina, worin ihnen mitgetheilt ward, daß die königlichen Truppen, weit entfernt, die geringste Feindseligkeit gegen die Martinesier begehen zu wollen, von denselben weiter nichts verlangten, als Gehorsam gegen ihren legitimen Herrscher. Sollten sie sich jedoch weigern, dieser gerechten Aufforderung nachzukommen, so solle dann das Loos der Waffen die Frage entscheiden.

Der Trompeter ritt fort, während die Blicke der ganzen bourbonischen Armee und besonders die der beiden Anführer ihm folgten.

Er konnte jedoch seinen Auftrag nicht ausrichten, denn in dem Augenblick, wo er in Schußweite kam, ward er mit einer furchtbaren Salve begrüßt und Mann und Roß wälzten sich auf dem Pflaster.

Aber nur das Pferd war todt. Der Mann erhob sich wieder, und obschon er den Hinweg zu Pferde gemacht und den Herweg zu Fuße machen mußte, so legte er gleichwohl letztern viel schneller zurück als erstern.

Die beiden Anführer gaben sofort Befehl zum Sturm und rückten unter einem Kugelregen gegen die Stadt vor, griffen die vor dem Thor stehenden vorgeschobenen Posten an und zwangen sie in die Stadt zurückzukehren.

In diesem Augenblicke aber kam ein sündflutartiger Regen und Hagelschlag den Belagerten zu Hilfe und hinderte die königlichen Truppen, ihren Sieg weiter zu verfolgen. Da ferner unmittelbar nach dem Regen die Nacht einbrach, so sah man sich genöthigt, die Fortsetzung der Belagerung auf den nächstfolgenden Tag zu verschieben.

Fra Pacifico hatte an dem Kampfe keinen Antheil genommen, war aber deswegen nicht unthätig geblieben.

In Lecce, in Tarent, unterwegs, überall hatte er unter der Zahl der Freiwilligen, welche sich dem kleinen Trupp angeschlossen, Mönche gefunden.

Diese Mönche gehörten beinahe alle dem Minoritenorden, das heißt dem des heil. Franciscus, an.

Fra Pacifico, der mit einer Mission vom Cardinal beauftragt war, übte natürlich eine gewisse Suprematie über diese Leute aus. Demzufolge hatte er sie exercirt und, damit die beiden Geschützt nicht unthätig blieben, im Bedienen derselben unterrichtet.

Demzufolge sah man noch am Abend des Scharmützels zum großen Erstaunen der beiden Anführer und zur nicht geringen Erbauung der Armee zwölf Mönche, je sechs Mann, an die beiden Kanonen gespannt, welche auf diese Weise auf eine kleine die Stadt beherrschende Anhöhe dem Thor gegenüber hinaufgeschleppt wurden.

Am nächstfolgenden Morgen mit Tagesanbruch waren die beiden Geschütze schulgerecht aufgepflanzt.

Cesare, welcher bei Tagesanbruch diese von Fra Pacifico getroffenen Anordnungen sah, wollte die Batterie selbst besuchen. Hier ward Alles durch ein einziges Wort erklärt.

Am Bord der »Minerva« war Frau Pacifico während seiner Dienstzeit Oberkanonier gewesen. Jetzt hatte er sich nicht blos selbst wieder seines alten Handwerks erinnert, sondern es während der letztvergangenen zwei oder drei Tage auch den von ihm exercirten Mönchen gelehrt.

Cesare ernannte ihn sofort zum Anführer der Artillerie.

Trotz dieses Zuwachses in seinem Angriffsmaterial, eines Zuwachses, der ihm den Sieg versprach, wollte Cesare immer noch mit Mäßigung gegen die Martinesier zu Werke gehen und schickte daher einen zweiten Parlamentär an sie ab, welcher dieselben Instructionen hatte wie der erste.

Als die Martinesier jedoch den Parlamentär innerhalb Schußweite sahen, begannen sie auf ihn eben so zu feuern, wie sie aus den ersten gefeuert.

 

Zur Antwort auf dieses Feuer krachten Fra Pacifico’s beide Geschütze und sendeten den Vertheidigern der Mauern einen Kartätschenhagel, der sie decimirte.

Bei dieser Kundgebung einer nicht geahnten Artillerie, welche ohne erst um Erlaubniß zu bitten, sich in die Conversation mischte und sofort ein Dutzend Feinde niederstreckte, trat in den Reihen der Belagerten ein Augenblick des Zögerns ein.

Die royalistischen Anführer benützten denselben.

Beide gebotene Corsen und tapfer wie Corsen, vergaßen sie ihre angebliche Vornehmheit und stürzten jeder mit einem Beil in der Hand auf das Thor los, welches sie sofort einzuschlagen begannen.

Die ganze Armee folgte ihnen mit Enthusiasmus. Die Calabresen hatten noch niemals davon gehört, daß Prinzen bei einer Belagerung die Arbeit von Pionieren und Capuziner die von Artilleristen verrichteten. Das Thor ward binnen wenigen Augenblicken gesprengt und mit Cesare und Boccheciampe an der Spitze drang die kleine Armee in die Stadt wie ein Strom, der seinen Damm durchbrochen hat.

Die Martinesier versuchten diesen Menschenstrom aufzuhalten, ihre Häuser und die freien Plätze zu vertheidigen, sich in den Kirchen zu verschanzen. Schritt um Schritt verfolgt, aus nächster Nähe niedergeschossen, konnten sie sich nicht wieder sammeln, sondern sahen sich gezwungen, die Stadt in wilder Unordnung und als Fliehende durch das Thor zu verlassen, welches dem, zu welchem die Bourbonisten eingedrungen, entgegengesetzt war.

Eine einzige kleine Gruppe von Republikanern sammelte sich um den Freiheitsbaum und ließ sich hier vom ersten bis letzten Mann niedermachen.

Der Freiheitsbaum fiel ebenso wie seine Vertheidiger, ward in Stücke gespalten und zu einem Scheiterhaufen umgestaltet, auf welchem man die Todten und mit denselben auch einige Lebendige verbrannte.

Auch diesmal thaten Cesare und Boccheciampe Alles, was sie konnten, um dem Gemetzel Einhalt zu thun. Es herrschte jedoch unter den Siegern ein solcher Blutdurst, daß diese menschenfreundlichen Bestrebungen von einem weit ungünstigeren Erfolg begleitet waren als in den anderen Städten.

Auf den Fall von Martina folgte der von Aquaviva, und unsere beiden Abenteurer glaubten, es sei nun in der Provinz Alles wieder in das alte Gleis zurückgebracht, als sie erfuhren, daß Bari, trotz des an Martina und Aquaviva statuierten Exempels, die republikanische Regierung proklamiert und geschworen hatte, dieselbe aufrecht zu erhalten.

Dies war dieser Stadt um so leichter, als sie auf dem Seewege einen Succurs von sieben- bis achthundert Mann Franzosen erhalten hatte.

Cesare und Boccheciampe fragten sich eben, ob sie Bari trotz dieser Verstärkung angreifen, oder, die von französischen Bajonneten unterstützte Revolution hinter sich lassend, sich, den Befehlen des Cardinals folgend, mit ihm vereinigen sollten.

Während sie noch so unschlüssig waren, erfuhren sie, daß die Franzosen Bari verlassen hatten und gegen Casa Massima verrückten.

Sie wußten, daß die französische Colonne nur siebenhundert Mann zählte. Die bourbonische Armee zählte deren beinahe zweitausend, das heißt eine beinahe dreifache Streitmacht.

Sie beschlossen deshalb es auf einen Zusammenstoß mit den regulären Truppen ankommen zu lassen.

Uebrigens war dies eine Extremität, zu welcher man ja auf jeden Fall gelangen mußte.

Um sich ihres Vortheils aber noch mehr zu versichern, beschlossen die beiden Freunde den Franzosen einen Hinterhalt zu legen. Sie theilten deshalb ihre Truppen. Boccheciampe ließ tausend Mann dem vorgeblichen Kronprinzen und rückte mit den andern tausend Mann auf der Straße von Monteroni vor.

In dem Thal fand er einen Ort, der zu einem Hinterhalt geeignet war, und setzte sich mit seinen Truppen hier fest.

Cesare dagegen hielt sich auf der Höhe von Casa Massima in Sicht, denn er hoffte auf diese Weise die Blicke des Feindes auf sich zu ziehen und von Boccheciampe’s Hinterhalt abzulenken.

Boccheciampe sollte die Franzosen angreifen und Cesare die Unordnung, welche dieser Angriff in ihren Reihen verursachen würde, benutzen, um über sie herzufallen und sie vollends in die Flucht zu schlagen.

Cesare hatte in Martina und in Aquaviva eine Contribution von zwölf Pferden erhoben, die er Fra Pacifico für seine Artillerie gegeben, welche immer noch durch seine zwölf Mönche bedient ward, die, da er sie dreimal täglich exerciren ließ, ganz vortreffliche Artilleristen geworden waren.

Diesmal postierte man Fra Pacifico und seine Kanonen auf die Landstraße, damit er sich überall hinwenden könnte, wo er gebraucht würde.

Dann wartete man.

Alles kam so, wie man es vorausgesehen, ausgenommen die Entwicklung.

Die nur mit Cesare und dessen Leuten, welche sie auf der Höhe des Hügels von Casa Massima gewahrtem beschäftigten Franzosen gingen richtig in den ihnen von Boccheciampe gelegten Hinterhalt. Mit Nachdruck angegriffen und anfangs nicht wissend, mit wem sie zu thun hätten, ließen sie in ihren Reihen eine zögernde Bewegung eintreten. Sobald sie aber erkannt, was für einen Feind sie zu bekämpfen hatten, zogen sie sich auf dem Gipfel eines sich an den Wald lehnenden Hügels zusammen und marschierten von hier aus, durch ihre Artillerie unterstützt, im Sturmschritt und mit gefälltem Bajonnet auf Boccheciampe los.

In diesem Augenblick wollte der Zufall, daß unter den Bourbonisten sich das Gerücht verbreitete, eine starke Colonne von Patrioten rücke von Bari an, um ihnen in den Rücken zu fallen.

Nun war Alles aus. Die bewaffneten Garben, die Campieri, die Jäger von Lecce waren die Ersten, welche die Flucht ergriffen, und die ganze übrige Colonne folgte ihrem Beispiel.

Vergebens stürzte Cesare an der Spitze einiger treugebliebenen Reiter sich mitten in das Handgemenge hinein. Er konnte die Fliehenden nicht wieder sammeln.

Ein panischer Schrecken hatte sich seiner Leute bemächtigt. Zum Glück für die beiden Abenteurer glaubten die so nachdrücklich angegriffenen Franzosen, als sie nicht blos jeden Angriff, sondern auch jeden Widerstand aufhören sahen, an irgend eine Kriegslist, welche den Zweck hätte, sie in einen zweiten Hinterhalt zu locken.

Deshalb machten sie anfangs kurz Halt, und setzten dann ihren Marsch nur langsam und unter Beobachtung der größten Vorsicht fort.

Es dauerte jedoch nicht lange, so erkannten sie, daß es sich hier um eine wirkliche Niederlage handle, und die republikanische Cavallerie brach daher zur Verfolgung der Fliehenden auf.

In dem Augenblicke, wo sie die Landstraße erreichte, begrüßte Fra Pacifico sie mit zwei Kartätschenschüssen,, die ihnen einige Pferde und einige Mann kosteten. Dann ergriff er mit Zurücklassung eines umgestürzten Munitionswagens, und nachdem er eine mit einer Pulverschlange in Verbindung stehende Lunte gelegt, mit seiner übrigen Artillerie eiligst die Flucht.

Nun wollte der Zufall oder auch eine richtige Berechnung von Seiten Pacifico‘s, daß in demselben Augenblick, wo die Dragoner, um nicht auf den umgestürzten und den Weg versperrenden Munitionswagen zu stoßen, sich in zwei Glieder theilten , welche zu beiden Seiten um den Wagen herumritten, das Feuer sich von der Pulverschlange und von dieser dem Munitionswagen mittheilte, welcher mit furchtbarem Gekrach in die Luft flog und die Pferde und Menschen, welche in das Bereich seiner Trümmer kamen, in Stücke riß.

Damit kam die Verfolgung zum Stillstand. Die Franzosen fürchteten einen neuen Fallstrick von derselben Art, und die Bourbonisten konnten sich daher zurückziehen, ohne weiter belästigt zu werden.

Die Glorie aber, welche sich bis jetzt an ihre göttliche Mission geknüpft, war damit zerstört. Gleich bei dem ersten Kampf mit den republikanischen Truppen waren sie, obgleich diesen dreimal an Zahl überlegen; besiegt worden.

Von den zweitausend Mann, welche die beiden jungen Abenteurer vor dem Kampfe hatten, blieben ihnen kaum fünfhundert.

Die andern hatten sich zerstreut.

Man kam überein, daß Cesare mit vierhundert Mann sich dem Cardinal anschließen und Boccheciampe mit hundert Mann nach Brindisi begeben sollte, um hier wo möglich wieder eine Colonne zu organisieren, womit er seinerseits wieder zu dem Kern der sanfedistischen Armee stoßen könnte.