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La San Felice

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»Jetzt, wo Sie, Eminenz, etwas weniger Arbeit haben, werde ich wagen Sie zu bitten, mich regelmäßig von allen vorkommenden wichtigeren Dingen zu unterrichtete, und Sie können darauf rechnen, daß ich Ihnen stets meine aufrichtige Meinung sagen werde. Ein einziger Umstand betrübt mich und zwar der, daß ich Sie nicht mündlich der tiefen und ewigen Dankbarkeit und Achtung versichern kann, womit ich bin Ihre aufrichtige Freundin

Caroline.«

Nach dem, was wir unseren Lesern durch die vorstehenden Einzelheiten, durch die Briefe des königlichen Ehepaares, welche man schon früher, und durch die der Königin, welche man soeben gelesen, dargethan haben, ist es leicht zu sehen, daß der Cardinal Ruffo, welchem wir uns gedrungen fühlen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, bei jener furchtbaren Reaction von 1799 der Sündenbock des Königthums gewesen ist. Der Romanschreiber hat schon einige der Irrthümer der Historiker verbessert – eigennützige und vorsätzliche Irrthümer von Seiten der royalistischen Schriftsteller, welche den Cardinal in den Augen der Nachwelt für die Metzeleien verantwortlich machen wollen, welche auf Anstiften eines herzlosen Königs und einer rachsüchtigen Königin verübt wurden; – unschuldige Irrthümer von Seiten patriotischer Schriftsteller, welche, da sie nicht die Documente besahen die nur der Sturz eines Thrones in die Hände eines unparteiischen Schriftstellers bringen kann, nicht gewagt haben, gegen zwei gekrönte Häupter eine so furchtbare Anklage auszusprechen, weshalb sie bemüht gewesen sind, ihnen nicht blos einen Mitschuldigen, sondern auch einen Anstifter zu suchen.

Jetzt nehmen wir unsere Erzählung wieder auf. Wir sind nicht blos noch nicht am Ende, sondern auch kaum erst am Anfange der Schmach und des Blutes.

Dreizehntes Capitel.
Was den Oberst Mejean abhielt, in der Nacht vom 27. zum 28. Juni mit Salvato das Castell San Elmo zu verlassen

Man erinnert sich, daß Salvato und Luisa, weil sie, nicht zu Ruffo’s Wort, wohl aber zu Nelsons Zustimmung wenig Vertrauen hegten, ein Asyl im Castell San Elmo gesucht hatten, und ebensowenig hat man vergessen, daß dieses Asyl von dem Geschäftsmann Mejean gegen eine Summe von zwanzigtausend Francs à Person bewilligt worden.

Salvato hatte, wie man sich ebenfalls erinnert, auf einer raschen Reise, die er nach Molisa gemacht, eine Summe von zweihunderttausend Francs zusammengebracht.

Von dieser Summe waren ziemlich fünfzigtausend Francs für Organisation seiner calabresischen Freiwilligen für die Ausgaben, welche die Bedürfnisse der Aermsten nöthig gemacht, für Unterstützung von Verwundeten und für Geschenke an Untergebene, welche ihnen während ihres Aufenthalts im Castello Nuovo verschiedene Dienste geleistet, daraufgegangen.

Einhundertundfünfundzwanzigtausend Francs waren, wie Salvato seinem Vater geschrieben, in einer Cassette am Fuße von Virgils Lorbeerbaum nicht weit von der Grotte von Poszuolo vergraben worden.

In dem Augenblick, wo Salvato sich von Michele, welcher das Loos seiner Cameraden getheilt und sich an Bord der Tartanen eingeschifft, trennte, hatte er ihn, damit er nicht im Auslande ganz mittellos dastünde, bewogen, eine Summe von dreitausend Francs anzunehmen.

Es blieb Salvato daher in dem Augenblick, wo er sich in das Castell San Elmo flüchtete, eine Summe von zwei- bis dreiundzwanzigtausend Francs. Das Erste, was er in dem Augenblick, wo er für den Preis von vierzigtausend Francs die zwischen dem Commandanten des Castells San Elmo und ihm verabredete Gastfreundschaft in Anspruch nahm, that, war, daß er dem Oberst Mejean die Hälfte der festgestellten Summe, das heißt zwanzigtausend Francs, zahlte und ihm zugleich den Rest für die nächstfolgende Nacht versprach.

Der Oberst Mejean zählte die zwanzigtausend Francs mit der größten Genauigkeit und führte, nachdem er die Summe richtig gefunden und in das Schubfach seines Bureaus verschlossen, Salvato und Luisa in die beiden besten Zimmer des Castells.

Als der Abend kam, meldete Salvato dem Oberst Mejean, daß er einen nächtlichen Gang thun müsse. Deshalb bat er ihn, ihm die Parole zu geben, damit er, nachdem er diesen Gang verrichtet, wieder Einlaß in das Castell erhielte.

Mejean antwortete, Salvato müsse besser als Jemand die Strenge der militärischen Vorschriften kennen. Es sei ihm unmöglich, irgend Jemanden, sei es wer da wolle, eine Parole anzuvertrauen, welche, wenn sie von einem verrätherischen Ohr erlauscht würde, die Sicherheit des Castells gefährden könne.

Der er jedoch errieth, weshalb Salvato das Castell auf kurze Zeit zu verlassen wünschte, so fügte er hinzu, er könne Salvato von einem seiner Officiere begleiten lassen, oder, wenn seine Gesellschaft ihm lieber wäre, ihn selbst begleiten.

Salvato antwortete, die Gesellschaft des Oberst Mejean wäre ihm angenehmer als sonst etwas, und wenn der Oberst sonst keine Abhaltung hätte, so könnte dieser Ausgang noch in derselben Nacht stattfinden.

Dies war aber unmöglich, da dem Oberstlieutenant, dem für diesen Fall das Commando des Castells anvertraut werden mußte, erst im Laufe des drittnächsten Tages zurückkehren sollte.

Der Oberst setzte übrigens sehr galant hinzu, wenn es sich um Bezahlung der noch restirenden zwanzigtausend Francs handle, so könne er, da er ein lebendiges Pfand in den Händen habe und die Hälfte der verabredeten Summe bereits bezahlt sei, recht wohl einige Tage warten.

Salvato antwortete, kurze Rechnung mache lange Freundschaft, und je eher er dem Obersten die noch schuldigen zwanzigtausend Francs zahlen könne, desto besser werde es für beide sein.

Die Wahrheit war, daß der Oberst Mejean die nächstfolgende Nacht zu einer persönlichen Unterhandlung bestimmt hatte.

Er wollte bei dem Cardinal Ruffo eine zweite Eröffnung ansuchen und hatte ihn demzufolge um sicheres Geleit für einen seiner Officiere ersucht, den er mit neuen Vorschlägen wegen Uebergabe des Castells beauftragt.

Dieser Officier war er selbst.

Man wird uns nicht beschuldigen, daß wir unsere Landsleute schonen. Es finden sich von dem Commissär Faypoult bis zum Oberst Mejean in dieser ganzen Angelegenheit der Eroberung von Neapel einige Elende, wie die den Armeen folgenden Bureaux deren stets aufzuweisen haben, und eben so wie wir die gerühmt, welche Anspruch auf Ruhm haben, müssen wir auch die Schande derer aufdecken, welche aus weiter nichts ein Recht haben, als eben auf Schande.

Die Pflicht des Cardinals Ruffo war, alle Eröffnungen entgegen zu nehmen, welche den Zweck hatten, das Blutvergießen zu mindern. Er schickte daher zu der gewünschten Stunde, nämlich um zehn Uhr Abends, den Marquis Malaspina, Träger des freien Geleites, und gab ihm eine Escorte von zehn Mann.

Der Oberst Mejean legte Civilkleider an, ertheilte sich selbst Vollmacht zum Unterhandeln und folgte, indem er sich für den Secretär des Commandanten des Castells ausgab, dem Marquis Malaspina und seinen zehn Mann.

Um elf Uhr langte der vorgebliche Secretär im Hause des Cardinals an und ward sofort bei Seiner Eminenz eingeführt.

Diese Unterredung – wir sehen uns durch die verschiedenen Verzweigungen der zahlreichen Episoden unserer Geschichte genöthigt, einige Schritte zurückzuthun – fand in der Nacht vom 27. zum 28. Juni statt, ehe noch der Cardinal den Wortbruch des Admirals Nelson kannte, und als er im Laufe des Tages von den Capitänen Truebridge und Ball die Versicherung erhalten hatte, der Admiral werde sich der Einschiffung der Patrioten nicht widersetzen, weshalb er noch an die treue Beobachtung der Verträge glaubte.

Der Oberst Mejean hatte, wie wir erzählt, bereits einen ersten Versuch bei dem Cardinal gemacht, einen Versuch, der durch die einfache Antwort zurückgewiesen worden war: »Ich führe Krieg mit Eisen, aber nicht mit Gold.«

Der Cardinal Ruffo, welcher schon gegen Mejean eingenommen war, empfing daher seinen Secretär oder vielmehr, ohne es zu ahnen, ihn selbst, mit eben nicht freundlicher Miene.

»Nun, mein Herr,« sagte er, »sind Sie beauftragt, mir mündlich, ich will nicht sagen vernünftigere, aber doch wenigstens militärischere Vorschläge zu machen, als die man mir früher schriftlich gemacht hat und aus welche Sie ohne Zweifel meine Antwort kennen?«

Mejean biß sich auf die Unterlippe.

»Meine Vorschläge, das heißt die des Oberst Mejean, welchen ich die Ehre habe bei Ihnen, Eminenz, zu vertreten,« sagte er, »haben zwei Seiten: eine specifische, mit welcher die Humanität mir befiehlt zu beginnen, und eine militärische, auf welche der Oberst nur im äußersten Nothfalle zurückkommen wird, auf die er aber zurückkommen muß, wenn Sie ihn dazu zwingen, Eminenz.«

»Ich höre, mein Herr.«

»Meine Cameraden oder vielmehr die Cameraden des Oberst Mejean, der Commandant Massa und der Commandant Aurora, haben unterhandelt und Bedingungen zugestanden erhalten, mit welchen Rebellen nur zufrieden sein können. Nicht so aber ist es mit dem Oberst Mejean. Dieser ist kein Rebell, sondern ein Feind und zwar ein mächtiger Feind, weil er Frankreich repräsentiert. Wenn er unterhandelt, so hat er daher ein Recht auf eine bessere Capitulation als die der Herren Aurora und Massa.«

»Dies ist nur zu richtig,« antwortete der Cardinal. »und die Capitulation, welche ich biete, ist folgende: Die Franzosen verlassen das Castell San Elmo mit klingendem Spiel, brennender Lunte, kurz mit allen Kriegsehren, und begeben sich zu ihren noch in Capua und Gaëte garnisonirenden Landsleuten ohne irgend eine Verbindlichkeit, welche ihren freien Willen beschränkt.«

»Ich sehe aber hierin keinen erheblichen Unterschied zwischen dem von Ew. Eminenz mit den Commandanten Massa und Aurora abgeschlossenen Vertrag. Diese zogen ebenfalls mit klingendem Spiel und brennenden Lunten ab und hatten das Recht, in Neapel zu bleiben, oder sich nach Frankreich zurückzuziehen.«

 

»Ja, aber am Strande, ehe sie sich einschifften, legten sie die Waffen nieder.«

»Dies war, wie Sie selbst zugeben werden, Eminenz, eine bloße Formalität. Was sollten rebellische Bürger, welche in die Verbannung gehen oder daheim bleiben, mit ihren Waffen machen?«

»Dann ist bei Ihnen, mein Herr – wenigstens scheint mir dies so – die Frage des militärischen Stolzes eine ganz unbedeutende Nebenfrage.«

»Es ist dies die Frage, womit man Fanatiker und Narren am Gängelbande führt. Intelligente Leute – und Sie werden es mir nicht übelnehmen, Eminenz, wenn ich Sie zu dieser letzteren Kategorie rechne, – intelligente Leute sehen über diesen Dunst, den man die Eitelkeit nennt, hinweg.«

»Und was sehen Sie, mein Herr, oder vielmehr was sieht der Commandant Mejean jenseits dieses Dunstes, welchen man die Eitelkeit nennt?«

»Er sieht ein Geschäft und zwar ein gutes Geschäft für Ew. Eminenz und sich selbst.«

»Ein gutes Geschäft? Auf Geschäfte verstehe ich mich schlecht, mein Herr, dies sage ich Ihnen im Voraus. Doch gleichviel, erklären Sie sich näher.«

»Von den drei Castellen sind zwei allerdings übergeben, das dritte aber ist sowohl in Folge seiner Lage als der Streitmacht, durch die es vertheidigt wird, beinahe uneinnehmbar, oder macht doch wenigstens eine lange Belagerung nothwendig. Wo sind Ihre Ingenieure, wo sind Ihre Geschütze von schwerem Caliber, wo ist Ihre Armee, um die Belagerung seiner Citadelle, wie die ist, welche der Oberst Mejean kommandiert, durchzuführen? Sie werden unterliegen, wenn Sie am Ziel zu stehen glauben, und diese Niederlage wird Ihnen das ganze Verdienst eines herrlichen Feldzugs rauben, während Sie mittelst einiger elenden hunderttausend Livres, welche, wenn Sie dieselben nicht haben, binnen zwei Stunden in Neapel aufbringen lassen können, dem Bauwerk der Restauration die Krone aussetzen und zu dem König sagen können: »Sire der General Mack verlor mit einer Armee von sechzigtausend Mann, mit hundert Kanonen, mit einem Schatz von zwanzig Millionen die römischen Staaten, Neapel, Calabrien, mit einem Worte das Königreich; ich dagegen habe mit einigen Bauern Alles, was der General Mark verloren hatte, wiedererobert. Allerdings hat es mir fünfhunderttausend oder eine Million Francs gekostet, das Castell San Elmo zu nehmen, aber was ist eine Million im Vergleich zu dem Schaden, den es thun konnte? Sie wissen ja, Sire, können Sie hinzufügen, besser als irgend Jemand, daß das Castell San Elmo nicht erbaut worden ist, um Neapel zu vertheidigen, sondern um es zu bedrohen, und der Beweis dafür ist, daß ein von Ihrem erhabenen Vater erlassenes Gesetz existiert, welches verbietet Häuser zu erbauen, welche eine gewisse Höhe überschreiten, weil sie in einer gewissen Höhe das Spiel der Kugeln und Haubitzen beeinträchtigen könnten. Würde nun aber Neapel bombardiert, so wäre dies nicht ein Verlust von fünfhunderttausend Francs oder einer Million, sondern ein unberechenbarer Verlust! – Wenn Sie Ihre Handlungsweise auf diese Art erklären, so werden Sie finden, daß der König ein viel zu verständiger Mann ist, als daß er Ihnen nicht Recht geben sollte.«

»Dann,« fragte der Cardinal, »gedenkt also der Oberst Mejean im Falle einer Belagerung des Castells die Stadt zu bombardieren?«

»Jawohl, versteht sich.«

»Dies wäre aber eine zwecklose Schändlichkeit.«

Ich bitte um Verzeihung, Eminenz, es würde sich hier blos um rechtmäßige Vertheidigung handeln. Man greift uns an, wir wehren uns.«

»Ja, aber wehren Sie sich nur nach der Richtung, von welcher aus man Sie angreift, und da man Sie von der der Stadt entgegengesetzten Richtung angreifen wird, so können Sie sich doch nicht in der der Stadt zugekehrten wehren.«

»Ja, aber wer kann wissen, wohin die Kugeln und Bomben fliegen.«

»Sie fliegen dahin« wohin man Sie richtet, das ist eine bekannte Sache.«

»Nun gut« dann wird man sie nach der Stadt richten-

»Entschuldigen Sie, mein Herr, wenn Sie anstatt Civilkleidern eine Uniform trügen, so würden Sie wissen, daß eines der ersten Kriegsgesetze den Belagerten verbietet, auf die Häuser zu schießen, von welchen der Angriff nicht herkommt. Da nun die Batterien, welche man gegen das Fort San Elmo aufpflanzen wird, auf der der Stadt entgegengesetzten Seite sich befinden werden, so kann das Feuer des Castells San Elmo, wenn man nicht alle Rücksichten, welche bei civilisirten Völkern Geltung haben, aus den Augen setzen will, keine einzige Kugel, keine einzige Haubitze und keine einzige Bombe nach der den Angriffsbatterien entgegengesetzten Richtung schleudern. Beharren Sie daher nicht auf einem Irrthum, den der Oberst Mejean, wenn ich die Ehre hätte mit ihm anstatt mit Ihnen zu diskutieren, sicherlich nicht begehen würde.«

»Wenn er ihn aber dennoch beginge und anstatt ihn anzuerkennen dabei beharrte, was würden Sie dann sagen, Eminenz?«

»Ich würde sagen, mein Herr, daß er, da er von den von allen civilisirten Völkern anerkannten Gesetzen abweicht – Gesetzen, welche Frankreich, das an der Spitze der Civilisation zu stehen vorgibt, besser als irgend ein anderes Land kennen muß – darauf gefaßt sein muß, selbst als Barbar behandelt zu werden. Da es nun keine uneinnehmbare Festung gibt, und folglich auch das Castell San Elmo früher oder später genommen werden würde, so würde er dann mit seiner ganzen Mannschaft an den Thürmen der Citadelle aufgeknüpft werden.«

»Zum Teufel, das wäre ein wenig stark, Monsignore,« sagte der angebliche Secretär mit erheuchelter Heiterkeit.

»Und dies ist noch nicht Alles,« sagte der Cardinal, indem er sich erhob und sich mit den Händen auf den Tisch stützend den Abgesandten unverwandt anschaute.

»Wie, es wäre dies noch nicht Alles? Es würde ihm, nachdem er gehängt wäre, noch etwas passieren?«

»Nein, wohl aber vorher, mein Herr.«

»Und was wäre dies, Monsignore?«

»Der Cardinal Ruffo, welcher es seines Charakters und Ranges unwürdig findet, die Interessen der Könige und das Leben der Menschen noch länger mit einem Schurken dieser Art zu diskutieren, würde ihn auffordern, sein Haus zu verlassen, und wenn er nicht augenblicklich gehorchte, ihn zum Fenster hinauswerfen lassen.«

Der Abgesandte stutzte.

»Aber,« fuhr Ruffo, indem er seine Stimme bis zur Courtoisie und sein Gesicht bis zum Lächeln milderte, hinzu, »da Sie nicht der Commandant des Castells San Elmo, sondern blos der Abgesandte desselben sind, so werde ich mich damit begnügen, daß ich Sie, mein Herr, bitte, ihm Wort für Wort die Conversation, die wir so eben mit einander gehabt, mitzutheilen,und ihm auf das Bestimmteste zu versichern, daß jede neue Unterhandlung, die er in Zukunft mit mir vielleicht versuchen wollte, eben so erfolglos bleiben würde wie die zeitherigen.«

Mit diesen Worten verneigte sich der Cardinal und zeigte mit halb artigen halb gebieterischer Geberde auf die Thür, und der Oberst entfernte sich mehr mit dem Gefühle der Wuth, seine Spekulation abermals fehlgeschlagen zu sehen, als der Demüthigung und Scham über den ihm zugefügten Schimpf.

Vierzehntes Capitel.
Worin bewiesen wird, daß Bruder Joseph über Salvato wachte

Am Morgen des 27. hatten Salvato und Luisa das Castell Nuovo verlassen, um sich nach dem Fort San Elmo zu begeben, und an demselben Tage sollten die Castelle den Engländern übergeben und die Patrioten eingeschifft werden.

Von der Höhe der Wälle herab konnten Salvato und Luisa sehen, wie die Engländer die Forts in Besitz nahmen, und wie die Patrioten in die Tartanen stiegen.

Obgleich Alles gesetzmäßig und den Bedingungen des Vertrages gemäß zu geschehen schien, so zweifelte Salvato doch noch immer an der vollständigen Ausführung desselben.

Wahr ist es, daß den ganzen Tag über und auch am Abende des 27. der Wind aus Westen geweht hatte, so daß die Tartanen nicht absegeln konnten.

In der Nacht vom 27. zum 28. aber war der Wind nach Nordnordwest umgesprungen, und folglich äußerst günstig für die Abfahrt, aber doch rührten sich die Tartanen nicht von der Stelle.

Salvato, auf dessen Arm Luisa sich stützte, sah unruhig vom Walle auf die Schiffe herab, als der Oberst Mejean zu ihm trat, und ihm sagte, daß der Oberstlieutenant gegen seine Erwartung vierundzwanzig Stunden früher im Fort eintreffen würde, als er gedacht, und daher ihn nichts abhalte, ihn auf dem Gange zu begleiten, den er nächste Nacht zu machen gedachte.

So war man über die Sache einig.

Der Tag ward mit Vermuthungen hingebracht. Immer noch blieb der Wind günstig, und immer noch sah Salvato nicht, daß man sich zur Abreise vorbereite. Er war der Ueberzeugung, daß eine Katastrophe im Entstehen begriffen sei.

Von dem hochgelegenen Punkte aus, wo sich Salvato befand, konnte er den ganzen Golf überschauen, und mit Hilfe eines Fernglases Alles sehen, was auf den Tartanen und selbst auf den Kriegsschiffen vorging.

Gegen fünf Uhr stieß eine Barke, in welcher ein Officier und mehrere Matrosen saßen, vom »Donnerer« ab und steuerte auf eine der Tartanen zu.

Auf der Tartane, welcher sich die Barke genähert, entstand große Bewegung. Man brachte zwölf Personen aus der Tartane, welche in die Barke stiegen, diese lenkte um, und ruderte wieder nach dem »Donnerer«. Die zwölf Patrioten stiegen auf das Deck und verschwanden bald im Raume des Schiffes, um nicht wieder zum Vorscheine zu kommen.

Diese Thatsache, welche Salvato sich vergebens zu erklären suchte, gab ihm viel Stoff zum Nachdenken.

Die Nacht kam. Luisa war wegen des Ausfluges, den Mejean unternehmen sollte, in Unruhe. Salvato erklärte ihr die Ursache, indem er ihr den Handel mittheilte, den er mit Mejean geschlossen, und durch welchen er ihre gemeinsame Rettung erkauft hatte.

Luisa drückte Salvato die Hand.

»Im Falle der Noth vergiß nicht,« sagte sie, »daß ich ein ganzes Vermögen bei den armen Backers stehen habe.«

»Wäre es aber nicht besser, wenn wir dieses Vermögen, welches Dir nicht ausschließlich gehört, nicht eher als im äußersten Nothfalle angriffen?« sagte Salvato lächelnd.

Luisa machte eine bejahende Geberde.

Eine Stunde vor der Entfernung aus dem Fort, das heißt gegen elf Uhr, besprach man, ob man sich nach dem Grabe Virgils, welches eine Viertelstunde vom Fort San Elmo entfernt war, mit einer kleinen Eskorte begeben sollte, so daß es aussähe, als ob man eine Patrouille machte, oder ob Salvato und Mejean allein und in Verkleidung gehen sollten.

Man entschied sich für das Letztere und verschaffte sich zwei Bauernanzüge. Es ward ausgemacht, daß, wenn man unerwartet Jemanden begegnete, Salvato das Wort führen sollte. Er sprach nämlich den neapolitanischen Dialekt so gut, daß es unmöglich war, ihn zu erkennen.

Der Eine nahm eine Hacke, der Andere einen Spaten, und zu Mitternacht begaben sich Beide auf den Weg. Man konnte denken, es seien zwei Arbeiter, welche von der Arbeit kämen und nach Hause wanderten.

Ohne ganz dunkel zu sein, war der Himmel doch mit Wolken bedeckt, so daß der Mond von Zeit zu Zeit hinter den Dunstmassen verschwand, deren Finsterniß er nur mit Mühe durchdrang.

Mejean und Salvato gingen zu einem Pförtchen hinaus, welches dem Dorf Antiguano gegenüber lag, dann schlugen sie einen schmalen, zur linken Hand liegenden Fußsteig ein, welcher sie nach Pietra-Catella führte, von da begaben sie sich kühn in den Vomero, bogen in ein Gäßchen ein, durch welches sie aus dem Dorfe gelangten, ließen die Carone-del-Cielo links liegen, und auf dem schmalen Fußsteig, welcher nach dem Abhang des Pausilippo führt, erreichten sie das Columbarium, welches man dem Fremden gewöhnlich als das Grab Virgils nennt.

»Es ist unnöthig, mein lieber Oberst,« sagte Salvato, »Ihnen erst zu sagen, was wir hier suchen wollen.«

»Ja wohl, ich glaube einen vergrabenen Schatz.«

»Sie haben richtig gerathen. Nur ist es nicht der Mühe werth, daß man der Summe den Namen eines Schatzes gibt. Seien Sie indessen ruhig,« fuhr Salvato lächelnd fort, »sie reicht hin, um mich bei Ihnen abfinden zu können.«

Salvato schritt nach dem Lorbeerbaum, und begann mit seiner Hacke den Boden aufzuwühlen.

Mejean folgte ihm mit gierigen Blicken.

Nach fünf Minuten stieß das Eisen der Hacke auf einen harten Körper.

»Ah!l ah!« rief Mejean, welcher dem Vorgang mit einer Aufmerksamkeit folgte, welche an Angst grenzte.

»Haben Sie nicht erzählen hören, Oberst,« sagte Salvato lächelnd, »daß die Mannen der Götter die natürlichen Wächter aller Schätze waren?«

»Allerdings,« erwiederte Mejean, »nur glaube ich nicht immer Alles, was man mir erzählt. . . Aber still! Hören Sie kein Geräusch?«

Beide horchten.

»Es ist ein Karten, welcher in die Grotte von Poszuolo rollt,« erwiederte Salvato nach einigen Secunden.

 

Dann kniete er nieder und entfernte die Erde mit den Händen.

»Das ist seltsam!« sagte er. »Es scheint mir, als ob die Erde kürzlich frisch aufgeschaufelt worden wäre.«

»Freund, treiben Sie doch keinen schlechten Scherz!« rief Mejean.

»Ich treibe keinen Scherz,« sagte Salvato, indem er das Kästchen aus der Erde zog, »das Kästchen ist leer.«

Und er schauderte unwillkürlich. Er kannte Mejean zu gut, um nicht zu wissen, daß dieser ihm keine Gnade widerfahren lassen würde, und dann wollte er ihn auch gar nicht darum anflehen.

»Es ist sonderbar,« bemerkte Mejean, »daß man das Gold genommen und das Kästchen dagelassen hat. Schütteln Sie es doch einmal, vielleicht hören wir etwas klirren.«

»Das ist unnöthig! Ich fühle ja am Gewicht, daß das Kästchen leer ist. Wir wollen aber in das Columbarium gehen und es öffnen.«

»Sie haben wohl den Schüssel dazu?«

»Es öffnet sich auf einen geheimen Druck.«

So begab man sich denn in das Columbarium. Mejean zog eine kleine Blendlaterne aus der Tasche, schlug Feuer und zündete Licht an.

Salvato drückte auf die Feder des Kästchens, welches sich öffnete.

Es war in der That leer, aber anstatt des Geldes lag ein Billet darin.

Salvato und Mejean riefen bei dem Anblick desselben wie aus einem Munde:

»Ein Billet!«

»Ich verstehe,« sagte Salvato.

»Nun wohl, ist das Gold wiedergefunden?« fragte der Oberst begierig.

»Nein, es ist aber auch nicht verloren,« erwiederte der junge Mann.

Er öffnete das Billet und las beim Scheine der Blendlaterne:

»Deinem Wunsche Folge leistend, bin ich in der Nacht vom 27. zum 28. hiehergegangen um das Gold zu holen, welches sich in dem Kästchen befand. Letzteres habe ich wieder an diesem Orte vergraben, nachdem ich dieses Billet hineingelegt.

Bruder Joseph.«

»In der Nacht vom 27. zum 28.!« rief Mejean.

»Ja, so daß wir, wenn wir vorige statt heutige Nacht uns hieherbegeben hätten, gerade zur rechten Zeit gekommen wären.«

»Sie wollen doch hiermit nicht sagen, daß dies meine Schuld sei?« fragte Mejean lebhaft.

»Nein, denn das Uebel ist gar nicht so schlimm, wie Sie denken, ja vielleicht gar kein Uebel.«

»Sie kennen wohl diesen Bruder Joseph?«

»Ja.«

»Sind Sie seiner sicher?«

»Noch etwas mehr als meiner selbst.«

»Und Sie wissen, wo Sie ihn finden können?«

»Ich werde ihn nicht einmal suchen.«

»Was machen wir denn dann?«

»Nun, es bleibt bei unserer Verabredung.«

»Und die zwanzigtausend Francs?«

»Wir werden sie anders wo hernehmen als da, wo wir sie zu finden glaubten, das ist Alles.«

»Wann denn?«

»Morgen.«

»Sind Sie Ihrer Sache gewiß?«

»Ich hoffe es.«

»Und wenn Sie sich nun täuschten?«

»Dann werde ich zu Ihnen dasselbe sagen wie die Anhänger des Propheten: Gott ist groß!«

Mejean fuhr sich mit der Hund über die feuchte Stirn.

Salvato bemerkte die Todesangst des Obersten, er, dessen Heiterkeit kaum einen Augenblick getrübt worden war.

»Und jetzt,« sagte er, »müssen wir dieses Kästchen wieder an seinen Ort stellen, und uns in das Castell zurückbegeben.«

»Mit leeren Händen?« fragte der Oberst kläglich.

»Ich kehre nicht mit leeren Händen zurück, weil ich dieses Billet bei mir habe.«

»Welche Summe befand sich denn in dem Kästchen?« fragte Mejean.

»Hundertfünfundzwanzigtausend Francs,« erwiederte Salvato, indem er das Kästchen wieder an seinen Ort stellte und mit den Füßen Erde daraufschob.

»Dieses Billet gilt Ihnen wohl eben so viel wie hundertfünfundzwanzigtausend Francs?«

»Es gilt mir so viel, wie einem Sohne die Gewißheit gilt, von seinem Vater geliebt zu sein. Wir wollen aber wieder, wie ich bereits sagte, in das Castell zurückkehren, mein lieber Oberst, und morgen Früh um zehn Uhr kommen Sie zu mir.«

»Wozu?«

»Um von Luisa einen Wechsel auf zwanzigtausend Francs in Empfang zu nehmen, welcher auf das erste Bankhaus von Neapel ausgestellt sein wird.«

»Sie glauben wohl, daß es jetzt in Neapel ein Bankhaus gibt, welches zwanzigtausend Francs auf Sicht zahlen wird?«

»Ich bin dessen gewiß.«

»Ich zweifle aber daran. Die Banquiers sind nicht so dumm Zahlungen zu leisten, wenn Revolution ist.«

»Sie werden sehen, daß jene dumm genug sein werden, selbst in Revolutionszeiten Zahlungen zu leisten, und zwar aus zwei Gründen. Erstens, weil es rechtschaffene Leute waren —«

»Und zweitens?«

»Weil sie todt sind.«

»Ah, ah, der Wechsel ist also auf Backers ausgestellt?«

»Ja wohl.«

»Dann ist es allerdings etwas Anderes.«

»So haben Sie also Vertrauen?«

»Ja.«

»Nun, das ist gut!«

Mejean löschte seine Laterne aus. Er hatte einen Banquier gefunden, welcher auch zu Zeiten einer Revolution einen Wechsel auf Sicht zahlte, und das war mehr, als Diogenes in Athen verlangte.

Salvato trat mit den Füßen die Erde fest, welche das Kästchen bedeckte. Im Falle sein Vater wieder kam, sah dieser an der Entfernung des Billets, daß Salvato dagewesen war.

Mejean und Salvato gingen auf demselben Wege zurück, auf dem sie gekommen, und erreichten das Castell San Elmo bei Tagesanbruch. Die Nächte im Juni sind, wie bekannt, die kürzesten des Jahres.

Luisa erwartete die Rückkehr Salvatos stehend und vollständig angekleidet, denn ihre Unruhe hatte ihr nicht gestattet sich niederzulegen.

Salvato erzählte ihr Alles, was geschehen war.

Luisa nahm Papier und schrieb eine Anweisung an das Haus Backer auf eine Summe von zwanzigtausend Francs, auf ihr Conto und auf Sicht zahlbar.

Dann reichte sie das Papier Salvato und sagte:

»Hier, mein Freund, trage das dem Obersten hin, der arme Mann wird gewiß besser schlafen, wenn er diesen Wechsel unter sein Kopfkissen legen kann. Ich weiß wohl,« fügte sie lachend hinzu, »daß ihm immer noch unsere Köpfe blieben, wenn er die zwanzigtausend Francs nicht erhalten sollte, aber ich zweifle, ob er beide zusammen, wenn sie einmal abgeschnitten wären, auf zwanzigtausend Francs taxierte«

Luisa’s Hoffnung ward getäuscht, ebenso wie es mit der Salvato’s geschehen war. Der Richter Speciale war am Abend vorher von Procida angekommen, wo er siebenunddreißig Menschen hatte hängen und im Namen des Königs das Haus Backer sequestriren lassen.

Seit dem vorigen Abend hatten daher die Zahlungen aufgehört.