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Ruffo’s Wunsch ward dem Admiral übermittelt.

»In welcher Sprache wünscht Seine Eminenz, daß dieses Ultimatum geschrieben sei?« fragte Nelson.

»In englischer,« antwortete der Cardinal. »Ich lese das Englische und der Capitän Bailly ist ein Irländer, Übrigens liegt mir auch daran, ein so wichtiges Document vollständig von der Hand des Admirals geschrieben zu besitzen.«

Nelson gab durch eine Kopfbewegung zu verstehen, daß er kein Hinderniß sähe, welches ihn abhielte, den Wünschen des Cardinals zu genügen, und mit jener rückwärtsliegenden Schrift, welche Leuten, die mit der linken Hand schreiben, eigen zu sein pflegt, schrieb er die, folgenden Zeilen, in Bezug auf welche wir bedauern, daß wie sie während unseres Aufenthalts in Neapel nicht autographieren ließen, weil sie uns damals im Original vorlagen:

»Der Großadmiral Lord Nelson ist mit der britischen Flotte in die Bai von Neapel eingelaufen und hat hier gefunden, daß mit den Rebellen ein Tractat abgeschlossen worden, ist, der seiner Ansicht nach nicht eher zur Ausführung gelangen kann, als bis er von den sicilischen Majestäten ratificirt worden ist.

»H. Nelson.«

Der Gesandte nahm diese Erklärung aus den Händen des englischen Admirals und schickte sich an sie dem Cardinal vorzulesen. Dieser aber gab zu verstehen, daß dies nicht nöthig sei, nahm die Erklärung seinerseits aus den Händen des Gesandten, las sie, verneigte sich, als er gelesen, und sagte:

»Mylord, ich habe Sie nun blos noch um eine letzte Gefälligkeit zu bitten, nämlich mich ans Land setzen zu lassen.«

»Haben Sie die Güte, auf’s Deck zu gehen, Eminenz,« antwortete der Admiral, »und dieselben Männer, welche Sie hergebracht, werden die Ehre haben Sie wieder zurückzubefördern.«

Gleichzeitig deutete Nelson mit einer Handbewegung auf die Treppe.

Ruffo stieg die wenigen Stufen, die er vor sich hatte, hinauf und sah sich auf dem Deck.

Nelson blieb auf der ersten Stufe der Ehrentreppe stehen, bis der Cardinal in das Boot gestiegen war. Dann wechselten sie eine kalte Verbeugung.

Das Boot stieß von dem Schiffe ab und entfernte sich. Die Kanonen aber, welche dem herkömmlichen Ceremoniell zufolge den Abgang des Bootes durch dieselbe Anzahl von Schüssen hätten salutieren sollen, wie die Ankunft, blieben diesmal stumm.

Der Admiral folgte dem Cardinal eine Zeitlang mit den Augen; es dauerte jedoch nicht lange, so legte sich eine kleine Hand auf seine Schulter, während ein Hauch in sein Ohr murmelte:

»Mein lieber Horatio!«

»Ah, Sie sind es, Mylady!« sagte Nelson zusammenzuckend.

»Ja; der Mann, den wir haben benachrichtigen lassen, ist da.«

»Was für ein Mann?« fragte Nelson.

»Der Capitän Scipio Lamarra.«

»Und wo ist er?«

»Man hat ihn bei Sir William eintreten lassen.«

»Bringt er Nachrichten von Caracciolo?« fragte Nelson lebhaft.

»Das weiß ich nicht, es ist jedoch wahrscheinlich. Nur hat er es für klug gehalten, sich zu verbergen, um nicht von dem Cardinal erkannt zu werden, dessen Ordonnanzofficier er ist.«

»Gehen wir sofort zu ihm, Apropos, sind Sie mit mir zufrieden, Mylady?«

»Sie haben sich bewunderungswürdig gehalten und ich bete Sie an.«

Auf diese Versicherung hin machte Nelson sich in freudiger Stimmung auf den Weg nach Sir Williams Zimmer.

Sechstes Capitel.
Der Cardinal thut, was er kann, um die Patrioten zu retten, und die Patrioten thun, was sie können, um sich ins Verderben zu stürzen

Da wir nicht verfehlen können, bald zu erfahren, was zwischen dem Admiral Nelson und dem Capitän Scipio Lamarra gesprochen ward, so wollen wir dem Cardinal folgen, welcher, wie er selbst zu Nelson gesagt, mit dem festen Entschluß, den Tractat in jeder Beziehung aufrecht zu erhalten, ans Land zurückkehrte.

Demzufolge berief er sobald er in sein Haus an der Magdalenenbrücke zurückgekehrt war, den Minister Micheroux, den Commandanten Bailly und den Commandanten Achmet zu sich.

Er erzählte diesen, wie der Capitän Foote unterwegs dem Admiral begegnet sei und wie dieser von Palermo an Bord des »Donnerers« Sir William Hamilton und Emma Lyonna zurückgeführt, welche letztere statt aller Antwort der Königin den von dieser zerrissenen Tractat mitgebracht habe.

Hierauf berichtete er seine Unterredung mit Nelson, Sir William und Lady Hamilton und fragte die drei Herren, ob sie den schimpflichen Muth haben würden, in die Verletzung eines Tractats zu willigen, welchen sie als bevollmächtigte Gesandte ihrer Souveräne mit abschließen geholfen.

Die drei Repräsentanten , der des Königs von Sicilien, der Puls des Ersten und der des Sultans Selim, gaben bei dieser Frage alle drei gleiche Entrüstung zu erkennen.

Der Cardinal rief nun sofort seinen Secretär Sacchinelli und dictirte demselben in seinem Namen und in dem der drei anderen Unterzeichner der Capitulation den nachstehenden Protest.

Branchen wir erst zu sagen, daß dieses Aktenstück wie alle übrigen in diesem Buche veröffentlichen ein Theil der geheimen Correspondenz ist, welche wir in den Schubfächern des Königs Ferdinand des Zweiter gefunden?

Der Protest, mit welchem wir keine andere Veränderung vornehmen, als daß wir ihn übersetzen lautete:

»Der Capitulationsvertrag der Castelle von Neapel ist nützlich, nothwendig und ehrenwerth für die Waffen des Königs beider Sicilien und seiner erhabenen Verbündeten, des Königs von Großbritanien, des Kaisers aller Reussen und des Sultans der hohen ottomanischen Pforte, weil ohne fernerweites Blutvergießen durch diesen Tractat der mörderische Bruderkrieg beendet worden ist, welcher sich zwischen den Unterthanen Seiner sicilischen Majestät entsponnen, und weil dieser Tractat die Vertreibung des gemeinsamen Feindes zum Zweck hat.

»Da übrigens dieser Tractat zwischen den Commandanten der Castelle und den Repräsentanten der genannten Mächte feierlich abgeschlossen worden, so hieße es ein verabscheuungswürdiges Attentat gegen die öffentliche Treue begehen, wenn dieser Tractat verletzt oder auch nur nicht genau befolgt werden sollte. Indem daher die Repräsentanten der genannten-Mächte Lord Nelson bitten, den Tractat anzuerkennen, erklären sich zugleich, daß sie unwiderruflich entschlossen sind, ihn von Punkt zu Punkt auszuführen, und machen Jeden , der sich dieser Ausführung widersetzen wird, für seine Verletzung vor Gott und Menschen verantwortlich.

Ruffo unterzeichnete diesen Protest und die drei Andern thaten nach ihm dasselbe.

Micheroux, welcher mit Grund Repressalien gegen die Geißeln fürchtete und unter diese Geißeln einen Verwandten, den Marschall Micheroux, hatte, fand sich übrigens veranlaßt diesen Protest selbst an Bord des »Donnerers« zu überbringen.

Alles war aber vergebens.

Nelson wollte weder mündlich nach schriftlich irgend etwas in Ferdinands Namen bestätigen.

In der That wußte er selbst nicht, was die definitiven Absichten des Königs waren, denn dieser hatte, wie wir gesehen, um den ersten Zornesausbrüchen der Königin aus dem Wege zu gehen, seinen Wagen anspannen lassen und sich nach Ficuzza geflüchtet.

Für Ruffo dagegen war die Sache klar und die Briefe, die er von dem König und der Königin erhalten, hatten ihm den Weg angedeutet, welchen er zu befolgen gedachte.

Hätte er übrigens in dieser Beziehung noch den mindesten Zweifel gehegt, so wäre derselbe durch die stumme aber unbeugsame Emma Lyonna, diese mit Bewachung des Geheimnisses der Königin beauftragte Sphinx, zerstreut worden.

Der Morgen des 25. Juni verging mit fortwährendem Gehen und Kommen vom »Donnerer« nach dem Hauptquartier und von dem Hauptquartier nach dem »Donnerer«.

Truebridge und Ball von Seiten Nelsons und Micheroux von Seiten des Cardinals, waren die umsonst sich bemühenden Führer dieser langen Conferenz, denn Nelson und Hamilton, welche beide von einem und demselben Geist beseelt waren, zeigten sich in Bezug auf den Bruch das Tractats und die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten immer hartnäckiger, während der Cardinal immer fester darauf bestand, daß die Capitulation respektiert werde.

Endlich kam der Cardinal, der um keinen Preis mit zu den Verletzern des Tractats gezählt werden wollte, zu dem Entschluß, ein eigenhändiges Billet an den General Massa, Commandanten des Castell Nuovo, zu schreiben.

Dieses lautete:

»Obschon die Repräsentanten der alliirten Mächte den zwischen uns wegen Uebergabe der Castelle unterzeichneten Tractat für heilig und unverletzt halten, so weigert nichtsdestoweniger der Contreadmiral Nelson, Commandant der englischen Flotte, sich denselben anzuerkennen. Da nun aber den in den Castellen befindlichen Patrioten das Recht zusteht, den Artikel 5 zu ihren Gunsten geltend zu machen und, wie die Patrioten von San Martino, die beinahe alle zu Lands abgereist sind, gethan, diesen Rettungsweg ebenfalls einzuschlagen, so mache sich Ihnen diese Eröffnung und gebe Ihnen diesen Rath, indem ich hinzufüge; daß die Engländer welche den Golf beherrschen, keinen Posten und keine Truppen haben, welche die Garnisonen der Castelle abhalten könnte, sich zu Lande zurückzuziehen.

»Cardinal Ruffo.«

Auf diese Weise hoffte der Cardinal die Republikaner zu retten. Zum Unglück aber hielten diese in ihrer Verblendung ihn für ihren grausamen Feind. Sie glaubten daher, hinter seinem Vorschlag stecke irgend ein Fallstrick, und nach einer Berathung, während welcher Salvato vergeblich darauf bestand, daß Ruffo’s Vorschlag angenommen werde, beschloß man mit überwiegender Majorität, ihn abzulehnen und Massa antwortete im Namen aller Patrioten durch folgenden Brief:

»Freiheit! Gleichheit!

»Der General Massa, Commandant der Artillerie und des Castello Nuovo

 
»26. Juni 1799.

»Wir haben Ihrem Briefe die Auslegung gegeben, welche derselbe verdient. Fest in unserer Pflicht werden wir gewissenhaft die Artikel des vereinbarten Tractats beobachten, überzeugt, daß allen bei der Redaction und der Unterzeichnung dieses Tractates Betheiligten dieselbe Pflicht obliege. Uebrigens werden wir uns, was auch kommen möge, weder überraschen noch einschüchtern lassen, und wenn man uns durch Gewalt dazu zwingt, die feindliche Haltung, welche wir freiwillig aufgegeben, wieder aufzunehmen wissen. Da übrigens unsere Capitulation von dem Commandanten des Castells San Elmo dictirt worden, so bitten wir um eine Escorte für den Boten, den wir abschicken werden, um mit dem französischen Commandanten über Ihre Eröffnung zu conferiren, nach welcher Conferenz wir eine bestimmte Antwort geben werden.

»Massa.«

Der Cardinal, welcher außer sich war, seine Absichten so falsch gedeutet zu sehen, schickte sofort die verlangte Escorte und beauftragte den Anführer derselben, der kein Anderer war, als Cesare, den Patrioten auf seine Ehre zu versichern, daß sie in ihr Verderben rennten, wenn sie den Rath, den er ihnen gegeben nicht befolgten.

Salvato ward gewählt, um sich mit Mejean über das zu besprechen, was unter diesen ernsten Umständen das Beste zu thun sei.

Es war dies das dritte Mal, daß Salvato und Mejean sich einander gegenüber sahen.

Salvato hatte ihn seit dem Tage nicht wieder gesehen, wo Mejean ihm gegenüber offen sich erboten den Neapolitanern seinen Schutz für fünfhunderttausend Francs zu verkaufen – ein Vorschlag, der, wie man sich erinnert, von Salvato auf die freigebigste Weise unterstützt worden, und welchen das Directorium aus falschem Ehrgeiz abgelehnt.

Mejean schien bei allen Conferenzen, welche wegen Unterzeichnung des Tractates stattgehabt, die schimpfliche Zurückweisung, die er erfahren, vergessen zu haben. Er hatte jeden Artikel ausführlich mit diskutiert und die Patrioten erkannten an, daß sie namentlich in Folge seiner Geduld und Ausdauer so glücklich gewesen waren, Bedingungen zu erlangen, welche selbst die sanguinischsten Optimisten unter ihnen weit entfernt gewesen waren zu hoffen.

Dieser ihnen so freundlich geleistete Beistand – wenigstens hatten sie keinerlei Grund, etwas Anderes zu vermuthen – hatte dem Oberst Mejean das Vertrauen der Patrioten wieder zugewendet.

Uebrigens lag es auch in ihrem eigenen Interesse sich nicht mit ihm zu veruneinigen. Wenn er Partei sie nahm, so konnte er sie retten; nahm er dagegen Partei gegen sie, so konnte er sie vernichten.

Als Mejean hörte, daß man Salvato zu ihm geschickt habe, ließ er alle Uebrigen hinausgehen. Er wollte nicht, daß irgend Jemand nahe genug bliebe, um die Anspielungen hören zu können, welche Salvato vielleicht auf die Bedingungen machte, unter welchen er, Mejean, seinen Schutz angeboten.

Er begrüßte den jungen Officier mit der freundlichsten Artigkeit und fragte ihn, welchem glücklichen Umstande er die Ehre seines Besuches zu verdanken habe.

Salvato antwortete ihm, indem er ihm das Billet des Cardinals überreichte und ihn im Namen der Patrioten bat, ihnen einen Rath zu geben, der von ihnen sicherlich befolgt werden würde.

Der Oberst las das Billet des Cardinals wiederholt und mit der größten Aufmerksamkeit. Dann ergriff er eine Feder und schrieb unter die Unterschrift jenen bedeutsamen sehr bekannten lateinischen Vers:

»Timeo Danaos et dona ferentes.«

Was bedeutet:

»Ich fürchte die Griechen, selbst wenn sie Geschenke bringen.«

Salvato las diese von dem Oberst Mejean geschriebenen lateinischen fünf Worte.

»Oberst,« sagte er zu ihm , »ich bin geradezu entgegengesetzter Meinung und dies ist mir um so mehr erlaubt, als ich allein mit Domenico Cirillo den Antrag unterstützt habe, Ihre fünfhundert Mann in unsern Dienst zu nehmen und jeden mit tausend Francs zu bezahlen.«

»Blos mit fünfhundert Francs, General,« antwortete Mejean, denn ich wollte mich ja verbindlich machen, noch fünfhundert Mann Franzosen von Capua kommen zu lassen. Sie sehen, daß dieselben Ihnen nicht ohne Nutzen gewesen wären.«

»Davon war ich in der That so fest überzeugt, daß ich mich erbot, die fünfhunderttausend Francs aus meinen eigenen Mitteln zu zahlen.«

»Ah, dann sind Sie also Millionär, mein lieber General?«

»Ja, unglücklicherweise aber besteht mein Vermögen in Grundstücken. Man hätte mittlerweile auf dieses Pfand eine freiwillige oder erzwungene Anleihe machen und zur Wiederbezahlung derselben das Ende des Krieges abwarten müssen.«

»Warum ?« fragte Mejean in spöttischem Tone; »verkaufte Rom das Feld, auf welchem Hannibal sich gelagert, nicht um ein Drittel unter seinem Werth?«

»Sie vergessen, daß wir Neapolitaner aus der Zeit Ferdinands, aber keine Römer aus der Zeit des Fabius sind.«

»Dann sind Sie wohl Herr Ihrer Meiereien, Ihrer Waldungen, Ihrer Weinberge, Ihrer Heerden geblieben?«

»Leider ja.«

»O fortunatus nimium sua si bona norit agricola!« fuhr der Oberst in spöttischem Tone fort.

»Dennoch aber, Herr Oberst, bin ich an baarem Gelde immer noch reich genug, um Sie fragen zu können, welche Summe Sie für jede Person verlangen würden, welche, weil sie Nelson mißtraut, zu Ihnen kommen und sie um eine Gastfreundschaft bitten würde, für welche Sie sich mit Ihrer Ehre verbürgten.«

»Zwanzigtausend Francs; ist das zu viel, General?«

»Für zwei also vierzigtausend Francs, nicht wahr?«

»Wenn Sie finden, daß dies zu viel ist, so steht Ihnen frei, etwas herunterzuhandeln.«

»Nein, die beiden Personen, für welche ich dieses Geschäft mit Ihnen abschließe – denn nicht wahr, es ist ein Geschäft?«

»Ja, es ist eine Art synallagmatischer Contract, wie wir Geschäftsleute uns ausdrücken, denn ich muß Ihnen sagen, General, daß ich ein ganz vortrefflicher Geschäftsmann bin.«

Dies habe ich wohl bemerkt, Oberst,« sagte Salvato lachend.

»Es ist also, wie ich soeben die Ehre hatte, Ihnen zu sagen, eine Art synallagmatischer Contract, bei welchem der, welcher ihn ausführt, dem Andern eine Gefälligkeit erzeigt, wobei aber der Mangel an Ausführung den Contract selbst aufhebt.«

»So verstehe ich’s auch.«

»Nun dann finden Sie es auch wohl nicht zu theuer?«

»Nein , besonders da die beiden Personen , von welchen ich spreche, ihr Leben um diesen Preis erkaufen können.«

»Wohlan, mein lieber General, wenn Ihre beiden Personen kommen wollen, so sollen sie willkommen sein.«

»Sind sie einmal hier, so werden sie um vierundzwanzig Stunden Zeit bitten, um die Zahlung zu realisieren.«

»Ich-werde ihnen achtundvierzig bewilligen. Sie sehen daß ich nicht mißtrauisch bin.«

»Nun gut, dann ist,der Handel geschlossen, Oberst.«

»Auf Wiedersehen, General.«

Salvato begab sich, abermals von seiner Escorte begleitet, wieder hinunter nach dem Castello Nuovo. Er zeigte Mejean’s »Timeo Danaos« dem General Massa und dem Rathe, der sich versammelt hatte, um über diese wichtige Angelegenheit zu entscheiden.

Da Mejeans Meinung die der Majorität war, so fand keine Discussion statt; nur verlangte Salvato Cesare zu begleiten und Ruffo selbst Massa’s Antwort zu überbringen, um die Situation mit eigenen Augen zu beurtheilen.

Dies ward ihm sofort bewilligt und die beiden jungen Männer, welche, wenn sie einander vierzehn Tage früher auf dem Schlachtfelde begegnet wären, sich gegenseitig in Stücke gehauen hätten, ritten jetzt friedlich neben einander den Quai entlang und regelten jeder den Schritt seines Pferdes nach dem seines Begleiters.

Siebentes Capitel.
Ruffo thut seine Pflicht als ehrlicher Mann und Sie William Hamilton verrichtet sein Handwerk als Diplomat

Binnen weniger als fünf Minuten waren die beiden jungen Leute an der Thür des kleinen Hauses, welches der Cardinal in der Nähe der Magdalenenbrücke bewohnte.

Cesare führte Salvato ein und dieser gelangte somit ohne Schwierigkeit bis vor den Cardinal.

Ruffo erkannte ihn sofort wieder, erhob sich und ging ihm einen Schritt entgegen.

»Ich freue mich Sie wiederzusehen General,« sagte er zu ihm.

»Bei mir ist dasselbe der Fall,« entgegnete Salvato, »gleichwohl aber bin ich untröstlich, Ihnen eine unbedingte Weigerung überbringen zu müssen, Eminenz.«

Mit diesen Worten überreichte er dem Cardinal seinen eigenen Brief mit Mejean’s Zusatz.

Ruffo las ihn und zuckte die Achseln.

»Der Elende!« sagte er dann.

»Sie kennen ihn also, Eminenz?« fragte Salvato.

»Er erbot sich, mir das Castell San Elmo für fünfhunderttausend Francs zu überlassen, aber ich weigerte mich.«

»Für fünfhunderttausend Francs?« rief Salvato lachend. »Wie es scheint, ist dies sein fester Preis«

»Ah! Sie haben also auch mit ihm zu thun gehabt?«

»Ja, er erbot sich für dieselbe Summe sich mit uns gegen Sie zu schlagen.«

»Und?«

»Wir lehnten sein Anerbieten ab.«

»Lassen wir diese Schufte bei Seite – sie verdienen nicht, daß ehrliche Leute sich mit ihnen beschäftigen. Kommen wir lieber auf unsere Freunde zurück, die ich gern überzeugen möchte, daß sie auch die meinigen sind.«

»Ich gestehe und zwar zu meinem großen Bedauern,« sagte Salvato lachend, »daß dies eine schwierige Sache sein wird.«

»Vielleicht nicht so sehr, als Sie glauben, wenn Sie mein Dolmetscher sein wollen; um so mehr, als ich gegen Sie handeln werde, wie ich bei unserer ersten Unterredung gethan. Ich werde sogar noch mehr thun. Bei unserer ersten Unterredung habe ich blos versichert, heute werde ich Ihnen Beweise geben.«

»Ich habe Ihnen aber auf’s Wort geglaubt Herr Cardinal.«

»Gleichviel! Wenn es sich um den Kopf und die Ehre handelt, so können Beweise nichts schaden. Setzen Sie sich zu mir, General, und ermessen Sie das, was ich thun will, nach seinem Werthe. Um meinem Worte treu zu bleiben, verrathe ich – ich sage nicht das Interesse, denn ich glaube im Gegentheil, daß ich diesem diene, wohl aber die Befehle meines Königs.«

Salvato verneigte sich und nahm, Ruffo’s Einladung folgend, neben ihm Platz.

Der Cardinal zog einen Schlüssel aus der Tasche, legte die Hand auf Salvato’s Arm und sagte:

»Die Schriften, welche Sie jetzt sehen werden, sind Ihnen nicht durch mich gezeigt worden, sondern auf irgend welche andere Weise zu Ihrer Kenntniß gelangt. Sie werden eine beliebige Fabel erfinden und wenn Sie keine erfinden können, Ihre Zuflucht zu dem Schilfrohr des Königs Midas nehmen.

Mit diesen Worten öffnete er sein Schubfach reichte Salvato den Brief von Sie William Hamilton und sagt:

»Lesen Sie vor allen Dingen diesen Brief. Er ist von Anfang bis zu Ende von der Hand des englischen Gesandten geschrieben.«

»O,« sagte Salvato, nachdem er gelesen, »ich erkenne hierin; die punische Treue. Zählen wir zunächst die Kanonen, und wenn wir die Stärkeren sind, dann keine Vorträge mehr. Wohlan, was weiter?«

»Was weiter? Da ich eine-Frage von solcher Bedeutung nicht mit einfachen Schiffskapitänen diskutieren wollte, so begab ich mich in eigener Person an Bord des »Donnerer«, wo ich eine einstündige Unterredung mit Sir William und Lord Nelson hatte. Das Resultat dieser Unterredung, in welcher ich jede Transaction mit dem, was ich für meine Pflicht halte, zurückwies, war diese Erklärung, die, wie Sie sehen, von der ersten bis zur letzten Zeile von Lord Nelson’s Hand geschrieben ist.«

Mit diesen Worten überreichte der Cardinal dem jungen Officier die Schrift, welche mit den Worten begann:

»Großadmiral Nelson ist am 24. Juni 2c.« und deren Schluß lautete: »welcher Tractat nach seiner Meinung nicht zur Ausführung gelangen kann so lange er nicht von Ihren sicilischen Majestäten ratificirt ist.«

»Sie haben Recht, Eminenz,« sagte Salvato, indem er dem Cardinal das Papier zurückgab, »es sind dies in der That Actenstücke von hoher historischer Bedeutung.«

»Was hatte ich nun zu thun und was hätten Sie an meiner Stelle gethan?« hob der Cardinal wieder an. »Jedenfalls dasselbe, was ich gethan, denn ehrliche Leute haben nur eine Art- und Weise zu Werkes zu gehen. Ganz gewiß hörten Sie eben so wie ich an die Commandanten der Castelle, das heißt an Ihre Feinde geschrieben, um sie von dem Geschehenen in Kenntniß zu setzen. Hier ist mein Brief. Ist er klar? Enthält er mehr oder weniger als Sie an meiner Stelle geschrieben haben würden? Er ist, was er sein soll, das heißt ein guter Rath von einem rechtschaffenen Feind gegeben.«

»Ich muß sagen, Herr Cardinal, da Sie mich einmal zum Richter zu machen belieben, daß Ihre Handlungsweise bis jetzt eben so würdig ist, als die Mylord Nelson’s —«

 

»Unerklärlich,« unterbrach Ruffo.

»Unerklärlich war gerade nicht das Wort, welches ich im Begriff stand auszusprechen,« fuhr Salvato lächelnd fort.

»Und ich, mein lieber General,« sagte Ruffo mit einer Offenheit, welche eine der Eigenschaften dieser gewaltigen Persönlichkeit war, »ich, ich habe unerklärlich gesagt, weil sie für Sie, der Sie den Admiral nicht kennen, in der That unerklärlich sein muß, während sie doch für mich sehr erklärlich ist. Hören Sie mich daher als Philosoph, das heißt als ein Mann, welcher die Weisheit liebt, denn die Weisheit ist nichts Anderes als die Wahrheit, und ich werde Ihnen über Nelson die Wahrheit sagen. Möge um seiner Ehre willen mein Urtheil das der Nachwelt sein.»

»Ich höre, Eminenz,» sagte Salvato, und ich brauche Ihnen nicht erst zu sagen, daß es mit dem größten Interesse geschieht.»

Der Cardinal hob wieder an:

»Nelson ist weder ein Hofmann wie ich, noch ein Mann von Bildung und Erziehung wie Sie, mein lieber General. Er kennt auf der Weit nichts als sein Seemannshandwerk; übt dasselbe aber auf wahrhaft geniale Weise. Nelson ist ein Bauer, ein Bulldogg Altenglands, ein plumper, rauher Seemann. Sohn eines einfachen Dorfpfarrers und auf seinem Schiffe von der ganzen Welt isoliert, war er vor der Schlacht bei Abukir niemals in einen Palast gekommen, hatte niemals einen König begrüßt und nie vor einer Königin das Knie gebeugt. Er kam nach Neapel, er, der Beschiffer der Polarländer, gewohnt, den Eisbären ihre Höhlen streitig zu machen. Er ward geblendet durch den Glanz der Sonne und durch das Feuer der Diamanten. Er, der Gatte eines Bürgermädchens, einer Mistreß Lisbeth, sah, wie die Königin ihm ihre Hand und die Gattin eines Gesandten ihre Lippen zum Kusse bot – doch nein, nicht eine Königin und eine Gesandtin, sondern zwei Frauen, zwei Sirenen. Er ward rein und einfach der Sklave der einen und der Diener der andern. Alle Begriffe von Gut oder Schlecht verwirrten sich in diesem armen Hirn und die Interessen der Völker verschwanden vor den erdichteten oder wirklichen Rechten der Souveräne. Er machte sich zum Apostel des Despotismus, zum Schergen des Königthums. Ich wünschte nur, Sie hätten ihn gestern gesehen während jener Conferenz, wo das Königthum durch das vertreten war, was der Prediger Salamo die Fremde nennt, jene Venus Astarte, jene unsaubere Lesbierin. Seine Augen oder vielmehr sein Auge wich nicht von den ihrigen. Haß und Rache sprachen durch den stummen Mund dieser Gesandtin des Todes. Ich hatte – ich schwöre es Ihnen zu – Mitleid mit diesem zweiten Adamastor, welcher sein Haupt freiwillig unter den Fuß eines Weibes legt. Übrigens haben jedoch alle großen Männer – und im Grunde genommen ist Nelson wirklich ein großer Mann – alle großen Männer sagen wir von Herkules bis auf Simson und von Simson bis auf Markus Antonius , dergleichen Schwächen. Ich habe gesprochen.«

»Aber,« antwortete Salvato, »welches der Grund auch sein möge, welcher Nelson veranlaßt zu handeln, so ist er doch nicht weniger ein tödtlicher Gegner für uns. Was gedenken Sie zu thun, Eminenz, um diese für jede Vernunft unzugängliche brutale Gewalt zu neutralisieren?«

»Was ich zu thun gedenke, mein lieber General? Sie sollen es sogleich sehen.

Der Cardinal nahm ein Blatt Papier zur Hand, tauchte die Feder ein und schrieb:

»Wenn Mylord Nelson den von dem Cardinal Ruffo mit den Commandanten der Castelle von Neapel geschlossenen Tractat, der von einem englischen Officier im Namen des Königs von Großbritannien mit unterzeichnet worden, nicht anerkennen will, so hat er die ganze Verantwortlichkeit für diesen Bruch zu tragen. Um demzufolge den Bruch des Tractats, so viel an ihm ist, zu verhindern, meldet der Cardinal Fabrizzio Ruffo dem Admiral Mylord Nelson, daß er den Feind in den Stand setzen wird, in welchem sich derselbe vor der Unterzeichnung des Tractats befand, das heißt, er wird seine Truppen aus der seit der Capitulation eingenommenen Stellung zurückziehen, und sich mit seiner ganzen Armee in ein Lager verschanzen, um die Engländer mit ihren eigenen Waffen den Feind bekämpfen und besiegen zu lassen.«

Er unterzeichnete seinen-Namen.

Dann reichte er das Papier Salvato und forderte diesen auf es zu lesen.

Er verfolgte mit den Augen die Wirkung, welche diese Lectüre an dem Gesichte des jungen Mannes hervorrief.

Als derselbe fertig war, fragte der Cardinal:

»Nun?«

»Der Cardinal von Richelieu hätte es nicht so gut und Bayard hätte es nicht besser gemacht.«

Mit diesen Worten gab Salvato das Papier an den Cardinal zurück und verneigte sich.

Der Cardinal klingelte; sein Kammerdiener trat ein.

»Bitte Micheroux, sich hier einzupfinden,« sagte der Cardinal.

Fünf Minuten später trat Micheroux ein.

»Mein lieber Chevalier,« sagte der Cardinal. »Nelson hat mir sein Ultimatum gegeben. Hier ist das meinige. Gehen Sie zum zehnten Male auf den »Donnerer«. Eines kann ich Ihnen wenigstens dabei versprechen, nämlich, daß diese Fahrt die letzte sein wird.«

Micheroux ergriff die ihm offen dargereichte Depesche, las dieselbe, verneigte sich und verließ das Zimmer.

»Kommen Sie mit mir auf dies Terrasse des Hauses hinauf, General,« sagte Ruffo. »Man hat von da eine prachtvolle Aussicht.«

Salvato folgte dem Cardinal, denn er glaubte, dieser lüde nicht ohne Grund ihn ein mitzukommen und eine Aussicht zu betrachten, die er nothwendig schon längst genau kannte.

Als man auf die Terrasse hinaufkam, unterschied er zu seiner Rechten den Quais von Marinella, die Strada Nuova, die Strada del Pigliere und den Molo; zu seiner Linken Portici, Torre del Greco, Castellamares und Capri; gegenüber die Spitze von Procida und Ischia und in den Zwischenraume zwischen diesen Inseln Capri und den Strand, uns dem das von dem Cardinal bewohnte Hans erbaut war, die ganze englische Flotte mit flatternden Wimpeln und ihren Kanonieren, die mit angezündeter Lunte hinter ihren Geschützen hin- und hergingen.

Mitten unter englischen Schiffen ragte gleich einem Monarchen im Kreise seinen Unterthanen der »Donnerer«, ein Riese von neunzig Kanonen, empor, welcher die Admiralsflagge trug.

Mitten unter diesem großartigen, feierlichen Schauspiel entgingen Salvato’s geübtem Blick auch die Einzelheiten und Nebenumstände nicht.

Demzufolge sah er eine Barke vom Strand abstoßen und, von vier kräftigen Ruderern in Bewegung gesetzt, sich rasch nähern.

Dieses Boot, welches den Chevalier Micheroux trug, steuerte gerade auf den »Donnerer« zu, den es binnen weniger als zwanzig Minuten erreichte.

Der »Donnerer« war übrigens auch von allen Schiffen das, welches sich dem Caster Nuovo am nächsten hielt. Im Fall die Feindseligkeiten wieder begannen, konnte es sofort das Feuer eröffnen, denn es lag in kaum drei Viertel Kanonenschußweite von dem Fort.

Salvato sah, wie das Boot um den Bug des »Donnerer« lenkte, um an der Steuerbordtreppe des Kolosses anzulegen.

»Wenn der Anblick Ihren Wünschen entsprachen hat, General,« sagte der Cardinal zu Salvato gewendet, »so berichten Sie Ihren Cameraden, was sie gesehen haben, und bemühen Sie sich, dieselben zu bewegen, meinem Rathe zu folgen. Sie werden, um diesen Zweck zu gelangen, hoffe ich, die Beredsamkeit der Ueberzeugung entwickeln.«

Salvato verneigte sich gegen den Cardinal und drückte die Hand, welche dieser ihm bot, mit einer gewissen Verehrung.

Plötzlich aber und in dem Augenblick, »wo er Abschied von ihm nehmen wollte, sagte er:

»Ach, ich bitte um Verzeihung, beinahe hätte ich vergessen, Ihnen, Eminenz, von einem wichtigen Auftrage, den Sie mir ertheilt, Rechenschaft zu geben.«

»Was meinen Sie?«

»Der Admiral Caracciolo —«

»Ah, es ist wahr,« unterbrach Ruffo mit einer Lebhaftigkeit, welche das Interesse verrieth, was er an dem was Salvato zu sagen im Begriff stand, nahm. »Sprechen Sie, ich höre.«

»Der Admiral Caracciolo,« hob Salvato wieder an, »war weder auf der Flottille noch in dem Castelle zu finden. Schon seit dem Morgen hatte er sich, als gemeiner Matrose verkleidet heimlich entfernt und gesagt, er werde bei einem seiner Dienstleute ein sicheres Asyl finden.«

»Möge er die Wahrheit gesprochen haben,« hob den Cardinal wieder an, »denn wenn er seinen Feinden in die Hände fällt, so ist ihm der Tod im Voraus zugeschworen. Wenn Sie daher, mein lieber General, irgend ein Mittel besitzen, um mit ihm in Mittheilung zu treten, so —«

»Nein, ich besitze keines.«