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La San Felice

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Fünftes Capitel.
Die lesbische Nemesis

Der Cardinal war mit seinem Purpurgewand bekleidet. Nelson, der auf dem Deck seines Schiffes stand und das Fernrohr an sein noch übriges Auge hielt, erkannte ihn und ließ ihn durch hundert Kanonenschüsse begrüßen.

Als der Cardinal die Ehrentreppe erreichte, sah er Nelson, der ihn auf der ersten Stufe erwartete.

Beide verneigten sich gegen einander, konnten aber kein Wort wechseln.

Nelson sprach weder italienisch noch französisch; der Cardinal verstand allerdings das Englische, sprach es aber nicht.

Nelson zeigte dem Cardinal den Weg nach seiner Cajüte.

Hier fand er Sir William und Emma Lyonna. Er erinnerte sich nun jener Stelle im Briefe der Königin, wo es hieß:

»Die beiden Hamilton begleiten Lord Nelson auf seiner Reise.«

Dies ging folgendermaßen zu:

Der Capitäns Foote, welcher von dem Cardinal abgesendet worden war, um die Capitulation nach Palermo zu befördern, war auf der Höhe der lybarischen Inseln der englischen-Flotte begegnet, und da er Nelson’s Schiff an der Admiralsflagge erkannt, gerade auf dieses zugesteuert. Nelson seinerseits hatte das »Seahorse« erkannt und Befehl zum Beilegen gegeben.

Der Capitän Foote stieg in das Boot und begab sich an Bord des »Donnerers« .

Der »Vanguard« war dermaßen zerschossen, daß man ihn besonders in Bezug auf einen etwa bevorstehenden Kampf für unbrauchbar hatte erklären müssen, und wir haben bereits gesagt, daß Nelson seine Flagge am Bord des neuen Schiffes übergetragen hatte.

Foote welcher nicht erwartete dem Admiral zu begegnen, hatte keine Abschrift von der Capitulation genommen, da er sie aber mit unterschrieben und mit der größten Aufmerksamkeit gelesen und diskutiert, so konnte er Nelson nicht blos davon in Kenntniß setzen, sondern ihm auch die Ausdrücke sagen, in welchen sie abgefaßt war.

Gleich bei den ersten Worten, welche der Capitän Foote sprach, sah er, wie das Gesicht des Admirals sich verdüsterte.

In der That steuerte er auf dringende Bitte der Königin und um ihretwillen von den Befehlen des Admirals Keith, den ihm befohlen, dem französischen Geschwader entgegenzusegeln und es anzugreifen, abweichend, mit vollen Segeln nach Neapel, um Ruffo im Namen der sicilischen Majestäten den Befehl zu überbringen, mit den Republikanern unter keinem Vorwand zu unterhandeln.

Jetzt, nachdem er bereits ein Drittel des Weges zurückgelegt, erfuhr er nun, daß er zu spät ankommen winde, und daß die Capitulation bereits seit zwei Tagen unterzeichnet war.

Da dieser Fall nicht vorausgesehen war, so mußte Nelson neue Instructionen abwarten.

Demzufolge befahl er dem Capitän Foote seinen Weg mit möglichster Beschleunigung weiter fortzusetzen, während er selbst liegen bliebe und vierundzwanzig Stunden auf ihn wartete.

Der Capitän Foote kehrte auf sein Schiff zurück und fünf Minuten später spaltete dasselbe die Wogen mit der Schnelligkeit des Thieres, dessen Namen es trug.

Noch denselben Abend ging er auf der Rhede von Palermo vor Anker.

Die Königin bewohnte ihre Villa, die Favorita. Dieselbe stand ungefähr eine Wegstunde von der Stadt, welche sich selbst den Beinamen der Glücklichen gegeben.

Der Capitän sprang in einen Wagen und ließ sich nach der Favorita fahren.

Der Himmel glich einem mit Goldsternen gestickten blauen Teppich und der Mond übergoß das reizende Thal, welches nach Castellamare führt, mit seinem Silberlicht.

Der Capitän nannte sich und ließ melden, daß er von Neapel käme und Ueberbringer wichtiger Nachrichten sei.

Die Königin promenierte eben mit Lady Hamilton, die beiden Freundinnen waren nach dem Strande gegangen um die doppelte Frische der Nacht und des Meeres einzuathmen.

Der König war allein in der Villa.

Foote, welcher die Macht kannte, die Caroline auf ihren Gemahl ausübte, war unschlüssig, ob er nicht lieber zuerst die Königin aufsuchen solle, als ihm plötzlich gesagt ward, daß der König, der seine Ankunft erfahren, ihm sagen ließe, er erwarte ihn.

Nun konnte von längerem Zögern keine Rede mehr sein. Diese Einladung des Königs war ein Befehl und der Capitän verfügte sich daher zu ihm.

»Ah, Sie sind es, Capitän,« sagte der König, als er ihn erkannte. »Man sagt, Sie bringen Nachrichten von Neapel. Sind dieselben gut oder schlecht?«

»Die Nachrichten, die ich bringe, Sire, sind, wenigstens meiner Ansicht nach, ganz vortrefflich, denn ich kann Ihnen mittheilen, daß der Krieg beendet, daß Neapel genommen ist und daß es in zwei Tagen in Ihrer Hauptstadt keinen einzigen Republikaner und in acht Tagen in Ihrem Königreiche keinen einzigen Franzosen mehr geben werde.«

»Wie meinen Sie das?« entgegnete der König. »Kein Franzose mehr im Königreich, das laß ich mir gefallen – je weiter diese tollen Bestien von uns entfernt sind, desto besser wird es sein. Aber kein Patriot mehr in Neapel! Wo sollen diese denn sein? Auf dem Boden des Meeres?«

»Nicht ganz, aber sie werden mit vollen Segeln nach Toulon schwimmen.«

»Na, zum Teufel, mir soll das gleich sein! Dafern man mich nur ihrer entledigt, so verlange ich weder etwas Besseres noch etwas Anderes. Ich sage Ihnen aber im voraus, Capitän, daß die Königin nicht zufrieden damit sein wird. Und wie kommt es, daß diese Menschen nach Toulon segeln, anstatt in den Gefängnissen von Neapel zu sitzen?«

»Der Cardinal hat sich genöthigt gesehen, mit ihnen zu capituliren.«

»Der Cardinal hat trotz der Briefe, die wir ihm geschrieben, mit den Rebellen capitulirt? Und unter welchen Bedingungen hat er capitulirt?«

»Sire, hier ist ein Couvert, in welchem sich eine Abschrift des von dem Cardinal geschlossenen Vertrages befindet.«

»Das geben Sie der Königin selbst, Capitän Ich befasse mich damit nicht. Zum Teufel! Die erste Person, an welche sie, nachdem sie Ihre Depesche gelesen, Capitän die Hand legt, wird eine schlimme Viertelstunde verleben.«

»Der Cardinal zeigte uns seine Vollmacht als Generalvicar, und nachdem wir diese Vollmacht gelesen, unterzeichneten wir den Tractat gleichzeitig mit ihm.«

»Sie haben also ebenfalls mit unterzeichnet?«

»Ja, Sire – ich im Namen Großbritanniens, Bailly im Namen Rußlands und Achmet Bey im Namen der Pforte.

Und Sie haben Niemanden von der Capitulation ausgeschlossen?«

»Nein, Niemanden.«

»Zum Teufel! Nicht einmal Caracciolo? Wohl auch nicht einmal die San Felice?«

»Nein, Niemanden.«

»Mein lieber Capitän, ich werde sofort meinen Wagen anspannen lassen und nach Ficuzza abreisen. Ziehen Sie sich aus dieser Angelegenheit, so gut Sie können. Eine allgemeine Amnestie nach einer solchen Rebellion! Das ist noch nicht dagewesen. Was werden meine Lazzaroni sagen, wenn man ihnen nicht das Vergnügen macht, wenigstens ein Dutzend Republikaner aufzuknüpfen? Sie werden sagen, ich sei ein Undankbarer.«

»Und wer wird es verhindern, daß man sie aufknüpfe?« fragte die gebieterische Stimme der Königin, welche als sie gehört, es sei ein englischer Officier mit wichtigen Nachrichten bei dem König angelangt, sich sofort nach den Gemächern ihres Gemahls begeben und nachdem sie hier, ohne gesehen zu werden, eingetreten, die von Ferdinand ausgesprochenen Worte des Bedauerns gehört hatte.

»Unsere Herren Alliierten, Madame, welche mit den Rebellen unterhandeln und ihnen, wie es scheint, Sicherheit des Lebens garantiert haben,« sagte der König.

»Und wer hat gewagt dies zu thun?« fragte die Königin mit solcher Wuth, daß man sie mit den Zähnen knirschen hörte.

»Der Cardinal, Majestät,« antwortete der Capitän Foote in ruhigem, gefaßtem Tone, »und wir mit ihm.«

»Der Cardinal?« wiederholte die Königin, indem sie ihrem Gemahl einen Seitenblick zuwarf, als ob sie sagen wollte:

»Da siehst Du! So handelt deine Creatur.«

»Und Seine Eminenz,« fuhr der Capitän fort, bittet Euer Majestät von der Capitulation Kenntniß zu nehmen.«

Gleichzeitig überreichte er der Königin das Couvert.

»Es ist gut, mein Herr,« sagte diese. »Wir danken Ihnen für die Mühe, die Sie sich gegeben.«

Damit kehrte sie dem Capitän den Rücken.

»Ich bitte um Verzeihung, Majestät,« sagte der Capitän Foote immer noch mit derselben Ruhe: »ich habe mich erst der Hälfte meines Auftrages entledigt.«

»Nun, dann entledigen Sie sich der andern Hälfte so schnell als möglich,« sagte die Königin. »Sie können sich denken, daß ich große Eile habe, dieses merkwürdige Actenstück zu lesen.«

»Ich werde mich so kurz als möglich fassen, Majestät,« fuhr der Capitän fort. »Auf der Höhe der liparischen Inseln begegnete ich dem Admiral Nelson. Ich theilte ihm den Inhalt der Capitulation mit und er befahl mir, Euer Majestät Befehle einzuholen und ihm dieselben sofort zu überbringen.«

Die Königin hatte sich bei den ersten Worten wieder herumgedreht und verschlang, den englischen Capitän fest anschauend, keuchend jedes seiner Worte.

»Sie sind dem Admiral begegnet?« rief sie. »Er erwartet meine Befehle? Dann ist noch nicht Alles verloren. Kommen Sie mit, Sire.«

Vergebens aber sah sie sich nach dem König um. Dieser war verschwunden.

»Es thut nichts,« sagte sie. »Ich brauche Niemanden, um zu thun, was mir zu thun übrig bleibt.«

Dann wendete sie sich wieder zu dem Capitän und sagte:

»In einer Stunde; Capitän sollen Sie Ihre Antwort haben.«

Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer.

Einen Augenblick später hörte man die Klingel der Königin wüthend läuten. Die diensthabende Ehrendame der Königin war an diesem Tage die Marquise de San Clemente. Dieselbe kam herbeigeeilt.«

»Ich habe Ihnen eine gute Neuigkeit mitzutheilen, liebe Marquise,« sagte die Königin. »Ihr Freund Nicolino wird nicht gehängt werden.«

Es war das erste Mal, daß die Königin im Gespräch mit der Marquise auf die Liebschaften der letzteren anspielte.

 

Diese empfing den Stoß in die volle Brust, und war einen Augenblick lang wie betäubt. Dennoch aber war sie nicht die Frau welche eine solche Anrede ohne Antwort gelassen hätte.

»Ich wünsche,« sagte sie, »erstens mir dann aber auch Euer Majestät Glück dazu. Ein enthaupteter oder gehängter Caracciolo läßt auf einer Regierung stets einen furchtbaren Flecken zurück.«

»Aber nicht, wenn sie die Königinnen ohrfeigt31 denn dann erniedrigen sie sich zu pöbelhaften Grobianen, und auch nicht, wenn sie gegen die Könige conspiriren denn dann erniedrigen sie sich zu Verräthern.«

»Hoffentlich,« entgegnete die Marquise von San Clemente, »haben Euer Majestät mir nicht die Ehre erzeigt, mich rufen zu lassen, um mit mir eine historische Discussion zu beginnen.«

»Nein,« sagte die Königin, »ich habe Sie vielmehr rufen lassen, um Ihnen zu sagen, daß, wenn Sie Ihre Glückwünsche Ihrem Geliebten selbst überbringen wollen, Sie nichts hier zurückhält.«

Die Marquise von San Clemente verneigte sich zum Zeichen der Zustimmung.

»Und dann,« fuhr die Königin fort, »um Lady Hamilton sagen zu lassen, daß ich sie augenblicklich erwartete.«

Die Marquise verließ das Zimmer und die Königin hörte, wie sie ihrem Lakai befahl, Emma Lyonna zu benachrichtigen.

Die Königin ging rasch nach der Thür, riß dieselbe zornig auf und rief mit jener gellenden Stimme, welche bei ihr den Paroxysmus der Wuth verkündete:

»Warum übertragen Sie diesen Befehl einem Andern, Marquise, wenn ich denselben Ihnen ertheilt habe?«

»Weil ich, da ich nicht mehr in Ew. Majestät Diensten stehe, von Niemanden Befehle zu empfangen habe, nicht einmal von der Königin.«

»Uns mit diesen Worten verschwand sie in den Corridors.

»Unverschämte!« rief Caroline. »O, wenn ich mich nicht räche, so sterbe ich vor Wuth.«

Emma Lyonna kam eiligst herbei und sah wie die Königin sich auf einem Sopha wälzte und mit ihren schönen Zähnen in die Polsterkissen biß.

»Ach, mein Gott! Was fehlt Ihnen, Majestät? Was ist geschehen?«

Als die Königin Emma Lyonnas Stimme vernahm, richtete sie sich empor und sprang wie eine Pantherkatze auf die schöne Engländerin zu.

»Was geschehen ist, fragst Du Emma? Weiter nichts, als daß, wenn Du mir nicht zu Hilfe kommst, das Königthum auf immer entehrt ist, und daß mir nichts übrig bleibt, als nach Wien zurückzukehren und dort als einfache Erzherzogin von Oesterreich zu leben.«

»Mein Gott, und ich komme ganz erfreut herbeigeeilt! Man sagte mir, es sei Alles vorüber, Neapel sei genommen, und ich stand schon aus dem Punkt, nach London zu schreiben, damit man uns das Neueste und Frischeste an Ballroben zu den Festen schicke, zu welchen, wie ich voraussah, Ihre Rückkehr Anlaß geben würde.«

»Du sprichst von Festen! Wenn wir unsere Rückkehr nach Neapel durch Feste feiern, dann wird man sie Feste der Schmach nennen können. O dieser erbärmliche Cardinal!«

»Aber, Majestät!« rief Emma, »ist es denn der Cardinal, der Sie in so gewaltigen Zorn versetzt hat?«

»Ach, wenn Du erfahren wirst, was dieser falsche Priester gethan hat!«

»Er kann nichts thun, was Ihnen das Recht gäbe, sich selbst umzubringen, wie Sie zu thun scheinen. Was sind dies für rothe Flecken auf Ihren schönen Armen? Erlauben Sie mir diese Spuren von Ihren Zähnen mit meinen Lippen zu tilgen. Was sind dies für Thränen, die in Ihren schönen Augen brennen? Lassen Sie mich dieselben mit meinem Athem kühlen! Was sind das für Bisse, die Ihre Lippen bluten machen? Lassen Sie mich dieses Blut durch meine Küsse aufsaugen. O, diese böse Königin, welche mild und gnädig ist gegen Alle, nur nicht gegen sich selbst.«

Und während Lady Hamilton so sprach, berührte sie mit ihrem Munde Carolinens Arme, dann ihre Augen und dann ihre Lippen.

Der Busen der Königin schwoll, wie als ob sich zu ihrem Zorn ein sanfteres, aber nicht weniger mächtiges Gefühl gesellte.

Sie schlang ihre Arme um Emma’s Hals und zog sie mit sich auf ein Sopha.

»Ja, ja, Du allein liebst mich!« sagte sie, indem sie ihr ihre Liebkosungen mit einem gewissen Grade von Wuth zurückgab.

»Und ich liebe Sie für Alle,« antwortete Emma, durch die Umarmungen der Königin halb erstickt; »glauben Sie mir dies, meine königliche Freundin.«

»Wohlan, wenn Du mich wahrhaft liebst,« sagte die Königin, »dann ist jetzt der Augenblick gekommen, es mir zu beweisen.«

»Befehlen Sie, Majestät, und ich werde gehorchen, weiter kann ich nichts sagen.«

»Du weißt wohl, was geschehen ist, nicht wahr?«

»Ich weiß, daß ein englischer Officier angekommen ist, um Ihnen im Auftrage des Cardinals eine Capitulation zu überbringen.«

»Sieh,« sagte die Königin, indem sie auf mehrere auf dem Teppich zerstreut umherliegende zerknitterte Papierfetzen zeigte, da liegt seine Capitulation. Ha! Mit diesen Verworfenen zu unterhandeln! Ihnen Sicherheit des Lebens zu verbürgen, ihnen Schiffe zu geben, um sie nach Toulon zu bringen! Als ob die Verbannung eine hinreichende Strafe für das Verbrechen wäre, welches sie begangen! Und dies, dies,« fuhr die Königin mit verdoppelter Wuth fort, »nachdem ich geschrieben, Niemanden Gnade angedeihen zu lassen.«

»Auch nicht einmal dem schönen Rocca Romana?« fragte Emma lächelnd.

»Rocca Romana,« sagte die Königin, »hat seine Fehler dadurch, daß er zu uns zurückgekehrt ist, wieder gutgemacht. Doch darum handelt es sich nicht,« fuhr die Königin, indem sie Emma an ihre Brust drückte, fort. «Höre wohl, es bleibt mir noch eine Hoffnung und ich habe Dir schon gesagt, diese Hoffnung beruht ganz auf Dir.«

»Dann, meine schöne Königin,« sagte Emma, indem sie Carolinens Haar theilte und sie auf die Stirn küßte, »wenn Alles von mir abhängt, so ist nichts verloren.«

»Von Dir und von Nelson,« sagte die Königin.

Ein Lächeln von Emma Lyonna antwortete der Königin beredter, als Worte, wie bejahend sie auch gewesen wären, es hätten thun können.

»Nelson,« fuhr die Königin fort, »hat den Tractat nicht mit unterzeichnet und er muß sich deswegen weigern, denselben zu ratificieren.«

»Ich glaube aber, in seiner Abwesenheit hätte der Capitän Foote in seinem Namen unterzeichnet?«

»Gerade in diesem Umstande liegt die Pointe. Nelson wird sagen, daß, da er dem Capitän Foote keine Vollmacht ertheilt, dieser auch nicht das Recht gehabt habe, zu thun, was er gethan hat.«

»Nun und?« fragte Emma.

»Nun, Du mußt Nelson dahinbringen – und für Dich Zauberin, wird das etwas Leichtes sein. – Du mußt ihn dahinbringen, daß er es mit dieser Capitulation ebensomacht wie ich – daß er sie nämlich in Fetzen reißt.«

»Man wird es versuchen,« sagte Lady Hamilton mit ihrem Sirenenlächeln. »Aber wo ist Nelson?«

»Er kreuzt auf der Höhe der liparischen Insel. Er erwartet Foote mit meinen Befehlen. Wohlan diese Befehle wirst Du ihm überbringen. Glaubst das er sich freuen würde Dich zu sehen? Glaubst Du, daß es ihm entfallen werde, diesen Befehlen, wenn dieselben einer nach dem andern deinem Munde entfallen, zu wiedersprechen?«

»Und wie lauten Ihre Befehle,Majestät?«

»Kein Vertrag, keine Gnade! Verstehst Du? Ein Caracciolo zum Beispiel, der uns beschimpft, der mich verrathen hat, dieser Mensch soll frank und frei ausgehen, vielleicht um in Frankreich Dienste zu nehmen und später zurückzukommen, um die Franzosen an irgend einem schutzlosen Küstenpunkt unseres Königreiches wieder ans Land zu setzen? Sprich, willst Du nicht auch wie ich, daß dieser Mann sterbe?«

»Ich, will Alles, was meine Königin will.«

»Wohlan, deine Königin die dein gutes Herz kennt, will, daß Du ihr schwörst, Dich durch keine Bitte kein Flehen erweichen zu lassen. Schwöre mir daher, daß Du, sähest Du auch die Mütter, die Schwestern, die Töchter der Verurtheilten vor Dir knieen,« Du doch antworten würdest, was ich selbst antworten würde: Nein! nein! Nein!«

»Ich schwöre Ihnen, meine theure Königin, ebenso unerbittlich zu sein als Sie.«

»Wohlan, weiter verlange ich nichts. O theure Freundin meines Herzens, Dir werde ich den schönsten Diamant meiner Krone, die Würde; zu verdanken haben, denn ich schwöre Dir meinerseits, wenn dieser schimpfliche Vertrag zur Ausführung käme, so würde ich niemals in meine Hauptstadt zurückkehren.«

»Und nun,« sagte Emma lachend, »wäre Alles besprochen bis auf eine Kleinigkeit. Sir William wird mir nicht hinderlich sein, aber dennoch kann ich nicht so allein auf dem Meere umhersegeln und Nelson aufsuchen, ohne von meinem Gemahl begleitet zu sein.«

»Dafür laß mich sorgen,« sagte die Königin »Ich werde ihm einen Brief an Nelson mitgeben.«

»Und wir, was werden Sie mir mitgeben?«

»Erstens diesen Kuß,« antwortete die Königin, indem sie ihre Lippen leidenschaftlich auf die Emmas drückte, »und dann Alles was Du willst.«

»Gut,« sagte Emma« indem sie sich erhob, »Noch meiner Rückkehr werden wir unsere Rechnungen ausgleichen.«

Dann setzte sie, indem sie der Königin eine ceremoniöse Verbeugung machte hinzu:

»Wann Euer Majestät befehlen – Ihre unterthänige Dienerin ist bereit.«

»Es ist keine Minute zu verlieren. Ich habe diesem Dummkopf von Engländer versprochen, daß er in einer Stunde meine Antwort haben solle.«

»Werde ich die Königin wiedersehen?«

»Ich werde Dich erst in dem Augenblick verlassen, wo Du in das Boot steigst.«

Der Königin kostete es, wie sie vorausgesehen, keine Mühe, Sir William zu bestimmen, ihre abschlägige Antwort zu befördern, und eine Stunde, nachdem sie den Capitän Foote verlassen, forderte sie denselben auf, den mit ihren schriftlichen Befehlen versehenen Sir William an Bord seines Schiffes zu empfangen.

Die eigentlichen Befehle aber waren die, welche Emma zwischen zwei Küssen erhalten und welche sie aus dieselbe Weise Nelson übermitteln sollte.

Ganz wie sie versprochen, verließ die Königin ihre Freundin erst aus dem Quai von Palermo und fuhr so lange sie in dem Dunkel ihr nachschauen konnte, fort, ihr durch Schwenken ihres Tuches ein wiederholtes Lebewohl zuzurufen.

So war es gekommen, daß William Hamilton und Emma Lyonna sich am Bord des »Thunder« oder »Donnerer« befanden.

Aus dem Briefe, welchen der Cardinal empfangen, hat man ersehen, daß die Mission der schönen Gesandtin vollständig gelungen war.

Als der Cardinal in die Cajüte des englischen Admirals trat, warf er einen raschen Blick auf die beiden Personen, die er darin antraf.

Sir William saß in einem Lehnstuhl vor einem Tisch, auf welchem man Tinte, Federn und Papier und auf diesem Papier die Fetzen der von der Königin zerrissenen Capitulation sah.

Emma Lyonna lag auf einem Sopha und da man jetzt in den heißen Monaten des Jahres stand, so fächelte sie sich mit einem Fächer von Pfauenfedern Kühlung zu,

Nelson, der hinter dem Cardinal eingetreten war, zeigte ihm einen Sessel und setzte sich ihm gegenüber auf die Laffette einer Kanone, welche den kriegerischen Schmuck seiner Cajüte bildete.

Als Sie William den Cardinal eintreten sah, erhob er sich, Emma Lyonna aber begnügte sich, ihn einfach durch seine Kopfbewegung zu begrüßen.

Auf dem Verdeck war der Empfang, der dem Cardinal Ruffo durch die Mannschaft zu Theil geworden, trotz der hundert Kanonenschüsse womit man seine Ankunft begrüßt, nicht viel höflicher gewesen, und hätte der Cardinal, die von den Matrosen gesprochene Sprache ebenso gut verstanden, als er die von Pope und Milton geschriebene Sprache verstand, so hätte er sich ganz gewiß bei dem Admiral über die seinem Gewand und seinem Charakter zugefügten Beschimpfungen beklagt, von welchen eine der am wenigsten schweren und welche Nelson nicht zu hören sich stellte, lautete: »Werft ihn in’s Wasser, diesen papistischen Hummer!« Ruffo begrüßte die beiden Ehegatten mit einer Miene, die halb Säbel, halb Rosenkranz war, und sagte, sich zu dem Gesandten Englands wendend: »Sir William, ich freue mich Ihnen hier zu begegnen, nicht blos weil Sie, wie ich wenigstens hoffe, als Dolmetscher zwischen Mylord Nelson und mir fungieren werden, sondern auch weil der Brief, den Sie mir die Ehre erzeigt, mir zu schreiben, die Regierung, welche Sie repräsentieren, mit in die Frage verwickelt.«

Sir William verneigte sich.

»Ich bitte Sie, Eminenz,« antwortete er dann, »Mylord Nelson zu sagen, was Sie auf diesen Brief zu antworten haben, und ich werde die Ehre haben, diese Antwort so treu als möglich zu übersetzen.«

 

»Ich habe zu antworten, daß, wenn Mylord in der Bai von Neapel eher angelangt und über die geschehenen Ereignisse besser unterrichtet gewesen wäre, er die Verträge, anstatt zu mißbilligen, ebenso wie ich und mit mir unterzeichnet haben würde.«

Sir William übermittelte diese Antwort dem Lord Nelson , welcher mit verneinendem Lächeln den Kopf schüttelte.

Dieses Zeichen brauchte nicht übersetzt zu werden Ruffo biß sich auf die Lippe.

»Ich beharre dennoch dabei, zu glauben,« fuhr der Cardinal fort, »daß Mylord Nelson entweder nichts weiß, oder schlecht berathen gewesen ist. In dem einen wie in dem andern Falle kommt es mir zu, ihn über die Situation aufzuklären.«

»Klären Sie uns auf, Herr Cardinal. Auf alle Fälle wird es nicht schwer sein. Aufklärung durch Wort oder Beispiel ist eine Ihrer Pflichten.«

»Ich werde mich bemühen,« sagte der Cardinal mit seinem seinen Lächeln, »obschon ich das Unglück habe, zu Ketzern zu sprechen, was mir, wie Sie selbst zugeben werden, die Aufgabe bedeutend erschwert.«

Nun war die Reihe, sich auf die Lippe zu beißen, an Sir William.

»Sprechen Sie,« sagte er; »wir hören Sie.«

Der Cardinal begann nun in französischer Sprache – beiläufig bemerkt der einzigen, welche man bis jetzt gesprochen – die Erzählung der Ereignisse vom 13. und 14. Juni. Er schilderte den furchtbaren Kampf gegen Schipani, die Vertheidigung des Pfarrers Toscano und seiner Catalanen, welche es vorgezogen hatten, sich lieber in die Luft zu sprengen, als sich zu ergeben. Mit seltener Treue entwarf er das Bülletin eines jeden Tages vom l4. bis zu jenem mörderischen Ausfall in der Nacht vom 18. zum 19. wobei die Republikaner die Batterien der Stadt vernagelt, ein ganzes Bataillon Albanesen vom ersten bis zum letzten Mann niedergemacht, die Toledostraße mit Leichen besäet und selbst nur etwa zehn bis zwölf Mann verloren hatten.

Endlich kam er auf die Nothwendigkeit, in welche er sich versetzt gesehen, einen Waffenstillstand vorzuschlagen, in der Ueberzeugung, daß eine abermalige Schlappe die Sanfedisten entmuthigen würde, welche, wie er offen gestehen müsse, mehr raublustige Plünderer seien als Soldaten, welche in guten wie in bösen Tagen bei ihrer Fahne ausharren.

Er setzte hinzu, da er durch den König selbst erfahren, daß eine französisch-spanische Flotte im mittelländischen Meer kreuze, so habe er gefürchtet, daß diese Flotte nach dem Hafen von Neapel steuere, wodurch dann Alles wieder in Frage gestellt worden wäre.

Deshalb und vorzüglich aus diesem Grunde habe er sich beeilt, sich zum Meister der Castelle zu mache, um den Hafen in Vertheidigungszustand halten zu können.

Der Cardinal schloß damit; daß er sagte, da die Capitulation von beiden Seiten freiwillig und in guten Glauben geschlossen worden, so müsse sie auch gewissenhaft beobachtet werden und jedes andere Verfahren könne nur eine Verletzung des Völkerrechtes sein.

Sir William übersetzte Nelson diese lange Vertheidigungsrede zu Gunsten der Heiligkeit der Verträge; als er aber auf die Befürchtung kam, welche der Cardinal gehegt, die französische Flotte wieder auf der Rhede von Neapel zu sehen, unterbrach Nelson den Uebersetzer und sagte im Tone des beleidigten Stolzes:

»Wußte der Herr Cardinal denn nicht, daß ich da war, und fürchtete er, daß ich die französische Flotte passieren und Neapel nehmen lassen würde?«

Sie William schickte sich an, die Antwort des englischen Admirals zu übersetzen, der Cardinal hatte aber die Worte, welche dieser gesprochen, so aufmerksam angehört, daß er, ehe noch der Gesandte Zeit hatte, den Mund zu öffnen, sagte:

»Mylord, Sie haben ja ein erstes Mal die französische Flotte durchgelassen, welche Malta nahm. Derselbe Unfall konnte Ihnen auch zum zweiten Male begegnen.«

Nelson biß sich auf die Lippe.

Emma Lyonna verhielt sich stumm und unbeweglich nie eine Marmorbildsäule. Sie hatte ihren Federfächer fallen lassen und glich auf den Ellbogen gestützt einer Nachahmung des farnesischen Hermaphroditen.

Der Cardinal warf einen Blick auf sie und es ihm als sähe er hinter dieser unbeweglichen Maske das zornige Antlitz der Königin.

»Ich erwarte eine Antwort von Mylord,« fuhr der Cardinal in kaltem Tone fort. »Eine Frage ist keine Antwort.«

»Ich werde diese Antwort an Mylords Stelle geben,« entgegnete Sie William. »Souveräne unterhandeln nicht mit ihren rebellischen Unterthanen.«

»Es ist möglich,« entgegnete Ruffo, »daß die Souveräne nicht mit ihren rebellischen Unterthanen unterhandeln; sobald aber einmal die rebellischen Unterthanen mit ihren Souveränen unterhandelt haben, so ist es Pflicht der letzteren, die aus diesen Verhandlungen hervorgegangenen Verträge zu respektieren.«

»Diese Maxime,« antwortete der englische Admiral ist vielleicht die des Herrn Cardinal Ruffo, sicherlich aber nicht die der Königin Caroline, und wenn der Herr Cardinal trotz unserer Versicherung zweifelt, so können Sie ihm die Fetzen des von der Königin zerrissenen Tractats zeigen, welche Lady Hamilton vom Fußboden des Schlafzimmers Ihrer Majestät aufgelesen und mit an Bord des »Donnerers« gebracht hat. Welche Instruktionen der Herr Cardinal als Generalvicar empfangen hat., weiß ich nicht, was jedoch mich betrifft,« fuhr er mit dem Finger auf den zerrissenen Tractat zeigend fort, »so ist dies hier die, welche ich als Admiral und Commandant der Flotte erhalten habe.«

Lord Hamilton gab mit dem Kopfe ein fast unbemerkbares Zeichen der Zustimmung und der Cardinal schien mehr als je überzeugt zu sein, daß sie bei dieser Conferenz ihre königliche Freundin repräsentiere.

Da er übrigens sah, daß Nelson dem Gesandten Recht gab, da er ferner begriff, daß es sich in dem vorliegenden Falle darum handelte, nicht blos mit Hamilton, der nur das Echo seiner Gattin war, sondern auch mit diesem Marmormund , der im Auftrage der Königin den Tod brachte und eben so wie der Todstumm war, in einen Kampf einzutreten, so erhob er sich, näherte sich dem Tisch, an welchem Hamilton saß, glättete eines der zusammengeknitteten Stücke des von Carolinens fieberhaften Händen zerrissenen Tractats und erkannte um so mehr, daß dies wirklich ein Fragment dieses Tractats war, als sein Siegel, und seine Unterschrift sich darauf befand.

»Was haben Sie hierauf zu antworten, Herr Cardinal?« fragte der englische Gesandte mit spöttischem Lächeln.

»Ich antworte darauf,« sagte der Cardinal, »daß ich, wenn ich König wäre, lieber mit eigenen Händen einen Königsmantel zerreißen würde als einen Tractat, der in meinem Namen von dem Manne unterzeichnet worden, welcher mir soeben mein Königreich wieder erobert hat.«

Und mit diesen Worten ließ er mit verächtlicher Geberde das Stück Papier, welches er in der Hand hielt, wieder auf den Tisch fallen.

»Mag dem sein, wie ihm wolle,« hob der Gesandte ungeduldig wieder an, »so betrachten Sie doch hoffentlich den Tractat als zerrissen, nicht blos materiell, sondern auch moralisch.«

»Unmoralisch, wollen Sie sagen.«

Nelson, welcher sah daß die Discussion sich in die Länge zog und der den Sinn der Worte nur nach den Physiognomien der Sprechenden beurtheilen konnte, erhob sich seinerseits und sagte zu Sie William gewendet,

»Es kann nichts nützen, noch länger hin- und herzustreiten. Wenn wir uns auf Sophismen und Haarspaltereien schlagen sollen, so wird der Cardinal allerdings den Sieg über den Admiral davontragen. Begnügen Sie sich daher, mein lieber Hamilton, den Herrn Cardinal zu fragen, ob er hartnäckig dabei bleibt, den Tractat aufrecht zu erhalten, oder nicht.«

»Sie William übersetzte dem Cardinal Nelson’s Frage ins Französische. Ruffo hatte dieselben ohnehin schon so ziemlich verstanden, die Wichtigkeit der Frage aber war eine so bedeutende, daß er nicht eher antworten wollte, als bis er sie gründlich verstanden.

Da Sir William besonders die letzten Worte mit Nachdruck betonte, so antwortete der Cardinal sich verneigend:

»Da die Repräsentanten der alliierten Mächte bei dem Tractate, den Sie, meine Herren zerreißen wollen, ebenfalls betheiligt sind, so kann ich nur für mich selbst antworten, und diese Antwort habe ich den Herren Capitänen Truebridge und Ball bereits gegeben.«

»Und diese Antwort lautet?« fragte Sie William.

»Ich habe,« fuhr der Cardinal fort, »meine Unterschrift und gleichzeitig mit dieser auch meine Ehre verpfändet. So lange es in meiner Macht steht, werde ich weder der einen noch der andern einen Makel zufügen lassen. Was die ehrenwerthen Capitäne betrifft, welche den Tractat gleichzeitig mit mir unterzeichnet haben, so werde sich Ihnen Mylord Nelsons Absichten mittheilen und sie werden dann sehen, was sie zu thun haben. Da indessen in solchen Dingen ein nicht richtig überliefertes Wort sehr leicht den Sinn eines ganzen Redesatzes ändern kann, so würde ich Mylord Nelson verbunden sein, wenn er mir sein Ultimatum schriftlich geben wollte.«

31Caracciolo Sergiani, Liebhaber der Königin Johanna, beging bei einem Streit mit seiner königlichen Geliebten die Unklugheit ihr eine Ohrfeige zu geben und mußte daher den dem Königthum angethanen Schimpf mit seinem Kopfe büßen.