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Viertes Capitel

Pauls Mutter hörte mir ohne ein Wort zu sprechen zu, bis ich geendigt hatte. Dann, die Hände emporhebend und den Blick gen Himmel gerichtet, sagte sie andächtig:

»Die Heiligen seien gepriesen! Ich fürchtete, daß ihn ein größeres Unglück getroffen habe – daß mein lieber Sohn todt sei. Lassen Sie ihn hereinkommen Herr Pfarrer. Ich werde ihm über das, was er gethan hat, keine Vorwürfe machen. Das Geld, daß er verloren hat, war ganz sein Eigenthum. Es ist Schade, daß er keinen bessern Gebrauch davon gemacht hat; aber das ist ganz seine Sache.«

Als Paul der im Stall war, seine Mutter in dieser Weise sprechen hörte, kam er sogleich herein und schlang seine Arme um ihren Nacken, augenscheinlich von Dankbarkeit überwältigt.

»Nein, gräme Deich nicht um die Sache, mein lieber Sohn, « sagte sie in zärtlichem Tone. »So lange ich lebe, wird es Dir hier nicht an Brod fehlen, mag sich ereignen was will.«

Seine Brüder gaben ihm darauf die Hand und machten am Tische Platz für ihn. Seine Frau allein hielt sich zurück und sagte nichts. Sie saß in einer Ecke des Gemachs mit ihren Händen auf ihren Knieen.

Paul ging zu ihr hin und redete leise mit ihr, aber sie hörte ihn mit unwilligen Gesicht und ohne aufzublicken, oder ein Wort zu erwiedern, an.

Als er fand, daß sie stumm blieb, fuhr ihr Mann in seiner Rede fort und suchte sie dahin zu bringen, ihn anzublicken. Dann platzte sie leidenschaftlich heraus:

»Geh mir aus den Augen, Dummkopf!« rief sie, mit zorniger Gebärde aufspringend. »Du bist ein Elender, unwürdig des großen Opfers, das ich für Dich gebracht habe. Glaubst Du, daß ich mit Dir das Brod theilen werde, das Dir Deine Familie aus Gnade und Barmherzigkeit geben wird? Nein, nein, nein! tausend Mal nein! Da ich weiß, daß Du von hier nicht fortgehen wirst, so will ich allein gehen. Ich will Dich in der Hundehütte lassen, in der Du geboren bist und —«

Es war ihr nicht gestattet, weiter fortzufahren. Bleich vor Zorn hatte ihr Mann seine Hand aufgehoben und ließ sie schwer auf sie niederfallen. Mit einem Schmerzensschrei taumelte sie zurück.

Die Männer stürzten sich sogleich zwischen Beide. Pauls Mutter eilte herbei und hielt ihn zurück während ich zu der jungen Frau trat. Sie lehnte mit stieren Blicken an der Wand. Ihre eine Wange war bleich und die andere blutroth.

»Er hat mich geschlagen, « sagte sie mit drohendem Ausdruck im Gesicht. Dann, ohne ein weiteres Wort zu sprechen verließ sie das Gemach und ging in das obere Gelaß, trotzig lachend.

»Sei ruhig, Teufel!« rief ihr Paul nach.

»Laß sie gehen", sagte die alte Frau, Paul auf einen Stuhl niederdrückend. »Du hast ganz recht gethan. Sie hat Dich beleidigt und Du hast sie dafür gezüchtigt. Damit ist die Sache zu Ende. Du mußt es jetzt vergessen und künftig glücklich mit ihr zu leben suchen.«

»Wir wollen sehen, was zu thun ist«, war seine Antwort. »Wenn ihr, Mutter, zu mir gesprochen hättet wie sie, so würde ich gerade so gehandelt haben.«

Ich entfernte mich.

Während ich das Gemach verließ, hörte ich, wie die alte Frau ihrem Sohn den Rath erteilte, im dem Hause eines Nachbars zu schlafen.

»Deine Frau ist sehr erbittert gegen Dich; es möchte vielleicht zwischen Euch zu einem neuen Streit kommen, « setzte sie mit einer Art Vorahnung hinzu.

»Als ob ich mich vor ihr fürchtete, « rief er mit einem kurzen Gelächter. »Laßts gut sein! Sie wird mich nicht zum zweiten Mal beleidigen, dafür stehe ich Euch.«

Als ich am folgenden Morgen im Begriff war, in die Kirche zu gehen, traf ich einen Mann, der so schnell er konnte lief. Als er an mir vorüberkam, rief er mir zu:

«In der vorigen Nacht hat bei den Croix ein Mord stattgefunden. Die schöne Bäuerin hat ihren Mann ermordet. Ich gehe nach Aise, um es bei Gericht anzuzeigen.«

Hier bedeckte der Marquis de Bruyere sein Gesicht mit den Händen und seufzte laut:

Der Erzähler fuhr fort:

Statt, wie ich mir vorgenommen hatte, nach der Kirche zu gehen, ging ich sogleich nach dem Meierhof. Ehe ich ihn erreichte, traf ich einen andern Mann der die Erzählung des ersten bestätigte.

»Es ist die schöne Bäuerin, welche die schreckliche That begangen hat, « sagte der Mann. »Es scheint, daß sie einen Streit mit ihrem Manne gehabt hat. Sie gingen indeß wie gewöhnlich zu Bett und während der Nacht hatte man nichts von ihnen gehört. Als aber diesen Morgen bei Tagesanbruch die Frau des ältesten Sohnes an ihrer ihrer Thüre vorüberging, hörte sie ein schwaches Stöhnen, Sie rief nach Hilfe, indem sie fürchtete, daß, während sie Alle schliefen, irgend etwas Schreckliches geschehen sei, und sofort stürzten Pauls beide Brüder in das Gemach desselben und fanden ihn ermordet in seinem Bett. Nach seiner Lage zu schließen, nimmt man an, daß ihm die tödtliche Wunde im Schlaf beigebracht worden ist. Als ich fortging, athmete er noch, aber Jeder konnte sehen, daß er nur noch wenige Minuten zu leben hatte.

»Und was ist aus der Frau, der unglücklichen Thäterin geworden?« fragte ich.

»O, sie ist entflohen, Niemand weiß wohin; aber sie wird bald aufgefunden werden, denn das ganze Dorf ist hinter ihr her.«

Ich eilte fort. Als ich mich dem Hause näherte, hörte ich das laute wehklagen einer Frau. Es ging von der unglücklichen Mutter aus. Ich dachte, es sei Alles vorüber.

Ich fand das untere Gemach voller Menschen. Die ganze Nachbarschaft hatte sich, wie es schien, dort versammelt. Die Familie Croix genoß ein gewisses Ansehen in der Gegend und Paul selbst war wegen seines fröhlichen sorglosen Wesens beliebt gewesen.

Man sagte mir, daß der unglückliche junge Mann noch immer athme, aber daß er bis jetzt kein Zeichen von Bewußtsein gegeben habe.

Ich stieg die Leiter hinauf, welche als Stiege diente, und trat in das kleine Gemach, das durch eine kleine Öffnung im Dach schwach erleuchtet war. Hier fand ich sämtliche Mitglieder der Croix-Familie um das Bett des Leidenden versammelt.

Die Mutter war vor Schmerz ganz außer sich.

»Ah, Herr Pfarrer, « rief sie aus, als sie mich sah, »gestern brachtet Ihr ihn voll von Leben zurück und jetzt liegt er im Sterben. Sie hat ihn ermordet, mein armes Lamm, sie, diese Wölfin!«

Ich trat ans Bett und kniete dort nieder. Ich dachte, Paul habe sich bewegt und die Augen halb geöffnet.

Gleich darauf kam der Arzt. Er fühlte dem Sterbenden den Puls, blickte mich an und schüttelte bedenklich das Haupt.

»Ist keine Hoffnung?« fragte ich.

»Keine, « erwiederte er. »Er hat nur noch einige Minuten zu leben. Ohne seine ungewöhnlich kräftige Constitution wäre längst Alles vorüber. Aber das Leben verläßt nur langsam einen so jungen und starken Körper.«

Ich nahm eine der Hände des Sterbenden in die meinige.

»Mein Sohn, mein lieber Sohn, betet in Eurem Herzen für Eure Frau und vergebt ihr diese Sünde. Hört ihr mich, mein Sohn? Wollt Ihr Eurer Frau verzeihen?«

Er konnte mir nicht antworten, aber zu meinem unaussprechlichen Trost fühlte ich einen schwachen Druck seiner Finger. Dann öffneten sich seine Augen, er blickte seine Mutter an und im nächsten Augenblick zählte er unter die Todten.

Auf meinem Heimweg erfuhr ich, daß die schuldige Frau verhaftet und in das Gefängniß von Aise abgeliefert worden sei. Es stand nicht in meiner Macht ihr den Beistand angedeihen zu lassen, dessen sie so sehr bedurfte. Da ich keinen Einlaß bei ihr erlangen konnte, so schrieb ich ihr Alles, was mir die christliche Liebe zu ihrem Trost und ihrer Seelenrettung eingab.

In Folge der Revolution, die damals die Behörden ausschließlich in Anspruch nahm, entging diese unglückliche Frau dem schrecklichen Ende. Nachdem sie über ein Jahr im Gefängniß geschmachtet hatte, wurde sie zur Brandmarkung und lebenslänglichen Einkerkerung verurtheilt.

Zu dieser Zeit war ich mit vielen Anderen genötigt gewesen, mich nach Deutschland zu flüchten. Als ich aus meiner Verbannung zurückkehrte, war das Urtheil an Paul Croix Weib längst in Vollzug gesetzt worden und die schreckliche Geschichte bereits vergessen. Ich erfuhr, dass sie sich im Gefängniß zu Embrun befand, wo sie in der Küche verwendet wurde, und daß Pauls Mutter aus Kummer gestorben sei, weil, wie die Leute sagten, der Richter ihre Schwiegertochter nicht auf das Schaffot geschickt habe.

Endlich vernahm ich, daß die unglückliche Frau begnadigt worden sei und das Gefängniß verlassen habe.

Ihre Stellung war noch immer eine schreckliche. Allgemeine Verbannung und Verachtung mußte sie in der Welt treffen und überall hin verfolgen. Aber Einer, der sie kannte und bemitleidete und wußte, durch welche Reue sie ihr Verbrechen gebüßt hatte, stand ihr bei, ihre Vergangenheit zu verbergen, und verschaffte ihr die Mittel, ein niedriges, aber ruhiges Leben zu führen.

Hier endigte der Erzähler.

»O, her Pfarrer, « rief der Marquis mit einer Stimme voll Erregung, »ich bitte Sie inständigst, ausfindig zu machen, wo sich dieses arme Geschöpf jetzt befindet. Suchen Sie ihren Aufenthalt zu erfahren und ich will Sorge tragen, daß sie ihre noch übrigen Tage in Behaglichkeit und Ruhe hinbringen kann..«

Der Abbé Trebmal verbeugte sich und erwiederte einfach:

»Ich will es versuchen, Ihre Wünsche zu erfüllen, mein Herr Marquis.«

»Nun, « rief Michael Laubarrie aus, »das ist doch sonderbar, daß ich die Heldin einer so furchtbaren Geschichte gekauft und unter meinen Augen aufgestellt habe.«

Der Priester sah seinen Wirth erstaunt an.

»Das ist das Portrait der Mademoiselle de Vere«, erläuterte Michael. »Erkennen Sie sie nicht?«

»Nein. Als ich sie zum ersten Mal sah, hatte sie (obschon sie nach immer hübsch war) nicht mehr das frische lächelnde Gesicht, das ich dort abgebildet sehe.«

Die Uhr schlug jetzt zwölf. Der Marquis erhob sich und legte eine Börse auf den Tisch.

»Das ist für Ihre Armen, Herr Pfarrer«, sagte er mit leiser trauriger Stimme, »Jedes Jahr werde ich diese Gabe erneuern. «

 

Am folgenden Margen stand der Wagen des Marquis vor dem Hause.

»Nun, da wir uns wieder gefunden haben, so kommt es mir schwer an, Dich wieder verlassen zu müssen alter Freund, « sagte de Bruyere.

»Wir haben ein trauriges Wiedersehen gehabt. Dieses abscheuliche Pastellbild trug allein die Schuld daran, « entgegnete Michael.

Die beiden Freunde umarmten sich und der Gesandte sprang in seine Berline, welche davon fuhr und nach einer Minute in der Windung des Weges verschwunden war.

Als Michael Laubarie in das Haus zurückkehrte, traf er den Priester, der hier übernachtet hatte. Er sah sehr traurig und kummervoll aus.

»Die arme Madelon ist schlimmer, « sagte er. »Ich fürchte sie wird den Tag nicht überleben.«

Michael schob seine BrilIe auf die Stirne zurück und sah ganz erschrocken aus. «

»Ich hin froh, daß Sie hier sind. Herr Pfarrer, « bemerkte er.

»Ich bin nicht zufällig hierher gekommen, Madelon hat mich holen lassen, « entgegnete der Priester.

»Würde sie nicht ein Arzt retten können?« fragte ihr Gebieter ängstlich.

»Nein, sie liegt im Sterben – s i e   ist   t o d t.« antwortete der Pfarrer in feierlichem Tone.

»Todt!« wiederholte Michael, erstaunt zurückweichend. »Meine arme Madelon! Zehn Jahre und länger war sie meine Dienerin und während dieser ganzen Zeit hat sie mir niemals eine Ursache zur Klage gegeben. Hat sie Ihnen gesagt, wo ihre Verwandten zu finden sind, wo —«

Der Abbé schüttelte den Kopf. Er hatte sich an einen Tisch gesetzt und war mit schreiben beschäftigt. Als er damit fertig war, legte er das Papier dem Hausherrn vor, der Folgendes las:

»Heute am 12. Oktober 18— starb in der Wohnung ihres Gebieters, Monsieur Michael Laubarrie, die Wittwe von Paul Croix, geborene Isabelle de Vere.«

»Madelon! Sie war es also!« rief Michael, mit dem Ausdruck des lebhaften Schmerzes auf das Portrait blickend.

E n d e