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Die Prinzen von Orleans

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Hier galt es nun, den rechten Zeitpunkt abzuwarten, um auf geeignete Weise zu handeln.

Als nun die Revolution ausbrach, wie er voraus gesehen hatte, beschloß er, sich der Nation nicht eher anzubieten, als, bis dieselbe durch Triumphe verblendet, ihn selbst zum König wählen würde. Der entscheidende Augenblick fand ihn noch unentschlossen.

Von Furcht gepeinigt, hatte er sich nach Naincy geflüchtet.

Dessen ungeachtet, mußten die Orleanisten über die Republikaner den Sieg davon tragen. Sie hatten den Vortheil, daß ihre Regierung schon eingerichtet, schon völlig geordnet war; ihr Anführer, Herr Lafitte, hatte sich ungestraft der Prärogative der Macht bedienen können und Armand Carrel nach Rouen geschickt, um die Revolution zu stillen. Auch bei Herrn Lafitte versammelten sich am 30. die Deputirten und hörten die Proclamation vorlesen, die auf Befehl des Herzogs von Orleans in Paris verbreitet ward. In dieser Proclamation wurde, das ist wahr, die Volksherrschaft ausgerufen; aber, nur um das Volk für den Augenblick zu beschwichtigen. Herr Odillon-Barrot erhob sich Namens der Municipal-Commission und beantwortete die Reden der Republikaner mit folgenden Worten:

»Der Herzog von Orleans ist die beste Republik.«

Die Stimme des Herrn Odillon-Barrot ward durch negative Ausrufungen übertäubt.

In der Nacht kam der Herzog als Bürger verkleidet ins Palais-Royal. Er hatte eine Zusammenkunft mit Herrn v. Mortemart, von der damals Niemand etwas ahnte. Er sagte zu ihm:

»Herzog v. Mortemart, wenn Sie den König eher sehen als ich, so sagen Sie ihm, daß sie mich mit Gewalt nach Paris geholt haben, aber daß ich mich eher in Stücken reißen, als mir die Krone aufsetzen lassen werde !«

Dann fügte er hinzu:

»Der König, mein Herr, hat zu viel für mich gethan, als daß ich jemals vergessen könnte, was ich ihm schuldig bin!«

Diese Worte hatte der Herzog v. Orleans rasch herausgestoßen. Ein düstres Feuer blitzte in seinen Augen; seine Bewegungen veriethen Aufregung.

Der Herzog v. Mortemart liebte dieses sterbende Königthum nicht allzusehr, wußte es aber doch zu vertheidigen.

»Gnädiger Herr,« rief er aus, »man ruft in der Stadt: Es lebe der Herzog v. Orleans. Dieser Ruf bezeichnet Sie.. . . «

»Thut nichts, ich werde die Stadt von der Anarchie, retten, aber, ich wiederhole es Ihnen, niemals ihr König sein!!!«

Nachdem der Herzog dies gesagt hatte, schwieg er, Herr v. Mortemart empfahl sich ihm, und nahm, wie man sagt, in seiner Cravatte einen Brief mit hinweg, den der Herzog so eben an Karl X. geschrieben hatte und in welchem er seine Anhänglichkeit an die ältere Linie betheuerte.

» Werfen wir nun einen schnellen, traurigen Blick auf Saint-Cloud. Die Soldaten waren bleich und niedergeschlagen. Viele unter ihnen hatten Verwandte und Freunde in der Hauptstadt zurückgelassen. Man hatte geheime Emiffaire in ihre Reihen gesandt welche düstre Nachrichten verbreiteten. So zur Entweichung aufgereizt, ergaben sich die Truppen der Muthlosigkeit, um so mehr, als die Lebensmittel ihnen fehlten. Zu dieser Verlegenheit gesellte sich der Zorn, Folge der Niederlage und Hoffnunsglosigkeit.

Unterdessen schwatzte Karl X. traurig mit seinem Vertrauten, dem General v. Champagny. Der General entwickelte einen gigantischen Plan. Er schlug vor, sich nach der Stadt Orleans zu begeben, von dort aus die Provinzen des Südens zu gewinnen und die östlichen aufzuwiegeln. Zu Anführern dieser Unternehmung schlug der General den Dauphin, und die Herren Marschälle Qudinot,18 Marmont und Bourmont vor. Und als der alte König sich wunderte, daß Herr v, Champagny nicht auch den Herzog v. Orleans, als Anführer dieser Unternehmung vorschlug, sagte derselbe:

»Sire, lassen Sie mich aufrichtig zu Ihnen reden. Ich traue dem Herzog nicht; er ist ein ehrgeiziger Mann!«

»Sie irren sich,« unterbrach ihn Karl X. lebhaft.

Erschöpft von dieser Anstrengung schwieg er.

»Nein, Sire, ich irre mich nicht, und wenn Sie meinen Plan nicht befolgen, werden Sie sich in Zeit von vier und zwanzig Stunden gezwungen sehen, zu fliehen. . . Denken Sie an Ludwig XVI. und Philipp-Egalité!!! Sie wissen, wie der Verräther denselben alle Tage, alle Stunden, alle Minuten, an irgend einem unvermutheten Flecke mit Nadelstichen verwundet hat! Er raubte ihm seine Gemahlin, und peinigte die Beide; er hatte ein Kind, er peinigte ihn in seinem Kinde. Er war ein Ungeheuer. . . Wenn Sie sich auf seinen Sohn verlassen, sind Sie verloren!«

»Ach!« seufzte der alte König, »wenn das Volk wüßte, was ich leide!«

»Sire, die Orleans haben keine Seele! Sie verweigerten Ludwig XVI. ein Cruzifix, um das er sie mit einer Stimme bat, die einen Teufel hätte erweichen müssen!«

Jetzt vergoß der alte König Thränen. Indessen versäumte er, den Rath des Generals zu benutzen und nahm seinen Vorschlag nicht an. Der König verlor den Kopf, denn seine Freunde verstanden nicht, seine Seele zu ermuthigen. Als Karl X. Überzeugt wurde, daß der Volksaufstand allgemein war, ward sein Herz von einer außerordentlichen Niedergeschlagenheit ergriffen. Er beabsichtigte die Ordonnanzen, gegen die man kämpft, aufzuheben, aber es war zu spät! Am Morgen des 31. Juli empfing Louis Philipp die Deputation der Kammer im Palais-Royal. Durch den General Sebastiani und durch Talleyrands Rath getrieben, übernahm er, doch nicht ohne große Verlegenheit, die Regierung. Sein Lächeln verbarg schlecht die Aufregung seiner Seele. Woher kam diese Unsicherheit? Daher, daß er Karl X. noch nicht abgesetzt und in der Nähe von Paris wußte. Sein Gewissen empörte sich, denn er konnte nicht vergessen, daß er der ältern Linie der Bourbons folgenden Schwur geleistet hatte:

Eidschwur

der Ordensritter des Königs, wie ihn der Herzog v. Orleans, (Louis-Philipp) und dessen Sohn, der Herzog von Nemours,19 geleistet haben.

»Ich schwöre und verspreche Ihnen, Sire, im Namen Gottes und Angesichts seiner heiligen Kirche, auf meinen Glauben und meine Ehre, in dem Bekenntniß der katholischen Religion zu leben und zu sterben und mich niemals von derselben, so wie auch von der Liebe zu unserer heiligen Mutter, der römisch-apostolischen Kirche zu trennen und wie einem guten und getreuen Unterthan geziemt, Ihnen einzig und allein, vollkommenen unverbrüchlichen Gehorsam zu leisten; nach allen meinen Kräften die Rechte Ew. königl. Majestät in jedem Streit und gegen Jedermann zu bewahren, zu vertheidigen und aufrecht zu erhalten; in Kriegszeiten in Ihrer Nähe zu bleiben und in Friedenszeiten, mit welcher Sendung oder Auftrag es Ew. Majestät auch gefallen möge, mich zu beehren, dieselben ohne Ausnahme, wo und gegen wen es auch sei, getreulich, und sollte ich mein Leben dabei lassen, zu erfüllen; bei solchen Gelegenheiten, Ihre Person, oder den Ort, wo ich Ihrem Befehl gemäß zu dienen im Stande bin, ohne Ihre ausdrückliche Verabschiedung, oder von Ihrer eignen Hand unterzeichneten Befehl, niemals zu verlassen, Ihnen auch nachher noch getreulich anzuzeigen und zu offenbaren, was ich, Ihren Dienst, den Staat und die Erhaltung gegenwärtigen Ordens des heil. Geistes, mich welchem mich zu beehren es Ew. Majestät gefallen hat, betreffend, erfahre und bemerke; und endlich so viel an mir ist, niemals etwas zu erlauben, noch darein zu willigen, was als eine Neuerung, oder ein Angriff gegen den Dienst Gottes oder gegen Ihr königliches Ansehen betrachtet werden könnte.«

Es handelte sich also um nichts Geringeres für den Sohn von Philipp-Egalité als den Thron seines Verwandten, seines Königs, dessen, dem er Treue geschworen hatte, zu besteigen. Seine Devise war immer gewesen attendre (abwarten), eine philosophische und sichere Devise. Darum schwankte er zwischen dem Wagestück, eine Krone anzunehmen (die seine Genossen ihm boten) und der Schwierigkeit, sie auszuschlagen. Unter die, welche sich täuschten, ist Herr Lafitte zu zählen, der später auf der Tribune der Deputierten-Kammer ausrief: »Ich muß Gott und Menschen um Vergebung bitten, zu der Juli-Revolution beigetragen zu haben.« Endlich, von allen Seiten gedrängt, nahm der Herzog v. Orleans den Anschein an, als werde er gezwungen. In dieser traurigen und heillosen Comödie ward er besonders von Hrn. Sebastiani unterstützt.

Um die Männer der Juli-Revolution beurtheilen zu können, muß man sehen, was sie seitdem gethan haben. Minister Sebastiani hat durch seine Handlungsweise die Pfeifen20 theuer gemacht; als Gesandter hat er einige hundert Paar Stiefel-Stulpen verbraucht; als Deputierter nagt er am Budjet, radotiert auf der Tribune und schläft auf seiner Bank.

Der Herzog v. Orleans gab endlich seine Annahme durch folgende Proclamation zu erkennen:

 
»Einwohner von Paris!«

»Die in diesem Augenblick zu Paris vereinigten Deputirten Frankreichs haben den Wunsch ausgesprochen, daß ich mich in diese Hauptstadt begeben solle um in derselben die Functionen eines General-Lieutenants des Königreichs auszuüben.«

»Ich habe mich nicht besonnen, zu kommen, Eure Gefahren heilend, mich in die Mitte dieser heldenmüthigen Bevölkerung zu stellen und Alles aufzubieten, um Euch vor dem Bürgerkrieg und der Anarchie zu bewahren. Bei meiner Wiederkehr nach Paris trug ich mit Stolz jene ruhmvollen Farben, die Ihr wieder zum Zeichen genommen habt, die ich selbst einst so lange trug.«

»Die Kammern werden zusammen treten; sie werden über die Mittel berathen, die Regierung des Gesetzes zu sichern und die Rechte der Nation aufrecht zu erhalten.«

»Die Charte wird künftig eine Wahrheit sein
Louis-Philipp von Orleans.«

Diese Acte ward durch einige mit ihrer unbedeutenden Stellung unzufrieden, ihr Geschick zu verbessern glühend beflissene Männer, mit großer Gewandtheit verbreitet.

Sie wurde von den verschüchterten Deputierten angenommen. In der Kammer verlesen, erregte sie die lebhafteste Theilnahme. Die Deputierten fürchteten ihre Zukunft unter der neuen Regierung zu gefährden. Diese Stimmung benutzend, ließ der künftige König der Franzosen Herrn Lafitte sagen, er möge die Kammer zu einer Erklärung auffordern, in Folge dieses Auftrages schlug einer der Deputierten seinen Collegen vor, eine historische Uebersicht der Maaßregeln, welche die Kammer zum Wohle des Landes genommen habe, aufzusetzen. Damals erhoben sich die Herren Corcelles, Eusébe Salverte und Benjamin Constant und verlangten, daß in dieser Deklaration einige Garantien für das Volk stipuliert würden. Die Herrn Guizot, Sebastiani, Villemain, Dupin und Périer behaupteten: »das heiße sich in eine unnütze Discussion einlassen.«

Die Herren Bérard, Benjamin Constant, Guizat und Villemain verfaßten den Entwurf. Die beiden Letztern hatten nur eine conservative Rolle bei der Revolution gespielt, deshalb wollten sie durch das Zukünftige das Vergangene wieder gut machen. Mit Einem Worte, es waren so viele Franzosen gefallen, um Folgendes zu erreichen:

»Franzosen, Frankreich ist frei. Die absolute Gewalt pflanzte ihre Fahne auf, die heldenmüthige Bevölkerung von Paris hat dieselbe umgestürzt.«

»Paris war angegriffen, und hat mit den Waffen in der Hand der geheiligten Sache den Sieg verschafft, welche moralisch, doch erfolglos, schon längst triumphierte. Eine unsere Rechte unterdrückende, unsere Ruhe störende Macht, bedrohte Freiheit und Ordnung zugleich; wir haben Freiheit und Ordnung wieder errungen.«

»Keine Furcht für die wiedererlangten Rechte mehr; keine Scheidewand mehr zwischen uns und den Rechten, die uns noch fehlen.«

»Eine Regierung, die uns ohne Aufschub diese Wohlthaten garantiert, ist in diesem Augenblicke das erste Bedürfniß des Vaterlandes.«

»Franzosen, diejenigen Eurer Deputierten, die sich schon in Paris befinden, haben sich vereinigt, und haben in Erwartung der vorschriftsmäßigen Intervention der Kammern, einen Franzosen, der immer nur für Frankreich gekämpft hat, den Herrn Herzog v. Orleans aufgefordert, die Funktionen eines General-Lieutenants des Königreichs zu übernehmen. Dies ist ihrer Meinung nach das Mittel unverweilt durch den Frieden den Erfolg der gesetzmäßigten Vertheidigung zu erreichen.«

»Der Herzog v. Orleans ist der Sache der Nation und der Constitution zugethan. Er hat immer die Interessen derselben vertheidigt und sich zu ihren Grundsätzen bekannt. Er wird unsere Rechte ehren, denn er wird die seinigen durch uns erhalten. Wir werden uns alle nöthigen Garantieen, um der Freiheit, Stärke und Dauer zu geben, gesetzmäßig sichern: als die Wiederherstellung der Nationalgarde mit der Berechtigung der Nationalgardisten zu Officiers-Stellen; die Anwartschaft der Bürger auf Anstellung bei den Municipal- und Departemental-Verwaltungen; die Jury für die Vergehen der Presse; die Einführung der gesetzlichen Verantwortlichkeit der Minister, und der Verwaltungsbeamten zweiten Ranges, die gesetzliche Sicherstellung der Militär-Personen; die Wiedererwählung der zu öffentlichen Aemtern beförderten Deputierten.«

»Wir werden, mit dem Oberhauptes des Staates einverstanden, unsern Institutionen die Entwicklung geben, deren sie bedürfen.«

»Franzosen, der Herzog v. Orleans selbst hat schon gesprochen, und seine Sprache war so wie sie für ein freies Land paßt.«

»Die Kammern werden zusammen treten, er hat es Euch gesagt: sie werden über die Mittel berathen, die Herrschaft des Gesetzes zu sichern und die Rechte der Nation aufrecht zu erhalten.«

»Die Charte wird von nun an eine Wahrheit sein.«

Ohne uns bei dem Beweise aufzuhalten, daß der größte Theil dieser damals gemachten Versprechungen später nicht gehalten wurde, wollen wir nur sagen, daß diese Acte, so wie die Declaration des Herzogs v. Orleans, den lebhaftesten Unwillen unter dem Volke erregte. Die Republikaner, die sich auf dem Stadthause aufhielten, tapfre, uneigennützige, begeisterte Männer, fanden die Antwort dieses Prinzen doppelsinnig.

Herr Lafitte, der sich den Sieg nicht entreißen lassen wollte, begriff, daß die Sache des Herzogs auf immer verloren sei, wenn sie jetzt nicht mit Festigkeit vertheidigt werde; er zeigte sich daher unerschütterlich, als Herr Sussy die letzten Verfügungen Karl X. in der Hand haltend, erschien. Andererseits erklärte Herr Lafitte, um das Volk, welches energisch die Publikation des in dieser Sitzung Verhandelten verlangte, von der Kenntnißnahme desselben fern zu halten, dieselbe sei nur eine ganz einfache Zusammenkunft der Deputierten und keine Sitzung.

Aus diesem gesetzgebenden Kreise tretend, begab Hr. v. Mortemart sich nach dem Luxemburg und glich so, unter dem Mantel die Glocke der Dynastie ertönen lassend, einem mit den Reliquien des ancien regime beladenen Streitroß der Montmorenci. Im Luxemburg waren die Pairs versammelt. In Mitten der Herren v. Broglie, Molé, v. Dreux-Brézé, Pastoret und v. Sémonville befand sich der Dichter aller gefallenen Größen, Hr. v. Chateaubriand, der die Sachen immer mit dem großen Maaßstabe mißt, ohne ihre kleine Seite zu bemerken.

Dieser schöne ritterliche Geist konnte die Politik nur mit dem Herzen beurtheilen und darüber schreiben; auch hat man, so oft er auch betrogen wurde, immer die Einfachheit, selbst seiner Irrthümer bewundern müssen. Als Napoleon im vollen Besitze einer Macht war, schleuderte der Vicomte v. Chateaubriand Verwünschungen gegen – 228 – ihn. Als der große Mann gefallen war, setzte der Dichter, mit erstaunter, und über einen solchen Sturz fast betrübter Seele, sich hinter sein Grab, um nichts mehr von den Nichtigkeiten der Welt zu sehen. Wie Jeremias ist er der Prophet der sinkenden Reiche geworden. Mitten in diese entschlummerte Gesellschaft, in diese erloschenen Glaubenslehren und Alles überlebenden Meinungen, zwischen der Vergangenheit und Zukunft, ergießt er seine harmonischen Klänge und weissagt die Zukunft der Völker, die allgemeine Republik.

Eine eben so thörigte, als in ihrer Begeisterung großherzige Jugend hatte Herrn v. Chateaubriand nach dem Palaste des Luxemburg geführt. Er kam nicht dahin, um dem Königthume den letzten Stoß zu versetzen; seine so kraftvolle Seele hegte eine fromme Ehrfurcht vor dem Unglücke. Er kam also in diesen Palast, triumphierend und doch schwermüthig, wie es einem Edelmanne von unerschütterlicher Treue geziemt. Er suchte seine Collegen zu Gunsten der sinkenden Monarchie zu gewinnen, ermahnte sie den Wechselfällen des Geschickes muthig zu vertrauen. Er setzte sich wieder, ohne verstanden worden zu sein, doch bald erhob er sich abermals, meinend, es sei noch nicht. Alles gesagt. Er sprach stehend, mit entschlossenem, durchdringendem Tone und gebietender Miene. Er sprach erhabene Gedanken aus, mit weiter Zurückhaltung Schritt vor Schritt in der aufregenden Discussion vorschreitend. Aber seine Stimme fand kein Gehör. Nur zu oft ist menschliche Niedrigkeit mit den höchsten Stellungen vereint. Die Abgesandten der Burgeoisie erschienen, der Dichter verstummte und nicht eine Stimme erhob sich aus dieser Versammlung von Edelleuten, um dem Herzog v. Orleans die General-Lieutenants-Stelle des Reichs streitig zu machen.

Hier einige Auszüge aus der Rede des Herrn v. Chateaubriand:

»Die repräsentative Republik ist vielleicht der künftige Zustand der Welt, aber noch ist ihre Zeit nicht gekommen. Ich gehe zu der Monarchie über.

»Ein von den Kammern ernannter, oder von dem Volke erwählter König wird immer, wie man es auch einrichten möge, eine Neuerung sein. Nun setze ich voraus, daß man die Freiheit will, besonders die Freiheit der Presse, durch und für welche das Volk einen bewunderungswürdigen Sieg errungen hat. Nun denn! jede neu gegründete Monarchie wird über kurz oder lang gezwungen sein, diese Freiheit zu beschränken. Napoleon selbst konnte sie nicht gestatten. Eine Tochter unseres Unglücks und Sclavin unsers Ruhms, ist die Freiheit der Presse nur sicher unter einer consolidierten Regierung. Sollte eine Monarchie, welche das Sündenkind einer Blutnacht ist, nichts von der Unabhängigkeit der Meinungen zu fürchten haben? Wenn Dieser die Republik, Jener ein andres System predigen kann, fürchten Sie nicht, alsdann ungeachtet des dem 8. Artikel der Charte beigefügten Anathema bald zu Ausnahme-Gesetzen flüchten zu müssen?

*                   *
*

»Also, Freunde der gesetzmäßigen Freiheit, was könnt. Ihr bei der Veränderung, die man Euch vorschlägt, gewinnen? Ihr werdet mit Gewalt in die Republik, oder in gesetzliche Dienstbarkeit verfallen. Die Monarchie wird von dem Strome der demokratischen Gesetze, der Monarch durch die Bewegung der Factionen fortgerissen werden.»Ich glaube nicht an ein göttliches Recht des Königthums; ich glaube an die Macht der Revolutionen und Ereignisse. Die Monarchie kann jetzt nur unter Oberherrschaft der Vernunft bestehen. Ich berufe mich nicht auf die Charte; ich suche meine Ansichten höher; ich nehme sie aus der philosophischen Sphäre meiner Zeit, ich schlage Euch den Herzog v. Bordeaux vor ganz einfach als eine Nothwendigkeit von besserem Gehalte, als die von der die Rede ist. . . «

»Ihr wählt heute einen König: wer wird Euch verhindern, morgen einen andern zu wählen? Das Gesetz, werdet Ihr sagen. Das Gesetz? Ei! seid Ihr es doch, die es machen!. . . «

Erfolglos wie Cassandra, habe ich den Thron, so wie das Vaterland schon oft genug mit meinen verachteten Warnungen belästigt. Es bleibt mir also nichts übrig, als mich auf den Trümmern eines Schiffbruches niederzulassen, den ich so oft vorhergesagt habe. »Ich räume dem Unglück alle Gewalt ein, nur die nicht, mich meinen Treueschwüren abtrünnig zu machen. Ich muß und will konsequent bleiben. Nach Allem was ich für die Bourbons gethan, geredet und geschrieben habe, wäre ich der Geringste der Nichts würdigen, wenn ich sie in dem Augenblicke verläugnete, wo sie sich zum dritten und letzten Male aufmachen, um in die Verbannung zu gehen.

»Die Furcht überlasse ich jenen royalistischen Generalen, die ihrer Rechtlichkeit niemals eine Handbreit Land, oder einen Obolus geopfert haben, jenen Kämpfern für Thron und Altar, die mich noch ganz kürzlich wie einen Renegaten, Apostaten und Revolutionair behandelten. Fromme Pasquillanten, der Renegat ruft Euch! Kommt, stammelt ein Wort, ein einziges Wort mit ihm, für den unglücklichen Herrn, der Euch mit seinen Gaben überhäufte und den Ihr zu Grunde gerichtet habt! Anstifter von Staatsstreichen, Prediger der constituierenden Macht, wo seid Ihr? Ihr versteckt Euch in dem Schlamm, aus dessen Tiefe ihr tapfer Euer Haupt hervorstrecktet, um die wahren Diener des Königs zu verläumden! Euer heutiges Stillschweigen ist Eurer gestrigen Reden würdig. . . .«

Laurentie sagt, indem er von 1830 spricht:

»Nun gestaltete sich eine neue Revolution, in welcher man den Herzog v. Orleans auftauchen sah, der sich in den Abgründen der ersten verloren hatte.«

»Der Sohn von Philipp-Egalité ward König, nachdem er manchen Glückswechsel erlebt hatte; und vielleicht war der letzte derselben nicht vortheilhafter als die andern, denn es ist ein mißliches Geschick, der König eines Volkes zu werden, welches bewegliche Leidenschaften und lebendige Erinnerungen hat und tiefen Hasses fähig ist.«

»Es legt große Pflichten auf und fordert große Tugenden, große Opfer oder ein erhabenes Genie; und bei alledem entschlüpft die Zukunft zuweilen; sie entschlüpfte Cromwell, entschlüpfte Bonaparte.«

»Es ist möglich, daß der König der Franzosen die Kraft haben wird, sie zu fesseln, aber die Geschichte wird nichts desto weniger ihr unbeugsames Recht geltend machen, diese Revolution zu beurtheilen, zu richten, die nach vierzig Jahren auf das Haupt Louis-Philipp I. die Erfüllung der Wünsche häuft, welche Louis-Philipp Egalité so vergeblich hegte, und so grausam abbüßte!«

 

Ist Louis-Philipp glücklich? Das ist die Frage. Seine Freunde werden antworten, er hat Geld in Fülle und schmeichelt sich mit der Freundschaft der Herren Dupin, Thiers, Guizot, Soult und Consorten.

Aber hierauf antworten seine Feinde (und wer hat deren nicht?), daß Louis-Philipp nicht in den Straßen spazieren gehen kann, wie ein Vater, umringt von geliebten Unterthanen, daß er bis auf einen gewissen Punkt den Dolch des modernen Brutus zu fürchten hat; sie fügen hinzu, daß der Himmel ihn in seinen Kindern schmerzlich getroffen hat; in der That: der Herzog v. Orleans ist todt; seine Schwester, eine talentvolle Künstlerin, war ihm auf dem Wege zum Grabe vorangegangen; eine andre seiner Töchter hat sich mit dem Könige der Belgier vermählt und nur die Politik hat diese Verbindung geschlossen; der Herzog v. Nemours ist nicht beliebt und der Prinz von Joinville ist stocktaub; auch sind die fürstlichen Verbindungen, von denen so viel Geschrei gemacht worden ist, bei Lichte besehen, ziemlich unbedeutend. Auch wird es dem Könige nicht unbekannt sein, daß die Parteien mit Ungeduld seinen Tod erwarten, um an seinem Sarge den Kampf zu erneuern: diese wüthenden Parteien machen aus ihren Absichten kein Geheimniß und ich weiß zuverlässig, daß unglückliche Tage eines hitzigen Bügerkrieges bevorstehen. . .

Indessen, die im Stadthause versammelten Republikaner schrieen: der Herzog v. Orleans sei ein Bourbon und müsse dem Schicksale eines ganzen Geschlechts unterliegen. Man sah einige dieser Männer von muthiger Ueberzeugung, dieser jungen Leute mit begeisterter Rede, ihre Wunden zeigen; Andre fragten, worin denn die Berechtigung zum Thron für den Herzog v. Orleans liege.

Underdessen gingen die Vorbereitungen zum Empfang der Herzogs, auf dem Stadthause ruhig fort. Die Anhänger Louis-Philipp’s hatten den General La Fayette gewonnen. Es gelang ihnen sein Herz gegen die Seelen einzunehmen, welche Freiheit des Volks und Gleichheit der Bürger träumten. Sie verläumdeten gegen den Greis die siegreiche Demokratie, sie stellten ihm einen 18. Brumaire in Aussicht.

Es ist zu bedauern, daß La Fayette nicht zu den großherzigen Männern gehörte, die sich überall und immer der Sache des Volkes widmen.

Indem Louis-Philipp v. Orleans sich anschickte, sich nach dem Stadthause zu begeben, sprach er von seinem Geschmack für das Privatleben, seiner Abneigung gegen den Glanz des Königthums.

»Ich fühle in mir, wagte er hinzuzufügen, ein altes republikanisches Gefühl, welches mir zuruft, eine Krone auszuschlagen!«

Die Mehrzahl der Deputirten ließ sich durch diese Worte täuschen; die Andern machten sich dem Herzog von Orleans durch einen lächerlichen Diensteifer bemerklich.

*                   *
*

In der Durchfahrt des Palais-Royal zeigte sich der Herzog v. Orleans mit Herrn Lafitte der Menge. Einige schlaue Agenten schrieen:

»Es lebe der Herzog v. Orleans! es lebe Hr. Lafitte!«

Und die Menge ließ sich hinreißen, sie stimmte ein.

»Das geht gut,« sagte der Banquier zu seinem durchlauchtigen Freunde.

Und der Herzog antwortete:

»Ei ja, es geht nicht übel!«

Indessen hatten sich einige Männer mit finstern Gesichtern an die Ecken einiger Straßen aufgestellt, um den Herzog von Orleans zu tödten.

Namentlich hatte ein junger Mensch ihm einen furchtbaren Empfang vorbereitet. Aber in dem Angenblicke, wo er ein Pistol erhob, um seinen Entschluß auszuführen, versagte dasselbe; der Schuß war herausgezogen.

Im Innern des Stadthauses war der Unwillen aufs Höchste gestiegen. Herr Benjamin Constant und der General Lobau theilten denselben. Der Letztere rief:

»Ich will so wenig diesen als die Andern: auch er ist ein Bourbon!«

Unter solchen bedenklichen Außerungen näherte ich der Herzog ergriffen, indem er die Demokraten vor Unwillen beben sah. Als er eintrat, hörte man Einige laut seinen Tod begehren. Indem Herr v. La Fayette ihn in den Saal, wo der Generalstab versammelt war, einführte, sah man mehre Combattanten sich zurückziehen. . .

Der Herzog v. Orleans und der General La Fayette zeigten sich zusammen an den Fenstern, wo sie einander umarmten und der General, dem Herzen die dreifarbige Fahne übergab. Die Volksregierung war zu Ende; die Tyrannei der Geldmenschen begann. Die Farce war ausgespielt!

Als der Herzog wieder in den Saal trat, beantwortete er die Anrede der Deputierten in folgenden Worten:

»Als Franzose beklage ich das Uebel, welches meinem Lande geschehen, das Blut, welches vergossen ist. Als Fürst preise ich mich glücklich, zum Wohle der Nation beitragen zu können!«

Diese wichtigen Worte wurden von den Deputierten mit Beifallsrufen beantwortet. Aber plötzlich trat aus einer Gruppe von Schülern des polytechnischen Instituts, mit erhobenem Kopf und bloßem Degen der General Dubourg. Er trat dicht vor den Herzog, streckte die Hand nach dem mit Bewaffneten bedeckten Platze aus und sagte:

»Prinz, Sie kennen unsre Rechte; sollten Sie dieselben vergessen , so werden wir Sie daran erinnern.«

Sollte man es glauben? Man hörte nie wieder etwas von dem General Dubourg. . .

La Fayette und Lafitte bereuten bald, was sie gethan hatten. Diese Männer gaben die Sache des Volks und des Vaterlandes Preis, um der Bourgeoisie, der Geld-Aristokratie zu dienen. Sie waren es, die folgenden Anschlag in Paris veröffentlichten:

Der Herzog von Orleans ist kein Bourbon, sondern ein Valois!

Die republikanischen Partei-Häupter wurden von Herrn Thiers bei Louis Philipp eingeführt; Louis Philipp versuchte den Regenten und seinen Vater Egalité zu rechtfertigen und als darauf von den Bourbons, die ihm so viel Gutes gethan hatten, die Rede war, sagte er:

»Was unsere Rivalität anbetrifft, so ist dieselbe lang dauernd und furchtbar; eine unübersteigliche Scheidewand trennt uns. . .  Sie wissen, was Familienhaß bedeutet! Nun also, der, welcher die ältere Linie der Bourbons von der jüngeren trennt, schreibt sich nicht von gestern her; er beginnt mit Philipp, dem Bruder Ludwig XIV.«

Am 1. August erhielt Louis Philipp folgenden Brief von Karl X.:

»Der König, der den in der Hauptstadt und den andern Theilen Frankreichs ausgebrochenen Unruhen ein Ende zu machen wünscht, ernennt seinen Vetter, den w- Herzog von Orleans, auf dessen treue Anhänglichkeit er rechnet, zum Generallieutenant des Reichs.

»Indem der König es angemessen findet, seine Verfügungen vom 25. Juli zurückzunehmen, genehmigt er, daß die Kammern den 3. August zusammentreten, und will hoffen, daß sie die Ordnung in Frankreich wieder herstellen werden.

»Der König wird hier die Rückkehr der Person abwarten, welche beauftragt ist, diese Declaration nach Paris zu bringen.

»Sollte man versuchen, das Leben oder die Freiheit des Königs oder seiner Familie anzugreifen, so würde er sich bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen.

»Gegeben in Rambouillet, am 1. August

Karl.«

Karl X. , der immer so gut gegen den Herzog von Orleans gewesen war, war schwach genug, an dessen Ergebenheit zu glauben. Er war besonders gerührt von der Antwort, welche die Herzogin ihrem Gemahl auf den so eben gelesenen Brief geben ließ. Louis Philipp hatte auf Zureden seiner Gemahlin, dieselbe gegen Dupin des Aelteren Willen, geschrieben, der ihm gerathen hatte, den Brief Karl X. auf eine übermüthige Weise zu beantworten. Herr Dupin der Aeltere, ein rauher, mitleidsloser Mann, bemühte sich angelegentlich, sich alle Vortheile einer fürstlichen Freundschaft, die bald eine königliche werden sollte, zu sichern.

Während der alte Monarch, gerührt und bewegt, jenen herzlichen Brief las, in welchem der Herzog von Orleans ihn seiner Treue und seiner Anhänglichkeit am die Sache der Bourbons versicherte, empfing Louis Philipp die hohen Personen, die schon kamen ihm ihre Huldigung darzubringen und sein Glück zu preisen.

Endlich, am Abend des 2. August, erschien, von Karl X. gesandt, der General de Foissac-Latour im Palais Royal, welches von einer, an frühere dramatische Momente erinnernden Bewegung belebt war. Ungeachtet er sehr große Eile hatte, konnte der Herzog von Orleans ihn nicht empfangen. Fürchtete er, das Geheimnis seiner ehrgeizigen Absichten dem Abgesandten seines Königs zu verrathen?. . . Der General mußte sich zu dem Herrn von Mortemart begeben; dieser übergab die Abdankungs-Acte in die Hände des Herzogs von Orleans, der, nachdem er sie gelesen hatte, lächelte, und nun noch entschiedener als vorher sich weigerte, den General Foissac-Latour zu sehen.

Hier dieses der Geschichte angehörende Blatt:

»Rambouillet, den 2. August 1830.

»Mein Cousin, ich bin zu tief ergriffen von den Uebeln, die mein Volk betrüben, oder doch betrüben könnten, um nicht ein Mittel aufgesucht zu haben, denselben abzuhelfen. Ich habe den Entschluß gefaßt, zu Gunsten meines Enkels, des Herzogs von Bordeaux, der Krone zu entsagen.

18Der Marschall Oudinot ist philippist geworden, wie er 1815 nach und nach und dem Glücksstern eines Jeden folgend, der demüthige Diener Karl X, und Ludwig XVIII. War, nachdem ihn Napoleon mit Gunst überhäuft hatte.
19Derselbe, den die Philippisten na dem Tode seines Vaters als Regenten zu sehen hoffen.
20Anspielung auf das Auspfeifen.